KÖLN – Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat kürzlich die Ergebnisse einer Recherche evidenzbasierter Leitlinien zur Behandlung von Patienten mit chronischem Rückenschmerz veröffentlicht. Ziel der Recherche war es, Empfehlungen für ein mögliches neues Disease-Management-Programm (DMP) Chronischer Rückenschmerz zu identifizieren. Laut dem Abschlussbericht, der dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) am 14. Januar vorgelegt wurde, decken die Empfehlungen alle wichtigen Versorgungsaspekte ab und sind inhaltlich weitgehend konsistent.
Insgesamt konnte das IQWiG sechs aktuelle, methodisch hochwertige Leitlinien einbeziehen und auswerten. Diese umfassten neben vier US-amerikanischen und einer kanadischen Leitlinie auch die Nationale VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz, herausgegeben von der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften.
Alle wichtigen Aspekte von Diagnostik, Therapie und Rückfallprophylaxe, seien in den Leitlinien abgebildet, so der Bericht. Bei der Diagnostik sei es demnach insbesondere wichtig, diejenigen Risikofaktoren zu identifizieren, die zur einer Chronifizierung des Rückenschmerzes führen können. Die Leitlinien thematisieren hier die standardisierte Symptomerfassung, das Erfassen psychosozialer Risikofaktoren sowie Bildgebung, Blutuntersuchung und diagnostische Nervenblockaden.
Im Bereich der Therapie werden von den Leitlinien neben medikamentösen und invasiven Maßnahmen (z. B. Gelenksinjektionen) auch eine Vielzahl von nichtmedikamentösen Verfahren aufgeführt, so zum Beispiel Massagen, manuelle Therapie, Yoga oder Verhaltenstherapie.
Auffällig sei, dass die Leitlinienautoren häufig von bestimmten Verfahren abraten, so der Bericht. Das betreffe z. B. Massagen, Bettruhe, die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) oder den therapeutischen Ultraschall.
Inhaltlich seien die Empfehlungen laut IQWiG weitgehend deckungsgleich. Inkonsistenzen gäbe es lediglich bei der medikamentösen Therapie mit Paracetamol und Phytotherapeutika, der Akupunktur sowie der Diskografie, einem röntgengestützten Diagnoseverfahren zur Darstellung der Bandscheibe.
Die Standards für Leitlinien sehen vor, dass nachvollziehbar sein soll, auf welcher Evidenz, also welcher Datengrundlage, die Empfehlungen beruhen. Das ist laut dem Bericht des IQWiG bei den ausgewerteten Leitlinien zum chronischen Rückenschmerz jedoch nicht immer der Fall, insbesondere bei vielen nichtmedikamentösen Verfahren und den Empfehlungen zur Rehabilitation.
Hintergrund
Die gesetzlichen Krankenkassen bieten Disease-Management-Programme als umfassende Behandlungsangebote für chronisch kranke Patienten mit Diabetes mellitus Typ I oder II, Asthma, Chronisch Obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), Brustkrebs und Koronarer Herzkrankheit an. Ziel der Programme ist es, die Zusammenarbeit der Leistungserbringer zu fördern und die Behandlung der Patienten zu optimieren.
Der G-BA hatte 2014 entschieden, die Entwicklung solcher Programme für vier weitere chronische Erkrankungen zu prüfen, unter ihnen chronischer Rückenschmerz. In diesem Zusammenhang wurde das IQWiG vom G-BA mit einer aktuellen Leitlinienrecherche beauftragt. Ob das DMP Chronischer Rückenschmerz tatsächlich etabliert wird, entscheidet nun der G-BA.
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