Braunschweig – Die Arbeit in Orthopädie und Unfallchirurgie lässt sich durchaus mit einer Familie vereinbaren, findet Dr. med. Tanja Obermeier. Die Schriftführerin im Jungen Forum O&U im Interview über notwendige Werbung fürs eigene Fach, den Sinn einer Nachwuchsorganisation und ihre Erfahrungen mit der Weiterbildung am Herzogin-Elisabeth-Hospital in Braunschweig.
BVOU.net: Das Junge Forum O&U tritt seit kurzem als gemeinsame Organisation des ärztlichen Nachwuchses im Fach Orthopädie und Unfallchirurgie auf. Wieso ist das Ihrer Meinung nach wichtig?
Tanja Obermeier: Es gibt aus historischen Gründen in Deutschland unterschiedliche Fachorganisationen in O + U. Aber wichtig ist für die Nachwuchsförderung, dass möglichst viele kreative und engagierte Köpfe des Fachs zusammenkommen. Im BVOU sind vor allem niedergelassene Kolleginnen und Kollegen engagiert. Es ist gut, dass deren Perspektive in ein gemeinsames Forum miteinfließen kann.
BVOU.net: Was will das Forum aus Medizinstudierenden, Weiterbildungsassistenten und jungen Ärztinnen und Ärzten aus O und U vor allem leisten?
Obermeier: Ich finde, wir müssen die Interessen all dieser Gruppen vertreten, damit die Weiterbildung im Fach O + U gefördert wird. Da kann der medizinische Nachwuchs im Fach wichtigen Input geben. Anregungen kommen nun einmal am besten von denjenigen, die sich gerade in der Aus- oder Weiterbildung befinden. Das Forum ist auch interessiert daran, das eigene Fach für junge Ärztinnen und Ärzte interessant zu machen.
BVOU.net: Ist das denn notwendig? Orthopädie und Unfallchirurgie leiden doch nicht unter Nachwuchsmangel wie die Allgemeinmedizin.
Obermeier: O und U ist ein interessantes Fach, auf jeden Fall für die Kolleginnen und Kollegen, die in ein chirurgisches Fach gehen wollen. Aber O + U hat, wie andere chirurgische Fächer auch, den Ruf, die Arbeitszeiten seien schlecht und ließen sich nicht gut mit familiären Verpflichtungen verbinden. Das schreckt manche ab. Das Fach und eine Familie beziehungsweise ein Privatleben lassen sich aber durchaus verbinden, unter anderem, weil es ja schon eine Menge hilfreicher Arbeitszeitmodelle an Kliniken gibt.
BVOU.net: Wie ist das an Ihrer Klinik?
Obermeier: Wir sind relativ gut aufgestellt. Das Team der Assistenz- wie der Oberärzte ist vergleichsweise groß, so dass sich die Arbeit auf viele Schultern verteilt. Die Klinikleitung sorgt zudem dafür, dass Überstunden möglichst ausgeglichen werden können und dass Dienste gleichmäßig verteilt werden. Was auch von Bedeutung ist: Wir haben Helfer, die beispielsweise Haken im OP halten, so dass die Arbeitszeit nicht dauerhaft für solche Tätigkeiten eines zweiten Assistenten genutzt werden muss. Manche Kolleginnen arbeiten Teilzeit. Das geht schon. Auch wird versucht, schwangeren Kolleginnen noch das Operieren zu ermöglichen, damit sie ihre Weiterbildung nicht zu lange unterbrechen müssen.
BVOU.net: Was würden Sie sich von niedergelassenen Kollegen oder dem BVOU als Junges Forum an Impulsen oder Unterstützung wünschen?
Obermeier: Wichtig ist grundsätzlich, dass man Ansprechpartner findet, also nach der Weiterbildung beispielsweise bei Fragen zur Niederlassung. Während der Weiterbildung ist es hilfreich, wenn Praxen zur Verfügung stehen, damit man dort einen Teil seiner Weiterbildung absolvieren kann. Ich fände es gut, wenn die ambulante Weiterbildung noch stärker in der Weiterbildungsordnung verankert würde. Ideal wäre ein großer Pool an Ansprechpartnern, damit man nicht nur auf diejenigen angewiesen ist, die man aus seiner Klinikzeit in der näheren Umgebung kennt.
BVOU.net: Eine ambulante Weiterbildung in O + U hat den Nachteil, dass es dafür keine Finanzierungsgrundlage gibt wie in der Klinik. Hält das junge Kolleginnen und Kollegen von einer längeren Zeit in der Praxis während der Weiterbildung ab? Oder sind es andere Gründe?
Obermeier: Ich glaube, eine große Rolle spielt, dass man seinen OP-Katalog voll bekommen möchte und deshalb lieber in der Klinik bleibt. Außerdem sieht man dort ein großes Spektrum an Patienten.
BVOU.net: Noch einmal zurück zum Stichwort Vereinbarkeit Familie und Beruf in O + U: Das Junge Forum hat gerade einen Fotowettbewerb gestartet. Gesucht werden Aufnahmen von Vätern in Elternzeit. Was wollen Sie damit bewirken?
Obermeier: Wir möchten zeigen, dass auch Ärzte in O + U in Elternzeit gehen können – und dass es Kollegen gibt, die das auch schon gemacht haben. In den letzten Jahren wurden vor allem Aktionen angestoßen, um zu belegen, dass eine Tätigkeit in O + U und eine Familie für Ärztinnen möglich sind. Nun geht es um die Väter.
(Das Interview führte Sabine Rieser.)