Archiv für den Monat: Mai 2016

Rheumatoide Arthritis: IQWiG gibt Empfehlungen für DMP

Köln – Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat kürzlich den Abschlussbericht einer Recherche evidenzbasierter Leitlinien zur Behandlung von Menschen mit rheumatoider Arthritis veröffentlicht. Ziel des Berichts ist es, aus aktuellen, methodisch hochwertigen Leitlinien diejenigen Empfehlungen zu identifizieren, die für ein mögliches neues Disease-Management-Programm (DMP) Rheumatoide Arthritis relevant sein könnten. Demnach decken die Empfehlungen fast alle Versorgungsaspekte ab, Maßnahmen zur Rehabilitation würden jedoch nur vereinzelt thematisiert.

In seine Auswertung konnte das IQWiG insgesamt 18 Leitlinien einbeziehen, wovon allerdings nur zwei aus Deutschland stammen. Inhaltlicher Schwerpunkt der identifizierten Leitlinien sei laut IQWiG die Arzneimitteltherapie, insbesondere die Behandlung mit DMARD (Disease modifying antirheumatic Drugs). Lediglich vier der Leitlinien – darunter eine aus Deutschland – adressieren mehrere Versorgungsaspekte wie Diagnostik, nichtmedikamentöse Therapien und sektorenübergreifende Versorgung.

Gerade der Aspekt der Rehabilitation wird laut IQWiG in den Leitlinien nur vereinzelt und wenig detailliert angesprochen. So nennen die Leitlinien nichtmedikamentöse Behandlungsverfahren wie Physiotherapie und Ergotherapie bei Funktionseinschränkungen, Orthesen zur Schmerzlinderung oder eine Umstellung der Ernährung zur Förderung des allgemeinen Gesundheitszustandes. Jedoch gäbe es hierzu nur einzelne starke Empfehlungen, die für ein mögliches DMP relevant seien, so das IQWiG.

Des Weiteren müsse berücksichtigt werden, dass der Großteil der einbezogenen Leitlinien aus anderen Ländern stamme und deren Empfehlungen deshalb nicht immer uneingeschränkt auf den deutschen Versorgungskontext übertragen werden könnten. Das gelte insbesondere für Empfehlungen zum Aspekt Pflege, so das IQWiG. Pflegefachkräfte übernehmen unter anderem Aufgaben bei der Schulung von Patienten und beim Krankheitsmanagement. In anderen Ländern verfügen Pflegefachkräfte aber über spezifische akademische Qualifikationen sowie über weitergehende Kompetenzen als in Deutschland. Sechs der berücksichtigten Leitlinien stammen zum Beispiel aus Großbritannien, wo Patientinnen und Patienten von sogenannten Clinical Nurse Specialists betreut werden.

Quelle: IQWiG


Weitere Informationen:

Abschlussbericht des IQWiG

Uniklinikum Heidelberg nimmt neuen Gangroboter in Betrieb

Heidelberg – Die robotergestützte Laufband-Therapie hilft gelähmten Patienten in Heidelberg bereits seit 15 Jahren dabei, wieder gehen zu lernen. Nun hat das Querschnittzentrum des dortigen Universitätsklinikums einen Gangroboter der neuesten Generation in Betrieb genommen. Der neue Lokomat verbessert die frühe Therapie bei Patienten mit nicht komplett durchtrenntem Rückenmark dank neuen Einstellungsmöglichkeiten und interaktiven, spielerischen Elemente.

Was auf den ersten Blick aussieht wie ein gewöhnliches Videospiel, ist ein wichtiger Baustein für die frühe Therapie nach einer nicht kompletten Rückenmarksverletzung: Es gilt, in einer virtuellen Welt einer Straße zu folgen, dabei Hindernissen auszuweichen und Münzen zu sammeln. Bewegt wird die virtuelle Spielfigur allerdings nicht mittels Joystick oder Konsole, sondern interaktiv über die eigene Beinbewegung in dem neuen Lokomaten – eine schwierige Aufgabe für querschnittgelähmte Menschen, die ihre Beine kaum noch bewegen können.

„Der neue Lokomat kann deutlich mehr als der alte: Er simuliert besser den natürlichen Bewegungsablauf, lässt sich feiner an den Patienten anpassen und gibt detaillierte Rückmeldung über die Trainingsfortschritte“, sagt Prof. Dr. Norbert Weidner, Ärztlicher Direktor der Klinik für Paraplegiologie des Universitätsklinikums Heidelberg. „Außerdem motivieren die Spiele zum aktiven Mitmachen – denn es hilft den Patienten wenig, sich einfach nur durch den Roboter bewegen zu lassen.“ Die Kosten des in der Schweiz entwickelten neuen Trainingsgeräts belaufen sich auf rund 380.000 Euro.

„Gehen lernt man nur durch gehen“, sagt Anne von Reumont, Leiterin der Physiotherapie und Physikalischen Therapie am Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie des Universitätsklinikums. Aus diesem Grund sollen die Patienten schon sehr bald nach der Verletzung mit der Gangtherapie beginnen. Der Lokomat kommt bereits in einer frühen Phase der Rehabilitation zum Einsatz, sobald die Patienten – meist nach ein bis zwei Wochen – wieder längere Zeit im Sitzen verbringen können.

In welchem Ausmaß der Roboter beim Gehen unterstützt, lässt sich sehr individuell einstellen: Was der Patient aus eigener Kraft noch nicht schafft, beispielsweise das Bein ausreichend anzuheben oder nach vorne zu führen, übernimmt der Roboter. So kommt trotz aller lähmungsbedingten Einschränkungen ein flüssiges Gehen zustande. Damit dies möglich ist, erfassen Sensoren ständig den Kraftaufwand und die eigenständigen Bewegungen des Patienten.

Je nach Trainingsfortschritt kann dann die Unterstützung durch den Roboter ebenso wie die Gewichtsentlastung reduziert werden. „Eine derart gezielte Therapie, bei der noch vorhandene Restbewegungen bis ins kleinste Detail erfasst, gefördert und ausgebaut werden, wäre mit reiner Physiotherapie und durch bis zu drei Therapeuten unterstütztes, klassisches Laufbandtraining nicht möglich oder zu aufwändig“, so Diplom-Physiotherapeutin von Reumont.

Um die Wiedererlangung der Gehfähigkeit weiter zu verbessern, gibt es das sogenannte Biofeedback – Bewegungsaufgaben in Form von Spielen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden: Die Patienten blicken beim Gehtraining auf einen Bildschirm mit einer virtuellen Landschaft, durch die sie sich navigieren müssen. „Die Patienten bleiben aufmerksam und lernen so spielerisch, ihre Beinbewegungen besser zu kontrollieren“, erklärt Weidner. „Wir erhoffen uns davon ein besseres Ergebnis, dass die Patienten mit weniger Hilfsmitteln gehen können und sicherer im Alltag werden.“ Sobald keine Beinführung durch den Lokomaten mehr nötig ist, folgt einfaches Laufbandtraining mit Gewichtsentlastung, dann Gehen am Barren. Eines ist Weidner und von Reumont sehr wichtig: Der Gang-Roboter ist trotz intelligenter technischer Ausstattung nur ein Baustein eines durchdachten und individuell angepassten Therapiekonzepts.

Bild:
Patientin auf dem Lokomaten. PD Dr. Andreas Hug, Leitender Oberarzt, und Physiotherapeutin und Gruppenleiterin Kathrin Jung, BSc, beurteilen die Aufzeichnungen auf dem Bildschirm für das weitere Training. (Foto: Universitätsklinikum Heidelberg)