Stuttgart – Die Ergebnisse des bundesweit ersten Facharztvertrags nach § 73c SGB V für Orthopäden, Unfallchirurgen und Chirurgen hat Dr. Burkhard Lembeck, Landesvorsitzender des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) in Württemberg, gewürdigt. „Im heutigen KV-System profitiert ein Arzt nach wie vor in erster Linie, wenn er viele, möglichst gesunde Patienten hat, die er nur einmal im Quartal zu sehen bekommt“, so Lembeck. Der morbiditätsorientierte Facharztvertrag verschaffe dagegen auch Spielräume für eine zeitintensive Versorgung. „Diese Zeit entsprechend vergütet zu bekommen, das ist das wichtigste innovative Element und das Alleinstellungsmerkmal des Facharztvertrages“, so der BVOU-Landesvorsitzende.
35 Millionen Euro zusätzliches Honorar
Drei Jahre nach Vertragsbeginn haben sich die Erwartungen aller Vertragspartner an den Orthopädievertrag in Baden-Württemberg erfüllt, wie aus einer gemeinsamen Pressemitteilung hervorgeht. Im Südwesten liegt die Teilnehmerzahl demnach mittlerweile bei über 550 Ärzten. Kontinuierlich wachse auch die Anzahl der behandelten Patienten und das Honorarvolumen: 2016 wurden für rund 350.000 Versicherte rund 35 Millionen Euro Honorar ausgezahlt. Der Fallwert betrug für ausschließlich konservativ tätige Ärzte im dritten Quartal 2016 rund 85 Euro und für operativ tätige Ärzte rund 104 Euro (exklusive Sachkosten).
Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, unterstrich die Neuausrichtung: „Wir wollen gerade im Orthopädievertrag weg von der Fünf-Minuten-Spritzen-Medizin und legen zentralen Wert auf eine ganzheitliche Behandlung. Dafür braucht der Arzt genug Zeit, um sich ausgiebig und individuell mit den Problemen der Patientinnen und Patienten auseinanderzusetzen. Die bislang überaus positive Resonanz bei Versicherten und Ärzten bestätigt den eingeschlagenen Weg.“
Verbesserung im Bereich bestimmter Schwerpunktdiagnosen
Der Vertrag ist insbesondere auf eine verbesserte Versorgung folgender orthopädischer Schwerpunktdiagnosen ausgelegt: unspezifischer Rückenschmerz (48 Prozent), Gon-Coxarthrose (37 Prozent), spezifischer Rückenschmerz (33 Prozent), Osteoporose (9 Prozent) und entzündliche Gelenkerkrankungen (4 Prozent). Die Prozentzahlen geben die durchschnittliche Häufigkeit für die im Orthopädievertrag behandelten Versicherten für die Jahre 2015 und 2016 wieder (Mehrfachaufzählung möglich). Verantwortliche Partner auf Ärzteseite sind der BVOU, der Berufsverband Niedergelassener Chirurgen (BNC) sowie MEDI Baden-Württemberg. Auf Krankenkassenseite ist neben der AOK Baden-Württemberg noch die Bosch BKK beteiligt.
Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg und MEDI GENO Deutschland, betonte: „Durch die deutlich höheren Fallwerte ermöglicht der Vertrag den Ärzten eine ganz andere Behandlungsintensität und -qualität, von der unsere Patienten nachhaltig profitieren. Wichtig ist auch, dass das koordinierte Zusammenspiel zwischen Haus- und Facharzt besser funktioniert.“ Dies belege unter anderem die Auswertung einer umfassenden Patientenbefragung. Sie zeige, dass die Überweisungsquote mit rund 90 Prozent deutlich höher liege als in der Regelversorgung.
Ergänzendes Rheuma-Modul noch in diesem Jahr
Die Einzelergebnisse der Befragung sollen im Laufe der nächsten Monate veröffentlicht werden. Noch in diesem Jahr soll an den Vertrag zudem ein Rheumatologie-Modul angedockt werden.