Berlin/Freiburg – Der 120. Deutsche Ärztetag in Freiburg hat an seinem letzten Sitzungstag ausführlich eine kompetenzorientierte Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO) beraten. An die MWBO lehnen sich die rechtlich verbindlichen Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern an. Unter anderem sprach sich der Ärztetag dafür aus, die Facharzt-Kompetenz „Allgemeinchirurgie“ sowie „Hygiene und Umweltmedizin“ zu erhalten. Die Delegierten forderten zudem, die im Landesrecht festgeschriebenen Zuständigkeits- und Verantwortungsbereiche der Landesärztekammern zu wahren. Jeglichen politischen Bestrebungen, die ärztliche Weiterbildung unter dem Aspekt der Sicherstellung der Versorgung limitieren zu wollen, müsse entgegengetreten werden.
Chirurgen hatten sich gegen Allgemeinchirurg ausgesprochen
Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), die medizinisch-wissenschaftlichen chirurgischen Fachgesellschaften und der Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC) hatten im Vorfeld des Ärztetags das Vorhaben der Ständigen Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“ der Bundesärztekammer (BÄK) kritisiert, an einer generalistischen Weiterbildung zum Allgemeinchirurgen festzuhalten. Dies könne nur als Rückschritt gewertet werden, hieß es ihrer Pressemitteilung zufolge in einem Schreiben an BÄK und Landesärztekammern. Auch eine Verkürzung der Weiterbildungszeit um ein Jahr lehnten sie ab.
Kenntnisse und Fertigkeiten im Vordergrund, nicht starre Zeiten
Konkret wurde dem Ärztetag der rund 1.000 Seiten starke sogenannte Abschnitt B der Weiterbildungsordnung vorgelegt. Darin enthalten sind die Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen. In einem Grundsatzbeschluss zur Gesamtnovelle hat der Ärztetag die vorgestellten Rahmenbedingungen der Weiterbildungsinhalte fixiert. Mit der Novelle soll die ärztliche Weiterbildung einer neuen Struktur folgen. Die Kernfrage soll nicht mehr lauten, „wie oft“ und „in welcher Zeit“ werden Inhalte erbracht, sondern „wie“, in welcher Form, werden Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlernt. Die Inhalte der MWBO werden in Weiterbildungsblöcke und Weiterbildungsmodi gegliedert, um den Ablauf der Weiterbildung besser zu strukturieren. Ziel ist es, die novellierte (Muster-)Weiterbildungsordnung als Gesamtpaket auf dem nächsten Deutschen Ärztetag im Mai 2018 zu verabschieden.
Antrag gegen Blankoverordnung von Heilmitteln angenommen
Auch gegen einen Direktzugang zu Heilmitteln sowie gegen Blankoverordnungen an Physiotherapeuten, wie sie in Modellversuchen in allen Bundesländern erprobt werden sollen, hat sich der Ärztetag positioniert. „Die Spezifikation und Frequenz von Heilmitteln zu indizieren, ist ein Kerngebiet ärztlicher Behandlung und beruht auf ärztlichem Wissen zu Diagnose und Verlauf. Eine Übertragung der Entscheidung über Methode und Häufigkeit/Frequenz von Heilmittelanwendungen ist kontraproduktiv und potentiell gefährlich“, lautete die Antragsbegründung. Darauf hatte Dr. Klaus Thierse hingewiesen, Landesvorsitzender Berlin des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) und Delegierter für die Ärztekammer Berlin beim DÄT.
Der BVOU hatte sich bereits zu Jahresbeginn gegen die Einführung der sogenannten Blankoverordnung von Heilmitteln ausgesprochen. Sie soll künftig in allen Bundesländern im Rahmen von Modellvorhaben zwischen Krankenkassen und Heilmittelerbringerverbänden erprobt werden. Das sieht das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) vor, das der Deutsche Bundestag am 16. Februar verabschiedete. Danach sollen Heilmittel zwar weiter von Ärztinnen und Ärzten verordnet werden. Doch die Heilmittelerbringer wie Physiotherapeuten, Logopäden oder Podologen sollen im Rahmen der Modellvorhaben Auswahl, Dauer und Abfolge der Therapie eigenverantwortlich bestimmen können.
„Eine Diagnose zu stellen und daran anschließend mit dem Patienten gemeinsam die Therapie zu planen, notwendige Heil- und Hilfsmittel wie zum Beispiel Physiotherapie zu verordnen und den Verlauf der Genesung zu kontrollieren und zu bewerten – all das zählt zu den ärztlichen Aufgaben“, betonte BVOU-Präsident Dr. Johannes Flechtenmacher. „Teile davon lassen sich nicht ohne Risiken auf andere Berufsgruppen wie zum Beispiel Physiotherapeuten übertragen.“
Quellen: PM BÄK, BDC