Archiv für den Monat: Oktober 2017

BVOU hat einen neuen Vorstand gewählt

Berlin – Der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) hat einen neuen Vorstand gewählt. Mit sehr großer Mehrheit wurde der amtierende Präsident, Dr. Johannes Flechtenmacher, im Amt bestätigt. Als seine Vizepräsidenten wurden Prof. Karsten E. Dreinhöfer, Prof. Reinhard Hoffmann und Dr. Henning Leunert gewählt. Das Amt des Schatzmeisters hat erneut Dr. Helmut Weinhart übernommen. Weitere Vorstandsmitglieder sind Dr. Andreas Gassen, der auch Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist, sowie Prof. Alexander Beck und PD Dr. Axel Sckell.

Flechtenmacher kündigte an, sich weiterhin engagiert um Honorarthemen zu kümmern. Der BVOU müsse sich aber auch um die Patientensteuerung bemühen und nicht allein über zu niedrige Honorare klagen: „Wir müssen der Politik und den Krankenkassen Vorschläge für die Versorgungssteuerung unterbreiten. Nur dann bekommen wir irgendwann auch mehr Geld.“ Als weitere wichtige Aufgabenfelder für seine nächste Amtszeit nannte er die Umsetzung der neuen, gemeinsamen Akademie für Orthopädie und Unfallchirurgie AOUC, die Arbeit an einer zukunftsweisenden Muster-Weiterbildungsordnung, die Integration von verschiedenen berufspolitischen Gruppen in den BVOU und die Fortsetzung der engen Abstimmung mit den Fachgesellschaften sowie weiteren Berufsverbänden. Auch für die Weiterentwicklung des gerade gestarteten, völlig neu konzipierten Patienteninformations- und Arztsuchportals Orthinform warb er.

Flechtenmacher dankte zudem Prof. Dr. Karl-Dieter Heller sowie Dipl.-Med. Frank-Ullrich Schulz, die beide nicht mehr für den Vorstand kandidierten. Heller, der berufspolitisch etwas kürzertreten möchte, kündigte an, seine Mitarbeit an wichtigen Vorhaben wie der Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte aber noch für den BVOU fortzusetzen. Schulz, der seit Jahresanfang Präsident der Landesärztekammer Brandenburg ist, betonte, die Tätigkeit im BVOU-Vorstand sei für sein neues Amt hilfreich.

DKOU 2017: Ein Leben lang schmerzfrei bewegen

Berlin – Eine der wichtigsten Grundlagen für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ist Bewegung. Regelmäßige Bewegung und sportliche Betätigung halten unsere Muskeln, Knochen und Gelenke, aber auch unser Herz-Kreislaufsystem fit, bringt Spaß und Entspannung als Ausgleich zu einem immer hektischeren Alltag. Sich schmerzfrei und uneingeschränkt bewegen zu können, ist einer der wichtigsten Faktoren für unsere Lebensqualität. Damit dies von klein auf und bis ins hohe Alter möglich ist, gilt es, bestimmte Risikofaktoren für einen Gelenkverschleiß sowie für orthopädisch-unfallchirurgische Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern, rät Dr. Johannes Flechtenmacher, Präsident des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie.

Bei einer Pressekonferenz im Rahmen des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) 2017 in Berlin erklärte er, wie Patienten einem drohenden Gelenkverschleiß, auch Arthrose genannt, vorbeugen können. „Zwei Lebensstilfaktoren haben einen großen Einfluss auf die Gesundheit der Gelenke: Sport und das Körpergewicht“, so Flechtenmacher. Beim Sport komme es auf das richtige Maß an, betonte er. Zwar ist regelmäßige Bewegung wichtig, damit die Muskulatur nicht verkümmert und das Gelenk ausreichend stützen kann. So wird einer Abnutzung des Knorpels vorgebeugt. Doch ein Zuviel an Sport kann auf der anderen Seite zu Überlastungsschäden und Verletzungen führen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Arthrose verursachen. „So ist zum Beispiel nach einer Kreuzbandverletzung das Risiko, innerhalb von zehn Jahren an einer Arthrose zu erkranken, um 80 Prozent erhöht“, erklärte Flechtenmacher. Deshalb sei die Prävention von Gelenkverletzungen einer der wichtigsten Faktoren, um einem Gelenkverschleiß vorzubeugen.

Gelenkschonend bewegen und Sport treiben

Dies kann durch ein ausgewogenes Maß an Sport und Bewegung erfolgen, um Überlastungen zu vermeiden, aber auch durch die Wahl der Sportart. Hier kämen zum Beispiel gelenkschonende Sportarten wie Walken, Schwimmen, Fahrradfahren oder Gymnastik in Frage, so Flechtenmacher. Kontakt- und Risikosportarten wie zum Beispiel Skifahren oder Fußball seien weniger günstig für die Gelenke und mit einer deutlich höheren Verletzungsgefahr verbunden. Doch komplett davon abraten will Flechtenmacher nicht: „In erster Linie sollte Sport und Bewegung Spaß machen“, sagt er. Gerade auch bei Kindern und Jugendlichen sei dies besonders wichtig, um sie frühzeitig für Bewegung zu begeistern und einem Übergewicht vorzubeugen.

Orthopädische Vorsorge bei Kindern und Jugendlichen

Allerdings sind gerade auch Kinder und Jugendliche besonders verletzungsgefährdet, da die Knochen bei ihnen noch im Wachstum und deshalb anfälliger für Brüche sind, so Flechtenmacher. Diese wiederum können zu einer Hemmung des Wachstums oder auch zu Fehlstellungen der Beinachsen führen. Damit solche Schädigungen oder auch angeborene Fehlstellungen frühzeitig erkannt werden, wurden in Baden-Württemberg in diesem Jahr zwei orthopädische Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Heranwachsende im Alter von zehn bis 13 Jahren eingeführt. „Bei diesen Untersuchungen schauen wir nicht nur nach angeborenen Fehlstellungen wie X- und O-Beinen, sondern auch nach etwaigen Gelenkverletzungen durch Sport und ihren Folgen“, sagt Flechtenmacher. Der BVOU-Präsident, niedergelassener Orthopäde in einer Gemeinschaftspraxis in Karlsruhe, würde es begrüßen, wenn es eine solche Untersuchung bundesweit geben würde.

Übergewicht vermeiden

Dabei steht neben der orthopädischen Untersuchung auch eine Beratung zum Thema Adipositas im Mittelpunkt, dem zweiten zentralen Faktor für einen Gelenkverschleiß. Denn ein erhöhtes Körpergewicht belastet nicht nur Herz und Gefäße, sondern auch die Gelenke, die gerade bei Belastungen ein Vielfaches des eigentlichen Körpergewichts aushalten müssen. Doch Sport und Bewegung allein reichten nicht, um ein gesundes Körpergewicht auch in höherem Alter halten zu können, sagt Flechtenmacher. Auch die Ernährung spiele eine zentrale Rolle und sollte in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis noch viel häufiger zum Thema der Patientenberatung gemacht werden.

DKOU-Highlights am Freitag, 27.10.2017

Mit dem Kongressfinale und der offiziellen Übergabe der Insignien an die nächstjährigen Präsidenten geht der DKOU 2017 morgen zu Ende. Doch zuvor hält auch der letzte Kongresstag noch ein vielfältiges Programm bereit.

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DKOU-Highlights am Donnerstag, 26.10.2017

Berlin – Am dritten Kongresstag veranstaltet der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik in Kooperation mit der Initiative ´93 und der Vereinigung Technische Orthopädie den „Tag der Technischen Orthopädie und Physiotherapie“ mit einem umfangreichen Programm. Auch darüber hinaus bietet der dritte Kongresstag zahlreiche interessante Veranstaltungen.

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DKOU 2017: Orthopädie und Unfallchirurgie in Bewegung

Berlin – Mit der feierlichen Eröffnungsveranstaltung am gestrigen Abend wurde der Deutsche Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2017 offiziell eröffnet. Unter dem zentralen Motto „Bewegung ist Leben“ treffen sich noch bis zum Freitag tausende Orthopäden und Unfallchirurgen in der Messe Berlin, um sich über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen ihres Faches auszutauschen. Einen Einblick in diese Herausforderungen gaben auch die drei Kongresspräsidenten, Prof. Andrea Meurer von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Prof. Ingo Marzi von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie und Prof. Alexander Beck vom Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie, in ihren Ansprachen.

Marzi: Neue Prinzipien in der Weiterbildung umsetzen und leben

DGU-Kongresspräsident Marzi kam unter anderem auf die Herausforderungen in der Weiterbildung und die Rolle der Orthopädie und Unfallchirurgie als integralem Bestandteil und größtem Fach innerhalb der Chirurgie bei dessen Mitgestaltung sowie bei der Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung (M-WBO) zu sprechen. Die Novellierung der verschiedenen Zusatzweiterbildungen für Orthopädie und Unfallchirurgie werde derzeit diskutiert und sei auf einem guten Weg, so Marzi. Dabei betonte er, dass bei den Weiterbildungskonzepten der neuen M-WBO der Nachweis von Fähigkeiten und nicht länger der reine Nachweis von Zeiten im Mittelpunkt stehe, und dass auch praktische Kurse, Simulationsübungen oder Zeiten in der Forschung künftig möglicherweise anerkannt werden könnten. Die neue M-WBO soll voraussichtlich auf dem Ärztetag 2018 beschlossen werden. „Die neuen Grundprinzipien der Weiterbildung müssen dann aber auch von uns gelebt werden, sowohl von Orthopäden und Unfallchirurgen in Klinik als auch in Praxis“, so Marzi.

Meurer: Als Fach geschlossen zusammenstehen

„Unser Fach wird bewegt“, sagte DGOOC-Präsidentin Meurer und kritisierte die zunehmenden Eingriffe in die ärztliche Freiheit, sei es durch den Druck der Ökonomisierung und den „Verteilungskampf“ um begrenzte finanzielle Mittel oder durch politisch regulierte Maßnahmen der Qualitätssicherung. „Unsere Schwäche ist mangelnde Geschlossenheit“, so Meurer weiter: „Ambulant gegen stationär, konservativ gegen operativ, manchmal sogar noch Orthopädie gegen Unfallchirurgie und umgekehrt.“ Interne Konflikte behinderten ein Vorankommen des Faches O und U und verstellten den Blick auf die Gefahren durch Übergriffe von außen, zum Beispiel von Seiten des Gemeinsamen Bundesausschusses und des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen oder auch von Seiten anderer Disziplinen, die sich Teilinhalte von O und U zu eigen machen wollten. Hier müsse das Fach geschlossen zusammenstehen und seine Zukunft aktiv mitgestalten.

Beck: Bewegung fördern in der Berufspolitik und der Patientenversorgung

Auch BVOU-Präsident Beck betonte, dass sich die Zukunft der medizinischen Versorgung und des Faches O und U nur mit Bewegung auf allen Ebenen gestalten lasse. Die Versorgung müsse vorausschauender und realitätsnäher werden. Dafür müssten neue Versorgungs- und Kooperationsformen geschaffen werden. „Wir brauchen zum Beispiel dringend Bewegung in der Notfallversorgung und beim Investitionsstau in den Kliniken sowie bei der Zusammenarbeit zwischen ambulanten und stationären Zentren“, erklärte Beck. Man brauche auch längst überfällige Novellierungen der Honorarordnungen sowohl im PKV- als auch im GKV-Bereich. Aber auch was die Patientenversorgung selbst angehe, müsse Bewegung das zentrale Credo sein, so Beck: „Wir können uns keine sitzende Gesellschaft leisten.“ Er rief dazu auf, die Bedeutung und den Spaß an Bewegung von klein auf zu fördern und zu vermitteln.

Musikalische Festrede

Im Anschluss an die Reden der Kongresspräsidenten und die Verleihung der Ehrenmitgliedschaften und diversen Auszeichnungen des Berufsverbandes und der Fachgesellschaften sowie des Journalistenpreises JOU beschloss der Dirigent, Musikproduzent und Coach Christian Gansch mit seiner Festrede die Eröffnungsveranstaltung. Dabei gab er einen interessanten Einblick in das alltägliche Orchesterleben und zeigte – unter anderem auch anhand verschiedener musikalischer Beispiele, wie ein Orchester als komplexes System funktioniert und welche Parallelen und Schlüsse sich daraus teils auch für den Unternehmens- und Lebensalltag ziehen lassen.

JOU würdigt Beitrag des Magazins GEO

Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU) und der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) haben einen herausragenden Medienbeitrag des Magazins GEO mit dem Deutschen Journalistenpreis Orthopädie und Unfallchirurgie 2017 (JOU) ausgezeichnet. Der Gewinnerbeitrag thematisiert das Thema Arthrose als gesundheitliche Herausforderung lesenswert, vielfältig und gut aufbereitet. Die JOU-Verleihung fand auf der Eröffnungsveranstaltung des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) am 24. Oktober 2017 in Berlin statt.

Arthrose als Herausforderung für die Forschung

Jörn Auf dem Kampe erhielt den JOU 2017 mit einem Preisgeld von 5.000 Euro für seinen Beitrag „Geschmeidig bleiben“. Er erschien in der April-Ausgabe des Magazins GEO. Auf dem Kampe reduziert das Thema Arthrose nicht auf die Dimension des altersbedingten Defekts. Vielmehr entwickelt er es zu einer anschaulichen Einführung in den menschlichen Bewegungsapparat. Er beschreibt die komplexen Strukturen von Gelenken und Knorpeln mit Hilfe treffender Bilder, erläutert relevante Forschungsvorhaben und gibt nebenbei auch Hinweise, wie Beschwerden vorzubeugen ist beziehungsweise wie sie gelindert werden können.

Für die Jury hat Jörn Auf dem Kampe damit eine häufig thematisierte Erkrankung sprachlich außerordentlich gelungen aufgegriffen und mit Hilfe von Fotos und Infoboxen sehr ansprechend dargestellt. Seine komplexen Rechercheergebnisse aus den Bereichen Medizin und Anthropologie lässt er plastisch in den Text einfließen. Deshalb lässt sich auch gut nachvollziehen, was das Credo seines Textes ist: Trägheit ist angesichts der menschlichen Anatomie keine Alternative.

„Die Preisverleihung finde ich als Wissenschaftsredakteur natürlich großartig, da sie deutlich macht, dass die eigene Arbeit auch in der medizinischen Fachwelt wahrgenommen wird – also nicht nur in der Welt der Leser, sondern auch bei den Experten. Deshalb ist das eine große Auszeichnung für mich“, kommentierte Auf dem Kampe seine Ehrung bei der Kongresseröffnung.

Der JOU würdigt jährlich seit 2010 herausragende Medienbeiträge über orthopädisch-unfallchirurgische Themen aus den Bereichen Print, Hörfunk, Fernsehen und Internet. Der siebenköpfigen Jury lagen insgesamt 37 Bewerbungen vor. Davon kamen 24 aus dem Bereich Print, 12 aus dem Bereich Fernsehen und einer aus dem Onlinebereich.

Der JOU-Jury 2017 gehörten an:

  • Prof. Dr. med. Christopher Baethge, Leiter der medizinisch-wissenschaftlichen Redaktion des Deutschen Ärzteblatts
  • Michael Brendler, Medizinjournalist, JOU-Preisträger 2016
  • Swetlana Meier, Öffentlichkeitsarbeit DGOU
  • Sabine Rieser, Presse BVOU
  • Prof. h.c. Dr. med. Almut Tempka, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Charité – Universitätsmedizin Berlin
  • Anna Wittchen, Referentin Medizin im Büro der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie der Bevollmächtigten für Pflege
  • Juryvorsitzender: Univ.- Prof. Dr. med. Karsten Dreinhöfer, Vizepräsident Berufsverband (BVOU) sowie Chefarzt Orthopädie, Medical Park Berlin Humboldtmühle, und Professor für muskuloskeletale Rehabilitation, Prävention und Versorgungsforschung, Charité – Universitätsmedizin Berlin

Der Bewerbungsschluss für den Journalistenpreis Orthopädie und Unfallchirurgie endet jedes Jahr am 30. August. Eingereicht werden können Beiträge, die im davor laufenden Jahr zwischen dem 1. September und 30. August in einem deutschsprachigen Medium erschienen sind. Die Jury bewertet alle Beiträge in einem aufwendigen Sichtungsverfahren.

Kontakt für Rückfragen:
Susanne Herda und Swetlana Meier
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Telefon: +49 (0)30 340 60 36 -06 oder -16
Telefax: +49 (0)30 340 60 36 01
E-Mail: presse@dgou.de

Sabine Rieser
Leitung Kommunikation und Pressearbeit
Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU e.V.)
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Telefon: +49 (0)30 797 444 51
Fax +49 (0)30 797 444 45
E-Mail: sabine.rieser@bvou.net

OP-Zahlen in Deutschland: Wann operieren?

Berlin – Jedes Jahr werden Millionen Deutsche wegen einer orthopädischen Erkrankung operiert. Besonders in den Medien wurde in den letzten Jahren wiederholt der Ruf laut, es werde häufig zu schnell zum Skalpell gegriffen. Dem widerspricht Prof. Christian Knop, Präsident der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft. Bei einer Pressekonferenz des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie, der heute in Berlin beginnt, sprach er über die statistischen Daten, die zu dieser Auffassung geführt haben und darüber, wann Operationen sinnvoll oder sogar dringend notwendig sind.

Laut einer OECD-Studie aus dem Jahr 2013 ist Deutschland mit 15 Millionen Wirbelsäulenoperationen pro Jahr Spitzenreiter auf diesem Gebiet. Seitdem stehen orthopädische Eingriffe immer wieder in der Kritik. „Die Autoren haben aber nicht die tatsächlichen Operationen gezählt, sondern die Anzahl der Prozeduren-Schlüssel (OPS-Codes), die im deutschen Gesundheitssystem die Grundlage für die Leistungsabrechnung bilden,“ kritisierte Knop, Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Klinikum Stuttgart. Mit diesen Codes würden aber auch die Einzelschritte einer Operation abgebildet. „Das ist, als würde man im Fußball nicht die geschossenen Tore zählen, sondern die Anzahl der Ballkontakte, die zum Tor geführt haben.“

Demographischer Wandel trägt zur Zunahme der Eingriffe bei

Zudem berücksichtige die Publikation nicht den Altersdurchschnitt in den jeweiligen Ländern: In Deutschland leben vergleichsweise mehr ältere Menschen. Dies führe zwangsläufig zu mehr Operationen, da viele orthopädische Erkrankungen verschleißbedingt seien. Berücksichtigt man das nationale Durchschnittsalter, liege Deutschland mit der Anzahl der Operationen nur im Mittelfeld.

Auch der „Faktencheck Rücken“ der Bertelsmann Stiftung zum Thema „Rückenschmerzbedingte Krankenhausaufenthalte und operative Eingriffe“ sprach zuletzt von einer sehr hohen Anzahl von Wirbelsäulenoperationen in bestimmten Regionen Deutschlands. Die Publikation berücksichtigte dabei aber ebenso wenig, dass die Zahl der OP-Schlüssel nicht mit der Zahl der Operationen gleichgesetzt werden kann, wie der BVOU und die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie in einer gemeinsamen Stellungnahme kritisierten.

Gegen Schmerzen: Kunstgelenk versus Schmerzmittel

Ähnlich wie bei den Rückenoperationen sei die Zahl der Eingriffe auch bei den Kunstgelenken in den letzten zwölf Jahren etwa konstant geblieben. „Wenn Medikamente, Bewegung und Physiotherapie nicht mehr helfen, ist eine Endoprothese für Senioren oft die letzte Möglichkeit, ihren Lebensabend schmerzfrei und beweglich zu genießen“, sagte Prof. Andrea Meurer, Kongresspräsidentin des DKOU 2017 für die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). In den Vereinigten Staaten werde zwar weniger operiert, dafür aber mehr Schmerzmittel verschrieben. Dadurch seien viele Patienten von Opiaten abhängig.

„Aufgrund der Kritik an den Operationszahlen entscheiden sich mittlerweile auch hierzulande manche Patienten gegen eine Operation, sogar dann, wenn diese aus medizinischer Sicht notwendig wäre“, ergänzt Knop und warnt vor falschen Schlüssen.

Wann operieren?

Bei Traumata, Tumoren, Infektionen oder krankhaften Verformungen der Wirbelsäule sei eine Operation häufig notwendig und könne lebensverlängernd sein, so die Experten. Wenn deutliche Lähmungen und Taubheitsgefühl auftreten oder Blase und Darm den Dienst versagen, sollte das Skalpell zum Einsatz kommen. Starke Schmerzen, die den Betroffenen im Alltag einschränken, können ebenfalls Anlass für eine Operation sein – vorausgesetzt, dass die nicht-chirurgischen Maßnahmen ausgeschöpft sind und der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten den Eingriff zulässt. „Hat der Patient Zweifel, ob eine OP das richtige für ihn ist, sollte er sich bei einem anderen Orthopäden oder Unfallchirurgen eine zweite Meinung holen“, so Meurer.

Quelle: DKOU-Pressemitteilung