Archiv für den Monat: Mai 2018

Nachvollziehbare Kenntnisse bei ausländischen Ärzten

Erfurt – Es war auch ein Thema, dass Vertreter des Faches O und U umtrieb: Der Deutsche Ärztetag hat den Gesetzgeber aufgefordert zu regeln, dass alle Ärztinnen und Ärzte mit absolvierter ärztlicher Ausbildung aus Drittstaaten einen Kenntnisstand nachweisen, der dem von Ärztinnen und Ärzten nach Ausbildung in Deutschland entspricht. Der Nachweis soll durch eine bundeseinheitliche Prüfung analog dem dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erfolgen. Die Kenntnisprüfung zur Erteilung der Approbation muss zukünftig nach dem Willen des Ärzteparlaments umfassendes und für den medizinischen Alltag relevantes Wissen umfassen. Eine Berufserlaubnis/Approbation darf nach dessen Auffassung auch erst erteilt werden, wenn Sprachfähigkeiten auf Niveau C1 nachgewiesen wurde.

Prof. Grifka: sinnvolle Qualitätsmaßstäbe setzen

Prof. Joachim Grifka, Direktor der Orthopädischen Klinik und Poliklinik für die Universität Regensburg im Asklepios Zentrum Bad Abbach, hatte sich als Delegierter der bayerischen Landesärztekammer mehrmals in die Debatte eingeschaltet. Man brauche die ausländischen Kollegen, betonte er. Ohne sie wäre die Versorgung nicht mehr durchführbar. Aber man müsse Qualitätsmaßstäbe ansetzen, die dem Facharztstandard entsprächen.

Entscheidende Frage sei, wie man dies gewährleisten solle. Dass das zweite Staatsexamen der richtige Maßstab wäre, stellte er in Frage: Er sei dabei selbst Fragesteller und sitze auch in der Kontrollkommission, erläuterte der Orthopäde und Unfallchirurg. „Aber ich würde mal denken, dass die allermeisten von uns, die wir hier sitzen und ordentliche medizinische Versorgung machen, dieses Examen nicht mehr bestehen würden.“ Man müsse sich deshalb Gedanken über Prüfungsalternativen machen.

Prof. Montgomery: nicht zum Büttel der Lohnabteilungen machen

BÄK-Präsident Prof. Frank Ulrich Montgomery hatte ebenfalls betont, man brauche die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland. Aber „wo Arzt draufsteht, muss auch Arzt drin sein“. Man müsse sich „auch nicht zum Büttel der Lohnabteilungen mancher Krankenhäuser machen, die billige Arbeitskräfte wollen“, sondern dem Patientenschutz dienen. Dr. Martina Wenker, Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, sagte, es sei allerhöchste Zeit, dass etwas passiere. Ihre Kammer führe seit vielen Jahren Fremdsprachen-Prüfungen durch. Viele ausländische Kollegen fielen durch, träten sechs, sieben, acht Mal an. Irgendwann bekomme man schon den Eindruck, es seien nicht nur Sprachkenntnisse, die fehlten, sondern auch Fachkenntnisse.

Länder sollen Gutachtenstelle ausbauen

Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, der Chirurg Dr. Theodor Windhorst, verwies darauf, dass vorgelegte Papiere nicht selten gekauft oder gefälscht seien. Das müsse auf Bundesebene geprüft werden. Der Deutsche Ärztetag forderte am Ende seiner Diskussionen die Bundesländer denn auch mit einem Antrag dazu auf, die Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe auszubauen. Sie solle die Anträge auf Gleichwertigkeitsprüfung im Rahmen von Anerkennungsverfahren bearbeiten und insbesondere auch die Prüfung der Echtheit von Unterlagen übernehmen.

Ähnliche Auffassungen wie Dr. Heidrun Gitter, Präsidentin der Ärztekammer Bremen, vertraten ebenfalls mehrere Delegierte. Sie hatte für ein klares Reglement  geworben:  Erst solle die Echtheit vorgelegter Dokumente geprüft werden, dann die Kollegen eingeschleust werden in ein Prüfungsverfahren.  Mit einem klaren Verfahren könne eine Willkommenskultur gelebt und Sicherheit im Sinne der Patienten geprüft werden.

GOÄ: BÄK soll Arbeit konsequent fortführen

Erfurt  –  Der Deutsche Ärztetag hat der Bundesärztekammer den Auftrag erteilt, die weit fortgeschrittenen Novellierungsarbeiten an der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) fortzuführen. Der bisherige Entwurf mit den Leistungslegendierungen wird einer betriebswirtschaftlich nachvollziehbaren Kalkulation unterzogen. Die Eingaben der Verbände und Fachgesellschaften, die in die Arbeiten eingebunden sind, werden berücksichtigt.

Zwar hatte die Rede von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) während der Eröffnung des 121. Deutschen Ärztetags den Zuhörern keine Hoffnungen auf eine neue GOÄ in dieser Legislaturperiode gemacht. Doch der GOÄ-Verhandlungsführer aufseiten der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, begründete den Vorschlag zum „Weiter“ so: Wenn man einen umfangreichen, weit ausgearbeiteten GOÄ-Vorschlag präsentieren könne, erschwere man es der Politik zumindest, eine Novellierung weiter abzulehnen. Parallel zur Weiterarbeit forderten die Delegierten per Vorstandsüberweisung eines Beschlusses die BÄK-Führung zudem auf, eine „zeitnahe und deutliche“ Erhöhung der bisherigen GOÄ zu prüfen.

Keine Zusammenführung von GOÄ und EBM

Eine Zusammenführung von GOÄ und EBM wurde abgelehnt. Bekanntlich sieht der Koalitionsvertrag vor, dass die Bundesregierung eine Kommission zum Thema Gebührenordnungen einsetzen wird. Sie soll den Reformbedarf bei EBM und GOÄ prüfen und Vorschläge für ein modernes Vergütungssystem machen. „Ob diese Vorschläge umgesetzt werden, wird danach entschieden“, heißt es aber auch im Koalitionsvertrag.

Reinhardt hatte in Erfurt berichtet, dass die Leistungslegendierung abgeschlossen sei; es gebe 5.589, davon 4.196 Hauptleistungen und 1.393 Zuschläge. Von Januar bis Mai 2017 sei ein „Expertentool“ an Fachgesellschaften und Berufsverbände verschickt worden, seit Mai 2017 laufe die Erarbeitung einer betriebswirtschaftlichen Bewertung der Leistungen.

Rudolf Henke: Man muss die Länder überzeugen

Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, hatte auf die schwierige machtpolitische Lage rund um die GOÄ hingewiesen. Man brauche für eine GOÄ-Novellierung nicht nur eine geänderte Willensbildung an der Spitze des BMG, sagte er, sondern auch im Kabinett und im Bundesrat: „Es gehört zur Strategie, wie wir die Länder überzeugen. Sonst holt sich Spahn doch nur eine blutige Nase im Bundesrat.“

 

Suche und Biete für BVOU-Mitglieder

Berlin – Ob eine geeignete Praxisvertretung für die Urlaubszeit, aktuelle Stellenanzeigen, Praxisabgaben in der Umgebung oder andere Angebote und Gesuche aus O und U: Im sozialen Netzwerk meinBVOU haben Mitglieder des Berufsverbandes die Möglichkeit, entsprechende Inserate kostenfrei einzustellen oder nach passenden Angeboten zu suchen.

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Von der Innovation zur Regelversorgung

Melsungen/Berlin – Innovationen sind für die Versorgung von Patienten von grundlegender Bedeutung. Dabei geht es jedoch nicht nur um den raschen Transfer von Medizinprodukten, Arzneimitteln oder neuen Versorgungsformen in die Regelversorgung, sondern auch um Sicherheit und Patientenorientierung. Auf dem Weg von der Idee bis zur Regelversorgung sind eine Reihe von Entscheidungen zu treffen, die eine enorme Tragweite für den einzelnen Patienten und das Gesundheitswesen insgesamt haben.

Vor diesem Hintergrund darauf findet am 6. Juni im Langenbeck-Virchow-Haus in Berlin die Plenumsveranstaltung „Von der Innovation zur Regelversorgung: Nutzenbewertung und Entscheidungsfindung” statt. Organisiert wird die Veranstaltungsreihe von Prof. Axel Mühlbacher von der Hochschule Neubrandenburg in Kooperation mit der B. Braun-Stiftung. Als Referenten werden Vertreter von Medizintechnikunternehmen, der Wissenschaft und der Entscheidungsgremien erwartet.

Die Veranstaltungsreihe ist Teil eines gemeinsamen Forschungsprojektes des Instituts für Gesundheitsökonomie und Medizinmanagement der Hochschule Neubrandenburg und der B. Braun-Stiftung. Mit dem in der letzten Legislaturperiode in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) wurde der §137h SGB V eingeführt. Er sieht eine „Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Medizinprodukten hoher Risikoklasse“ und besonders invasivem Charakter sowie neuem theoretisch-wissenschaftlichem Konzept vor. Daraus ergibt sich die Frage, ob andere Ansätze im Gesundheitswesen, wie pharmazeutische Therapie, Prävention, Rehabilitation oder häusliche Versorgung nicht ebenso einer allgemeinen Nutzenbewertung zugeführt werden sollten, um die besten Optionen für den Patienten zu erkennen und verfügbar zu machen.

Quelle: B. Braun-Stiftung

KBV-VV: Kurzer Disput zu Fernbehandlung

Erfurt – Die Lockerung des Fernbehandlungsverbots, über die der Deutsche Ärztetag in Erfurt diskutieren und entscheiden wird, führte bereits bei der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zu kurzen Diskussionen. Dr. Axel Brunngraber, VV-Delegierter und 2. Vizepräsident der Freien Ärzteschaft, hatte vor einer Lockerung gewarnt und darauf verwiesen, dass Kern der Arzt-Patient-Beziehung der persönliche Kontakt sei.

Dies hatte den VV-Delegierten Dr. Norbert Metke zu einer deutlichen Replik veranlasst: Was die Fernbehandlung anbelange und den verhandelten Kompromissantrag des Deutschen Ärztetags hierzu, so müsse man sich mit der Realität vertraut machen: 40 Millionen Bundesbürger surften mindestens einmal im Jahr im Internet, weil sie akute medizinische Fragestellungen hätten. „Ob es uns passt oder nicht mit der Fernbehandlung, die Bevölkerung will sie“, ergänzte der KV-Vorstandsvorsitzende. Wenn aber ein Markt da sei, sei die Frage, wer etwas anbiete. Produkt- oder Pharmahersteller? Oder solle Fernbehandlung eine Domäne der Krankenkassen werden? Keiner sei doch so neutral und in der Regel nicht gewinnorientiert wie man selbst.

Brunngraber, so kritisierte der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, stehe mit seiner Pauschalkritik für eine Haltung, die die Ärzteschaft schwäche: Man kritisiere gern, aber biete keine Lösungen an. „Wollen wir die Fernbehandlung anderen überlassen oder in den Markt hineingehen? Das ist die die einzige Frage, die hier ansteht“, betonte Metke.

Zuvor hatte KBV-Vorstand Dr. Stephan Hofmeister angeregt, lieber von Fernkonsultation zu sprechen. Für eine Behandlung brauche es nämlich alle fünf Sinne. Fernkonsultationen sind, so stellte er klar, aber heute schon möglich, wenn es sich um bekannte Patienten handelt. Hofmeister plädierte dafür, die berufsrechtlichen Regelungen anzupassen. Dies sei nützlich, denn gerade im Bereitschaftsdienst könne man über das Telefon zumeist unbekannte Patienten beraten. Man unterstütze deshalb den Antrag des BÄK-Vorstandes beim Ärztetag.

Gassen: Kassen prellen Ärzte um Honorar

Erfurt – „Rund drei Milliarden Euro – mit dieser Summe stehen die Krankenkassen bei den niedergelassenen Ärzten allein für das vergangene Jahr in der Kreide“. Diese Rechnung präsentierte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, am Montag vor der Vertreterversammlung der KBV im Vorfeld des Deutschen Ärztetages. Weil in der gesetzlichen Krankenversicherung ein beträchtlicher Teil der ärztlichen Arbeit nicht bezahlt werde, säßen die Kassen heute auf einem Finanzpolster von 31 Milliarden Euro.

„Die Rücklagen der Kassen wachsen von Monat zu Monat, der Gesundheitsminister plant deshalb ein Gesetz, das die Kassen zwingt, die Beiträge zu senken. Besser wäre aber, das Geld dafür zu verwenden, wofür es die Versicherten gezahlt haben – für die Versorgung! Beenden Sie die Zechprellerei der Kassen, Herr Minister Spahn!“, forderte Gassen. An alle Politiker richtete er den Appell: „Kommen Sie Ihrer Pflicht nach! Helfen Sie den Patienten, indem Sie uns endlich für unsere Leistung bei den Patienten bezahlen.“

Paradigmenwechsel zur Konsummedizin

Der KBV-Vorstandsvorsitzende sprach von einem „klammheimlich vollzogenen Paradigmenwechsel“ der Politik. Bislang sei gesetzlich festgeschrieben, dass medizinische Leistungen wirtschaftlich und nur in medizinisch angemessenem Umfang erbracht werden sollen. Aus diesem Grund sei zu Beginn der Neunzigerjahre die Budgetierung und damit Quotierung ärztlicher Leistungen eingeführt worden. Jetzt aber würden die Regierungsparteien den Patienten laut Koalitionsvertrag mehr versprechen: „Mehr Termine, schnellere Termine, ortsnahe Termine und am besten Ansprechpartner aller Fachrichtungen 24/7. Damit kommen wir aber weg vom Budgetsystem hin zu einem nachfrageorientierten Konsumsystem“, verdeutlichte Gassen. Wenn aber künftig die Nachfrage nach Leistungen das Angebot bestimmen solle, dann sei eine Entbudgetierung die einzig logische Schlussfolgerung.

Auf die Kritik reagierte der GKV-Spitzenverband gestern mit einer Positionierung. Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender, erklärte, niedergelassene Ärzte müssten nach geltender Rechtslage mindestens 20 Stunden in der Woche Sprechstunden anbieten. „Und wenn zur Umsetzung ihres gesetzlichen Auftrags 20 Stunden Sprechstunden nicht reichen, dann müssen sie entsprechend einen größeren Anteil ihrer Arbeitszeit für Sprechstunden reservieren.“ Dies sei bei nahezu allen Ärzten seit langem gelebter Alltag. „Diese Schwerpunktsetzung auf Sprechzeiten führt jedoch nicht zu einer Ausweitung der Arbeitszeit. Entsprechend ist auch keine zusätzliche Vergütung notwendig“, ergänzte von Stackelberg. Verklausuliert greift der GKV-Spitzenverband damit ein Thema auf, das er und einzelne Krankenkassen in den zurückliegenden Jahren immer wieder angeschnitten haben. Sie behaupten, dass niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, besonders in einzelnen Fachgruppen, ihre Sprechzeiten für Kassenpatienten reduzieren und lieber Privatpatienten behandeln.

Kritik an TI-Anbindung

Kritische Worte fand KBV-Vorstand Dr. Thomas Kriedel zur schleppenden Telematikinfrastruktur(TI)-Anbindung der Praxen, dem unzulänglichen Angebot an Hardware und dem Unwillen der Krankenkassen, die Finanzierungsregelungen nachzubessern. Die VV fasste einen Beschluss, mit dem die Politik aufgefordert wird, Praxissanktionen wegen des unvollständigen Anschlusses an die TI mindestens bis 30. Juni 2019 auszusetzen. Die GKV soll mit der KBV zudem sofort eine Finanzierungsvereinbarung mit Wirkung bis zum Ende 2018 schließen. Nach Angaben von Kriedel sind derzeit 15.000 Praxen an die TI angeschlossen.

KBV: Gewalt in Arztpraxen alltäglich

Berlin/Erfurt – „In unserer Gesellschaft werden zunehmend Grenzen des Respekts und des Anstands überschritten. Das zeigt sich auch in der tagtäglichen Gewalt, der niedergelassene Ärzte und Medizinische Fachangestellte in den Praxen ausgesetzt sind. Die Entwicklung ist bestürzend und sollte diejenigen aus Politik und Krankenkassen nachdenklich stimmen, die gerne ein populistisches Ärztebashing betreiben. Wer ständig einen kompletten Berufsstand verbal kriminalisiert, braucht sich nicht zu wundern, wenn dies zur Gewalt in Praxen führt“, erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

„Gewalt ist längst Alltag in unseren Praxen. Und es wird immer schlimmer. Die allgemeine Verrohung und ein immer höheres Anspruchsdenken sind die Ursache dafür“, stellt Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des NAV-Virchow-Bundes, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, fest.

Beide forderten die Politik auf, die ambulant und stationär tätigen Ärztinnen und Ärzte in den neuen Straftatbestand „Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte (§ 114 StGB)“ mit aufzunehmen. Das 52. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften ist am 30. Mai vergangenen Jahres in Kraft getreten. Durch die jüngste Änderung des Gesetzes Ende April haben tätliche Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungsdienstmitarbeiter ein höheres Strafmaß erhalten. Ärzte und ihr medizinisches Personal wurden dabei nicht berücksichtigt.

Erstmals ist der Ärztemonitor, die deutschlandweit größte Befragung von Niedergelassenen, der Frage nachgegangen, welche Rolle Gewalt im täglichen Behandlungsalltag spielt. Erste Trends nach Auswertung von über 7.000 Befragten liegen vor. Mit schon jetzt alarmierenden Ergebnissen: Pro Arbeitstag komme es demnach in deutschen Arztpraxen 288 Mal zu körperlicher Gewalt. Jeder vierte an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt habe in seinem Berufsleben schon Erfahrung mit körperlicher Gewalt seitens von Patienten gemacht.

Weitaus höher sind die Vorkommnisse von verbaler Gewalt. Mit bundesweit 2.870 Fällen täglich haben sie vier von zehn Ärzten schon erlebt. Laut der Befragung nehme verbale Gewalt zu, je größer die Praxis ist, während körperliche Gewalt zunimmt, je kleiner die Praxis ist. Zur Anzeige bringen die Ärzte etwa jeden vierten tätlichen Angriff. Der Ärztemonitor ist die deutschlandweit größte Befragung ambulant tätiger Ärzte und Psychotherapeuten, die die KBV und der NAV-Virchow-Bund alle zwei Jahre in Auftrag geben. Das Institut für angewandte Sozialwissenschaften (infas) hat seit Februar rund 11.000 Niedergelassene telefonisch zu ihrer Arbeitssituation befragt. Pro Jahr gebe es rund eine Milliarde Arzt-Patienten-Kontakte und über 600 Millionen Behandlungsfälle im Rahmen der ambulanten Versorgung in den Praxen der Niedergelassenen.

Quelle: KBV

VSOU 2018: Networking und Wissenstransfer

Baden-Baden – „Mobilität durch Fortschritt“ war das Motto der 66. Jahrestagung der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen (VSOU) in Baden-Baden, die am 28. April 2018 erfolgreich zu Ende ging. Den beiden Kongresspräsidenten, Univ.-Prof. Dr. Steffen Ruchholtz (Marburg) und Prof. Maximilian Rudert (Würzburg), ist es gelungen, ein ausgewogenes Programm zusammenzustellen, das das gesamte Spektrum von O und U abgedeckt hat.

Prof. Rudert zog folgendes Fazit: „Für mich war es eine perfekte Kombination aus Networking, Wissenstransfer, Kommunikation und Kursangeboten.“ Prof. Ruchholtz ergänzte: „Nach meiner Einschätzung hat der Kongress vom studentischen Nachwuchs bis zum niedergelassenen Orthopäden und Unfallchirurgen oder Chefarzt jeden angesprochen. In den vielen qualitativ sehr hochwertigen Sitzungen zeigte sich einmal mehr das große Spektrum und die Vielseitigkeit unseres Fachgebietes.“ Die wissenschaftlichen Schwerpunkte des Kongresses 2018 waren Alterstraumatologie, Osteologie, E-health, Endoprothetik, Sportverletzungen und Sportschäden. Neue Akzente wurden mit sogenannten Fortschrittsblöcken gesetzt, die neue Möglichkeiten und das Potential, das im Fachgebiet O und U im Zuge des Fortschritts steckt, aufgezeigt haben.

Ein besonderes Anliegen war den Kongresspräsidenten die Umsetzung der neuen Technologien (E-Health) in Klinik und Praxis, die häufig weit hinter den heutigen Möglichkeiten steht. Die Präsidenten: „Im gesamten E-Health-Bereich müssen in den nächsten Jahren intensive Anstrengungen unternommen werden, um von diesen Technologien profitieren zu können.“

Novum des diesjährigen Kongresses: Die wissenschaftlichen Industriesessions. Hierbei hatte die Industrie die Gelegenheit, das wissenschaftliche Programm aktiv mitzugestalten und zu selbstgewählten Themen hochkarätige Referenten einzuladen. Seitens der Industrie wurde diese Möglichkeit gerne angenommen und die Resonanz der Kongressteilnehmer war gut.

Neben den wissenschaftlichen Vorträgen, Seminaren und Podiumsdiskussionen gab es zahlreiche Fortbildungskurse. Diese hohe Bandbreite wurde vom Fachpublikum sehr gut angenommen. Die Sitzungen waren bestens besucht und die Stimmung unter den 2.800 Kongressbesuchern sehr positiv.

Engagierter Nachwuchs

Erfreulich war die Steigerung bei den Abstract-Einreichungen, so dass es in diesem Jahr auch wieder eine Posterausstellung gab. Prof. Rudert lässt dies hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Er stellt fest, „dass sich der Nachwuchs in Baden-Baden wieder mehr wissenschaftlich engagiert“.

Auch bei der Podiumsdiskussion des Jungen Forums zum Thema „Arzt sein ist kein Wunschkonzert – was wünscht sich die neue Ärztegeneration von ihrem Arbeitgeber“ diskutierten die Studierenden und jungen Ärzten und Ärztinnen offen und ohne große Zurückhaltung. Es war deutlich sichtbar, dass bei der jungen Generation eine eklatante Diskrepanz zu den Vorstellungen der „Etablierten“ vorliegt. In der Diskussion wurde vor allem klar, dass bei der Nachwuchs-Generation der Wunsch nach einem transparenten und strukturierten Ausbildungsprogramm im Vordergrund steht.

Blick nach vorn – 67. Jahrestagung 2019

Mit Abschluss der Frühjahrstagung richtet sich der Blick gleich auf das kommende Jahr. Die 67. Jahrestagung findet vom 2. bis 4. Mai 2019 in Baden-Baden statt. Die beiden Kongresspräsidenten, Prof. Philipp Drees und Prof. Christian Heiß haben als Motto für diese Jahrestagung „Gesundheit durch Bewegung“ gewählt.

Quelle: VSOU

Telematikinfrastruktur

TI: Nachverhandlungen zur Finanzierung stocken

Berlin – Die Konflikte um den Rollout und die Finanzierung der Telematikinfrastruktur (TI) halten weiter an. „Der GKV-Spitzenverband ist derzeit nicht bereit, ab Juli eine kostendeckende Finanzierungspauschale zu garantieren“, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Dr. Stephan Hofmeister vergangene Woche. Die KBV und der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) kritisieren die Blockadehaltung der Kassen. Die Politik ruft die Selbstverwaltung währenddessen dazu auf, zu einer konstruktiven Diskussion zurückzukehren.

„Die KBV und die Kassenärztlichen Vereinigungen lassen nicht zu, dass die Praxen am Ende auf den Kosten für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur sitzenbleiben“, betonte Vize-KBV-Chef Hofmeister. Hintergrund des Konflikts ist die Erstausstattungspauschale ab dem dritten Quartal, die von jetzt 2.344,98 Euro auf 1.155 Euro sinken soll. Die Pauschalen waren vor einem Jahr vereinbart worden in der Erwartung, dass die Preise aufgrund der Marktentwicklung fallen würden. Anderenfalls sollte nachverhandelt werden.

KBV: Nur kostendeckendem Angebot zustimmen

„Bis nicht klar ist, dass die Krankenkassen die Ausstattung der Praxen mit der nötigen Technik auch im dritten Quartal in voller Höhe finanzieren, können wir den Ärzten und Psychotherapeuten nicht empfehlen, die notwendigen Komponenten zu bestellen“, stellte Hofmeister klar. Denn für die Erstattungshöhe ist nicht der Zeitpunkt der Bestellung entscheidend, sondern ab wann die Praxis an die TI angeschlossen ist und das Versichertenstammdatenmanagement durchführen kann.

Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel kritisierte die Blockadehaltung der Krankenkassen in den Verhandlungen und sagte: „Wir haben fristwahrend das Schiedsamt angerufen.“ Dieser Kritik schloß sich nun auch der SpiFa an: „Wir unterstützen die KBV hinsichtlich der aktuellen Forderung nach vollständiger Finanzierung der Anbindung von Praxen an die Telematikinfrastruktur. Wir fordern die gesetzlichen Krankenkassen auf, wie im Gesetz vorgesehen, die dafür entstehenden Kosten – ohne Wenn und Aber – zu übernehmen“, so Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa.

Politik appelliert an Selbstverwaltung

Tino Sorge, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags, rief die Träger der Selbstverwaltung gestern dazu auf, zu einer geordneten Diskussionskultur zurückzukehren, berichtet das „Deutsche Ärzteblatt“. „Dass öffentliche Konflikte und Rivalitäten die Telematikinfrastruktur ausbremsen, ist inakzeptabel. Einmal mehr ist das Schiedsamt angerufen worden – in einer Frage, die die Selbstverwaltung sehr wohl auch unter sich hätte klären können“, sagte Sorge. Die öffentliche und mediale Austragung von Streitigkeiten beschädige das Vertrauen, das die Politik der Selbstverwaltung für die Umsetzung der Digitalisierung ausgesprochen habe.

Technik mit Kinderkrankheiten

Neben der KBV rät auch der MEDI Verbund Baden-Württemberg den Praxen von einer TI-Installation ab. Der TI-Konnektor für den Datenabgleich mit den Krankenkassen weise noch „zu viele Störungen und Kinderkrankheiten“ auf, so Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg und MEDI GENO Deutschland in einem Rundschreiben an die MEDI-Mitglieder. Darin heißt es: „Der Datenabgleich findet, nach Rückmeldungen aus bisher installierten Praxen, inzwischen schnell genug statt. Allerdings stürzt das System in der Konfiguration mit dem Konnektor häufiger ab und die Praxen können nicht weiterarbeiten.“ Ein Anwender habe deshalb dazu geraten, bei der Umstellung darauf zu achten, dass man ggf. mit seiner alten Konfiguration – also ohne Konnektor – weiterarbeiten können sollte, falls der Konnektor ausfällt. Zudem gebe es teilweise Probleme mit dem Format der Patientenkarte und sie könne nicht eingelesen werden.

Umfrage unter BVOU-Mitgliedern

Auch der BVOU hat seine Mitglieder zur Telematikinfrastruktur befragt. An der Umfrage des Referats Service im BVOU unter Leitung von Dr. Christian Hauschild beteiligten sich 144 Mitglieder. Von diesen haben bisher erst 22 die neue Technik in ihrer Praxis eingeführt. Bei etwa einem Drittel davon kam es nach Einführung der TI eigenen Angaben zufolge vermehrt zu Serverausfällen. Mehr als 60 Prozent aller Umfrageteilnehmer wollen mit dem Anschluss an die TI noch abwarten, bis die Technik ausgereift ist, bzw. raten ihren Kollegen dazu.

Nordrhein: Digitalisierung in der Diskussion

Düsseldorf  – Um Chancen und Risiken der Digitalisierung im Gesundheitswesen ging es bei einer Veranstaltung der KV Nordrhein. Mit dabei: Der BVOU-Landesvorsitzende Nordrhein, Dr. Roland Tenbrock.

Der niedergelassene Mediziner, der per Videosprechstunde Empfehlungen zur Therapie gibt. Das Ärzteteam, das per Telekonsil das Know-how eines entfernten Experten zu Rate zieht. Der Patient, der mit seiner App auf dem Smartphone seinen Gesundheitszustand überprüft – dies alles sind Mosaiksteine im großen Digitalisierungspuzzle in der Gesundheitsversorgung. Um Chancen und Risiken der Digitalisierung ging es Mitte April bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein in einer moderierten Diskussion. Sie zeigte: Das Spannungsfeld zwischen „Dr. Google“, Selbstvermessung, Videosprechstunde, Telematikinfrastruktur und Datenschutz ist groß.

Chat mit dem Patienten

Dr. Roland Tenbrock, niedergelassener Orthopäde aus Düsseldorf, betonte, wie wichtig die persönliche Begegnung für den ersten Kontakt zum Patienten sei. Im Laufe der Behandlung ihm bekannter Patienten aber könne Technik die Sache vereinfachen: Patienten sitzen online über das Tablet im Wartezimmer, ohne persönlich anwesend sein zu müssen. Zehn Prozent seiner Patientenkontakte finden auf diesem Wege statt. „Pro Chat benötige ich zwei bis drei Minuten – das spart Zeit, und die Patienten sind begeistert.“

Für den Ausbau solcher Anwendungen braucht es eine Flexibilisierung – zum Beispiel beim Fernbehandlungsverbot. „Damit wird sich der Deutsche Ärztetag beschäftigen“, kündigte Dr. Frank Bergmann an, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein. Der Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut aus Aachen betonte, dass das Verbot bestehen bleiben, der Spielraum für telemedizinische Angebote aber größer werden sollte.

Mündige Patienten

„Halbwissen“ könne man Patienten nicht vorwerfen, sagte Regina Behrendt von der Verbraucherzentrale NRW. „Das Internet ist maximal unübersichtlich. Deshalb brauchen wir Seiten und Anlaufstellen mit geprüften, verlässlichen Informationen.“ Dafür plädierte auch Dirk Ruiss, Leiter der NRW-Landesvertretung des Verbands der Ersatzkassen (vdek). „Früher haben wir uns über den unmündigen Patienten beklagt. Der Preis der Freiheit ist, dass wir unbegrenzt an Informationen kommen, deren Qualität man nicht sofort beurteilen kann.“ Dies löse bei vielen Überforderung aus. Fazit: Die Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein.

Autor: Dr. Heiko Schmitz, Leiter Bereich Presse und Medien, KV Nordrhein