Weimar – Am 5. Juli.2019 fand in den Räumen der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen die Jahresveranstaltung der Landesgruppe Thüringen statt. Die Mitglieder wurden in einem Vortrag von Sven Auerswald, Hauptgeschäftsführer der KV Thüringen, über den aktuellen Stand der Umsetzung des TSVG informiert. Dabei wies Herr Auerswald ausdrücklich auf Schwachstellen und mögliche Probleme in der Umsetzung des TSVG hin. Insbesondere gab er zu bedenken, dass bei Annahme eines Neupatienten die Mehreinnahme für den annehmenden Facharzt lediglich die Differenz zwischen der Summe der EBM-Leistungen laut EBM-Katalog und der individuellen Vergütungsquote beträgt, der Überweiser jedoch pauschal 10 € erhält (z.B. Neupatient 45 Jahre, Cervicothorakalsyndrom bei BWS-Blockierung, Untersuchung und Chirotherapie der HWS/BWS, Verordnung von Physiotherapie und NSAR, Abrechnung der EBM-Ziffern 18211, 18220 und 30201, Vergütung lt. EBM 19,70 € +3,36 € + 7,68 € = 30,74 €, nach HVM in Thüringen bei beispielsweise Individueller Vergütungsquote von 75% (in etwa Durchschnitt eines Thüringer Facharztes, im Honorarbescheid nachzulesen) würde die Auszahlung 23,05 € betragen. Somit wäre die Honorarmehreinnahme für diesen Neupatienten für den Orthopäden 7,69 € bei gleichzeitiger Blockierung eines Termins für eigene Patienten sowie Belastung des Heilmittel- und Medikamentenbudgets. Die hierbei erbrachten Leistungen werden nach dem ersten Jahr des TSVG auch noch arztindividuell bereinigt. Dem gegenüber steht unverändert die Vermittlungsprovision von 10 € für den Hausarzt ohne größeren Aufwand und ohne Budgetbelastung. Daher erfolgte auch durch den Hauptgeschäftsführer die Empfehlung, im ersten Jahr nach Inkrafttreten des TSVG keine exorbitanten Leistungssteigerungen durch Behandlung von TSS-Patienten anzustreben.
Im Anschluss erfolgte die Neuwahl des Landesvorstandes
Thüringen. Der bisherige stellvertretende Landesvorsitzende, Dr. Albrecht
Straub, kandidierte nicht mehr für die neue Wahlperiode. Ihm wurde für seine
Arbeit und seinen Einsatz insbesondere als Bindeglied zum stationären Sektor
gedankt. Für ihn kandidierte als stationär tätiger Kollege Herr Dr. Timo
Zippelius (Waldkliniken Eisenberg). Die anderen Mitglieder des Landesvorstandes
Dr. Christian Gessner, Dr. Sabine Krannich, Dr. Ole Goßerau, Dr. Jochen Zink
und Dr. Jens Krannich traten zur Wiederwahl an. Weiterhin kandidierte Dr.
Tobias Wüstefeld ebenfalls für den Vorstand. Dr. Wüstefeld vertritt derzeit die
Interessen von O und U in der Vertreterversammlung der KV Thüringen. Alle
Kandidaten wurden ohne Gegenstimmen gewählt Dr. Jens Krannich ist alter und
neuer Landesvorsitzender, neuer Stellvertreter ist Dr. Christian Gessner. Alle
anderen Gewählten übernehmen die Funktion als Bezirksvorsitzende.
Die Veranstaltung wurde fortgesetzt mit einem Vortrag von
Herrn Dickert, Mitarbeiter der IT-Abteilung der KV Thüringen, zum Thema der
Telematikinfrastruktur (TI). Hierbei zeigte sich, dass die von vielen Kollegen
gehegten Zweifel an der Praktikabilität und Sicherheit nicht unbegründet sind.
Es wurde die Grundstruktur der TI erläutert, die Problematik „neuer“ mobiler
und stationärer Kartenlesegeräte diskutiert (zeitlich befristete Lösung!) und
mögliche Sicherheitslücken der TI erklärt. Es wurde gezeigt, dass die bei
vielen Praxen erfolgte parallele Installation des Routers zwar einfacher,
billiger und bequemer ist und die weitere Fernwartung von Dienstleistern
ermöglicht, diese jedoch als „Einfallstor“ aus dem Internet erhebliche
Sicherheitslücken aufweist und derzeit bei Datenverlusten eine unklare
Haftungssituation vorliegt. Diese Installationsweise scheint bei ca. 90% der
Praxen mit IT Anschluss vorzuliegen. Anschließend wurde anhand von Zahlen die
Anschlusssituation aller Ärzte und der Orthopäden in Thüringen aufgezeigt. Zum
16.05.19 zeigte sich ein Ausstattungsgrad aller Ärzte von 52,2% (Orthopäden
53%), 32% (29%) hatten die Bestellung angezeigt. Die anderen Kollegen haben
diesbezüglich noch keine Aktivität gezeigt. Da der elektronische Heilberufsausweis
derzeit noch nicht zwingend ist (erst im Rahmen der elektronischen
Patientenakte), wurde in Thüringen bis Mitte Mai erst ein einziger Ausweis
ausgestellt. Insgesamt waren die Anwesenden nach der Besprechung dieses Themas eher
beunruhigt, insbesondere wegen der angesprochenen Sicherheitsaspekte.
Dr. Jens Krannich, BVOU-Landesvorsitzender Thüringen
Das LG Meiningen hat
in einem aktuellen Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren noch einmal kurz
und bündig klargestellt, dass die Bewertung eines Arztes auf einer Ärztebewertungsplattform
ohne nachgewiesenen Behandlungskontakt unzulässig ist.
Das Gericht folgt damit der Rechtsprechung des BGH (BGH,
Urteil v. 1.3.2016, Az. VI ZR 34/15). Nach Ansicht des LG Meiningen gilt
dieser Grundsatz auch dann, wenn der angebliche Patient behauptet, er sei
bereits vor einer Behandlung vom Praxispersonal trotz starker Schmerzen
abgewiesen worden, dies aber nicht nachgewiesen hat.
Der Ärztebewertungsplattform obliegen auch dann
Prüfpflichten, denen sie im hier gegenständlichen Fall nicht nachgekommen ist.
Die bloße Forderung einer Praxisbeschreibung und der Benennung des
Behandlungsmonats und -jahres reicht dazu nicht aus (LG Meiningen, Urteil v.
15.5.2019, Az. (117) 2 O 274/19, nicht rechtskräftig).
Jameda-Bewertung
enthielt schwere Vorwürfe
Die Antragstellerin, eine niedergelassene
Allgemeinmedizinerin, wandte sich gegen eine Bewertung eines angeblichen
Patienten, der auf dem Ärztebewertungsportal jameda.de behauptet hatte, trotz
starker Schmerzen vom Personal der Antragstellerin „abgewimmelt“ worden zu
sein. Die Antragstellerin wurde mit der Gesamtnote 6,0 bewertet.
Das wollte sich die Ärztin verständlicherweise nicht
gefallen lassen. Denn in der unbegründeten Verweigerung einer Behandlung durch
einen Arzt liegt nicht nur die Verletzung des hippokratischen Eids (der zwar
in Deutschland nicht mehr verpflichtend geleistet wird, jedoch als
Ehrenkodex weiterhin Bedeutung hat) sondern möglicherweise auch eine
nach § 323c des Strafgesetzbuchs (StGB) strafbare unterlassene Hilfeleistung.
Die Antragstellerin meldete Jameda diese Bewertung daher als
Problem. Sie beanstandete, dass die Angaben in der Bewertung nicht wahr seien,
und bestritt, dass der Bewertende tatsächlich in der Praxis gewesen und trotz
starker Schmerzen im Nierenbereich vom Personal „abgewimmelt“ worden sei. Sie
teilte mit, dass sie sicher sei, dass sich ein solcher Vorfall nach eingehender
Rücksprache mit ihrem Praxisteam in ihrer Praxis nicht ereignet habe.
Jameda hatte die Bewertung samt Benotung zunächst
vorübergehend von der Webseite entfernt, die Bewertung ohne Noten dann aber
wieder veröffentlicht, da sie den Wahrheitsgehalt der Bewertung durch eine
kurze Praxisbeschreibung und die Nennung des Behandlungsmonats und -jahres des
Bewertenden als dargelegt ansah.
Jameda konnte die
Behauptung nicht beweisen
Das LG Meiningen bejahte eine Verletzung des
Persönlichkeitsrechts der Antragstellerin. Grundsätzlich sei zwar die
Antragstellerin nach den allgemeinen Regeln für die Verletzung ihrer Rechte
darlegungs- und beweisbelastet. Jedoch treffe die Antragsgegnerin bei negativen
Tatsachen – hier dem Fehlen des Kontakts mit dem Praxispersonal – eine
sekundäre Darlegungs- und Beweislast. Das Gericht entschied, dass die
Antragsgegnerin ihren daraus resultierenden Prüfpflichten hinsichtlich des
behaupteten Sachverhalts nicht nachgekommen war, und berief sich dabei auf die
Rechtsprechung des BGH.
Denn die vom Portalbetreiber durchzuführende Überprüfung
muss erkennbar zum Ziel haben, die Berechtigung der Beanstandung des
betroffenen Arztes zu klären. Er muss daher ernsthaft versuchen, sich hierzu
die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen und darf sich insbesondere
nicht auf eine rein formale Prüfung zurückziehen (BGH, Urteil v. 1.3.2016,
Az. VI ZR 34/15).
Dies gilt nach Ansicht des LG Meiningen auch dann, wenn der
angebliche Patient behauptet, dass er bereits vom Personal abgewiesen worden
sei. Denn die ärztlichen Pflichten beginnen manchmal nicht erst im
Behandlungszimmer, sondern bereits dann, wenn der Patient mit starken Schmerzen
die Praxis betritt. Der Vorwurf des „Abwimmelns“ wiegt dann unter Umständen
sehr schwer, siehe oben.
Die Antragstellerin konnte nach eingehender Absprache mit
ihrem gesamten Personal jedoch glaubhaft machen, dass niemand mit starken
Schmerzen am Empfang abgewiesen worden war. Dem konnte Jameda nichts
entgegensetzen.
Pauschale
Praxisbeschreibung nicht ausreichend
Nach Ansicht des LG Meiningen reichen eine
Praxisbeschreibung und die Nennung des Behandlungsmonats sowie des
Behandlungsjahres nicht aus, um den behaupteten Kontakt mit dem Praxispersonal
darzulegen.
Das LG Meiningen überträgt damit die Rechtsprechung des BGH,
wonach es nicht ausreichend ist, die Behandlung in mindestens zwei Sätzen zu
umschreiben und den Behandlungszeitraum zu nennen (BGH, Urteil v. 1.3.2016,
Az. VI ZR 34/15), auf eine zu pauschale Praxisbeschreibung.
Jameda hätte den Verfasser der Bewertung vielmehr nochmals
auffordern müssen, die angebliche Abweisung in der Praxis der Antragstellerin
möglichst genau zu beschreiben und sich beispielsweise eine anschließende
Behandlung oder den weiteren Verlauf der Krankengeschichte skizzieren lassen
müssen. Jameda haftet hinsichtlich dieser Bewertung, da die Plattform als
Hostprovider durch die Kenntnis von der Rechtsverletzung mittelbare Störerin geworden
ist.
Im Falle der Zuwiderhandlung droht Jameda ein Ordnungsgeld
bis zu 250.000 € oder bis zu sechs Monate Ordnungshaft.
Der Streitwert wurde mit 15.000 € festgesetzt. Die Entscheidung
ist nicht rechtskräftig. Jameda steht nun das Rechtsmittel der Berufung zur
Verfügung oder die Klärung des Sachverhalts im Hauptsacheverfahren.
Arno Lampmann Rechtsanwalt Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Köln
Berlin – Auf Einladung des Bundesministeriums für Gesundheit sind am 14.08.2019 in Berlin Vertreter der Gesundheitsministerien aus den Ländern zusammen gekommen, um über den am 16. Juli 2019 versendeten Diskussionsentwurf zur Reform der Notfallversorgung zu diskutieren.
Dazu erklärt Zi-Geschäftsführer Dr. Dominik von Stillfried:
Initiativen der Kassenärztlichen Vereinigungen müssen jetzt unterstützt werden
„Die vertragsärztlichen Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen zeigen den Trend ganz deutlich: Die Zahl der an deutschen Krankenhäusern ambulant behandelten Notfallpatienten geht seit 2016 stetig zurück. Bis 2018 ist die Anzahl der Behandlungen dort um rund 222.000 Fälle gesunken. Gleichzeitig stiegen die durch niedergelassene Haus- und Fachärzte behandelten ambulanten Notfälle seit 2015 kontinuierlich um rund 360.000 Fälle von 8,96 Millionen in 2015 auf 9,32 Millionen Fälle in 2018 an. Zu beobachten ist außerdem, dass der mit der Abschaffung der Praxisgebühr zum 1. Januar 2013 verbundene Anstieg der Inanspruchnahme des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes und der Notfallambulanzen langsam abflacht. 2013 ist die Inanspruchnahme der Notaufnahmen und des ärztlichen Bereitschaftsdienstes insgesamt um rund 10 Prozent angestiegen. In den Notaufnahmen und im ärztlichen Bereitschaftsdienst waren dies insgesamt rund 1,66 Millionen zusätzliche Fälle. Nicht zuletzt durch verstärkte Initiativen der Kassenärztlichen Vereinigungen zur Einrichtung von Portal- und Bereitschaftspraxen, zur Verbesserung des Bereitschaftsdienstes und zur Aktivierung der Bereitschaftsdienstnummer 116117 gelingt es, die ambulante Inanspruchnahme der Krankenhausnotaufnahmen wieder zu senken.
Auch zeigen die Daten, dass sich die Behandlungsanlässe deutlich in Richtung akuter Ereignisse wie Verletzungen und Schwangerschaftsbehandlungen verschieben. Die Inanspruchnahme zur Behandlung von chronischen Erkrankungen, die in der vertragsärztlichen Regelversorgung gut versorgt werden können, ist hingegen deutlich rückläufig. Kurzum: Die Reformmaßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigungen tragen erste Früchte. Die Vertragsärzte leisten einen signifikanten und weiter steigenden Beitrag zur Entlastung der Notaufnahmen in den Kliniken. Diese Ansätze müssen jetzt unterstützt werden.“
Der BVOU-Vizepräsident, Prof. Dr. Dr. Reinhard Hoffmann (BG Unfallklinik Frankfurt am Main), und BVOU-Bezirksvorsitzender Heilbronn-Franken, Dr. Karsten Braun (Niedergelassen in Wertheim), kommentieren die bisherigen Entwürfe.
Quelle: Zi-Pressestelle: Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (Zi) ist das Forschungsinstitut der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in der Rechtsform einer Stiftung des bürgerlichen Rechts. Es wird finanziert durch jährliche Zuwendungen der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Forschungsarbeiten und Studien des Zentralinstituts beschäftigen sich vorwiegend mit der vertragsärztlichen Versorgung unter Nutzung der von den Trägern dafür zur Verfügung gestellten Routinedaten.
Berlin – Niedergelassene und Krankenhausärzte haben ein gemeinsames Konzept für die künftige Notfallversorgung ausgearbeitet. Kernelemente sind eine gezielte Steuerung akut hilfebedürftiger Patienten sowie Gütekriterien für die medizinische Ersteinschätzung.
Der BVOU-Vizepräsident, Prof. Dr. Dr. Reinhard Hoffmann (BG Unfallklinik Frankfurt am Main), und BVOU-Bezirksvorsitzender Heilbronn-Franken, Dr. Karsten Braun (Niedergelassen in Wertheim), kommentieren die bisherigen Entwürfe.
Das Konzept von Marburger Bund (MB) und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) sieht die Einrichtung zentraler Anlaufstellen für Akut- und Notfallpatienten an Krankenhäusern vor (sogenannte „gemeinsame Tresen“). Es definiert Anforderungen an deren Struktur und Arbeitsweise und benennt Gütekriterien für Instrumente zur standardisierten medizinischen Ersteinschätzung, die dort zum Einsatz kommen sollen. Für die weniger dringenden Fälle sieht das Konzept eine enge Kooperation mit den Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) vor. Durch den bereits geplanten Ausbau der deutschlandweiten Rufnummer 116117 des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes und deren Verknüpfung mit der Notrufnummer 112 werde die notwendige Struktur etabliert, um eine Weiterleitung und schnelle Terminvergabe zu ermöglichen, heißt es in dem Papier.
„Wir sagen es immer wieder: Wenn die Politik der Ärzteschaft einfach mehr Vertrauen entgegenbringen würde, dann wären wir in manchen Dingen sehr viel weiter. Das gemeinsame Konzept von MB und KBV ist der beste Beweis. Wir haben bei dem umstrittenen Thema Notfallversorgung bewusst den Schulterschluss mit den klinischen Kollegen gesucht und gefunden. Es ist im Interesse aller Beteiligten, die Notaufnahmen in den Krankenhäusern zu entlasten. Auch bei der Versorgung im Akutfall gilt der Grundsatz: ambulant vor stationär. Beide Seiten unterstützen dies ausdrücklich“, konstatierte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen, bei der heutigen Vorstellung des Konzepts in Berlin.
Auch der 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke, betonte das gemeinsame Vorgehen aller Beteiligten: „In der Notfallversorgung brauchen wir mehr Kooperation und Koordination, um Patienten so gut wie möglich und so adäquat wie möglich zu versorgen. Das Konzept von Marburger Bund und Kassenärztlicher Bundesvereinigung ist an diesem Grundgedanken ausgerichtet. Wir wollen die bestehenden Strukturen und Abläufe durch kollegiale Zusammenarbeit der unmittelbar Beteiligten verbessern. Dafür brauchen wir keinen neuen Sektor Notfallversorgung mit neuen Schnittstellen zu anderen Bereichen, sondern einen vernünftigen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen, der Standards setzt.“
Bereits im September 2017 hatten die KBV und der MB ein gemeinsames Konzept zur Reform der Notfallversorgung vorgelegt. Dieses haben die beiden Ärzteverbände nun weiter ausgearbeitet. Ziel ist eine bedarfsgerechtere Steuerung der Patienten und ein optimaler Einsatz der personellen Ressourcen. „Statt die Notfallversorgung als eigenständigen dritten Sektor zu etablieren, verfolgen wir einen integrativen Ansatz“, betonte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Stephan Hofmeister. Die Steuerung der Patienten, vom telefonischen oder persönlichen Erstkontakt bis zu ihrer Zuordnung in die richtige Versorgungsstufe, soll künftig mithilfe eines Instruments zur standardisierten Ersteinschätzung erfolgen. „Derzeit wird hierfür die Software SmED (Standardisierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland) in vielen KVen erprobt“, so Hofmeister.
Das Konzept für die gemeinsame Anlaufstelle erläuterte Dr. Susanne Johna, Bundesvorstandsmitglied des Marburger Bundes: „Wir verfolgen einen integrativen Ansatz, der auf ärztlicher Kooperation beruht. Es geht darum, die vertragsärztliche und stationäre Akut- und Notfallversorgung strukturell miteinander zu verzahnen. Diesem Ziel dient die gemeinsame Anlaufstelle am Krankenhaus, wo zunächst nach klaren und transparenten Kriterien entschieden wird, welche Versorgung für den Patienten im konkreten Fall notwendig ist, um diese dann vor Ort direkt einzuleiten.“
Trier – Die Alterung der Bevölkerung nimmt kontinuierlich zu. Die Lebenserwartung hat sich seit Ende des 19. Jahrhunderts mehr als verdoppelt. Somit hat die Alterstraumatologie in unserem Fach Orthopädie und Unfallchirurgie eine zunehmende Bedeutung. Im klinischen Alltag hat sich die Zusammenarbeit mit einem Geriater etabliert.
Die Behandlungsziele sind das Erreichen einer schnellstmöglichen Mobilisation unter Vollbelastung und die Rückführung des Patienten in den Status quo ante zu erreichen. Für die
Umsetzung dieser Ziele ist ein Behandlungsteam aus Unfallchirurg, Anästhesist,
Geriater, Gesundheits- und Krankenpfleger, Physiotherapeut, Ergotherapeut,
Sozialarbeiter und Osteologe erforderlich.
Das vorliegende
Buch richtet sich an alle diese Beteiligten im therapeutischen Team.
Es ist
praxisnah orientiert aufgebaut. Einleitend wird der aktuelle Wissensstand von
Knochen- und Muskelschwund, sowie der Demenz zusammengefasst. Dann geht es im
praktischen Teil über Ernährung, der perioperativen Betreuung, operativen
Versorgung typischer Verletzungen bis zur geriatrischen Nachbetreuung.
Abschließend
werden alltagsrelevante Fallbeispiele vorgestellt. Zur kritischen Diskussion auf
den jeweiligen Fall bezogen regen die anschließenden Fragen und Antworten an.
Damit wird
dieses gut strukturierte und auf das im Alltag wesentliche komprimierte
Fachwissen abgerundet.
Die
Herausforderungen der Unfallversorgung geriatrischer Patienten nehmen zu. Eine
Zertifizierung oder Zentrumsbildung für Alterstraumatologie erfordert die
interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Evaluation derartiger Versorgungskonzepte
ergab, dass sich die Krankenhaussterblichkeit reduzierte. Auch die Liegezeit
auf der Intensivstation konnte reduziert werden.
So gibt dieses
Buch Hilfestellung, die eigenen klinischen Strukturen und Abläufe in der
stationären unfallchirurgischen Versorgung geriatrischer Patienten zu
überprüfen und somit zu verbessern.
Friedrich
Nietzsche formuliert es treffend: „Hindernisse und Schwierigkeiten sind Stufen,
auf denen wir höher steigen.“ Nicht nur wir als Behandelnde entwickeln uns und
steigen höher, auch die Qualität unserer täglichen Arbeit. Die Voraussetzung
dazu ist aber, dass wir die Hindernisse und Schwierigkeiten im Alltag erkennen.
Ich empfehle
dieses Buch für den klinischen Alltag als kompaktes Übersichtswerk der
Alterstraumatologie.
Wertheim – In den App Stores gibt es zahlreiche Apps für Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die diesen das Leben leichter machen können. Verbreitet sind Programme, die beim Management von Arztbesuchen, Medikation, Ernährung und Bewegungstherapie helfen, den Erkrankungsverlauf und die Laborwerte dokumentieren oder als Schmerztagebuch dienen. Selbsthilfegruppen wie die Rheumaliga nutzen Apps um auf regionale Angebote aufmerksam zu machen, andere Apps dienen zum Austausch mit anderen Betroffenen in der community. Doch gibt es auch Anwendungen, die für den rheumatologisch tätigen Arzt interessant sind, vielleicht gerade für den nicht versierten Spezialisten? Wir haben im April 2019 einmal im Apple-App-Store eingekauft, der rheumatologische Warenkorb in alphabetischer Reihenfolge sieht so aus:
1000 Arthritis Wörterbuch Englischsprachiges Wörterbuch von Sand Apps Inc. mit eher patientenadressierten, einfachsten Definitionen von Fachbegriffen rund um rheumatische Erkrankungen zum Preis von 3,49€. Für Ärzte können aber die Links zu öffentlichen Bilddateien interessant sein.
ART Arthritis & Rheumatology, IJRD International Journal of Rheumatic Diseases und AC&R Arthritis Care & Research Die drei kostenlosen, englischsprachigen Apps des Wiley-Verlags zeigen Abonnenten die Online-Ausgaben von „Arthritis & Rheumatology“ (American College of Rheumatology), „International Journal of Rheumatic Diseases“ (Asia Pacific League of Associations for Rheumatology) bzw. „Arthritis Care & Research“ (American College of Rheumatology) an. Das Abo ist jeweils kostenpflichtig. Die in der App vorgesehene Möglichkeit zum Download kostenfreier Inhalte funktionierte zum Testzeitpunkt nicht.
ArthritisID PRO Gut gemachtes, wahlweise englisch- oder französischsprachiges, kostenloses Diagnosetool, welches anhand auszuwählender betroffener Gelenke und einiger nachfolgender Fragen eine erste rheumatologische Verdachtsdiagnose liefert. Zu neun Krankheiten sind weitere Informationen abrufbar, fünf Videos zeigen Untersuchungstechniken.
DAS Calculator Die kostenlose, englischsprachige App bietet ein übersichtliches Tool zur Berechnung von DAS28-CRP mit vier oder drei Variablen sowie ein Tool zur Umrechnung von DAS in DAS28. Gegen einen in-app-Kauf in Höhe von 2,29 Euro können zehn weitere Tools genutzt werden.
DAS28/ACR-EULAR criteria Kleines, übersichtliches, englischsprachiges und kostenloses Tool zur Berechnung von DAS28, CDAI/SDAI und ACR-EULAR-Kriterien.
DoseChecker Die einfache, kostenlose, englischsprachige App berechnet die körpergewichtsabhängige Hydroxychloroquindosis. Die Eingabe kann in pounds oder kg erfolgen, ausgegeben wird das Dosierschema nach der ABW-Methode in Übereinstimmung mit den AAC-Guidelines 2016.
EULAR School App In einem passwortgeschützten Bereich sind laut Produktbeschreibung nur für registrierte Teilnehmer der EULAR School of Rheumatology EULAR-Empfehlungen, Tools, bildgebende Befunde und online-Kurse zugänglich. Ein Testzugang wurde auf Anfrage leider nicht zur Verfügung gestellt.
Mobile Leitlinien Innere Medizin Die umfangreiche App der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) stellt kostenlos und deutschsprachig die Leitlinien zu zahlreichen Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet zur Verfügung. Enthalten sind auch die S1-Leitlinie zur RA von 2012 mit Tools zur Berechnung von DAS28-Score, EULAR-Diagnosekriterien und Therapiealgorithmus der RA.
ÖGR RheumaGuide Die kostenlose App des österreichischen MedMedia Verlags verspricht im App Store Hilfestellungen bei Diagnostik und Therapie bei Erkrankungen des Rheumatischen Formenkreises basierend auf der Kurzfassung der 2013 herausgegebenen Leitlinien für die Praxis RA, PsA und SpA. Angekündigt werden Scorerechner, Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie & Rehabilitation und Links zu DMARD Aufklärungsbögen. Eine erforderliche Registrierung als medizinisches Personal funktionierte zum Testzeitpunkt von Deutschland aus nicht.
RA Augemented Reality Englischsprachiges, kostenloses Lehrmodul, welches Elemente der virtuellen Realität einbindet, um insbesondere die Rolle von Zytokinen im Entzündungsprozess der RA darzustellen. Eine Hilfefunktion, die dem Anwender die Handhabung der technisch gut gemachten App erklärt, fehlt leider.
RAPID Clinician Educator Kostenlose Lehr-App zur RA, englischsprachig mit zahlreichen Videos, insgesamt nicht sehr umfangreich. Zusätzlicher Patientenguide mit zahlreichen Videos.
RAUSSA Sehr schöne, wohl auch dank Sponsoring von Pfizer kostenlose und einfach zu bedienende App zur Sonografie und Duplexsonografie von Gelenken und Sehnen mit Darstellung der korrekten Schnittebenen am anatomischen Präparat und beispielhaften Befunden aller Stadien. Beim ersten Start der App muss man bestätigen, als Arzt in Spanien tätig zu sein, was aber nicht weiter geprüft wird.
RAVE Mobile Die englischsprachige App bietet einerseits Tools zur Scoreberechnung bei Ankylosierender Spondylitis, Psoriasisarthritis und Rheumatoider Arthritis, SLE ist in Vorbereitung. Anderserseits werden englischsprachige Fortbildungsinhalte bereitgestellt.
RheumaHelper Übersichtlicher, kostenloser englischsprachiger Rechner mit Tools zur Diagnoseklassifikation von 19 Krankheiten und 12 Aktivitätsscores, darüber hinaus Newsfeedfunktion.
Rheuma IQ Übersichtlicher englischsprachiger Rechner mit Tools zur Diagnoseklassifikation von 17 Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises von „Adult Still’s disease“ bis „Sjogren’s syndrome 2016“, Tools zur Berechnung der Krankheitsaktivität von elf Erkrankungen („ASDAS“ bis „Vasculitis Damage Index“). Kostenlos.
Rheuma-VOR Kostenlose, deutschsprachige App, die anhand von wenigen an den Patienten zu richtender Fragen in drei Minuten bei der Frühdiagnose und Differenzierung zwischen RA, Psoriasis Arthritis und axialer Spondylarthritis helfen soll. Ärzte in Niedersachsen, Rheinland Pfalz und dem Saarland können die Terminvermittlungsfunktion der Rheuma-VOR-Koordinationszentrale gleich aus der App heraus nutzen.
Rheuma Schweiz Education Laut App Store soll die App interaktive Fortbildungsveranstaltungen auf dem neuesten Stand der Wissenschaft für Fachleute bieten. Zum Testzeitpunkt war mit der kostenlosen App lediglich eine Fortbildung über Injektionstechniken zum Preis von 7,99 Euro als in-app- Kauf möglich. Diesen Einkauf haben wir uns gespart.
Rheumatoid Arthritis @PoC Laut App Store kostenlose, englischsprachige Wissensdatenbank mit Tools zur RA. Eine Registrierung aus Deutschland gelang zum Testzeitpunkt nicht.
Roche Rheumatologie App Kostenlose, deutschsprachige App mit den drei Inhalten Rheumatoide Arthritis, Riesenzellarthritis und ANCA-assoziierten Vaskulitiden. Übersichtlich gestaltet sind Diagnosekriterien, Aktivitätsscores, Klassifikationen, Therapiealgorithmen sowie Fachinformationen und Anwenderhinweise zu den für die drei Krankheiten verfügbaren Produkte von Roche abrufbar. Vorgesehene Funktionen eines Veranstaltungskalenders und eine Newsfunktion waren zum Testzeitpunkt nicht mehr auf aktuellem Stand.
SensAR Laut Beschreibung im App Store Tool zur Bestimmung der Schäden an Händen und Füßen mit dem SENS-Index (simple erosion narrowing score). Kostenlos. Eine Registrierung aus Deutschland gelang zum Testzeitpunkt nicht.
Thieme Rheumatologie visuell Rheumatologische Bilddatenbank klinischer u. radiologischer Befunde von „Achenbach-Syndrom“ bis „Zoster unter Rituximab-Therapie“, deren Inhalte auch zur persönlichen Nutzung in Vorträgen, Fortbildungen und zu Lehrzwecken dienen. Wahlweise in deutsch oder englisch und kostenlos, Sponsoring von abbvie.
Auch für den rheumatologisch tätigen oder interessierten Arzt gibt es einige gute Apps im App Store, zum Teil mit sehr unterschiedlichem Leistungsumfang und in unterschiedlicher Qualität. Nur einige Apps erfordern eine Verifikation als Arzt, z. B. mit doccheck. Besonders praktisch für die Kitteltasche und die sinnvollste App-Anwendung sind die zum Teil umfangreichen Tools zur Berechnung von Scores zur Klassifikation und Krankheitsaktivität wie z. B. Rheumahelper. Gut gemacht ist auch das englischsprachige Diagnosetool ArthritisID PRO. Sehr gut gefällt auch die RAUSSA-App zur Sonografie und das feature zur Terminvereinbarung beim Rheumatologen bei Rheuma-VOR. Fast alle Inhalte sind erfreulicherweise kostenlos. Wer dann noch gute Apps für betroffene Patienten empfehlen kann, kann die Betreuung seiner Rheumapatienten durch Nutzung von Smartphones verbessern. Perspektivisch können telemedizinische Lösungen wie die DAAG-Videosprechstunde das Betreuungsangebot abrunden.
Dr. Karsten Braun, LL. M. BVOU-Bezirksvorsitzender Heilbronn Franken
Berlin – Die Digitalisierung im Gesundheitssystem spielt sich nicht nur bei der Optimierung von Prozessen und der Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten ab. Auch in der medizinischen Fortbildung kann mit Hilfe digitaler Lernangebote die Effizienz gesteigert und der Lernerfolg optimiert werden. Die Evaluationsergebnisse der von fachärztlichen Berufsverbänden gemeinsam angebotenen Kurse zum Hygienebeauftragten Arzt (HBA) zeigen, wie sich dadurch auch die Akzeptanz und das Nutzererlebnis bei der Vermittlung komplexer Themen steigern lässt.
Hintergrund
Seit 2014 bieten auf Initiative des BDC eine Vielzahl
fachärztlicher Berufsverbände gemeinsam Kurse zum Hygienebeauftragten Arzt
(HBA) an. Grundlage ist das 40-stündige Curriculum zur strukturierten
ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer. Die Kurse sind im
Blended-Learning-Format entwickelt worden und bestehen aus einem 20-stündigen
E-Learning-Teil sowie einem 20-stündigen Präsenzteil, der in einem 2-tägigen
Abschlusskolloquium bundesweit angeboten wird.
Vorteil dieses Angebotes ist neben der kürzeren Abwesenheit
das kontinuierliche Lernen nach eigenem Lerntempo. Außerdem können die Inhalte
des E-Learning-Teils zwei Jahre lang weiter genutzt werden. Die Teilnehmer
erhalten alle Updates und können sich während dieser prolongierten
Nutzungsphase in der Learning Community mit anderen Hygienebeauftragten
austauschen.
Von 2013 bis 2015 wurde als Basis für den E-Learning-Teil
ein klassisches Learning-Management-System (LMS) eingesetzt. In der
kontinuierlich durchgeführten Evaluation und in Gesprächen mit den Teilnehmern
während der Präsenzphase kristallisierte sich der Wunsch nach Verbesserung des
E-Learnings heraus. Darauf wurde mit einer kompletten Neuentwicklung reagiert,
die durch die Firma Meduplus ausgeführt wurde.
Ergebnis ist das Smart Learning® Konzept und ein adaptives
Lernsystem, das den komplexen Stoff für den Hygienebeauftragten Arzt komplett
neu aufarbeitet und vermittelt. Durch einen kontinuierlichen Wechsel zwischen
Wissensvermittlung und Wissensabfrage wird dabei neu erworbenes Wissen
gefestigt und Vorwissen belohnt. Kommt ein Teilnehmer mit umfangreichem
Erfahrungsschatz in den Kurs, wird er sich rascher durch den E-Learning-Teil
bewegen können, als ein Neuling in der Materie.
Ziel der Smart Learning® Methode ist es, Wissen mit Spaß zu
vermitteln, kontinuierliche Lernanreize zu setzen und den Transfer des
erworbenen Wissens in die Praxis zu vereinfachen. Dazu wurde konsequent auf die
Nutzung mobiler Endgeräte gesetzt, um später im Berufsalltag jederzeit auf die
Inhalte des Kurses als Referenz zugreifen zu können.
Seit 2016 werden die Kurse zum Hygienebeauftragten Arzt mit
Hilfe der Smart Learning® Methode vermittelt. Die Kurserstellung erfolgte in
enger Abstimmung mit der Bundesärztekammer sowie den Fortbildungsabteilungen
der Ärztekammer Berlin und der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Der
Blended-Learning-Kurs ist als curriculare ärztliche Fortbildung mit 60
CME-Fortbildungspunkten zertifiziert. Auch die Evaluation erfolgt in enger
Abstimmung mit der Bundesärztekammer und der Ärztekammer Berlin.
Evaluation digitaler Lernmethoden
Von 2013 bis Mitte 2019 haben ca. 3.000 Kolleginnen und
Kollegen den Kurs zum Hygienebeauftragten Arzt (HBA) über die Angebote der
Berufsverbände absolviert. Von insgesamt 2.791 Teilnehmern konnten Antworten
auf die Evaluation ausgewertet werden.
Nicht jeder Teilnehmer beantwortete alle Fragen, sodass die Anzahl an vorliegenden Antworten je nach Frage schwankte. Dies machte sich insbesondere bei dem Vergleich der beiden E-Learning-Methoden bemerkbar. Über 1.000 Teilnehmer hatten die Frage, nach welcher Methode sie den E-Learning-Teil absolviert haben, nicht beantwortet. Deshalb standen uns für die vergleichende Auswertung von klassischem E-Learning und Smart Learning® „nur“ jeweils knapp 1.600 Antworten zur Verfügung.
71% der teilnehmenden Ärzte sind in Praxen und MVZ tätig, 25% in Kliniken. Sie verteilen sich vor allem auf die chirurgischen Fachgebiete, gefolgt von Kolleginnen und Kollegen aus Augenheilkunde, Innerer Medizin, Anästhesie und Dermatologie (Abb. 1).
Die Evaluation erfolgte dem Standard der Ärztekammern
entsprechend mit einer Skala Schulnoten von 1 bis 6, d.h. von „sehr gut“ und
„gut“ bis hin zu „genügend“ und „ungenügend“.
Dabei setzten wir intern eine Wichtung in der Hinsicht, dass alle Evaluationsbewertungen mit „sehr gut“ und „gut“ als akzeptabel galten und alle Bewertungen mit „befriedigend“ oder schlechter als Signal für vorhandenes Verbesserungspotential angesehen wurden.
Als sich 2014 und 2015 in der Gesamtbewertung der klassischen E-Learning-Methode zeigte, dass nur knapp die Hälfte (48%) der Teilnehmer den E-Learning-Teil mit „Sehr gut“ oder „gut“ bewertet haben, war das für uns die Motivation zur Entwicklung eines völlig neuen didaktischen E-Learning-Ansatzes. Im Ergebnis wurde die Smart Learning® Methode entwickelt und 2016 in den Markt eingeführt. Bei identisch durchgeführter Evaluation konnte die Rate an guten und sehr guten Bewertungen in der Gesamtevaluation auf 84% gesteigert werden (Abb. 2).
Auf Anregung der Ärztekammern, die wie auch wir anhand der Kursreihe
Erfahrungen mit dem Blended-Learning-Ansatz sammeln wollten, wurde die sonst
übliche Fortbildungsevaluation auf deutlich mehr Einzelelemente ausgedehnt.
Die Smart Learning® Methode hebt sich auch in der Einzelevaluation
mit deutlich besseren Ergebnissen von der klassischen E-Learning-Methode ab.
Insbesondere Struktur und Aufbereitung der Inhalte sowie das Erreichen der
Lernziele wird von den Nutzern des Smart Learnings® deutlich besser bewertet
(Abb. 3).
Durch kontinuierliche Updates und ein an mobile Endgeräte angepasstes
Design wurden für die Aktualität der Inhalte sowie die Flexibilität des Lernens
Bestnoten für das Smart Learning® vergeben. Nahezu alle Teilnehmer bewerteten
diese beiden Elemente mit „sehr gut“ oder „gut“.
Aufgrund des hohen Anteils an niedergelassenen Kollegen im
Kurs fiel die Bewertung der Praxisnähe bei beiden Lernmethoden etwas ab, wurde
im Smart-Learning®-Arm aber immer noch von 2/3 der Teilnehmer mit „gut“ und
„sehr gut“ bewertet. An dieser Schraube ließ sich im Rahmen der Verbesserung
aber nur bedingt drehen, da die Inhalte vom Curriculum der Bundesärztekammer
vorgegeben werden und recht „kliniklastig“ sind. Hier haben wir vor allem die
Präsenzphase der Kurse genutzt, um auf die speziellen Bedürfnisse der
Teilnehmer einzugehen.
Auch bei den eher technischen Fragen konnte durch das Smart
Learning® Konzept sich im Vergleich zum klassischen E-Learning deutlich
abheben. Sowohl bei der Einführung zum E-Learning, als auch bei der technischen
Umsetzung und dem Support konnte die Nutzerzufriedenheit erheblich gesteigert
werden (Abb. 4). Hier hat sich die Einführung einer neuen Nutzeroberfläche
sowie die Zusammenarbeit mit Spezialisten im Userinterface-Design in der
Entwicklungsphase des Smart Learning® ausgezahlt.
Zusammenfassung
Blended Learning ist ein geeigneter Ansatz für die
Vermittlung komplexer Lerninhalte in der medizinischen Fortbildung. Die
Kombination aus E-Learning und Präsenzseminar hebt Effizienzreserven, reduziert
Abwesenheiten und hebt durch Harmonisierung des Vorwissens das Niveau der
(verkürzten) Präsenzphase.
Im Fall der curricularen ärztlichen Fortbildung zum
Hygienebeauftragten Arzt (HBA) konnte so die Präsenzzeit halbiert werden und 20
der 40 Stunden als E-Learning absolviert werden.
Aufgrund der Evaluationsergebnisse des zunächst eingesetzten
klassischen E-Learning-Systems wurde ein völlig neues elektronisches
Lernangebot entwickelt, das im Kern aus einem adaptiven Lernsystem besteht.
Diese Smart Learning®-Methode zeichnet sich durch hohe Flexibilität und
Aktualität aus, belohnt Vorwissen und vermittelt Freude am Lernen.
Der direkte Vergleich der Evaluationsergebnisse zwischen
klassischem E-Learning und Smart Learning® zeigt eine erhebliche Verbesserung
der Nutzerzufriedenheit von 48% auf 84%. Gleichzeitig wird durch den
Methodenmix aus E-Learning, kontinuierliche Wissensabfrage in der Lernphase
sowie kontinuierliche Updates und kurze Lerneinheiten zur Wiederauffrischung
von Teilwissen (sog. Mikrolearnings) ein nachhaltiger Lernerfolg sichergestellt
(Abb. 5).
Die Teilnehmer der Kurse zum Hygienebeauftragten Arzt
bleiben auch nach Erhalt des begehrten Zertifikates auf dem aktuellen Stand.
Sie sind in der Lage, auf saisonale Herausforderungen ebenso rasch und profund
zu reagieren, wie auf kritische Situationen in der eigenen Einrichtung.
Dabei können sie auch ihrer Verpflichtung zur Fortbildung
nachgeordneter Mitarbeiter nachkommen. Mit adaptierten Smart Learning®
Angeboten wie dem „Grundkurs Hygiene“ oder dem „Update Händehygiene“ können
alle Mitarbeiter auf höchstem inhaltlichen und didaktischen Niveau fortgebildet
werden. Das initiale E-Learning kann hier mit einer kurzen Inhouse-Fortbildung
sowie Mikrolearning-Einheiten je nach Situation, von der Influenza bis zum
MRE-Ausbruch) ergänzt werden.
Ausblick
Mittlerweile stehen Kurse nach der Smart Learning® Methode
auch für Hygienebeauftragte in der Pflege sowie Hygienebeauftragte MFA zur
Verfügung. In Kombination mit den Grundkursen Hygiene, die es für Ärzte,
Pflegekräfte und medizinische Fachangestellte mit adaptierten Inhalten gibt,
kann mit Smart Learning® die gesamte Belegschaft von Kliniken, MVZ und Praxen
auf höchstem Niveau geschult werden.
Die für diese qualitativ hochwertigen und evaluierten
Hygieneschulungen der gesamten Belegschaft eingesetzten Ressourcen an Personal,
Zeit und Kosten sind dabei minimal. Die Kurse unterstützen das
Hygienienefachpersonal vor Ort und decken den (Pflicht-)Schulungsbedarf mit
einem attraktiven und nachhaltigen Lernangebot ab.
Die Vorteile des Einsatzes von E-Learning und Blended
Learning liegen dabei klar auf der Hand (Abb. 6). Durch den Einsatz von
cloudbasierten Lösungen ist dafür in der eigenen Einrichtung nicht sehr viel
mehr nötig als ein Internetzugang sowie aktuelle Browser. Auch dem Einsatz
mobiler Endgeräte steht nichts im Wege, jeder Nutzer kann die Smart Learning®
Kurse auf beliebig vielen mobilen und stationären Endgeräten nutzen.
In Kombination mit regelmäßigen Updates und der Option auf
Individualisierung der Inhalte entwickeln sich Smart Learning® Kurse damit von
einmal genutzten (Pflicht-)Fortbildungen zu digitalen Referenzwerken, die
jederzeit verfügbar sind und Ärzte, Pflegekräfte und MFA wirksam bei der
Bewältigung ihres Berufsalltages unterstützen.
Weiterführende Informationen
Smart Learning® Kurse können über die Akademie Deutscher
Orthopäden (ADO) zu folgenden Themen bezogen werden:
Hygienebeauftragter Arzt, Pflegekraft und MFA
Refresherkurse für Hygienebeauftragte Ärzte,
Pflegekräfte und MFA
Grundkurs Hygiene und Update Händehygiene für
Ärzte, Pflege und MFA
Medizinische Dokumentation, Schweigepflicht und
Datenschutz für Ärzte und Praxispersonal
Pflichtschulungen zu Arbeitsschutz, Brandschutz,
Basic Life Support uvm.
Preisvorteile für BVOU-Mitglieder bei allen Kursen.
Tübingen – Spannung liegt in der Luft. Dr. med. Jasmin Diallo eröffnet die 4. FORTE Summer School und die Erwartungen sind groß. Über 100 Teilnehmer sind aus ganz Europa angereist, um an der Humanitas University in Mailand (Italien) gemeinsam zu lernen und zu diskutieren. Die Beweggründe sind so verschieden wie ihre Teilnehmer, die meisten bereiten sich auf ihre nationalen Facharztprüfungen oder auf das europäische Facharztexamen EBOT vor. Gemeinsam sind ihnen die Freude an ihrem Fach, ein hohes Engagement und eine Offenheit für neue Anregungen und Gedanken. Denn bei vielen Therapiekonzepten besteht internationales Gesprächspotenzial. Die über 30 Dozenten haben die Kernthemen aus Orthopädie und Unfallchirurgie sorgfältig vorbereitet und stellen diese in Frontalvorträgen, interaktiven Gesprächsrunden und Einzelfalldiskussionen dar. Durch die Globalisierung der Medizin und den inzwischen einfacheren Zugang zu neuesten Forschungsergebnissen findet sich rasch ein gemeinsamer Spirit und Konsens ein. „Wir freuen uns, so viele hochkarätige Dozenten versammeln zu können“ sagt Dr. Jasmin Diallo bei einem der täglichen Social Events. Denn nicht nur die Wissensvermittlung ist ein Grundgedanke der jährliche stattfinden Summer School, auch das Knüpfen internationaler Kontakte und der gemeinsam gelebte europäische Gedanke ist eine Kernangelegenheit dieser Veranstaltung.
Im Laufe der Woche werden Kontaktdaten ausgetauscht, neue Freundschaften geschlossen und zahlreiche internationale Fellowships vereinbart. In der abendlichen lockeren Atmosphäre und dem mediterranen Flair lässt es sich leicht mit Teilnehmern und Dozenten ins Gespräch kommen. Es stehen gemeinsame Besuche im historischen Stadtkern Mailands und Sportveranstaltungen im Umland auf dem Programm. Es braucht einen Ausgleich zum intensiven ganztägigen Lehrprogramm, welches zeitweise sogar um Evening Lectures ergänzt wurden. Um die Wege kurz zu halten, sind die meisten der Teilnehmer in den neu erbauten Studentenwohnheimen untergebracht. Wer nicht zu zweit anreist, teilt sich das Doppelzimmer mit einem bisher unbekannten Kollegen. Der Unterbringungsstandard entspricht dem eines guten Mittelklassehotels. Alle Mahlzeiten und Transportmittel zu den lokalen Veranstaltungen sind inkludiert. Nur die Reisekosten und der Einsatz einer Woche Urlaub bzw. Freizeitausgleich muss von den Teilnehmern aufgebracht werden, zumindest wenn sie eines der begehrten Stipendien erhalten. Zahlreiche europäische Fachgesellschaften aus Orthopädie und Unfallchirurgie unterstützen dieses Projekt. Der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) fördert den Austausch der jungen Kolleginnen und Kollegen auf europäischer Ebene. Junge Assistenz- und Fachärzte aus Orthopädie und Unfallchirurgie können sich alljährlich auf Reisestipendien bewerben. Diesem Weg sind auch Dr. Marie Reumann, Dr. Elke Maurer, Dr. Ahmed Mehana und Dr. Felix Erne gefolgt. „Wir sind dankbar, dieses Privileg erhalten zu haben“ sagt Dr. Felix Erne und drückt damit den Gedanken aller aus. Voraussetzungen für eine Bewerbung sind neben der Mitgliedschaft in der DGOU und dem BVOU gute Englischkenntnisse, sowie ein Alter von unter 40 Jahren. Die FORTE Summer School dauert insgesamt fünf Tage und beinhaltet ganztägige Lehrveranstaltungen mit anschließenden Abendveranstaltungen. Über die Inhalte und Abläufe informieren die Homepage des BVOU, die Federation of Orthopaedic Trainees in Europe (FORTE) oder das Junge Forum O&U. Hier finden sich im kommenden Jahr auch die Informationen für künftige Teilnehmer und potenzielle Stipendiaten.
Wir möchten dem BVOU für die Förderung danken. Durch die Stipendien haben wir eine gute Übersicht über das Fach und eine hervorragende Vorbereitung auf die anstehende Examensprüfung erhalten. Die Veranstaltung eröffnet Möglichkeiten und schafft neue Perspektiven. So können wir unseren Kolleginnen und Kollegen die Veranstaltung und die Bewerbung auf ein Reisestipendium im Jahre 2020 zur 5. FORTE Summer School, die voraussichtlich in Athen stattfinden wird, nur empfehlen.
Dr. med. Felix Erne, BG Klinik Tübingen Dr. med. Elke Maurer, BG Klinik Tübingen Dr. med. Ahmed Mehana, Mühlenkreiskliniken AöR Lübbecke Dr. med. Marie Reumann, BG Klinik Tübingen