Bremen/Hamburg – Impfen, impfen, impfen. Seit fast zwei Jahren dreht sich vieles um die Schutzimpfung gegen das Coronavirus. Inzwischen ist man bei den „Booster-Impfungen“ angekommen. Zwei BVOU-Mitglieder, die diese Impfungen durchführen, sind der Landesvorsitzende in Bremen, Dr. Adrianus den Hertog, und die stellvertretende Landesvorsitzende in Hamburg, Dr. Anna-Katharina Doepfer. Um mitzuhelfen, die vierte Corona-Welle zu brechen, öffnen sie sogar in der Vorweihnachtszeit an den kommenden Advents-Wochenenden ihre Praxen und führen Aktionstage durch.
Herr Dr. den Hertog, was hat Sie dazu bewogen, eine eigene Impfaktion ins Leben zu rufen?
Dr. Adrianus den Hertog: Ich habe in der letzten Woche die Diskussionen mit den Virologen Prof. Dr. Hendrik Streeck und Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery im Fernsehen zum Thema „Vorbereitung auf die vierte Welle“ verfolgt. Beide waren sich einig: Wir haben den Sommer verschlafen, denn es war eigentlich klar, dass die Zahlen zum Herbst wieder steigen würden. Vielleicht dachte man sich hierzulande auch, dass es nicht so schlimm werden würde. Nun ja, die täglich steigenden Inzidenzen belehren uns eines Besseren.
Bis Weihnachten bleiben uns noch knapp fünf Wochen, um Schlimmeres zu verhindern. Daher lautet mein Motto jetzt: Impfen statt Weihnachtsmarkt.
Erläutern Sie das bitte genauer.
Dr. den Hertog: Meine Idee: Samstag die Praxen aufmachen und impfen. Wir Ärzte gehen nicht auf den Weihnachtsmarkt, sondern stattdessen in unsere Praxen, um die Bevölkerung zu impfen und somit einen Beitrag zu leisten, die vierte Welle zu brechen. Das Motto gilt aber natürlich auch für unsere Mitmenschen, denn das Problem bei Weihnachtsmärkten ist: Viele Menschen kommen aus vielen Gegenden zusammen, es ist oft ein Gedränge. Es birgt eine höhere Gefahr, sich hier zu infizieren.
Frau Dr. Doepfer, wie viele Menschen impfen Sie im Schnitt gegen Corona?
Dr. Doepfer: Wir haben momentan durchschnittlich über 100 Patientinnen und Patienten pro Woche, die sich bei uns in der Praxis impfen lassen. Das ist unser Beitrag als Ärzte im Kampf gegen die Pandemie. Wir möchten die Impfkampagne mit aller Kraft vorantreiben und ein Zeichen gegen Corona setzen.
Wie gehen Sie bei der Umsetzung vor?
Dr. den Hertog: Ich habe mich mit der KV Bremen in Verbindung gesetzt und prompt ein gutes Feedback bekommen. Außerdem möchten wir noch andere Fachärzte und deren fachärztliche Berufsverbände mit einbeziehen und zum Mitmachen animieren. Durch eine Art Schneeballeffekt ist es das Ziel, die ganze Sache bundesweit auszuweiten.
Dr. Doepfer: Wir machen das seit diesem April, haben also sehr früh damit angefangen. Nach und nach haben wir unser Impfangebot ausgeweitet. Aktuell führen wir auch Impf-Aktionstage an denen wir bis zu 150 Patienten an einem Tag impfen. Als Orthopädin ist es eigentlich nicht meine Standardaufgabe, doch ich sehe das als ärztliche Pflicht und als unser Beitrag gegen die Pandemie an.
Wie ist die Resonanz seitens der Patienten?
Dr. Doepfer: Wir haben eine riesengroße Nachfrage nach unserm Angebot und die Patienten kommen gerne zu uns. Wir sind mittlerweile sehr gut organisiert und haben über Orthinform und per Online-Terminbuchung unsere Termine angeboten. Wir weisen aber auch in persönlichen Patientengesprächen auf das Impfangebot hin.
Momentan steht Bremen bundesweit in den Bundesländern an der Spitze, was die Impfquote angeht. Sehen Sie dennoch Luft nach oben?
Dr. den Hertog: Das stimmt: Hier in Bremen sind 79,4 Prozent der Bevölkerung geimpft. Wir haben erkannt, dass es vor allem um die richtige Aufklärung in strukturschwachen Stadtteilen geht. Behörden, Hilfsorganisationen und Verantwortliche vor Ort arbeiten eng miteinander zusammen.
Man sieht: Länder haben je nach Impfquote verschiedene Bedürfnisse. Und obwohl wir in Bremen impfstatistisch gut aufgestellt sind, stehen jetzt die Booster-Impfungen an. Das muss früh geplant und zur richtigen Zeit wiederholt werden.
Wie sieht diese Planung aus?
Dr. den Hertog: Die derzeitige Situation sollte ein Weckruf sein. Wir müssen als Fachärzte mit den Hausärzten auf Augenhöhe zusammenarbeiten und zeigen, dass wir uns aktiv beteiligen. Zur Aufklärung sollten wir sämtliche verfügbaren Kommunikationskanäle bespielen: Fernsehen, Radio, Internet sowie unser BVOU-Patientenportal „Orthinform“.
Wie steht es mit der Versorgung von den Patienten, die wegen orthopädisch-unfallchirurgischer Probleme in die Praxis kommen?
Dr. den Hertog: Unsere Grund-Patientenversorgung bleibt natürlich erhalten. Doch zusätzlich verlassen wir unsere Komfortzone und leisten Überstunden, damit auch Deutschland in dieser Zeit wieder besser dasteht.
Dr. Doepfer: Natürlich bieten wir auch weiterhin eine gewöhnliche Sprechstunde für orthopädisch-unfallchirurgische Probleme und Krankheiten an. Als sogenanntes AddOn gibt es die Impftermine. Zur personellen Unterstützung hilft uns zusätzlich eine Ärztin in Weiterbildung in unserer Praxis, die sich um die Impfungen kümmert.
Welche Auswirkung hat die Ankündigung des Gesundheitsministers, die Biontech-/Pfizer-Impfstoffe zu deckeln?
Dr. Doepfer: Die Ankündigung von Minister Spahn hat enorme Auswirkungen auf unsere tägliche Arbeit. Wir können nicht mehr leisten, was wir vorhaben. Das bremst die Impfkampagne enorm und auch unsere Patienten sind verunsichert. Trotz Bürokratie heißt es weiter: Soviel impfen wie geht. Ich sehe das als einzigen Weg aus der Pandemie.
Was raten Sie Kollegen aus dem BVOU?
Dr. den Hertog: Ich rate meinen Kollegen: Machen Sie mit. Öffnen Sie Ihre Praxistüren, versorgen Sie die Patienten mit Impfstoff – in der Hoffnung auf ein besinnliches Weihnachtsfest in den Kreisen der allerengsten Verwandten. Und: Glühwein schmeckt auch noch im März.
Herr Dr. den Hertog, Frau Dr. Doepfer vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Janosch Kuno, BVOU-Pressearbeit