Archiv für den Monat: Januar 2022

Fortbildung für Gutachter von Gutachtern: Interdisziplinär, wissenschaftlich, unabhängig

Berlin – Fortbildung ist ein Muss: Die ärztliche Begutachtung ist oft noch ein Appendix mancher Fachgebiete, obwohl jeder Arzt mit Erlangung der Approbation in der Lage sein muss, ärztliche Zeugnisse und Gutachten zu erstellen. Spätestens mit Erlangung des Facharztstatus wird von ihm eine gewissenhafte Auseinandersetzung zu gutachtlichen Fragestellungen in den verschiedensten Rechtsgebieten verlangt.

An die heutigen Bedürfnisse angepasstes Seminarprogramm

In den Fachgebieten der Unfallchirurgie und Orthopädie hat erstmals Frank Schröter (†) ein umfangreiches Kursprogramm (Curriculum unfallchirurgisch-orthopädische Begutachtung) erarbeitet, welches sich über 10 Jahre einer wach-senden Beliebtheit bei den Teilnehmern erfreute. Trotz umfangreicher Bemühungen konnte damals eine Zertifizierung durch unfallchirurgische und/oder orthopädische Fachgesellschaften nicht erreicht werden und es wurde zudem eine Neuorientierung an den Vorgaben der Bundesärztekammer zur strukturierten curricularen Fortbildung (SCF) „Medizinische Begutachtung“ erforderlich. Die FGIMB hat ein an die heutigen Bedürfnisse und Erfordernisse angepasstes Seminarprogramm erarbeitet. Dieses Fortbildungsprogramm wird über unseren altbewährten Partner, die Akademie Deutscher Orthopäden organisiert und veranstaltet.

Gutachterkurs „Basics“ ONLINE

In Analogie zu den Vorgaben der Bundes-ärztekammer gehören die Module I und II der strukturierten curricularen Fortbildung „Medizinische Begutachtung“ in die Hände der jeweiligen Ärztekammer, während das fachspezifische Modul III von den ärztlichen Fachgesellschaften ausgeführt wird. Dazu haben wir unseren Gutachterkurs „Basics“ entwickelt und bieten diesen seit 2021 in einer 3-Tages Onlineveranstaltung an. Unsere anfängliche Skepsis bezüglich einer ausschließlichen Onlineveranstaltung bei Diskussion von gutachtlichen Fragen wurde durch die überaus positiven Rückmeldungen der Teilnehmer völlig zerstreut. In diesem Gutachtenkurs „Basics“ werden alle geforderten Elemente des Modul III der SCF inklusive Prüfung angeboten und der Kurs ist jeweils durch die Ärztekammern Berlin oder Brandenburg zertifiziert. Neben der CME-Zertifizierung ist der Kurs natürlich auch im Sinne der Ziffer 5.12. der An-forderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger nach § 34 SGB VII der D-Arzt-Fortbildung zertifiziert, ebenso ist er Bestandteil für das Gutachterzertifikat der FGIMB.

Gutachterkurs „Experts“ HYBRID

Ein Highlight unserer Fortbildungsveranstaltungen stellt der „Experts“-Kurs dar. Es handelt sich dabei um eine Hybridveranstaltung, bei der eine begrenzte Teilnehmerzahl vor dem Präsenzkurs in einem weiter gewählten Zeitfenster online Vorträge zu aktuellen Themen der Begutachtung auf seinem Fachgebiet verfolgen kann. Während der 1-Tages-Präsenzveranstaltung werden dann in kleinen Gruppen Beispielgutachten z.B. zu schwierigen Zusammenhangsfragen erar-beitet und in der Gemeinschaft diskutiert. Der Teilnehmer kann auch vorab gutachtliche Eckwerte zu einem Problemfall einreichen, der dann aufgearbeitet von der Teilnehmergemeinschaft diskutiert wird. Diese Form der Wissensvermittlung, bei der sich jeder der Diskussion der Zusammenhangsfragen in der Gemeinschaft stellen kann, ist sicherlich eine der effektivsten Arten des Wissens-gewinns. Dieser Kurse erfüllt ebenso die Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger nach §34 SGB VII.

Nicht nur Kurse“ für den Wissensgewinn

Darüber hinaus können wir auf unseren Versicherungsmedizinischen Jahreskongress verweisen, der sich in diesem Jahr interdisziplinär mit Begutachtungsfragen zu Coronafolgen beschäftigt. Des Weiteren werden wir mit einem Symposium zu Bandscheibenschäden auf dem DKOU in Berlin vertreten sein.

Des Weiteren sind wir in der Planung von Fortbildungsveranstaltungen der neu erarbeiteten Bemessungsempfehlungen zur Invalidität in der privaten Unfallversicherung, zu erarbeiteten Begutachtungsempfehlungen für die Berufskrankheiten 2108/10 wie auch für die neue BK 2116 Coxarthrose.

Die nächsten Termine:

25.06.2022 in Berlin:

16.-18.09.2022 Online:

Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie auch im BVOU-Themendossier Begutachtung sowie im Infobrief 4 21

Dr. Holm-Torsten Klemm

An der Ruperto Carola herrscht Fassungslosigkeit

Heidelberg – „Mit großer Dankbarkeit erfahren wir eine überwältigende Zahl von Bekundungen und Zeichen der Anteilnahme, der Solidarität und des Mitgefühls, die unsere Universität nach den schrecklichen Geschehnissen am Montag aus aller Welt erreichen. Zutiefst erschüttert und getroffen zeigt sich die akademische Gemeinschaft über eine unfassbare Tat.“ Das erklärte der Rektor der Universität Heidelberg, Prof. Dr. Bernhard Eitel nach den tödlichen Schüssen in einem Hörsaal der Ruperto Carola am 24.1.2022.

Der 18-jährige Täter hatte kurz vor 12.30 Uhr einen Hörsaal auf dem Campus Im Neuenheimer Feld betreten, in dem vor rund 30 Studenten ein Tutorium abgehalten wurde und ohne Vorwarnung mit einer Langwaffe geschossen. Dabei verletzte er vier Studierende. Eine 23-Jährige dabei so schwer, dass sie noch am Montagnachmittag in der Universitätsklinik verstarb.

„An der Ruperto Carola herrscht Fassungslosigkeit“ äußert BVOU-Vizepräsident Prof. Dr. Tobias Renkawitz, Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg und Zentrumssprecher für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie. „Meine Gedanken und Mitgefühl sind bei allen, die diese Tat miterleben mussten. Es wird noch dauern, bis wir das Geschehene erfassen. Für die vielen Zeichen der Anteilnahme die mich aus den orthopädisch-unfallchirurgischen Fachgesellschaften und unserem Berufsverband in den letzten Tagen erreicht haben, aufrichtigen Dank!“

Nach den Ereignissen wurde bei der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg des Polizeipräsidiums Mannheim eine Ermittlungsgruppe eingerichtet. Die vornehmlichen Ziele sind neben Recherchen zum Tatmotiv auch die Betreuung Betroffener, den Familien der Opfer und des Täters, aber auch der Studierenden, die während der Tat im Hörsaal anwesend waren.

Es werde Zeit, Orte und Begegnungen brauchen, um die Erlebnisse zu verarbeiten – für die unmittelbar ebenso wie für die mittelbar Betroffenen, so Prof. Eitel. Die Universität Heidelberg biete vielfach Unterstützung, Begleitung und Betreuung.

Quellen:  Universität Heidelberg Polizeipräsidium Mannheim, BVOU

Ärzteverbände unterstützen MFA-Protest

Berlin – Im Vorfeld der Proteste am 26.1.22 vor dem Brandenburger Tor stärkt die Allianz Deutscher Ärzteverbände den Medizinischen Fachangestellten (MFA) den Rücken. Die MFA demonstrieren zum wiederholten Mal für einen staatlichen Corona-Bonus und ein deutliches Signal der Wertschätzung aus Politik und Gesellschaft. Dabei erhalten sie vollen Rückhalt aus der Ärzteschaft.

Die rund 430.000 MFA spielen eine herausragende Rolle in der Impfkampagne. Sie sind für die Terminkoordination, Impfvor- und Nachbereitung und teils auch für die Impfung selbst im Rahmen der ärztlichen Delegation zuständig. Sie beantworten jeden Tag eine Flut von Patientenanfragen per Telefon und vor Ort und stellen funktionierende Praxisabläufe sicher. Doch die enorme Arbeitsbelastung der Pandemiemonate und die immer häufiger werdenden Angriffe durch Patienten und radikale Impfgegner haben viele MFA an den Rand der Erschöpfung gebracht.

Allianz-Sprecher Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes, stellt klar: „Es geht nicht nur um eine einmalige Zahlung an die MFA, sondern vor allem um  Wertschätzung. Dieses Signal aus der Politik ist dringend nötig. Wir haben bereits bei der Pflege gesehen, was passiert, wenn einem Berufstand über Jahre hinweg die  gesellschaftliche und finanzielle Anerkennung verweigert wird. Dieser Fehler darf sich nun nicht bei den MFA wiederholen.

Viele Praxen haben ihren MFA in den letzten Monaten bereits Boni aus eigener Tasche gezahlt. Das entbindet die Politik jedoch nicht von ihrer Pflicht, einen staatlichen Corona-Bonus zu gewähren, analog zu jenem für Pflegekräfte. Die Belastung ist vergleichbar.“

Außerdem treffe die Politik eine Mitverantwortung dafür zu sorgen, dass die MFA-Vergütung attraktiver wird, betont die Allianz Deutscher Ärzteverbände. Krankenhäuser und Praxen schöpfen beim Ringen um Fachkräfte aus demselben Personalpool. Da Kliniken tarifliche Gehaltssteigerungen im Gegensatz zu den Praxen jedoch direkt refinanziert erhalten, können sie im Schnitt deutlich höhere Gehälter zahlen.

Die Folge: Immer mehr MFA kehren den überlaufenen Arztpraxen den Rücken und wechseln in Krankenhäuser oder in Verwaltungstätigkeiten bei Krankenkassen. „Es scheitert nicht am Willen der Ärzte, faire Gehälter zu zahlen, sondern an den von der Politik beschlossenen Vergütungsstrukturen. Und an der Verweigerungshaltung der Krankenkassen, die auch die MFA trifft“, kritisiert der Sprecher der Allianz, Dr. Heinrich.

Der Fachkräftemangel bei medizinischen Fachberufen ist bereits heute spürbar. „Ein weiteres Ausbluten bedroht die ambulanten Versorgungsstrukturen. Diese Strukturen – das Netzwerk aus Haus- und Facharztpraxen – hat Deutschland vergleichsweise glimpflich durch die Pandemie gebracht. Wer jetzt die MFA im Regen stehen lässt, gefährdet auch diese einmalige Versorgungsstruktur“, warnt Dr. Heinrich.

Quelle: Virchowbund

Wir können stolz auf die Leistungen der Ärzte in Klinik und Praxis sein!

Berlin – Wartezeiten in der ambulanten (fach-)ärztlichen Versorgung werden in der Vergangenheit und auch heute stets genutzt, um Stimmung gegenüber den Fachärztinnen und Fachärzten in Klinik und Praxis zu erzeugen. Dabei stehen diese zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für eine ausgezeichnete ärztliche medizinische Versorgung für alle Menschen in Deutschland.

„Mit der jüngsten Erhebung des Verbandes der Ersatzkassen e.V. (vdek) und den darin tendenziösen Fragestellungen offenbart der Krankenkassenverband seine negative Haltung gegenüber denjenigen, die im Rahmen der medizinischen Versorgung und einer Pandemie die Versorgung ihrer Versicherten sicherstellen. Die Fachärztinnen und Fachärzte können stolz darauf sein, dass die Erhebung zeigt, dass diese nur vier Wochen Vorlaufzeit für eine Terminvergabe brauchen; und dies mitten in einer weiteren Corona-Welle.“, so Dr. med. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa.

Heinrich weiter: „Die Praxen sind seit Anbeginn der Corona-Pandemie der Schutzwall für die Kliniken in Deutschland und kümmern sich um ihre Patienten, ob mit oder ohne Corona. Die medizinischen Fachangestellten demonstrieren seit Wochen in Berlin und weisen auf die enormen Belastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die ambulante Versorgung hin. Die Forderungen und Bewertungen des vdek wirken dabei wie aus der Zeit gefallen.“

SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider ergänzt: „Der vdek befragt mitten in der Corona-Pandemie von November bis Dezember 2021 gesetzlich Versicherte zur ambulanten und stationären Versorgung. Man fragt sich, ob ein Krankenkassenverband in der Coronapandemie keine anderen Aufgaben wahrzunehmen hat. Wenn dies der Fall ist, sollten die Ersatzkassen über eine Auflösung der Struktur nachdenken.“

Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) und seine Mitgliedsverbände weisen in diesem Zusammenhang auf ihr aktuelles 10-Punkte-Programm zur Weiterentwicklung und Verbesserung der Versorgung für die Menschen in Deutschland, welches unter dem Titel „Facharzt 2025 – Gemeinsam in Klinik und Praxis“ veröffentlicht ist, hin.

www.spifa.de

Niedergelassene Ärzte weiter für Impfpflicht

Berlin  – Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in Deutschland sind und bleiben für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Das wurde zuletzt auch im Bundesvorstand des Virchowbundes in seiner Sitzung am vergangenen Freitag mit einem einstimmigen Votum bestätigt. Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hat ein breites Votum von über 90 Prozent seiner Delegiertenversammlung.

„Im Gegensatz zu Äußerungen der KBV-Vorsitzenden wird eine solche Impfpflicht eben nicht zwangsweise in den Praxen exekutiert. Hier irren die Vertreter der Körperschaft und ich zweifle stark daran, dass sie für die Mehrheit der Kassenärzte sprechen und deren Rückhalt in dieser Frage haben“, erklärt der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärzte (Virchowbund).

Die niedergelassenen Ärzte würden nach Einführung einer allgemeinen Impfpflicht weiter impfen wie bisher. „Kein Mensch wird bei einer allgemeinen Impfpflicht in Praxen oder Impfzentren zwangsgeimpft werden. Das ist eine Selbstverständlichkeit“, so Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. „So ist das bei der bereits seit zwei Jahren bestehenden Impfpflicht gegen Masern und auch bei der kürzlich eingeführten berufsbezogenen Impfpflicht für Gesundheitseinrichtungen. Allein das Argument, eine Impfung könne Infektionen nicht gänzlich verhindern, war ja bereits bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nicht stichhaltig.“

„Die Durchsetzung einer Impfpflicht ist eine hoheitliche Aufgabe und keine Angelegenheit der Praxisärzte. Sie wird über Kontrollen durch Ordnungskräfte und über Bußgelder sanktioniert werden. Konstruierte Konstellationen wie jene der KBV-Vorsitzenden sind weder richtig noch zielführend und sie verdecken ein fehlendes Mandat für eine solch weitreichende Positionierung durch die KBV-Gremien. Wer etwas nicht will, konstruiert Gründe – wer etwas für richtig hält, der findet Wege‘“, betont Dr. Heinrich.

Quelle: Virchowbund

Umfrage zur optimalen Formulierung von Leitlinienempfehlungen

Mit der Bitte um Unterstützung der folgenden Umfrage, wendet sich Dr. Burkhard Lembeck an die BVOU-Mitglieder.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir möchten Sie einladen, an einer Umfrage der Uniklinik Essen zur Formulierung von Leitlinienempfehlungen teilzunehmen.

Die Initiatoren möchten untersuchen, wie die Empfehlungen, welche in Leitlinien zur Behandlung von Erkrankungen gegeben werden, von unterschiedlichen Zielgruppen interpretiert werden. Eine tiefergehende Kenntnis darüber, wie die sprachliche Ausformulierung solcher Leitlinienempfehlungen verstanden wird, ist wichtig, um klare und eindeutige Leitlinien zu entwickeln und ihre Umsetzbarkeit zu erleichtern.

Bitte beantworten Sie alle Fragen ehrlich und intuitiv. Auch wenn möglicherweise einige der Fragen ähnlich für Sie klingen, erfassen sie stets unterschiedliche Aspekte. Es ist daher wichtig, dass Sie alle Fragen beantworten.

An der Umfrage können Sie hier teilnehmen:

Die Beantwortung nimmt nicht mehr als 3 Minuten Ihrer Zeit in Anspruch.

Hinweis: Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung werden gebeten unter “Andere Fachärztin/ anderer Facharzt” einzutragen “in Weiterbildung zur/ zum…” und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit anzugeben.

Ihre Antworten werden anonym erfasst, ein Rückschluss auf Ihre Person ist nicht möglich. Die Teilnahme ist selbstverständlich freiwillig und Sie können die Bearbeitung jederzeit abbrechen. Die Daten werden am Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie, Universitätsklinikum Essen verarbeitet und sollen in Kooperation mit der European Cardiology Section Foundation (Prof. Dr. Griebenow) veröffentlicht werden. Auch eine Veröffentlichung in den Medien des BVOU ist vorgesehen.

Für die Studie liegt ein positives Votum der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen vor.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Dr. Burkhard Lembeck

Präsident des BVOU

Umfrage „Veränderung der Leistungsinanspruchnahme vor, während und nach COVID-19″

Mit der Bitte um Unterstützung der folgenden Umfrage, wendet sich Dr. Burkhard Lembeck an die BVOU-Mitglieder.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

für Ihre Patienten, für Ihren Praxisbetrieb und für Sie persönlich bedeutet die Pandemiesituation seit Frühjahr 2020 eine außerordentliche Belastung.

Studien konnten aufzeigen, dass die Konsultationshäufigkeit und die Anzahl an gestellten inzidenten Diagnosen bzw. erkannten Neuerkrankungen hinter den Vorjahreszahlen blieben. Im Verlauf der Pandemie zeigte sich kein kompensierender Effekt. Analysen zu den ursächlichen Hintergründen der veränderten Leistungsinanspruchnahme während und nach der COVID-19 Pandemie fehlen bislang.

Mit dieser Befragung wollen wir zusammen mit dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Vereinigung und dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen diese Wissenslücke adressieren. Mit den folgenden Fragen möchte der Berufsverband daher erfahren, wie Sie die Situation erlebt haben bzw. beurteilen.

Ihre Teilnahme an der Befragung ist freiwillig und dauert ca. 10 Minuten.

Die Umfrage wird von Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), Standort Rostock/Greifswald, durchgeführt und vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) gefördert. Ziel der Befragung ist es, Verbesserungspotentiale in der Aufrechterhaltung der primärärztlichen Versorgung während einer Pandemie zu identifizieren. Es nehmen mehrere Berufsverbände an der Umfrage Teil, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Facharztdisziplinen herauszuarbeiten.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Burkhard Lembeck

Präsident des BVOU

Perspektive DVT – Schnelle Behandlung und unmittelbare Therapieeinleitung

Prof. Dr. Ingmar Ipach leitet gemeinsam mit seinen Kollegen Dr. Semler und Prof. Dr. Mittag das MVZ Orthopädie Straubing, in welcher sie sich insbesondere auf die Gebiete der Sportmedizin, der konservativen und operativen Orthopädie, der Endoprothetik sowie auf die Fußchirurgie spezialisiert haben. Nach seiner Zeit als leitender Oberarzt am Klinikum Ingolstadt und seiner Ernennung zum außerplanmäßigen Professor an der medizinischen Fakultät Tübingen ist Prof. Dr. Ipach nun Gesellschafter des MVZ und ist dort vorrangig für die Bereiche der Endoprothetik an Knie und Hüfte, für die kniegelenkserhaltene Chirurgie und vor allem für die Fußchirurgie zuständig.

Um das eigene Diagnostikspektrum innerhalb ihrer eigenen Praxisräume zu erweitern, entschieden sich die Mediziner gemeinsam für eine Implementierung der SCS MedSeries® H22 3-D-Bildgebung, nach­folgend DVT genannt.

Diagnostik und Therapieplanung aus einer Hand

Prof. Dr. Ipach sieht mit dem DVT Chancen für das gesamte Fachgebiet der Orthopädie mit besonderem Augenmerk auf die Extremitäten. Der Vorteil, Patienten direkt im eigenen Fachgebiet behandeln zu können und somit nicht zwingend an eine andere Fachrichtung überweisen zu müssen, sei eine ungemein wichtige Wendung für die O&U. Denn die übliche Problematik besteht laut dem Mediziner darin, dass Patienten für eine CT-Untersuchung erst eine Überweisung zum Radiologen benötigen: „Mit dem DVT haben wir die Befunde ohne Zeitverzögerung zur Hand und wissen daher auch genau, wie wir welche Regionen abgebildet haben wollen. So können wir bei eventuellen Unklarheiten sofort spezielle Regionen oder Fragestellungen selbst untersuchen.“ Der wohl größte Vorteil der SCS Bildgebung gegenüber herkömmlichen Bildgebungen wie dem 2-D-Röntgen, dem MRT und auch dem CT ist laut Prof. Dr. Ipach die Möglichkeit, Aufnahmen unter Belastung zu erstellen. Hierbei sind z.B. die dreidimensionalen Aufnahmen unter Belastung gerade in der Knick-Senkfuß-Diagnostik viel informativer als Aufnahmen, die im Liegen durchgeführt werden. Aber auch bei degenerativen Veränderungen an der oberen und unteren Extremität oder nach Traumata lassen sich knöcherne Veränderungen bis in die kleinsten Strukturen erkennen, welche bei einem konventionellen Röntgen ggf. übersehen worden wären. So kann eine sofortige Therapieentscheidung getroffen werden. Ein wichtiges Anliegen des Doktors ist zudem, jederzeit das Wohl der Patienten im Blick zu haben und der Verpflichtung nachzugehen, die Strahlenbelastung möglichst gering zu halten. Das SULD-Protokoll erlaubt den Einsatz sehr niedriger Strahlendosen: „Aufgrund dieser geringen Strahlenbelastung gibt es für mich daher für eine reine CT-Untersuchung in der Orthopädie keine Indikation mehr.“

Wie sich MRT und DVT ergänzen

Prof. Dr. Ipach ist überzeugt, dass sich die Befunde aus MRT und DVT optimal kombinieren lassen. Als ein Beispiel führt er hier erneut den Knick-Senkfuß an, bei dem stets die Weichteile und eine mögliche Sehnenpathologie – bspw. die Achillessehne oder die Tibialis posterior Sehne – mit dem Kernspin beurteilt werden müssen. „Das DVT hingegen bildet nicht die Weichteile ab, sondern die knöchernen Strukturen. Dies ist in der Zusammenschau für die Therapieplanung sehr wichtig, um entsprechende Weichteileingriffe an Sehnen und Bändern (Rekonstruktion Spring-Ligament, Sehnentransfer usw.) vornehmen zu können“, so der Arzt. Auf diese Weise kann man exemplarisch das DVT und MRT für eine optimale Therapieplanung nutzen.

Diagnostische Sicherheit erheblich verbessert

Der Mediziner betont allerdings nicht nur die Relevanz der Kompatibilität von DVT und MRT, sondern ist sich ebenso bewusst über die große diagnostische Sicherheit, welche die 3-D-Schnittbildgebung in den eigenen Praxisräumen mit sich bringt. So konnte man manchen Patienten in der Vergangenheit vor Ort zunächst nicht helfen, da man in der 2-D-Bildaufnahme keine Fraktur erkennen konnte. Diese ließen sich erst einige Wochen später durch eine CT-Aufnahme feststellen. „Mit dem DVT erkennen wir solche Frakturen nun schon bei der Erstvorstellung – so kann eine sofortige Ruhigstellung und Therapieeinleitung erfolgen“, so Prof. Dr. Ipach. Gerade bei Sportlern sei dies besonders wichtig, denn diese wollen natürlich schnell wieder ihren sportlichen Aktivitäten nachgehen. So können nach einem Supinationstrauma Frakturen am Sprunggelenk oder an der Basis von Os metatarsale 5 schnell diagnostiziert und therapiert werden, die ohne die 3-D-Schnittbildgebung eventuell erst verzögert diagnostiziert worden wären. „Mit der SCS Bildgebung ist man also immer auf der sicheren Seite – egal ob ich als Arzt oder unsere Patienten“, sagt der Orthopäde.

Botschaft an die Kollegen der O&U

Das Ärzteteam um Prof. Dr. Ipach ist mit der SCS Bildgebung mehr als zufrieden und möchte daher auch den Kollegen der O&U die Möglichkeit geben, diese einmal selbst live zu erleben: „Eine Hospitation ist bei uns selbstverständlich jederzeit möglich – jeder Interessent ist herzlich eingeladen.“ Besonders möchte er diese denjenigen Kollegen empfehlen, die sich tagtäglich mit Indikationen an Fuß, Hand und Ellenbogen sowie der Knieendoprothetik beschäftigen. „Die SCS Bildgebung ist in dieser Hinsicht wirklich ein großer informativer Zugewinn und meiner Meinung nach etwas, an dem in den nächsten Jahren kein Orthopäde mehr dran vorbeikommen wird.“

Fallbeispiele

Hallux-Valgus & Pseudarthrose Lapidus-Arthrodese 65-jähriger Patient. Vor ca. einem Jahr auswärtig versorgte Hallux valgus Deformität mittels Lapidus-Arthrodese. Bereits direkt nach der Operation hat sich ein Rezidiv des Hallux valgus eingestellt. In der Folgezeit war der Patient nie richtig beschwerdefrei. Er klagt über ausgeprägte Schmerzen im Mittelfußbereich, sowie eine zunehmende Achsdeformität der Großzehe, ausgeprägte Schwellungsneigung und Ausbildung einer Knick-Senkfuß-Deformität in weiteren Verlauf. Die klinische Untersuchung zeigte eine ausgeprägte Schwellung im kompletten Mittelfußbereich bei reizlos verheilten OP-Narben. Klinisch imponiert eine Hallux valgus Deformität, welche sich komplett kontrakt darstellte. Beim Durchbewegen der Großzehe ausgeprägte Schmerzen mit Bewegungseinschränkung für Dorsalextension und Plantarflexion. Darüberhinaus Krepitation im Großzehengrundgelenk. Auf den konventionellen Röntgenaufnahmen zeigt sich ein ausgeprägter Knick-Senkfuß bei pathologischem TMT-1-Winkel, sowie eine Hallux valgus et rigidus Deformität. Zur Abklärung der Beschwerden wurde dann ein DVT unter Körpergewicht-Belastung durchgeführt (siehe Seite 16-17). Hier zeigte sich eine Pseudarthrose bei der Lapidus-Arthrodese mit deutlicher Verkürzung des I. Strahls und eine Absackung des Fußgewölbes im TMT-1-Gelenk. Darüberhinaus ein ausgeprägter Hallux valgus et rigidus. Es wurde die Diagnose eines Hallux valgus Rezidiv bei Pseudarthrose nach Lapidus-Arthrodese gestellt. Bei dem Patienten wurde zeitnah eine Revision mit Rearthrodese (inkl. Beckenkamm) des TMT-1-Gelenkes und gleichzeitiger Versteifung des Großzehengrundgelenkes durchgeführt.
Patellalängsfraktur ohne Dislokation 73-jährige Patientin. Vor 5 Jahren wurde bei der Diagnose einer Gon­arthrose Grad 4 eine Kniegelenkstotalendoprothese auf der li. Seite implantiert. Über den gesamten Zeitraum war die Patientin komplett beschwerdefrei. Nun akutes Sturzereignis auf das operierte Kniegelenk. Bei der klinischen Untersuchung zeigten sich ausgeprägte Schmerzen bei Flexion des Kniegelenkes, sowie ein Hämarthros. Die Bänder zeigten sich stabil. Eine Belastung des Kniegelenkes war möglich. Zur Abklärung der Beschwerden wurde ein konventionelles Röntgenbild angefertigt. Hier zeigten sich sowohl in den axialen als auch sagittalen Aufnahmen der Kniescheibe keine Auffälligkeiten. Aufgrund der Persistenz der Beschwerden und dem klinischen Verdacht einer Patellafraktur wurde eine Aufnahme mit dem SCS DVT ohne Belastung durchgeführt (siehe Seite 18-19). Hier zeigte sich eine Patellalängsfraktur, ohne Dislokation, bei regelrecht einliegender Endoprothese. Aufgrund der zeitnahen Diagnosestellung konnte die Patientin einer konservativen Therapie mittels Orthese des Kniegelenkes zugeführt werden.

Erschienen in: SCS Magazin | Ausgabe 5

Hier als PDF zum Download erhältlich.

COVID-19 und Postcovidsyndrom – Arbeitsunfall oder Berufskrankheit?

Berlin – Grundsätzlich kann eine COVID-19-Erkrankung einen Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). darstellen. Es wurden in diesem Zusammenhang seit Beginn der Pandemie bis zum 31.08.2021 160.931 Verdachtsanzeigen auf Berufskrankheit angezeigt. Davon wurden 103.244 Fälle anerkannt (darunter 51 Todesfälle). Bezüglich Arbeitsunfälle kam es demgegenüber zu 30.200 Meldungen, von denen mit 9.315 Fällen weniger als ein Drittel anerkannt wurden (darunter 33 Todesfälle) [1].

Was macht nun den Unterschied, ob ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit vorliegt (im Detail nachzulesen unter [2,3])?

COVID-19 als Berufskrankheit

COVID-19 wird unter Nummer 3101 in der Berufskrankheitenliste aufgeführt. Ihr Anwendungsbereich beschränkt sich auf Personen, die im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium arbeiten und sich dort im Rahmen ihrer Tätigkeit mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren UND deshalb an COVID-19 erkranken. Gleiches kann für einen Personenkreis gelten, der im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit der Infektionsgefahr in vergleichbarem Maße ausgesetzt war:

  • Arztpraxen, Krankenhäuser, Apotheken, Physiotherapieeinrichtungen, Krankentransporte, Rettungsdienste oder Pflegedienstleistungen gehören beispielsweise dem Gesundheitsdienst an.
  • Einrichtungen der Kinder-, Jugend-, Familien- und Altenhilfe sowie zur Hilfe für behinderte oder psychisch erkrankte Menschen oder Menschen in besonderen sozialen Situationen (z.B. Suchthilfe oder Hilfen für Wohnungslose) zählen zur Wohlfahrtspflege.
  • Bei den Laboratorien kommen neben den wissenschaftlichen und medizinischen Laboratorien auch Einrichtungen infrage, die besonderen Infektionsgefahren ausgesetzt sind und in denen Beschäftigte mit Kranken in Berührung kommen können oder mit Stoffen umgehen, die kranken Menschen zu Untersuchungszwecken entnommen wurden.
  • Beim Personenkreis, der nicht zu den drei erstgenannten Punkten gehört, kommt es für die Anerkennung als Berufskrankheit darauf an, ob eine vergleichbare Infektionsgefahr vorgelegen hat und welcher Art die Kontakte mit infizierten Personen war. Letztere setzen einen unmittelbaren Körperkontakt (z.B. Ausüben des Friseurhandwerks) oder gesichtsnahe Tätigkeiten (z.B. kosmetische Behandlung) voraus.
  • Für andere Berufsgruppen, wie beispielsweise KassiererInnen oder Beschäftigte im Nah- und Fernverkehr, liegen aktuell keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse vor, dass jene einem vergleichbar erhöhtem Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

Um als Berufskrankheit unter der Nummer 3101 anerkannt zu werden, müssen neben dem gesicherten Nachweis einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zusätzlich zumindest klinische Symptome, wie beispielsweise Fieber, Husten, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Geschmackstörungen, Schlafstörungen u.a. auftreten. Sollten erst zu einem späteren Zeitpunkt Gesundheitsschäden, die als Folge der Infektion anerkannt sind, auftreten, so kann eine Berufskrankheit ab diesem Zeitpunkt anerkannt werden. Falls sie Betroffene oder Bertoffener sein sollten, empfiehlt es sich, alle Unterlagen über ihren Erkrankungsverlauf zu sammeln und insbesondere, falls bekannt, die Kontaktdaten der vermeintlichen Infektionsquelle (Indexperson) festzuhalten.

An dieser Stelle sei auf das gemeinsame Merkblatt „COVID-19 als Berufskrankheit – Informationen für Beschäftigte im Gesundheitswesen“ von DGUV und der Deutschen Vereinigung für Intensivmedizin (DIVI) hingewiesen, welches unter dem Link

https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/3854

heruntergeladen werden kann.

COVID-19 als Arbeitsunfall

Die Erkrankung an COVID-19 kann, ohne die Voraussetzungen zur Anerkennung als Berufskrankheit zu erfüllen, unter bestimmten Bedingungen als Arbeitsunfall anerkannt werden, wenn die Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 infolge einer versicherten Tätigkeit (Beschäftigung, (Hoch-) Schulbesuch, Ausübung bestimmter Ehrenämter, Hilfeleistung bei Unglücksfällen o.a.) erfolgt:

Nachweislich muss in diesem Rahmen ein intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person (“Indexperson”) stattgefunden haben und spätestens innerhalb von zwei Wochen nach dem Kontakt die Erkrankung eingetreten bzw. der Nachweis der Ansteckung erfolgt sein.

Zur Beurteilung der Intensität des Kontaktes werden, basierend auf der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel in der Fassung vom 7. Mai 2021 und der Einschätzung des Robert-Koch-Institut vom 31. März 2021, insbesondere die Dauer und örtliche Nähe des Kontaktes herangezogen:

  • Bei einem länger als 10 Minuten dauernden Kontakt mit einer Indexperson im näheren Umfeld kann es ohne das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes oder einer FFP2-Maske der Beteiligten zu einer Ansteckung kommen. In bestimmten Gesprächssituationen sind auch eine kürzere Zeitspanne denkbar. Selbst beim Tragen eines Mund-Nase-Schutzes oder einer FFP2-Maske kann es nach mehr als zehn Minuten bei hohen Raumkonzentrationen infektiöser Aerosole zu einer Ansteckung kommen.
  • Sollte es nachweislich bei der versicherten Tätigkeit im unmittelbaren Tätigkeitsumfeld (z.B. innerhalb eines Betriebs oder einer Schule) der betroffenen Person eine größere Anzahl von infektiösen Personen unter Infektion begünstigenden Bedingungen gegeben haben, so kann es im Einzelfall auch ohne nachweisbaren intensiven Kontakt zu einer Indexperson zur Anerkennung als Arbeitsunfall kommen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Hinzuziehung von Einflussparametern, wie beispielsweise die Anzahl der nachweislich infektiösen Personen im engeren Tätigkeitsumfeld, die Anzahl der üblichen Personenkontakte, eine geringe Infektionszahl außerhalb des versicherten Umfeldes sowie räumliche Gegebenheiten wie Belüftungssituation und Temperatur.
  • Sollte es auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit nach Hause zu einer Infektion mit Folge einer COVID-19-Erkrankung gekommen sein, so ist es mitunter schwierig einen Kontakt mit einer infektiösen Indexperson nachweisen zu können. Dennoch kann unter den oben aufgeführten Bedingungen ein Arbeitsunfall vorliegen. Dabei ist vor allem an vom Unternehmen organisierte Gruppenbeförderungen oder Fahrgemeinschaften von Versicherten zu denken.
  • Auch wenn grundsätzlich der Aufenthalt in Kantinen als eigenwirtschaftlich und mithin als nicht versichert anzusehen ist, kann es in Ausnahmefällen sein, dass eine dort aufgetretene Infektion als Arbeitsunfall anerkannt wird. Sollte die Essenseinnahme in einer Kantine aus betrieblichen Gründen zwingend erforderlich oder unvermeidlich sein und befördern die Gegebenheiten (z.B. Raumgröße und –höhe, Lüftung, Abstandsmöglichkeiten) eine Infektion mit SARS-CoV-2, kann ausnahmsweise Versicherungsschutz bestehen.
  • Für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften gilt Ähnliches. Allerdings ist eine Anerkennung als Arbeitsunfall nur dann denkbar, wenn diese Art der Unterbringung Teil des unternehmerischen, wirtschaftlichen Konzeptes ist und sich daraus eine besondere Infektionsgefahr ergibt. Die Infektionsgefahr muss dabei über das übliche Maß hinausgehen und durch die Eigenheiten der Unterkunft (z.B. Mehrbettzimmer, Gemeinschaftswaschräume und –küchen, Lüftungsverhältnisse) begünstigt werden.
  • CAVE: Die Anerkennung als Arbeitsunfall ist mit hohen Anforderungen an die Kausalitätskette verbunden. So ist bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls stets zu berücksichtigen, ob im maßgeblichen Zeitpunkt Kontakt zu anderen Indexpersonen in nicht versicherten Lebensbereichen, wie beispielsweise Familie, Freizeit oder Urlaub, bestanden haben könnte.

Bei der Überprüfung der zur Anerkennung als Arbeitsunfall notwendigen Voraussetzungen ist in jedem Einzelfall eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Aspekte, die für oder gegen eine Verursachung der COVID-19-Erkrankung durch die versicherte Tätigkeit sprechen, obligatorisch. Nur die Infektion, die infolge der versicherten Tätigkeit eingetreten ist, erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles [2].

Literatur:

Autoren:

Korrespondierender Autor:

PD Dr. med. habil. Axel Sckell
Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie
Universitätsmedizin Rostock
Schillingallee 35
18057 Rostock
E-Mail: axel.sckell@med.uni-rostock.de

Dr. med. Gerd Rauch
Ärztlicher Leiter MVZ OCP Kassel gGmbH Lichtenau
Leipziger Str. 164
34123 Kassel
E-Mail: gerdrauch@t-online.de

Dr. med. Stefan Middeldorf
Chefarzt der Orthopädischen Klinik
Schön Klinik Bad Staffelstein
Am Kurpark 11
96231 Bad Staffelstein
E-Mail: SMiddeldorf@schoen-klinik.de

 

Verkehrsmedizinische Begutachtung: Mobilität für Menschen mit Handicaps ermöglichen

Verkehrsmedizinische Begutachtungen auf dem Gebiet von Orthopädie und Unfallchirurgie werden veranlasst, wenn aufgrund von entsprechenden Gesundheitsstörungen Zweifel an der generellen Fahreignung (§ 2 Abs. 4 StVG1) bestehen. Hiervon abzugrenzen sind vorübergehende Einschränkungen der Fahrtauglichkeit, wie sie nach Verletzungen oder Operationen vorkommen.

 

Die alltäglich vorkommenden Fragen zur Fahrtauglichkeit erfordern keine verkehrsmedizinische Begutachtung, sondern nur entsprechende Empfehlungen des Arztes an seinen Patienten; jeder Arzt muss solche Empfehlungen aussprechen können und dabei die weitreichenden Konsequenzen für den Betroffenen, die Straßenverkehrssicherheit und den Arzt bedenken. Zu Fahreignung und Fahrtauglichkeit gibt es wenig wissenschaftliche Literatur, jedoch hilfreiche Handreichungen mit entsprechenden Empfehlungen.2, 3, 4

Jeder Arzt ist auch verpflichtet, Patienten unaufgefordert darüber aufzuklären, wenn er eine fehlende oder eingeschränkte Fahreignung festgestellt hat. Missachtet ein Patient ein ärztliches Fahrverbot, macht er sich u. U. strafbar (§ 315c Abs. 1 Nr. 1, § 316 StGB). In bestimmten Fällen werden vom Arzt in Abhängigkeit einer individuellen Wertung sogar darüberhinausgehende Maßnahmen verlangt, wenn der Patient dem Fahrverbot nicht folgt. Für Verletzungen der ärztlichen Schweigepflicht kann ein rechtfertigender Notstand vorliegen (§ 34 StGB).

Die selten vorkommenden Gutachten zur Fahreignung hingegen dürfen nur von Ärzten mit
einer verkehrsmedizinischen Qualifikation erstellt werden, die nach Curriculum „Verkehrsmedizinische Begutachtung“5 erlangt werden kann. Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie mit dieser Qualifikation werden in der Regel anlassbezogen mit verkehrsmedizinischen Begutachtungen zur Fahreignung beauftragt, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche Eignung eines  Fahrerlaubnisinhabers oder -bewerbers an den Tag bringen und diese auf dem Fachgebiet
O&U begründet sind. Dies ist typischerweise beim Erstantrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis, nach konkreten Vorkommnissen oder nach zufälligen Polizeikontrollen der Fall. Fragestellungen auf anderen Fachgebieten, z. B. zum Problemkreis Alkohol, dürfen fachgebietsfremd nicht begutachtet werden. Begutachtung eigener Patienten sollen nicht erfolgen (§ 11 Abs. 2 Nr. 5 FeV6). Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet innerhalb einer gesetzten Frist die Beibringung eines Gutachtens auf Kosten der zu begutachtenden Person an (§11 Abs. 6 FeV) und formuliert die Fragestellung an den von der zu begutachtenden Person gewählten Arzt unter Überlassung der relevanten Akteninhalte. Ärzte, die mit der Erstellung beauftragt werden, müssen die Begutachtungsgrundsätze
nach Anlage 4a zu § 11 Abs. 5 FeV beachten. Neben der Fahrerlaubnisverordnung mit ihren Anlagen ist insbesondere die regelmäßig aktualisierte Begutachtungs-Leitlinie zur Kraftfahrteignung8 mit ihren allgemein anerkannten Leitsätzen für die Begutachtung relevant. Der Gutachter darf in besonderen Fällen hiervon abweichen, dann allerdings mit einer besonderen Darlegungs- und Begründungslast.

 

Abb. 1A–D
18-jährige Führerscheinanwärterin mit durch Orthoprothese ausgeglichener Beinverkürzung re. 11 cm, geringer Verschmächtigung des re. Beines, endgradig eingeschränkter Hüftgelenk- und Kniegelenkfunktion re. sowie Spitzfußkontraktur re. bei
angeborenem proximalem Femurdefekt re. und Fibulahypoplasie re, mehrfach operativ
behandelt. Verkehrsmedizinische Fragestellung nach Fahreignung für KFZ
der Klasse B wurde bejaht mit der Auflage, die vorhandene Orthoprothese
beim Führen des Fahrzeugs zu tragen.

Abb. 2A–C
53-jährige Frau mit Z. n. Rückfußamputation re. nach Chopart infolge Thrombangitis obliterans. Verkehrsmedizinische Begutachtung mit der Frage der Fahreignung von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 wurde bejaht mit Auflagen und Beschränkungen: Obligates Tragen der Prothese/Orthese, damit beim Führen von mehrspurigen Kfz bis
3,5 t zGG keine Beschränkungen. Bei mehrspurigen Kfz über 3,5 t zGG und lof Zugmaschinen (Ackerschlepper) Beschränkung auf Fahrzeuge mit Bremskraftverstärker
oder Fremdkraftbremsanlage sowie Dauerbremse bei automatischer Kupplung
ohne Abstellen des Motors während der Fahrt. Beim Führen von Krafträdern müsste eine Hinterradbremse links bei Fußschaltung mit linker Ferse zu betätigen sein und  Kupplung/Schaltung mit Hand oder Schaltung mit linker Fußspitze zu betätigen sein.

Typische Begutachtungsanlässe auf unserem Fachgebiet sind Einschränkungen der Übersicht im Straßenverkehr, z. B. durch Minderwuchs oder Wirbelsäulenfehlbildungen, sowie Funktionsminderung oder -verlust an oberen oder unteren Extremitäten, z. B. durch Dysmelien, Kontrakturen, starke Bewegungseinschränkungen oder Amputationen. Bei der gutachterlichen Beurteilung spielt die Frage einer möglichen Kompensation eine entscheidende Rolle. Unverzichtbar für Fahreignung sind die Möglichkeit zum Ein- u. Aussteigen ins Fahrzeug, zum Verladen notwendiger Hilfsmittel, ausreichende Übersicht und die Bedienung von Betriebs- und Feststellbremse, Schaltung, Gas, Lenkung, Scheibenwischer, Fenstern, Hupe, Blinker, Licht und Außenspiegel – jeweils ohne
Loslassen des Lenkrads – sowie die Fähigkeit zur Absicherung liegengebliebener Fahrzeuge. Ergibt die Untersuchung, dass die festgestellten Beeinträchtigungen ein stabiles Leistungsniveau bedingt gewährleisten oder dass besondere Bedingungen
die Gefahr des plötzlichen Versagens abwenden können, schlägt der Gutachter in Form von Auflagen oder Beschränkungen die Bedingungen vor, die vom begutachteten Verkehrsteilnehmer erfüllt werden müssen, um eine „bedingte Fahreignung“
zu erreichen (§ 46 FeV). Auflagen richten sich an den Führer eines Fahrzeugs, z. B. ein bestimmtes Hilfsmittel zu nutzen oder sich in zeitlichen Abständen ärztlichen Nachuntersuchungen zu unterziehen. Beschränkungen grenzen den Geltungsbereich einer Fahrerlaubnis auf bestimmte Fahrzeugarten oder Fahrzeuge mit besonderen Einrichtungen wie Handgasbetätigung oder Fußgas links, Lenkhilfen, Automatikgetriebe u. a. ein. Empfohlene Maßnahmen für Gesundheitsstörungen auf dem Fachgebiet O&U finden sich im Kapitel 3.3 „Bewegungsbehinderungen“, 3.9 „Krankheiten des Nervensystems“ und in den Abschnitten 2.1 bis 2.16 des Anhangs B der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung und werden später im Feld 12 des Führerscheins mit sog. Schlüsselzahlen9 nach Anlage 9 zu § 25 Abs. 3 FeV beziffert. Eine differenzierte indikationsbezogene Darstellung ist in diesem Übersichtsartikel mit limitiertem Umfang nicht möglich. Für mitunter teure Fahrzeugumrüstungen gibt es spezialisierte Unternehmen. Diese bieten ergänzend zu den sich durch Beschränkungen ergebenden Maßnahmen auch weiteres, zum Teil technisch beeindruckendes Fahrzeugzubehör an, welches Menschen mit handicaps eine Fahrzeugnutzung erleichtert, wie Ein u.  Ausstiegshilfen, Rollstuhlverlade- und halterungssysteme, Heckausschnitte, Rampen oder
Liftsysteme. Die Kenntnis solcher Möglichkeiten ist auch in der Patientenberatung hilfreich. Üblich ist ergänzend zur ärztlichen Begutachtung auch eine Fahrprobe der zu begutachtenden Person mit einem amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr.

Zusammenfassend ist verkehrsmedizinische Begutachtung eine verantwortungsvolle Aufgabe, die außer medizinischen auch juristische und technische Kenntnisse erfordert. Wenngleich Sicherheit im Straßenverkehr stets an erster Stelle steht, muss immer auch darauf geachtet werden, dass an behinderte Verkehrsteilnehmer im Vergleich mit nicht Behinderten keine unangemessen überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen.
Behinderte sind zum Erhalt ihrer beruflichen und gesellschaftlichen Teilhabe in besonderem Maße auf die Möglichkeit zur selbständigen Teilnahme am Straßenverkehr angewiesen. Die Begutachtung sollte, wenn vertretbar, immer gerade auch in der Intention erfolgen, eine Straßenverkehrsteilnahme ggf. unter Auswahl geeigneter Auflagen und Beschränkungen zu ermöglichen und eben nicht zu verhindern.

Dr. med. Karsten Braun, LL. M.
BVOU-Referat Presse/Medien

Literatur auf Anfrage bei der Redaktion