Mit deutlicher Mehrheit wurde Dr. Burkhard Lembeck am 29.Oktober 2021 zum neuen Präsidenten des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) e.V. gewählt. Die Wahlen fanden auf der Mitgliederversammlung im Rahmen des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in Berlin statt. Ein Gespräch über seine Ziele in den kommenden vier Jahren, wofür er sich in seiner Amtszeit einsetzen möchte und warum sich berufspolitisches Engagement mehr denn je lohnt.
Seit der Mitgliederversammlung am 29. Oktober 2021 sind Sie neuer BVOU-Präsident. Was ist das Wichtigste, das Sie sich für Ihre Amtszeit vorgenommen haben?
Dr. Burkhard Lembeck: In der Mitgliederversammlung hatte ich als erstes eine Folie, anhand der ich versucht habe, mit einem Satz das wesentliche Ziel des BVOU aus meiner Sicht darzustellen: „Damit es der tollste Beruf der Welt bleibt.“ Dieser Satz bringt es gut herüber – ein Berufsverband hat dafür zu sorgen, dass die Orthopäden und Unfallchirurginnen im Land gute Arbeit leisten können. Dieses Ziel ist damit „Chefsache“.
Was hat Sie dazu bewogen, sich an die Spitze unseres Berufsverbandes wählen zu lassen?
Dr. Lembeck: Das war keine spontane Bauchentscheidung – man hat mich gefragt, ich habe das schon lange vorher kommuniziert und mit dem bisherigen Team abgesprochen. Nachdem mir kein Shitstorm entgegenschlug, habe ich in Absprache mit meiner Frau entschieden den nächsten Schritt zu gehen. Im BVOU hatte ich bisher schon etliche Aufgaben übernommen, viele Projekte durchgezogen, jetzt kommen ein paar offizielle dazu – ich freue mich darauf und bin von Haus aus neugierig.
Nach Ihrer Wahl zum Präsidenten haben Sie folgende drei Tätigkeitsfelder des Berufsverbandes genannt, auf denen er tätig werden sollte: Den Erhalt des selbstbestimmten Arbeitens, die optimale Versorgung und das faire Honorar. Können Sie das konkretisieren?
Dr. Lembeck: Gerne. Für einen Berufsverband reicht es nicht, das Themenfeld „Faires Honorar“ zu beackern – obwohl der BVOU damit zweifelsohne als Erstes in Zusammenhang gebracht wird. In dieses Themenfeld bringen wir uns natürlich weiterhin ein: Bei EBM, bei GOÄ, UV-GOÄ und beim Honorar aus Selektivverträgen.
Aber – und das ist mindestens genauso wichtig: Die Kollegen wollen die Patienten gut versorgen – dafür sind sie angetreten! Gute Patientenversorgung ist nach wie vor die wichtigste Triebfeder eines Arztes!
Daher muss sich ein BVOU darum kümmern, dass wir sinnvoll verordnen können, dass uns nicht Budgets und Regresse die Arbeit beschneiden; dass wir eine Honorarsystematik haben, die gute Medizin incentiviert und nicht Konzernrendite, dass die Patientenversorgung strukturiert verläuft usw. usw. Neuerdings drängen die Tech-Konzerne auch in die Patientenversorgung – hier gilt es ebenso, Antworten zu finden.
Das dritte Themenfeld heißt: Selbstbestimmtes Arbeiten. Ärzte dürfen sich ihre Medizin nicht vorschreiben lassen – Ärzte müssen ihre Fortbildungen, ihre Weiterbildungen selbst bestimmen können und nicht nur verwalten, Ärzte sollten einen Ausgleich zwischen Beruf und Familie schaffen können, dürfen nicht zu Befehlsempfängern von Verwaltungen Kassen oder Körperschaften werden.
Gerade die neue Generation fordert selbstbestimmtes Arbeiten vehement ein und sie hat damit recht – auf lange Sicht ist Selbstbestimmung für die Arbeitszufriedenheit entscheidender als Geld – das zeigen alle Untersuchungen.
Als Präsident vertreten Sie den BVOU nach außen. Welche Erfahrungen haben Sie im Umgang mit Politik und Öffentlichkeit?
Dr. Lembeck: Da wächst man hinein. Beim ersten „Spiegel“- und „Bild“-Interview hat man noch Lampenfieber, das legt sich dann irgendwann. Bei Öffentlichkeitsarbeit setze ich auch mehr auf den wissenschaftlichen Springer-Verlag als auf den von Herrn Döpfner geleiteten. Aber auch der „BamS“ habe ich schon Interviews gegeben.
Was sehen Sie als Ihre herausragendsten Aufgaben der kommenden Zeit an?
Dr. Lembeck: Es sind eine Vielzahl an Aufgaben für einen Berufsverband zu bewältigen – das würde einen Einzelnen komplett überfordern. Daher sehe ich es als meine Aufgabe in den ersten 100 Tagen an, das Team aufzustellen und die Aufgaben in gemeinsamer Abstimmung zu verteilen.
Zum BVOU-Team gehören: Die Geschäftsführung, Dr. Jörg Ansorg und die anderen Profis im Berliner Tiergarten-Tower, meine Kollegen und Freunde im Vorstand und die Mandatsträger.
Wir sind gerade dabei, die Zusammenarbeit zu intensivieren und zu digitalisieren – und sind damit auf einem guten Weg. Das muss im Hintergrund einfach flutschen. Klare Strukturen und eine schlagkräftige Truppe werden uns helfen, die nächstliegenden Herausforderungen zu meistern:
Wenn Sie mich nach den größten Themenfeldern neben Corona fragen, dann würde ich nennen:
Digitalisierung, intersektorales Honorar und strukturierte Patientenversorgung.
Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrer täglichen Arbeit? Was ist der besondere Reiz, Menschen mit orthopädisch-unfallchirurgischen Beschwerden und Krankheiten zu behandeln?
Dr. Lembeck: Die Position des BVOU-Präsidenten erlaubt es mir, weiter in der Versorgung tätig zu bleiben – das war für meine Entscheidung mit entscheidend. Ein weiterer Dank gilt meinen Praxiskollegen und dem Team in Ostfildern, die mein Präsidentenamt mittragen – das könnte auch anders sein.
Ich bin gerne Arzt, ich bin gerne Orthopäde und Unfallchirurg – ich ziehe da viel Kraft heraus. In welchem Beruf hört man schon so viel „Dankeschön!“ – und bekommt so viele Mon Cheri Packungen! (Falls das Patienten lesen – das ist nicht ganz mein Favorit)
Orthopädie und Unfallchirurgie, so wie ich sie betreibe, sind faszinierend breit aufgestellt – auch in einer Kassensprechstunde finde ich jeden Tag Fälle, bei denen die Diagnose bisher unklar war und wo ich weiterhelfen kann. Im OP-Saal bin ich seit dreißig Jahren zuhause, auch das möchte ich nicht missen.
Kurz und gut: Fachärztlich tätig und breit aufgestellt – in Praxis und Klinik – ich fühl mich da wohl, wo ich bin.
Warum sind Sie damals als Mitglied im BVOU aktiv geworden?
Dr. Lembeck: Der Anlass war die EBM-Reform von 2008. Ich war schon seit mehreren Jahren BVOU-Mitglied und dann kam diese Katastrophe. Ich habe eine wütende Mail an den damaligen Landesvorsitzenden Klaus Schatton geschrieben, ob denn der Berufsverband merke, was da abgeht. Der hat sinngemäß geantwortet, ich solle nicht meckern, sondern mich einbringen, sie arbeiten gerade an einem Selektivvertrag, der vieles von dem Elend des EBM abmildern könne. Das fand ich gut, habe ich gemacht und erlebt, dass man durch Engagement etwas ändern kann. Der Orthovertrag läuft jetzt seit sieben Jahren in Baden-Württemberg und 700 Kollegen machen mit.
Wo sehen Sie den BVOU in vier Jahren?
Dr. Lembeck: Ich hoffe, dass wir mit unserem Team den Erfolgskurs fortsetzen können und wir noch mehr Leute mitnehmen können, dass wir klar machen können, dass sich Engagement lohnt. Wir werden nicht bei jedem Projekt erfolgreich sein können – aber wenn jedes zweite in die Versorgung kommt, dann passt es auch.
Was ist das Außergewöhnliche an unserem Berufsverband?
Dr. Lembeck: Wir sind vor Ort – nicht nur in Berlin. Der BVOU lebt vom Engagement in den Ländern und in den Bezirken! Ich werde auch versuchen, vor Ort zu sein – kann mich jedoch nicht zweiteilen – vor Ort möchte ich Projekte vorstellen, neue Leute gewinnen und versuche aufzunehmen, was da alles schon stattfindet. Meinen CO2-Footprint wird das zwar nicht verbessern – aber das persönliche Treffen kann man einfach nicht ersetzen.
Wie kommt es im BVOU zum Tragen, dass die ehemals getrennten Bereiche Orthopädie und Unfallchirurgie zusammengewachsen sind?
Dr. Lembeck: Hoffentlich nicht nur im Namen – es kommt vor allen Dingen in den Personen zum Tragen. Viele, so auch ich, sind D-Ärzte und gleichzeitig auch Fachärzte für Orthopädie, für Unfallchirurgie usw. Ich bin auch noch Chirurg usw. Da sollte doch die Herkunft keine Rolle mehr spielen – ich halte das für komplett überholt.
Entscheidend ist: Wenn dein Berufsfeld O&U heißt, dann ist deine berufspolitische Heimat der BVOU – denn der ist der Anwalt für alle Ärzte in O&U.
Herr Dr. Lembeck, vielen Dank für das Gespräch und für Ihre Amtszeit als Präsident alles Gute.
Das Interview führte Janosch Kuno, BVOU-Pressearbeit.