Archiv für den Monat: September 2022

Streichung der Neupatientenregelung benachteiligt fachärztliche Grundversorgung

Berlin – Die Bundesregierung verkauft die Streichung der TSVG-Neupatientenregelung gerne als Beitrag der Ärztinnen und Ärzte zur Stabilisierung der GKV-Finanzen und als Akt der Solidarität. Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) erinnert in diesem Zusammenhang an die fast drei Jahrzehnte andauernde Budgetierung und den so ins Gesundheitssystem eingebrachten „Solidarbeitrag“ von inzwischen rund 100 Milliarden Euro. Weiteres Problem: die Streichung betrifft die Fachärztinnen und Fachärzte höchst unterschiedlich.

Die aufwendigere Behandlung von Neupatienten außerhalb des Budgets zu vergüten, war ein wichtiges Signal als Einstieg in die Entbudgetierung der Leistungen der Ärztinnen und Ärzte. Entsprechend groß ist die Verärgerung seitens der Fachärzteschaft über die geplante Streichung dieser Regelung. SpiFa-Vorstandsvorsitzender Dr. med. Dirk Heinrich moniert dabei, dass mit der geplanten Streichung insbesondere die Facharztgruppen getroffen werden, die bereits am stärksten unter der Budgetierung leiden.

„Betrachtet man die Auszahlungsquoten über die Fachgruppen hinweg, so wird schnell deutlich, dass die in der fachärztlichen Grundversorgung tätigen Fachgruppen besonders betroffen sind: Orthopäden, Urologen, Frauenärzte, Internisten oder beispielsweise auch HNO-Ärzte“, so Heinrich. „Für diese Arztgruppen ist die Neupatientenregelung bisher zumindest eine Möglichkeit, eine fachärztliche Grundversorgung zu gestalten. Jetzt sollen diese positiven Akzente wieder verschlechtert werden und das trifft ausgerechnet diejenigen, die sowieso schon benachteiligt sind. Dies sind übrigens dieselben Fachgruppen, die im Rahmen des TSVG verpflichtet wurden, zusätzlich offene Sprechstunden anzubieten, was laut Bundesregierung auch so bleiben soll.“

Innerhalb dieser Gruppen gibt es zudem deutliche regionale Unterschiede: die Auszahlungsquoten sind zum Beispiel in Niedersachsen, NRW, Berlin, Thüringen oder dem Saarland besonders gering, entsprechend sinnvoll die Neupatientenregelung. „Effektiv wird die Streichung nur rund ein Drittel der 183.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und Psychotherapeuten betreffen. Die werden die mit der geplanten Streichung der Regelung verbundene Zeche bezahlen müssen. Das ist ungerecht, eine gleichmäßige Verteilung auf die Schultern aller Ärztinnen und Ärzte erreicht die Bundesregierung damit sicher nicht!“

Nach Ansicht des SpiFa befeuert das Gesetzesvorhaben den schon bestehenden Ärztemangel, denn die Niederlassung wird immer unattraktiver. Viele ältere Ärztinnen und Ärzte sind immer weniger bereit, über das gewohnte Ruhestandsalter hinaus ihre Praxen zu betreiben und es droht eine Ruhestandswelle. Nachfolger für die Praxen sind kaum zu finden. „Diese Situation wird sich noch verschlimmern und es ist der falsche Zeitpunkt, den wichtigen Schritt in Richtung Entbudgetierung durch die TSVG-Neupatientenregelung wieder zurückzunehmen. Es sei denn man ist der Überzeugung, Deutschlands Gesundheitsversorgung brauche keine ambulanten Strukturen“, so Heinrich weiter.

Anlässlich der Anhörung des Ausschusses für Gesundheit (AfG) am heutigen Tage zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz informiert der SpiFa mit seinen Mitgliedsverbänden die Politik und Öffentlichkeit im Rahmen seiner Kampagne #WartenBisDerArztKommt. Alle Informationen hierzu unter: www.WartenBisDerArztKommt.de

100 Jahre DGU: Damit Patienten Lebensqualität wiedererlangen:

Berlin/Leipzig – Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) begeht ihr 100-jähriges Jubiläum mit einem großen Festakt an ihrem Gründungsort, dem Universitätsklinikum Leipzig. Seit ihrem Entstehen hat die DGU ihr Fach zu einer leistungsfähigen und spezialisierten Disziplin entwickelt. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht die Formulierung und Sicherung von Standards zur Versorgung von Verletzten, damit Patientinnen und Patienten ihre Lebensqualität nach einem Unfall wieder zurückerlangen. Der damit verbundene Weg hat die Überlebenschancen Schwerstverletzter deutlich erhöht. So kommt heute in Deutschland nur noch jeder zehnte schwerverletzte Unfallpatient ums Leben, während im Jahr 1960 noch fast jeder zweite starb. „Einen wesentlichen Anteil an dieser positiven Entwicklung hat das eigens entwickelte TraumaNetzwerk DGU®. Es führte zu einer entscheidenden Wende bei der Versorgung Schwerverletzter. Verletzte können damit rund um die Uhr schnell und professionell versorgt werden“, sagt DGU-Präsident Oberstarzt Prof. Dr. Benedikt Friemert anlässlich der Jubiläumsfeier.

Das Aufgabenspektrum der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich erweitert. Unfallchirurgen operieren und rekonstruieren Verletzungen des Bewegungsapparates. Neben der Versorgung von Schwerverletzten beispielsweise nach Verkehrsunfällen zählt auch die Behandlung normaler Alltagsverletzungen aus Schule, Sport, Beruf sowie privatem Umfeld zu ihren Aufgaben. In den Bereich der Unfallchirurgie fallen alle Altersklassen vom Säugling bis zum alten Menschen. Nach Lebensrettung und Behandlung verletzter Patientinnen und Patienten stehen aber auch die Rehabilitation, die soziale und berufliche Wiedereingliederung und die Zurückerlangung von Lebensqualität im Zentrum des täglichen Handelns der DGU und ihrer 4.800 Mitglieder. Auch die Aufklärung zur Prävention von Unfällen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die Zahl älterer Patientinnen und Patienten in der Orthopädie und Unfallchirurgie nimmt zu, damit besteht eine weitere Zukunftsaufgabe in der optimierten Versorgung älterer Menschen. In Deutschland werden pro Jahr derzeit mehr als 400.000 Altersbrüche behandelt, dafür werden aktuell Strukturen und Prozesse definiert. Ziel ist eine bestmögliche gesundheitliche Betreuung bei Verletzungen, Verschleiß oder Erkrankungen des Knochen- und Bewegungsapparates, um die Lebensqualität von Senioren und Seniorinnen zu erhöhen und Folgeerkrankungen abzuwenden.

Zu den immer besseren Ergebnissen in der Versorgung tragen ganz wesentlich standardisierte Abläufe bei, die unter anderem durch das TraumaNetzwerk DGU® festgelegt sind. „Hierzu zählen die festgelegte Reihenfolge der Hilfemaßnahmen im Rettungswagen und im Schockraum, aber auch die Weiterentwicklung der Intensivmedizin“, sagt Generalsekretär Prof. Dr. Dietmar Pennig. Neben der Einrichtung des TraumaNetzwerk DGU® stellt auch das TraumaRegister der DGU einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung der Fachgesellschaft dar. Es ermöglicht die einheitliche Dokumentation von Behandlungen in einer zentralen Datenbank und bietet damit eine verlässliche Grundlage für das Qualitätsmanagement in Krankenhäusern sowie für die Unfallforschung und erlaubt Rückschlüsse auch auf seltene Unfallkonstellationen, wie beispielsweise die Verletzung von Schwangeren. Seit seiner Gründung im Jahr 1993 wurden Ergebnisdaten von über 450.000 Behandlungsverläufen dokumentiert. Von den Daten der mittlerweile fast 700 angeschlossenen Kliniken profitieren auch zunehmend Krankenhäuser im Ausland, etwa aus Österreich oder den Niederlanden, die sich dem TraumaRegister angeschlossen haben.

Einen besonderen Schwerpunkt sieht die DGU auch bei der Sicherung der medizinischen Versorgung in vielfältigen Kriegs-, Krisen- und Katastrophenfällen. „Seit Kriegsbeginn in der Ukraine konnten nach der Verteilung über das Kleeblattprinzip auch über das TraumaNetzwerk DGU® zahlreiche Kriegsverletzte schnell und gezielt an geeignete Kliniken vermittelt werden“, sagt Prof. Dr. Gerrit Matthes, Leiter der DGU-Sektion Notfall-, Intensivmedizin und Schwerverletztenversorgung (NIS).

Im Rahmen des Festakts am Gründungsort im Universitätsklinikum Leipzig versammelten sich die Teilnehmenden um die Stolpersteine am Eingangsbereich des Klinikums und gedachten damit der während der nationalsozialistischen Diktatur verfolgten jüdischen Mitglieder der Fachgesellschaft. Doch ging es beim Festakt nicht nur darum, mit Stolz zurück auf die Errungenschaften zu blicken, sondern auch darum, eine Vorausschau auf die Zukunft zu wagen. Eine große Aufgabe in der Zukunft besteht in der Nachwuchsgewinnung und damit verbunden in der Frage, wie das Fach für Medizinabsolventen und -absolventinnen attraktiv gemacht werden kann. Unfallchirurgischer Nachwuchs ist längst kein Selbstläufer mehr. Daher ist es eine der zentralen künftigen Aufgaben der DGU, trotz der besonderen Herausforderungen des Berufs geeignete Arbeitsbedingungen zu schaffen, damit das Fachgebiet für den akademischen Nachwuchs interessant bleibt.

Hintergrund:
Die medizinische Fachgesellschaft wurde am 23. September 1922 im Auditorium der Universität Leipzig als „Deutsche Gesellschaft für Unfallheilkunde, Versicherungs- und Versorgungsmedizin“ gegründet. Um jedem Verletzten an jedem Ort in Deutschland zu jeder Zeit die gleichen Überlebenschancen zu bieten, hat die DGU im Jahr 2008 das Projekt TraumaNetzwerk DGU® ins Leben gerufen. Bereits 1993 wurde das TraumaRegister DGU® erstellt. Mittlerweile zeichnet sich in Deutschland eine deutliche Verbesserung der klinischen Infrastruktur und der Prozessqualität bei der Versorgung schwerverletzter Patientinnen und Patienten ab.

Perspektive DVT – „Die Technologie der Zukunft“

Im Interview mit Dres. med. Reichert & Ritter
Reichert Ritter & Kollegen · Monheim

Im Zentrum für Chirurgie, Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie in Monheim am Rhein sind die beiden Ärzte Dr. med. Christian Reichert und Dr. med. Ulrich Ritter mit ihrer langjährigen Erfahrung und Expertise tätig. Um die Patienten vollumfänglich versorgen zu können, führt die Praxis sowohl konservative als auch operative Therapien durch. Verletzungen von Muskeln und Sehnen, Knochenbrüche und akute Schmerzen bei chronischen Erkrankungen, Schmerzen des Bauchraumes, Erkrankungen der Schilddrüse und Hämorrhoidalleiden können dort je nach Schwere der Operation und Abhängigkeit des Gesundheitszustandes des Patienten ambulant vor Ort oder stationär in den Partnerkliniken durchgeführt werden. Um das medizinische Diagnostikspektrum in den eigenen Räumen zu erweitern, entschieden sich Dr. Reichert und Dr. Ritter im Mai 2021 für die 3-D-Schnittbildgebung der SCS MedSeries® H22 DVT Klasse. Wie sich das DVT seit der Implementierung auf den Praxisalltag ausgewirkt hat, darüber sprachen wir mit dem Ärzte Duo.

Die Suche nach der perfekten 3-D-Bildgebung

Der Weg zum eigenen DVT begann für die Praxis mit einem zugesandten SCS Society Magazin, auf das Dr. med. Reichert aufmerksam wurde. Zwar war er zuvor noch nie mit dem Thema der SCS Bildgebung in Berührung gekommen, wurde durch sein generelles Interesse an technischen Neuheiten, insbesondere im Bereich der Bildgebung, jedoch sehr schnell neugierig. „Ich konnte erst gar nicht glauben, dass so ein Gerät existiert, das noch dazu bisher gar nicht in Fortbildungen oder Fachzeitschriften mal thematisiert wurde“, erzählt der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. „Mir stellte sich immer die Frage, ob ich in meiner eigenen Praxis nicht ein eigenes CT betreiben kann, das schnell verfügbar und dann auch noch mit einer geringeren Strahlenbelastung und 3-D-Rekonstruktion ausgerüstet ist und mit welchem ich meine eigene Befundung durchführen kann.“ Da das DVT unter Berücksichtigung all dieser Punkte bestens geeignet ist, war das Interesse bei Dr. Reichert schnell geweckt. Über das Internet recherchierte er weiter, informierte seinen Kollegen Dr. Ritter und zusammen suchten sie schließlich den Kontakt zu SCS.

Qualifizierte Hospitation an zwei Standorten

„Für uns war entscheidend, einen Kollegen zu treffen, der so ein Gerät besitzt und betreibt und aus der Erfahrung auch schon Aussagen über die Qualität treffen kann“, berichtet Dr. Reichert über die Entscheidungsfindung. „Da hat uns SCS dann den Kontakt zu Herrn Dr. med. Carlo Di Maio in Neukirchen-Vluyn hergestellt. Das war für uns sowohl in Perspektive auf das DVT als auch in vielerlei anderer Hinsicht – also persönlich und auch wirtschaftlich – wie man das H22 in seine Praxis einbettet und seine Privatpatienten dadurch besser behandeln kann, sehr interessant. Das hat uns beide sehr weit gebracht und war wirklich eindrucksvoll.“ Für Dr. med. Ritter war auch wichtig, sich neben der Meinung von Dr. Di Maio auch noch eine Zweitmeinung in einer anderen Praxis einzuholen. „Wir sind nach Köln zu einer großen Gemeinschaftspraxis mit eigenständiger 3-D-Schnittbildgebung gefahren. Dort traf ich zufällig einen ehemaligen Kollegen, der Mitteilhaber ist. Wir haben uns die SCS Bildgebung dann gemeinsam angeschaut und uns nochmal eine andere Meinung eingeholt, wie der Kollege und die Praxis den DVT-Betrieb bisher erlebt haben. An beiden Standorten waren wir eigentlich überzeugt davon, dass wir das Gerät auch bei uns gut einsetzen könnten.“

Befundsicherheit und große Zeitersparnis

Seit der Implementierung im eigenen Haus konnte das DVT die Erwartungen des Ärzteduos für die medizinischen Indikationen mehr als erfüllen. Dr. Reichert zeigt sich von der Qualität begeistert: „Insbesondere die 3-D-Rekonstruktion ist nicht nur für die Verletzungen, sondern auch die fuß- und handchirurgischen Fälle extrem gut. Es gibt nichts, das äquivalent wäre. Für das Sprunggelenk als auch das Kniegelenk, aber auch Arthrosen, ist die 3-D-Bildgebung unter Belastung ein Verfahren, das kein anderes Gerät bieten kann.“ Auch für Dr. Ritter hat sich das DVT im Bereich des Sprunggelenks bereits bewährt: „Ich hatte den Fall eines Sprunggelenks mit OD in einer Talusschulter. Da sieht man wunderbar in der DVT-Aufnahme, dass das Sprunggelenk sich richtig in die Seite reinknickt und ist damit auch ein indirekter Hinweis, dass da eigentlich kein Knorpel mehr vorhanden ist. Im Privatbereich gibt es eigentlich nichts mehr, wo wir das DVT nicht einsetzen. Peripher röntgen wir eigentlich fast gar nichts mehr konventionell. Wenn wir mal ein Röntgenbild haben wollen, dann machen wir ein DVT.“ In der 3-D-Aufnahme sieht der Facharzt generell einen der größten Vorteile der SCS Bildgebung. Gerade Frakturen können im Fußwurzelbereich unter der natürlichen Körperbelastung dank der Weight-Bearing-Funktion beurteilt werden. Auch der Handwurzelbereich lässt sich detaillierter als im konventionellen 2-D-Röntgen darstellen, wodurch sich die Befundsicherheit deutlich erhöht. Trotz der hohen Auflösung des H22 ist die Strahlenbelastung unter Einsatz des Super-Ultra-Low-Dose-Protokolls (SULD) deutlich geringer – ein weiterer Vorteil, den die beiden Ärzte ihren Patienten in der eigenen Praxis seit der Implementierung bieten können.

Eine klare Win-Win-Win-Situation

Die Befundsicherheit durch die hohe Qualität und die geringe Strahlenbelastung sind bereits zwei Aspekte der Win-Win-Win-Situation, von der die Ärzte und Patienten profitieren. Dr. Reichert hebt noch einen weiteren Vorzug für Arzt und Patient hervor: „Der größte Vorteil ist wirklich die Zeitersparnis – für die Patienten und uns. Beide Parteien müssen sich nicht auf Grund weiterer Terminketten gedulden und erhalten sofort die Antwort auf die Fragestellung. Für die Privatpatienten, für die wir das DVT derzeit einsetzen, ist das ein extrem guter Service und es bleibt bei einem einzigen Ansprechpartner. Für den Patienten bedeutet das, dass er durch den Arzt des Vertrauens, der am besten in den Krankheitsverlauf eingeweiht ist, direkt aufgeklärt werden kann. Das ist ein großer Vorteil, dass wir das nun selbst und sofort machen können.“ Die Praxis selbst ist der dritte Aspekt der Win-Win-Win Situation, da auch das geschulte Praxisteam durch die Nutzung des DVT im Vorteil ist. In der Monheimer Praxis sorgt das H22 für frischen Wind im Alltag, erzählt Dr. med. Ritter: „Unsere Medizinischen Fachangestellten haben natürlich Spaß an der neuen Technik. Die SCS Bildgebung ist schön zu bedienen und für das Team einfach mal etwas ganz anderes. Dadurch entsteht eine gewisse Abwechslung und man ist mit dem neuen System sozusagen am Puls der Zeit.“

Die moderne Technologie

Für die Kollegen aus der O&U spricht sich das Ärzte Duo für eine klare Empfehlung aus. Interessenten, die sich im Moment noch in der Entscheidungsphase befinden, möchte Dr. Reichert eine Botschaft mit auf den Weg geben: „Das H22 ist die Technologie der Zukunft. Man bekommt ein ganz anderes Verständnis für die dreidimensionale Aufschlüsselung. Die Abstraktion vom Röntgen in zwei Ebenen auf 3-D, das hat man zwar gelernt, aber wenn man noch die 3-D-Ansicht und Schnittbilder dazu hat, insbesondere bei den Füßen und der Hand- und Fußwurzel – das ist wirklich eine Sache, die einmalig ist. Das kann ich definitiv empfehlen, wenn man im Bereich der Handchirurgie oder auch Frakturen behandeln will. Mit der SCS Bildgebung kommt es zu viel weniger Fehlern.“ Dr. med. Ritter sieht in der SCS Bildgebung ebenfalls die Technologie der Zukunft, die jeder Arzt in seiner Praxis haben sollte. Er freut sich auch besonders darauf, wenn die 3-D-Schnittbildgebung mit dem DVT in der Zukunft auf den ganzen Körper ausgeweitet werden kann. „Wir freuen uns auch schon auf das Gerät, in das der ganze Mensch reinpasst, weil wir glauben, dass da unglaublich viele Indikationen vorhanden sind. Gerade wenn man noch eine Software hätte, die die Wirbelsäule noch einfacher zusammenstitcht oder man einfach ‚durchfahren‘ kann. Das wäre natürlich richtig klasse, wenn wir ein Gerät hätten, wo wir uns die Patienten von oben bis unten vor Ort anschauen könnten.“

Das DVT live erleben

Das Ärzte Duo aus Monheim am Rhein möchte auch in Zukunft das erlangte Wissen und die Erfahrung, die sie am DVT gewinnen können, in Form von Hospitationen gerne weitergeben. „Bei uns dürfen gerne Interessenten vorbeikommen, die das DVT live sehen möchten. Wir haben sehr von der Hospitation bei Herrn Dr. Di Maio profitiert und es war schön, auch mal eine andere Sichtweise des Praxisalltags kennenzulernen. Wir können beide nur empfehlen, dass man mal in eine andere Praxis geht, um neue Eindrücke zu gewinnen. Dementsprechend bieten wir das natürlich auch an, dass jeder vorbeikommen und sich die SCS Bildgebung anschauen kann. Wir geben ehrliche Auskunft und sprechen über unsere Erfahrungen mit dem DVT.“ Dr. Reichert schließt sich seinem Vorredner und Kollegen an: „Ja, sehe ich auch so. Interessenten sind bei uns herzlich willkommen. Wir haben von der Hospitation sehr profitiert und würden diese Expertise gerne weitergeben. Das gehört sich auch unter Kollegen, dass man dieses Wissen nicht für sich behält.“

Reichert, Ritter & Kollegen
Zentrum für Chirurgie, Orthopädie, Unfallchirurgie und Handchirurgie
Alte Schulstrasse 17
40789 Monheim

Digitale Volumentomographie mit dem SCS MedSeries® H22 

SCS steht für Sophisticated Computertomographic Solutions und beschreibt die Lösung für die anspruchsvolle 3-D-Bildgebung mit höchster Strahlenhygiene, höchster Bildauflösung sowie höchster Zeitersparnis für Patient, Praxis und Arzt – als Win-Win-Win-Situation – gleichermaßen. 

Der digitale Volumentomograph SCS MedSeries® H22 besitzt ein breites Indikationsspektrum und ist aus der Orthopädie und Unfallchirurgie nicht mehr wegzudenken. Mit dem platzsparenden Design findet das DVT in jeder Praxis einen Platz. Dank der hohen Strahlenhygiene und der Auflösung von bis zu 0,2 mm ist der digitale Volumentomograph auch in der Pädiatrie anwendbar. Die vom DVT ausgehende Strahlendosis kann unterhalb der täglichen terrestrischen Strahlendosis eingestellt werden und ist im Vergleich zur Computertomographie um bis zu 92 % geringer. 

Die hochauflösenden Schnittbilder stehen, inklusive Rekonstruktionszeit, innerhalb von drei Minuten in multiplanarer Ansicht (axial, koronal, sagittal) sowie in 3-D am Befundungsmonitor zur Beurteilung durch den behandelnden Arzt zur Verfügung. Im Resultat ist es mit dem DVT möglich, eine 3-D-Schnittbilddiagnostik durchzuführen, die sehr strahlungsarm ist, eine exakte Beurteilung von Grenzflächen zwischen Metall- und Knochenstrukturen zulässt, und sehr einfach am Patienten anzuwenden ist. 

Jetzt kostenfreie Beratung und DVT-Live-Demo anfordern 
Kontaktieren Sie uns für eine kostenfreie Beratung zum planungssicheren Einstieg in die 3-D-Bildgebung oder für eine Live-Demonstration an einem DVT-Standort in Ihrer Nähe. Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Webseite unter www.myscs.com/beratung. 

Delegation physikalisch-medizinischer Leistungen an angestellte Physiotherapeuten

Orthopäden ist es berufsrechtlich grundsätzlich erlaubt, Angehörige eines Gesundheitsfachberufes, wie Physiotherapeuten, anzustellen. Allerdings muss der Arzt dann die entsprechenden Fähigkeiten und Kenntnisse besitzen, um diese angestellten Physiotherapeuten anleiten und beaufsichtigen zu können. Ein Überblick.

Die physikalische Therapie muss in diesen Fällen nach Auffassung des Verfassers somit Bestandteil der Weiterbildung des ärztlichen Fachgebietes sein, da der Arzt bei der Erbringung ärztlicher Leistungen grundsätzlich an die Grenzen seines Fachgebietes gebunden ist. Denn als nicht „nach fachlicher Weisung“ des Arztes erbrachte Leistungen werden solche angesehen, die der Arzt selbst mangels eigener Fachkunde nicht fachgerecht durchführen kann oder zu deren Durchführung das eingesetzte Personal nicht hinreichend qualifiziert ist.

Die eigene Fachkunde des Arztes bzw. die Fachgebietsgrenze spielt auch eine Rolle für die Abrechnungsfähigkeit der in seiner Praxis erbrachten Leistungen. Die Physikalischmedizinischen Leistungen nach dem Abschnitt E GOÄ gehören eindeutig zu den ärztlichen Leistungen, wenn diese in der Arztpraxis durch den Arzt selbst oder dessen angestellte Physiotherapeuten erbracht werden. Ärzte dürfen diese Leistungen nach dem Abschnitt E der GOÄ aber nur dann als eigene Leistungen gegenüber dem Patienten abrechnen, wenn sie diese entweder selbst erbringen oder als delegierbare Leistungen durch angestellte Physiotherapeuten unter ihrer Aufsicht nach fachlicher Weisung erbringen lassen.

Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung gilt damit für niedergelassene Ärzte kongruent im Zivil-, Vertragsarzt-, Berufs- und Gebührenrecht.

Dabei dürfen nur solche Leistungen an nichtärztliche Mitarbeiter, wie hier die Physiotherapeuten, delegiert werden, die der Arzt wegen ihrer Art oder der mit ihnen verbundenen besonderen Gefährlichkeit für den Patienten oder wegen der Umstände ihrer Erbringung, insbesondere der Schwere des Krankheitsfalles, nicht höchstpersönlich erbringen muss (vgl. Bundesärztekammer, Persönliche Leistungserbringung – Möglichkeiten und Grenzen der Delegation ärztlicher Leistungen, Stand 29.08.2008, S. 4, unter: hier klicken). Solche delegationsfähigen Leistungen dürften nach Einschätzung des Verfassers wohl bei physikalischmedizinischen Leistungen in der Regel vorliegen, allerdings bedarf dies stets einer rein medizinischen und keiner juristischen Beurteilung im Einzelfall, sodass eine abschließend gesicherte Beurteilung durch den Verfasser nicht möglich ist.

Somit besteht die Verpflichtung bei der Erbringung eigener beruflicher Leistungen unter Inanspruchnahme Dritter eigenverantwortlich durch fachliche Weisung mitzuwirken und dadurch diesen Leistungen das persönliche Gepräge zu geben. Die Beschränkung auf eine allgemein sorgfältige Auswahl der Physiotherapeuten reicht dabei nicht aus, vielmehr muss der Arzt Aufsicht und Weisung so ausüben, dass er seiner Verantwortlichkeit für die Durchführung delegierter Leistungen im Einzelfall auch tatsächlich und fachlich gerecht werden kann (vgl. LG Köln, Urteil vom 14.10.2009 – 23 O 424/08, Rn. 24).

In jedem Fall muss der Arzt die grundlegenden Entscheidungen über physikalisch-medizinische Eingriffe und Therapien selbst treffen sowie die Leistungen eigenverantwortlich überwachen. Bei physikalisch-medizinischen Leistungen ist
nach Auffassung der Rechtsprechung für die Abrechenbarkeit als eigene ärztliche Leistung zwar nicht vorauszusetzen, dass der Arzt bei der Durchführung der physikalischen Maßnahmen durchgängig und lückenlos überwacht und insoweit während der gesamten Dauer der Durchführung anwesend ist. Es reicht jedoch nicht aus, dass der Arzt nur die Therapieart und -dauer durch seine Verordnung festlegt und die Durchführung der Therapie Hilfskräften, beispielsweise Physiotherapeuten, überlässt. Dies gilt nach Ansicht des LG Köln selbst dann, wenn die Behandlung in der Praxis des Arztes durchgeführt wird, dieser in Stichproben den Übungsraum betritt und bei Auftreten von Schwierigkeiten und Schmerzen eine Veränderung des ansonsten durch das Trainingsprogramm und die erzielten Fortschritte festgelegten Therapieplanes vornimmt (vgl. LG Köln, a. a. O.). Die bloß routinemäßige Anordnung einer krankengymnastischen Behandlung reicht ebenfalls nicht aus, damit eine durch fachliche Weisung geprägte Mitwirkung an der Leistungserbringung im Einzelfall gewährleistet werden kann.

Der Arzt muss somit auch die Wirkung jeder einzelnen physikalisch-medizinischen Behandlungsmaßnahme durch persönliche Untersuchung der Patienten bzw. durch persönliche Rücksprachen mit den Physiotherapeuten sowie deren Tätigkeit kontinuierlich überprüfen (vgl. Klakow-Franck R., Kommentar zur GOÄ, Deutscher Ärzte-Verlag Köln, 3. Auflage Stand 01.06.2015, § 4 Rn. 14).

Erbringen angestellte Physiotherapeuten delegierte Leistungen, besteht jedoch trotzdem die Pflicht des Arztes zum grundsätzlichen Aufenthalt in unmittelbarer Nähe, d. h. in Rufweite. Kann der Arzt nicht persönlich in der Praxis erscheinen oder ist er länger abwesend, so sind in dieser Zeit aufgrund genereller Anordnung an die Physiotherapeuten durch diese erbrachte Leistungen unzulässig und damit nicht abrechnungsfähig. Lediglich wenn der Arzt vorübergehend abwesend ist, können von ihm bereits einzelfallbezogen angeordnete Leistungen durchgeführt werden, wenn dies den medizinischen Anforderungen gerecht wird (vgl. BÄK, a. a. O., S. 5).

Für den stationären Bereich bestimmt § 4 Abs. 2 S. 4 GOÄ als weitere Abrechnungsvoraussetzung bei Wahlleistungen, dass nicht persönlich durch den Wahlarzt oder dessen ständigen ärztlichen Vertreter erbrachte Leistungen nach Abschnitt E nur dann als eigene wahlärztliche Leistungen gelten, wenn der Wahlarzt oder dessen ständiger ärztlicher Vertreter die Zusatzbezeichnung „Physikalische Therapie“ oder die Gebietsbezeichnung „Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin“ besitzt und die Leistungen nach fachlicher Weisung unter deren Aufsicht erbracht werden. Hier wird also noch eine zusätzliche formale Qualifikation der Ärzte gefordert.

Folglich müssen die vorgenannten Voraussetzungen beachtet werden, damit Ärzte delegierte physiotherapeutische Leistungen nach Abschnitt E der GOÄ gegenüber den Patienten ordnungsgemäß erbringen und abrechnen können.

Dr. jur. Jörg Heberer
Justitiar BVOU, Berlin
Fachanwalt für Medizinrecht,
München

30 Jahre Stoßwellentherapie in der Orthopädie – eine Standortbestimmung

Geschichte der ESWT

Die Anwendung der ESWT bei Knochenheilungsstörungen war eines der ersten Anwendungsgebiete der Stoßwelle außerhalb der Urologie, wo sie seit 1980 zur Desintegration von Nierensteinen Verwendung findet. Der erste Bericht zur
Knochenbehandlung wurde von Valchanow bereits 1991 veröffentlicht. Dem deutschen Urologen Gerald Haupt ist es zu verdanken, dass diese Therapie auch in der Orthopädie und Unfallchirurgie zum Einsatz kommt. Bei Verlaufsröntgenkontrollen zum Ausschluss eines Steinrezidivs nach Ureter- oder Blasensteinen bemerkte Haupt 1986 erstmals eine Verdickung der Beckenschaufel in dem Bereich, den die Stoßwellen auf ihrem Weg zum Konkrement durchlaufen hatten. Dies wies darauf hin, dass die Stoßwelle offensichtlich beim Durchlaufen des Knochens eine biologische Reaktion auslöst. Im Tierexperiment konnte Haupt dann auch die osteoinduktive Wirkung der Stoßwelle nachweisen.

Wirkungsmechanismus

Anfänglich ist man davon ausgegangen, dass die Stoßwelle Mikroläsionen im Knochen verursacht und dadurch einen Heilungsstimulus auslöst. Diese Theorie ist längst widerlegt und die Grundlagenforschung hat mittlerweile schlüssig gezeigt, dass Stoßwellen, ohne mechanischen Schaden zu verursachen, durch ihre Druck-, Zug- und Scherkräfte eine biologische Antwort im behandelten Gewebe auslösen (Mechanotransduktion). Im Zellkern werden Gene aktiviert, die beginnen Proteine (u.a. Wachstumsfaktoren) zu produzieren, die für den Heilungsprozess verantwortlich sind. Diese bewirken auch ein vermehrtes Einwachsen von neugebildeten Blutgefäßen, was den lokalen Stoffwechsel verbessert. Durch die zusätzliche Modulierung der für die Heilung notwendigen Entzündung wird die Heilung und Regeneration von pathologischem Gewebe ermöglicht. Im Zuge der Entschlüsselung des Wirkmechanismus eröffneten sich damit völlig neue Themenfelder, wie die Behandlung von Wunden, Verbrennungen und Narben, sowie auch ästhetische Indikationen wie die Therapie von Cellulite und Faltenbehandlung. In der Urologie zählen die Behandlung von erektiler Dysfunktion und Induratio penis plastica zu den Standardindiaktionen. Neben den klassisch orthopädischen Indikationen finden Fragestellungen aus der Neurologie zunehmend Beachtung. Einen großen Forschungsbereich stellen die kardiologischen Indikationen bei Herzinsuffizienz dar, welcher schwerpunktmäßig von der herzchirurgischen Abteilung der Universität Innsbruck untersucht wird. Über die Kardiologie hinaus werden in Zukunft auch andere Organregenerationen im Mittelpunkt des Interesses stehen.

Was in der Orthopädie wichtig ist

Im orthopdädisch-unfallchirurgischen Alltag hat sich die Stoßwellentherapie zu folgenden Themenfeldern besonders bewährt: Anwendung bei Sehnenerkrankungen, bei myofascialen Schmerzbildern, am Knochen und zunehmend auch bei neurologischen Krankheitsbildern. ESWT bei Sehnenerkrankungen (J. Hausdorf) Die Behandlung von Sehnenpathologien gehört zu den Kerngebieten der ESWT in der Orthopädie. Der aktuelle Trend in der Sportmedizin geht zum frühen und intensiven Einsatz der ESWT bei akuten Sehnen-überlastungen und auch Muskelverletzungen. In einer aktuellen Studie an Bundesliga-Fußballspielern wurde von erfolgreichen ESWT Behandlungen mit hoher Frequenz und niedriger Energie in den Tagen 5–14 nach Trauma (mit zusätzlichen physikalischen Maßnahmen) berichtet (Morgan et al., 2021). Argumente für die Muskelbehandlung beim Sportler nach akutem Ereignis liefert eine tierexperimentelle Studie aus Mainz, bei der Muskelverletzungen an Ratten erfolgreich mit radialer Stoßwellentechnik behandelt wurden. Die Kontrollgruppe (Diclofenac allein oder in Kombination mit ESWT) war auch gebessert, aber statistisch signifikant geringer als die ESWT-Gruppe (Langendorf et al., 2020), so dass für akute Muskel- und Sehnenbeschwerden bei dem hohen Anspruchsniveau im Leitungssport aber auch beim ambitionierten Hobbysportler eine komplikationsarme, regenerative Methode zur deutlichen Beschleunigung des „Return to Sports“ zur Verfügung steht.

Im Bereich der chronischen Sehnenpathologien wächst die Erkenntnis zum Vorliegen einer neurogenen Inflammation. Eine gesicherte Korrelation zwischen Bildgebung z. B. im MRT und vorliegender Symptomatik besteht oft nicht. Auch das Einwachsen von Gefäßen im Sinne einer Neovaskularisation führt nicht zwangsläufig zum Schmerz. Es wurde jedoch zuletzt mehrfach nachgewiesen, dass es bei chronischen Tendopathien zum vermehrten Einwachsen von neuronalem Gewebe kommt mit einer Dysregulation der Expression von verschiedenen Mediatoren, die an der pro-inflammatorischen, hypertrophen und nociceptiven Zellantwort beteiligt sind. Wie experimentelle Untersuchungen in der Vergangenheit gezeigt haben, ist die Stoßwellentherapie hier in der Lage auf die Ausschüttung von Neurotransmittern aber auch auf periphere Nervenfasern selbst positiven Einfluß auf die Heilung der chronischen Sehnenschmerzen einzuwirken (Ackermann et al., 2022). Da sämtliche Zellen unseres Stütz- und Bewegungsapparates auf geeignete Druck- und Zugkräfte, wie sie mit der ESWT in das Gewebe gebracht werden können, mit Wachstum reagieren, kommt es zusätzlich durch die Ausschüttung von Wachstumsfaktoren zur Sehnenregeneration und letztlich zur Remodellierung. Dies geschieht nachgewiesenermaßen immer sinnvollerweise in der Kombination mit excentrischen Dehnungsübungen, die auch die Synthese von verschiedenen neurotropen Substanzen wie NGF und BDNF sowohl im Sehnen- als auch Muskelgewebe stimulieren. Klinisch wurde dies auch aktuell in einem Review zur Behandlung der radialen Epicondylitis in der Zeitschrift Arthroscopy 2022 bestätigt. Aber es werden auch neuere Indikationen an den Sehnen wissenschaftlich überprüft, wie der zwar harmlose, aber häufige und für den Patienten lästige und schmerzhafte schnellende Finger. Die Autoren stellen die Therapie damit als ebenbürtig zur Kortikosteroid-Infiltration bei deutlich geringerem Risikoprofil, dar (Zyluk A und Mosiejczuk H, 2020). Bemerkenswert ist, daß auch die GOTS in den Behandlungspfaden von O&U im Jahr 2020 die ESWT als Therapie der ersten Wahl nach Belastungsanpassung und Physiotherapie empfiehlt.

ESWT bei myofascialen Schmerzbildern (H. Müller-Ehrenberg)

Das myofasziale Syndrom (MFS) bezieht funktionelle und vegetative Störungen ein und geht über die reine Schmerzhaftigkeit myofaszialer Triggerpunkte (MTrP) hinaus. Sehr häufig findet man das MFS bei Störungen des Bewegungsapparates (z. B. Gelenkschmerzen, Tendinosen, etc.). Die Pathophysiologie von MTrP ist wissenschaftlich ausführlich beschrieben, sollte aber in weiteren Grundlagenstudien noch genauer untersucht werden . Die Pathogenese des MFS ist bisher noch nicht umfassend geklärt, jedoch scheinen akute oder chronische (Mikro-) Läsionen im myofaszialen Gewebe, bei der es zu einer gestörten Ausheilung kommt, eine Rolle zu spielen.

Bereits 2008 hat der Neuroanatom S. Mense in einem Übersichtsartikel die klinische Bedeutung von MTrPs hervorgehoben. Er weist darauf hin, dass der Schmerz der Patienten oft dreifach lokalisiert ist: 1. am Ort des MTrP, 2. am Ursprung oder Ansatz des betroffenen Muskels, 3. durch übertragene Schmerzen. Die myofasziale Untersuchung umfasst nicht nur das Auffinden von einzelnen Schmerzpunkten (MTrPs), sondern auch ein „Clinical Reasoning“ mit Einordnung der Beschwerdesymptomatik in einen strukturellen und anatomisch-funktionellen Zusammenhang unter Einbeziehung von myofaszialen Ketten. Trotz einiger positiver Entwicklungen im Bereich der Bildgebung von MTrP, bleibt die Palpation mit Einbeziehung der Diagnosekriterien die wichtigste Untersuchung von myofaszialen Schmerzen. Die fokussierte ESWT (fESWT) ist besonders geeignet, MTrPs exakt zu stimulieren,  da keine nozizeptive Reizung der Haut verursacht wird (im Gegensatz zur radialen Welle). Des Weiteren sind mit der fESWT die wichtigen Diagnosekriterien des myofaszialen Syndroms – Übertragungsschmerz und Wiedererkennung – gut replizierbar und im Vergleich zur Palpation einfacher und häufiger auslösbar.

Die myofasziale ESWT orientiert sich exakt am Schmerz des Patienten und der entsprechenden Rückmeldung. Neueste Untersuchungen zeigen, dass die Effekte der myofaszialen fESWT über die Behandlung der MTrP hinaus auf die „myofasziale Kette“ übertragen werden kann, und somit auch im Bereich der funktionell orientierten Medizin eine wirksame Behandlungsmethode darstellt. Die myofasziale ESWT ist ein geeignetes Verfahren, das zuverlässig das myofasziale Syndrom diagnostiziert und durch präzise MTrP-Behandlung erfolgreich therapiert. Es wird darauf hingewiesen, dass die hier vorgestellte ärztliche myofasziale ESWT Bestandteil eines integrativen multimodalen Behandlungskonzeptes sein sollte. Dies bezieht die Therapie von zusätzlichen funktionellen Zusammenhängen (myofasziale Ketten, fasziale Manipulation nach Stecco, osteopathische Ansätze, etc) mit ein.

ESWT bei Knochenerkrankungen (W. Schaden)

Der Einsatz von Stoßwellentherapie am Knochen hat sich entsprechend den Leitlinien der DIGEST bei folgenden Indikationen bewährt:

Standardindikationen

  • verzögerte und nicht heilende Knochenbrüche (Pseudarthrosen)
  • Ermüdungsbrüche, Stressfrakturen
  • frühe Stadien der avaskulären Knochennekrose
  • frühe Stadien der Osteochondritis dissecans (OD) nach Wachstumsabschluss allgemein anerkannte Indikationen
  • Knochenmarködem unterschiedlicher Genese
  • Morbus Osgood Schlatter
  • frühe Stadien der Osteochondrosis dissecans (OD) vor Wachstumsabschluss

 

Die Stoßwellentherapie am Knochen wird generell mit großem Fokus (große Geräte) hochenergetisch durchgeführt. Geeignet sind Geräte, die die Stoßwelle elektromagnetisch (2 bis 4 Behandlungen in wöchentlichem Abstand) oder elektrohydraulisch (eine Behandlung) generieren. Üblicherweise erfolgt die Behandlung in kurzer Analgesie. Nach der Stoßwellentherapie wird die Pseudarthrose wie eine frische Fraktur ruhiggestellt. Dies erfolgt üblicherweise im Gips- oder Kunststoffverband, bei besonders mobilen Pseudarthrosen vor allem im Unterschenkelbereich wird in Einzelfällen auch ein Fixateur externe angelegt. Diese Fixation kann unterbleiben, wenn die Pseudarthrose mit entsprechendem Osteosynthesematerial versorgt ist und dieses weder klinisch noch radiologisch Lockerungszeichen zeigt. Da man davon ausgehen kann, dass die Heilung initial mit dem Einsprossen von Blutgefäßen beginnt, wird streng darauf geachtet, Mikrobewegungen in der Pseudarthrose in den ersten 3 bis 4 Wochen zu vermeiden, um ein Zerreißen der Kapillaren zu verhindern. Das kann im Zweifelsfall eine Entlastung der betroffenen Extremität durch diesen Zeitraum erforderlich machen. Als prognostisch ungünstig ist ein Pseudarthrosespalt von über 5 mm Breite bei langen Röhrenknochen anzusehen.

Die finale Beurteilung des Ergebnisses erfolgt nach etwadrei Wochen bei kurzen und etwa 12 Wochen bei langen Röhrenknochen. Wenn die Stoßwelle wie oben beschrieben eingesetzt wird, darf man mit Erfolgsraten von rund 80 % rechnen.

ESWT bei neurologischen Krankheitsbildern (K. Knobloch)

ESWT bei Spastiken

In den 1990er Jahren startete Henning Lohse-Busch mit der Stoßwellentherapie-Behandlung der Gonarthrose und beobachtete, dass der Tonus der verkrampften Oberschenkelmuskulatur sich durch die fokussierte ESWT relevant reduzierte. Diese Beobachtung führte ihn zur Behandlung kindlicher Spastiken bei Cerebralparese im Jahr 1996 als Poster und 1997 als Artikel. Als Teil der Komplexbehandlung fand die ESWT kurze Zeit später auch Eingang in die Spastiktherapie.

Amalio berichtete erstmalig 2004 auf dem IFSSH Hand-Kongress 2004 in Budapest und als full paper dann 2005 in Stroke über die Kinetik einer einmaligen Stosswellentherapiesitzung. Es konnte nachgewiesen werden, dass der Effekt der Stosswellentherapie nachhaltig mit raschem Wirkeintritt und Wirkung bis zu 3 Monaten bereits nach einer einzelnen fokussierten ESWT-Sitzung auftreten kann.

In einer 2022 veröffentlichen Metaanalyse zur ESWT bei Spastiken konnten wir für die unterschiedlichen Stosswellentechniken folgendes schlussfolgern:

Sowohl die radiale wie auch die fokussierte Stosswellentechnologie fand in den klinischen Studien Anwendung mit typischerweise zwischen drei und fünf Therapiesitzungen.

Die radiale Stosswellentherapie wurde mit Behandlungsdrücken zwischen 1,5–3,5 bar mit 1.500–4.500 Impulsen pro Sitzung und einer Behandlungsfrequenz von langsamen 4–5 Hz angewendet.

Die fokussierte Stosswellentherapie wird, sei sie elektromagnetisch, piezoelektrisch, oder auch elektrohydraulisch erzeugt, mit eher niedrigen Energieflussdichten von bis zu 0,1mJ/mm2 mit 1.500 Impulsen pro betroffenen Muskel bei der Spasmentherapie erfolgreich eingesetzt.

ESWT am peripheren Nervensystem

Einer der ersten Berichte zur ESWT bei Karpaltunnelsyndrom stammt aus dem Jahr 2011. Hier wurden 40 Patienten mit chronischem Schmerz >6 Monate bereits nach erfolgter chirurgischer Karpaldachspaltung eingeschlossen und mit ESWT behandelt wurden. Dabei konnte das Schmerzniveau 120 Tage nach der Behandlung von 6,2±1,0 auf 0,4±0,6 reduziert werden. Gleichzeitig verbesserten sich die Rötung der chirurgischen Narbe am Handgelenk sowie die Schwellung signifikant. Eine systematische Untersuchung zeigt für die ESWT in Kombination mit einer Nachtlagerungsschiene positive Effekte– stärker als therapeutischer Ultraschall oder andere physikalische Therapiemodalitäten. Eine randomisierte Studie (n=90) aus Taiwan zeigte bei mild bis moderatem  Karpaltunnelsyndrom bei dreimaliger ESWT eine signifikante Verbesserung des Boston Carpal Tunnel Syndrome Questionnaire (BCTQ) mit verbesserter sensorischer Leitungsgeschwindigkeit und verbesserter Neurosonographie. Diese Ergebnisse werden in weiteren randomisierten Studien bestätigt.

Eine Pilotstudie an der unteren Extremität untersuchte den Einfluss der fokussierten Stosswellentherapie (6 ESWT-Sitzungen in 2 Wochen) bei distaler symmetrischer Polyneuropathie (DSPNP). Acht Wochen nach dieser zweiwöchigen ESWT-Behandlungsserie verbesserte sich die Schrittlänge (+15 %) und die Gehgeschwindigkeit (+25 %) signifikant in dieser Pilotstudie.

Spinale ESWT

In einer Fallserie mit 3 Kindern mit Myelomeningocele konnte Lohse-Busch durch die fokussierte elektromagnetische ESWT (0,1–0,2 mJ/mm2, 2000 Impulse) eine Verbesserung der ASIA scores von A nach C in zwei Patienten (45 Behandlungssitzungen) und von A nach D in einem Patienten (54 Behandlungssitzungen) beobachten. In einer weiteren Fallserie berichtet Lohse-Busch bei fünf paraplegischen Patienten um eine signifikante Verbesserung des manual muscle tests um 2.1 Grade ohne Nebenwirkungen. Basierend auf diesen ermutigenden Berichten ist in Österreich an den AUVA-Unfallkrankenhäusern und Unikliniken die Neurowave-Studie gestartet, deren Studienprotokoll in Trials veröffentlicht ist, wo Patienten mit akuter spinaler Verletzung innerhalb der ersten 48h randomisiert zusätzlich mit fokussierter elektrohydraulischer Stosswellentherapie gegenüber Standardtherapie alleine behandelt werden.

Der Fachverband

Die Deutschsprachig Internationale Gesellschaft für extrakorporale Stoßwellentherapie(DIGEST) ist ein Zusammenschluß der beiden Vereine DGST (Deutsche Gesellschaft für Extrakorporale Stoßwellentherapie e. V.) und IGESTO (Internationale Gesellschaft für Extrakorporale Stoßwellentherapie e. V.) und wurde im Jahr 1995 gegründet. Ziel der Gesellschaft ist es, die Methode der Extrakorporalen Stoßwellentherapie am Stütz- und Bewegungsapparat zu erforschen, zu fördern und sie den Mitgliedern zugänglich zu machen. Die DIGEST fördert die Verbreitung des Wissens über die Behandlungsmethode national und international und organisiert Vorträge und Kongresse.

Besonders hervorzuheben ist die Erstellung von Leitlinien für die Stoßwellenbehandlung, die zuletzt 2018 in 100-seitiger Stärke consentiert wurden und alle 4 Jahre überarbeitet werden.

In einem Turnus von 3 Jahren wird der sogenannte DIGESTInnovationspreispreis verliehen, in dem herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Stoßwellentherapie gewürdigt werden.

Die letzte Preisverleihung fand auf dem VSOU-Kongress in Baden-Baden 2022 statt. Preisträger ist Dr. Leo Pölzl aus der Universitätsklinik Innsbruck, der zu dem Thema „Defining atherapeutic range for regeneration of ischemic myocardium via shock waves“ publiziert hat.

Die Ausbildung

Die DIGEST bietet seit 2014 den Erwerb der Fachkunde „Stoßwellentherapie (DIGEST e. V.)“ an. Dieses Angebot richtet sich an ESWT-Anwender, die diese Expertise auf Ihrem Praxisschild als Tätigkeitsschwerpunkt angeben möchten. Mit dem Curriculum zur Fachkunde ESWT legt die DIGEST ein 60-stündiges Weiterbildungsangebot zur Qualifizierung in Physik, Wirkweise und leitliniengerechten Anwendung von
extrakorporalen Stoßwellen vor. Die Inhalte gliedern sich in 6 verschiedene Module zu je 10 Unterrichtseinheiten. Neben einem Basismodul gibt es 5 weitere Themenschwerpunkte. Die Inhalte sind auf www.digest-ev.de einsehbar. Die Anmeldung ist über das Portal der ADO (Akademie Deutscher Orthopäden) möglich. Weitere Auskünfte erteilt Frau Schmitt-Tegge als Leiterin des DIGEST-Sekretariats unter info@digest-ev.de

Zusammenfassend wird festgestellt, daß sich die Stoßwellentherapie nach ihrem Übertrag von der Urologie zur Orthopädie in unglaublicher Geschwindigkeit weiterentwickelt hat und heute das Therapieverfahren mit den meisten evidenzbasierten Publikationen in der konservativen Orthopädie darstellt. ESWT ist aus der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis nicht mehr wegzudenken und darf als Wegbereiter eines regenerativen Therapieansatzes verstanden werden. Aufgrund der Komplexizität des Gebietes und der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten wird eine profunde Ausbildung empfohlen.

Literatur beim Verfasser

DIGEST-Präsident Dr.Ringeisen(l) und Vizepräsident Prof.Schaden(r)
bei der Überreichung der Urkunde an Dr. Leo Pölzl aus Innsbruck
M.Ringeisen, W.Schaden, K.Knobloch, J.Hausdorf,
H. Müller-Ehrenberg, L.Gerdesmeyer, S.Thiele, G.Wille

Pulsierende Magnetfeldtherapie (PEMF) in der orthopädisch- unfallchirurgisch-schmerztherapeutischen Praxis

Ein narrativer Überblick über aktuelle systematische Übersichtsarbeiten
und Metaanalysen

Die Pulsierende Magnetfeldtherapie (PEMF) ist in verschiedenen Varianten eine häufig anzutreffende Therapieform in der konservativen orthopädischen-unfallchirurgisch-schmerztherapeutischen Behandlung. Über Applikatoren in Form von meistens Spulen oder auch Matten oder Handgeräten wird die zu behandelnde Körperregion einem schwachen Magnetfeld unterzogen, dies mit einer pulsierenden Applikation mit unterschiedlicher Frequenz, Impulsverhalten und Feldstärke. Die Therapie gilt allgemein als gutverträglich, als Kontraindikationen gelten im Wesentlichen akute entzündliche Prozesse, Malignome sowie das Vorhandensein von Herzschrittmacher. Diese Therapie ist eine Wahlleistung, in einer Studie über das Angebot an Wahlleistungen in orthopädischen Praxen (Grüner und Schott 2016) stand sie mit ca. 50 % an Platz Nr. 5.

Methodik

In einer narrativen Recherche in der Datenbank der Deutschen Zentralbibliothek Medizin (livivo.de) wurde nach systematischen Übersichtsarbeiten mit Metaanalysen zur  Anwendung von PEMF bei Indikationen unseres Fachgebietes unter den Schlagwörtern „electromagnetic field“ AND „meta“ für die Jahre 2015–2022 gesucht. Aus 549 primären Treffern konnten 21 Arbeiten mit für unser Fachgebiet relevanten Übersichtsarbeiten extrahiert und vollständig im Volltext gesichtet werden. Berücksichtigt wurden dann nur Reviews mit Metaanalysen zur PEMF, hinreichende Ergebnisse liegen vor für Gonarthrose, Lumbago und Osteoporose. Für die Anwendung von PEMF bei verzögerter Knochenbruchheilung liegt schon seit 1979 eine FDA-Empfehlung vor, hier konnten weitere fünf Arbeiten identifiziert werden. Auf Grund der Komplexität – auch auf Basis der Anwendungen mit und ohne Operation sowie der artähnlichen Nutzung bei  Endoprothesen und Fusionen – wird dies in dieser Übersicht nicht aufgeführt.

Ergebnisse

1. Arthrose
Insgesamt konnten fünf Übersichtsarbeiten mit Metaanalyse berücksichtigt werden:

  • PEMF versus Placebo bei arthrotischen Veränderungen am Knie, der Hand und der Halswirbelsäule (2018)
  • PEMF versus Placebo bei Gonarthrose (2019)
  • PEMF versus andere Therapien bei Osteoarthrose verschiedener Lokalisationen (2019)
  • PEMF versus andere Therapien bei Gonarthrose (2021)
  • PEMF versus andere Therapien bei arthrotischen Veränderungen an Knie und Hand (2022)

 

Die Analysen erfolgten in der Regel für kurzfristige Zeiträume. Die in den verschiedenen Metaanalysen untersuchten Orginalarbeiten waren nur teilweise identisch, somit handelt es in allen Fällen um unterschiedliche Auswertungen. Im Folgenden sollen die Ergebnisse für Gonarthrose dargestellt werden.

1.1 In der Studie von Wu et al (2018) wurden aus drei Datenbanken zwölf Studien zur Wirkung von PEMF versus Placebo am Knie, der Hand und der Halswirbelsäule extrahiert, hiervon zehn Studien bei Gonarthrose mit insgesamt 634 Probanden. Die Metaanalysen zeigten statistisch signifikante Vorteile für die PEMF hinsichtlich des Schmerzes und der Funktion, meistens erfasst mit dem WOMAC-Score.

1.2 In der Studie von Chen et al (2019) wurden aus vier Datenbanken acht Studien mit 421 Probanden PEMF versus Placebo extrahiert. Analysiert wurden die Schmerzstärke
sowie der WOMAC-Score insgesamt und in seinen drei Subskalen. In allen Analysen zeigten sich tendenziell Vorteile für die Verumtherapie, wobei nur für die Subskala physische Funktion ein signifikanter Unterschied errechnet werden konnte.

1.3 Die Arbeit von Yang et al (2019) PEMF versus andere Therapien bei Osteoarthrose verschiedener Lokalisationen aus sieben Datenbanken umfasste 15 Arbeiten mit Metaanalysen. Behandelt wurden fast 1.100 Probanden, hiervon ca. 900 mit Gonarthrose, der Rest bis auf einen Fall HWS und Hand. Bei neun Studien erfolgte der Vergleich mit Placebo, bei zwei Studien den Vergleich einer oder mehrerer Therapieformen + PEMF / sham-PEMF und bei fünf Studien sonstige Vergleiche. Hinsichtlich der Schmerzreduktion ergaben sich in der Metaanalyse statistisch signifikante Vorteile für die PEMF-Gruppe (alle Indikationen), dies insgesamt sowie für einen Zeitraum von unter 4 Wochen sowie für einen Zeitraum 4-6 Wochen. Die Metaanalyse der Subskala Steifigkeit im WOMAC-Score (nur Kniestudien) zeigte ebenfalls statistisch signifikante Vorteile für die PEMF-Gruppe, ebenso für die Funktion (nur Kniestudien, Subskala Funktion WOMAC-Score oder Lequesne-Index).

1.4 Die Studie von Vigano et al (2021) bei PEMF versus andere Therapien umfasste aus vier Datenbanken 13 Studien mit 914 Probanden. Als Kontrollen fungierten bei neun Studien Placebobehandlungen und bei vier Studien 1–3 andere Therapieformen. Die Schmerzstärke reduzierte sich insgesamt statistisch signifikant stärker durch PEMF als durch die anderen Behandlungen. Die Subgruppenanalyse versus Placebo zeigte ein ähnliches Ergebnis, die Subgruppenanalyse versus andere Therapien zeigte statistisch nicht signifikante Vorteile für die anderen Therapien. Beim WOMACGesamtscore ergaben sich ebenfalls deutliche Vorteile für die PEMF-Gruppe, das Signifikanzniveau wurde hier knapp nicht erreicht, dagegen klare Signifikanz in der Subgruppenanalyse versus Placebo.

1.5 Die Studie von Tong et al (2022) umfasste zehn Arbeiten bei Gonarthrose und eine Arbeit bei Handarthrose aus vier Datenbanken mit insgesamt 564 Probanden. Die Kontrollen bei Gonarthrose umfassten in je fünf Fällen Placebo und andere Therapien, hiervon eine Arbeit Physiotherapie + PEMF versus Physiotherapie versus Sham-PEMF. Insgesamt zeigten sich bei den elf Arbeiten statistisch signifikante Schmerzreduktionen sowie in den WOMAC-Subscores Steifigkeit und Funktion ebenfalls signifikante Verbesserungen zugunsten der PEMF. Eine Analyse hinsichtlich des Schmerzes zeigte klare Signifikanzen versus Placebo, das Signifikanzniveau versus andere Therapien wurde knapp verfehlt. Hinsichtlich der Steifigkeit und der Funktion zeigten sich ebenfalls klare Signifikanzen versus Placebo, versus andere Therapien dagegen nur leichtere Vorteile mit klar verfehlter Signifikanz. Weitere Berechnungen erfolgten in Unterscheidung zwischen hohen und niedrigen Frequenzen. Bezüglich des Schmerzes zeigte sich klare Signifikanzen zugunsten der niedrigen Frequenzen, jedoch nicht signifikante Nachteile für höhere Frequenzen. Bezüglich der Steifigkeit zeigten sich ebenfalls Vorteile mit klaren Signifikanzen für die niedrigen Frequenzen, höhere Frequenzen erreichten hier gerade eben das Signifikanzniveau. Ein ähnliches Bild zeigte sich bezüglich der Funktion, die höhere Frequenzen verfehlten hier knapp die Signifikanz.

2. Lumbago

In einer 2022 erschienenen systematischen Übersichtsarbeiten mit Metaanalyse einzelner Therapieformen konnten 14 Studien mit 618 Probanden aus vier Datenbanken ausgewertet werden. Als Kontrollgruppen dienten eine Placebotherapie (vier Studien), eine allgemeine Pflege ohne weitere Behandlung (eine Studie), sechs Studien Physikalische Therapie mit und ohne PEMF sowie drei Studien Analgetika mit oder ohne PEMF. Hinsichtlich der Schmerzstärke ergaben sich versus andere Therapieformen Vorteile für die PEMF, zunächst knapp ohne Signifikanz bei hoher Heterogenität. Bei Nachanalysen konnte eine Studie als Hauptverursacher isoliert werden, nach Herausnahme dieser Studie zeigte sich dann eine statistische Signifikanz (moderate Heterogenität). Weitere Subanalysen zeigten Signifikanzen von PEMF versus Placebo und geringer auch versus andere Therapien, eine zeitliche Unterscheidung erbrachte Vorteile der PEMF bei akutem Schmerz (knapp nicht signifikant, keine Heterogenität) bei klarer Signifikanz bei chronischem Schmerz. Bezüglich der Funktion zeigten sich Vorteile der PEMF versus Placebo (ohne Signifikanz), gegenüber den anderen Therapieformen zeigten sich keine Unterschiede.

3. Osteoporose

3.1 In der Studie von Lang et al (2022) konnten 19 Arbeiten mit insgesamt 1.303 Probanden aus acht Datenbanken isoliert werden. Drei Studien verglichen PEMF mit Placebo,
vier Studien PEMF mit medikamentösen Standardpräparaten und zwölf Arbeiten eine Standardmedikation mit und ohne zusätzliche Behandlung mit PEMF. Die Metaanalysen zeigten:

  • l umbale und femorale Knochendichte statistisch signifikante Vorteile für die zusätzliche Behandlungen PEMF bei gleichzeitiger Standardmedikation
  • PEMF versus Placebo Vorteile für die PEMF ohne statistische Signifikanz
  • PEMF versus Standardtherapie zeigte Vorteile für die Standardtherapie ohne statistische Signifikanz.

 

Zwei Studien aus der Gruppe der optionalen PEMF referierten ebenfalls Werte zum Wardschen Dreieck am Schenkelhals, hier ebenfalls statistisch signifikante Vorteile für die Kombinationstherapie. Eine Gesamtanalyse zeigte statistisch signifikante Unterschiede mit Vorteilen der PEMF im Vergleich mit Placebo sowie im Vergleich einer  Kombinationstherapie von Standardmedikation und PEMF versus Standardmedikation alleine, der Vergleich PEMF versus Standardmedikation zeigte keine signifikanten Unterschiede.

Bei der sekundären Zielgröße Schmerz ergaben sich statistisch signifikante Unterschiede zugunsten der Kombinationstherapie sowie statistisch signifikante Unterschiede zugunsten PEMF versus Standardtherapie.

3.2 In der Studie von Zhu et al (2022) im Vergleich PEMF versus anderen Therapieverfahren in Bezug auf die Knochendichte mit acht Studien und 411 Probanden aus elf Datenbanken erfolgten zwei- und dreiarmige Vergleiche versus medikamentösen Standardverfahren, Placebo, Lasertherapie, Übungsbehandlungen und Vibrationsplatten. Nach Therapieende konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede gezeigt werden, ebenso hinsichtlich der femoralen Knochendichte. Im direkten Vergleich versus Alendronat zeigten sich nach zwölf und 24 Wochen statistisch signifikante Vorteile für Alendronat bezüglich der lumbalen Knochendichte.

Fazit

Für die pulsierende Magnetfeldtherapie (PEMF) liegen Stufe-IStudien u. a. für die Anwendung bei Gonarthrose, bei Lumbago und bei Osteoporose vor.

Bei der Gonarthrose ergaben sich durchgängig Vorteile für die PEMF beim Schmerz sowie bei der Funktion, vor allem im Vergleich mit Placebo. Die Vergleiche versus andere Therapieformen waren eher uneinheitlich, bei jedoch bei reduzierter Studienlage.

Bei lumbalen Beschwerden ergab sich eine statistisch signifikante Schmerzreduktion im Vergleich mit Placebo und geringer auch im Vergleich mit anderen Therapien. Die Wirksamkeit zeigte sich vor allem bei chronischen Beschwerden, bei akuten Beschwerden wurde das Signifikanzniveau knapp verfehlt. Hinsichtlich der Funktion zeigten sich nicht signifikante Vorteile versus Placebo ohne relevante Unterschiede versus andere Therapien.

Bezüglich der Osteoporose zeigten sich Vorteile hinsichtlich der Knochendichte und der Schmerzreduktion bezüglich einer Kombinationstherapie aus Standardmedikation und PEMF gegenüber der Standardmedikation alleine. Im direkten Vergleich mit anderen Therapieverfahren zeigte sich eine Nicht-Unterlegenheit gegenüber den meisten Verfahren mit Ausnahme von Alendronat.

Insgesamt ergeben sich hiermit für mindestens drei Indikationen für den Einsatz der PEMF mit wissenschaftlich guter Abdeckung. Darüber hinaus sind eine Reihe weiterer Indikationen bekannt, welche in systematischen Übersichtsarbeiten gute Ergebnisse zeigten, für die aber keine hinreichenden Metaanalysen vorliegen.

Literatur beim Verfasser

Update: Physikalische Therapie in O&U

Unter der Physikalischen Therapie versteht man den Überbegriff für Heilmittel, die von Angehörigen der Gesundheitsfachberufe erbracht werden. Dabei beinhaltet sie die klassischen Verfahren der Physikalischen Therapie und die Krankengymnastik (Physiotherapie). Dieser Beitrag behandelt die Verfahren der Physikalischen Therapie
im engeren Sinne.

Physikalische Therapieverfahren werden bei Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsorgane, des Nervensystems, der Lymphgefäße, der Lunge und Atmung angewendet. Immer wieder werden diese Therapien falsch als „passive Therapien“ stigmatisiert. Fachlich korrekter spricht man von reaktiven Therapien. Man nutzt dabei die natürlichen Reaktionen des Körpers auf äußere Reizsetzungen (griechisch Physis = Natur), um Adaptationen (Tonusminderung, Verminderung der Schmerzempfindung) und langfristige Anpassungen (bspw. Muskelkräftigung, -entspannung) zu erzielen.

Methoden der Physikalischen Therapie

In Orthopädie und Unfallchirurgie wird sie hauptsächlich unterstützend und schmerzlindernd eingesetzt, um reaktivierende, remobilisierende, trainierende Verfahren zu unterstützen. Dabei ist es schwierig, wissenschaftlich Evidenz für eine einzelne Behandlungsmethode zu erlangen, weil die Verfahren meist als ein Therapiebaustein in einem Behandlungsbündel genutzt werden. Dies sollte allerdings nicht dazu führen, dass langjährig klinisch bewährte und im Gesamtkonzept einer interdisziplinären Therapie sehr sinnvolle Therapien deshalb nicht mehr angewendet werden.

Massage Rücken als Großmassage

 

Evidenz für die Wirksamkeit liegt für den Einsatz bei den folgenden Krankheitsbildern vor:1

  • Gon- und Coxarthrose,
  • subakuter und chronischer Kreuzschmerz,
  • Zervikalsyndrom,
  • Schulterathropathien,
  • postmenopausale Osteoporose,
  • rheumatische Erkrankungen;
    – rheumatoide Arthritis,
    – ankylosierende Spondylitis,
    – Arthritis psoriatica,
    – Fibromyalgie.

 

1. Klassische Massage

Die klassische Massage beinhaltet den gezielten Einsatz von mechanischen Reizen zur Beeinflussung der Weichgewebe (Haut, Bindegewebe, Muskulatur) durch Druck-, Dehnungs- und Zugreize. Sie wird seit der Antike (griechisch massein – kneten) genutzt und hat sich bei vielen orthopädischen Krankheitsbildern bewährt. Zielorgane sind dabei Haut, Unterhautfettgewebe, Faszien, Muskulatur und Sehnen, um über mechanische, neuronale und biochemische Effekte Reaktionen anzubahnen. Die klassische Massage wird meist zur Muskeldetonisation und –pflege eingesetzt, um dann trainierende Massnahmen der Bewegungstherapie einsetzen zu können. (Tab. 2)

Wirkweisen der Massage

Neben der klassischen Massage werden auch Bindegewebs-, Periost-, Unterwasserdruckstrahl- und Colonmassagen angewendet.

Eine besondere Art der Massagebehandlung ist die Triggerpunkttherapie, bei der gezielt Schmerzpunkte in der Muskulatur (myofasziale Triggerpunkte) und Faszienverklebungen angegangen werden. Dies Behandlung hat sich gerade bei chronischen Verspannungen und Verkürzungen, bzw. Verklebungen klinisch außerordentlich bewährt. Sie kann mit Stosswellenanwendungen und/oder Dry needling kombiniert werden.

Indikationen für Massageverfahren sind vor allem muskuläre Verspannungen, Faszienverklebungen oder Bindegewebserkrankungen.

Generelle Kontraindikationen für Verfahren der Physikalischen Therapie sind:

  • Akute schwerwiegende Infektsituationen im Behandlungsgebiet
  • Instabile Frakturen
  • Hochgradige Osteoporose (Gelenkmobilisation, Traktion)
  • Im Behandlungsgebiet liegende Knochen- oder Weichteilmetasen
  • Frische Thrombosen
  • Hauterkrankungen im Behandlungsgebiet
  • Akute allgemeine Infekte
Technik und Wirkung der Klassischen Massage

Eines der Hauptindikationsfelder für Massagen sind Rückenschmerzen. Die Nationale Versorgungsleitlinie nicht spezifischer Kreuzschmerz2 postuliert hierzu, dass Massagen aufgrund fehlenden Wirknachweises beim akuten, nicht spezifischen Kreuzschmerz nicht angewendet werden sollen, hingegen bei subakutem und chronischem, nicht spezifischen Kreuzschmerz angewendet werden können, um trainierende Programme zu ermöglichen. Ein Cochrane-Review aus 20153 analysierte insgesamt 25 RCT’s mit über 3.000 Patienten. Dabei zeigten sich Massagen in Bezug auf die Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung kurzfristig wirksamer als inaktive Kontrollbehandlungen.
Rockville4 beschrieb in einem Review, dass Massage bei akuten und subakuten Rückenschmerzen erfolgreicher in der Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung war als Plazebo-Behandlungen.

2. Manuelle/apparative Lymphdrainage

Die Lymphdrainage ist eine Form der komplexen physikalischen Entstauungstherapie und sicher eine der wirksamsten Verfahren der Physikalischen Therapie. Sie zielt in der Primärbehandlung auf eine Reduktion von Oedemen und hat sich in der postoperativen Oedembehandlung und bei chronischen Lip-/Lyphoedemen bewährt. Sie kann manuell und apparativ angewendet werden, wobei klinisch die manuelle Behandlung effektiver ist.

Bei der komplexen Entstauungstherapie bspw. bei chronischen Lip-/Lymphoedemen íst neben der eigentlichen Lymphdrainage zusätzlich immer eine suffiziente Kompressionstherapie, regelmäßige Bewegungstherapie und Hautpflege erforderlich. Lymphdrainage hat neben der entstauenden auch eine detonisierende und relaxierende Wirkung.

3. Thermotherapie

Thermotherapie nutzt die Wirkung von Kälte- oder Wärmereizen, um über Anpassungsreaktionen reaktive Effekte zu erzielen. Mittels Trägermedien erfolgt die lokale Applikation von Wärme oder Kälte in Körperregionen oder an Gelenken. Neben der lokalen Behandlung gibt es auch die Ganzkörperkältebehandlung, die immunologische Reaktionen stimulieren soll.

Wärmewirkung: Wärme kann mittels direkter Konduktion über Wärmeleitung, über Konvektion (Wärmeströmung) oder über Bestrahlungen auf den Körper übertragen werden. Im behandelten Gewebe führt dies zu lokaler Hyperämie, Steigerung des Stoffwechsels, schmerzlindernden Wirkungen zur Muskeldetonisierung, Kreislaufanregung
und Entspannung.

Abb. 2: Thermotherapie in der Haslauer-Wanne
Abb. 3: Iontophoresen rechtes Knie bei Gonarthrose
Klassische Wärmetherapeutika

Kältewirkung: Kälte wird meist lokal angewendet und führt zu einem Absinken der Haut- und Weichteilgewebetemperatur. Es resultiert eine Gefäßverengung und Stoffwechselerniedrigung, allerdings sekundär eine erhebliche Stimulation einer reaktiven Hyperämie (Stoffwechselsteigerung). Kältetherapie wird zur Entzündungs- und Reizhemmung betroffener Gewebe, zur Oedem-,und Schmerzreduktion genutzt, auch zur Spastikhemmung bei hypertoner Muskulatur. Oft wird sie daher postoperativ genutzt, bspw. nach Endoprothesenimplantationen oder Knieeingriffen. Sie kann auch in Form von Kaltgas (Kaltluft) angewendet werden, auch mit Eisabreibungen oder als Kältekammertherapie (bei rheumat. Erkrankungen).

Indikationen für Wärmebehandlungen sind in der Regel degenerative Gelenk- oder Muskelprobleme, muskuläre Erkrankungen oder Verspannungen, beziehungsweise in der Spätbehandlung nach Traumata. Kälte wird eher bei aktivierten Reizzuständen oder in der frühen Behandlung nach Traumata (RICE-Therapie) eingesetzt. Ihre Domäne hat die Kältetherapie zudem bei Arthritiden, Oedemen, Ergüssen, postoperativen Zuständen, rheumatischen Erkrankungen. Kontraindikationen sind lokale Entzündungen, frische operierte Wunde, Neuritiden, verminderte Sensibilität im Behandlungsbereich (hier ist besondere Vorsicht geboten).

Die Nationale Versorgungsleitlinie chronischer Rückenschmerz2 führt zur Thermotherapie beim akuten, nicht spezifischen Kreuzschmerz auf, dass Wärmebehandlungen in Kombination mit aktivierenden Maßnahmen angewendet werden können, eine Kältebehandlung jedoch nicht. Beim chronischen, nicht spezifischen Kreuzschmerz soll die Wärmetherapie nicht angewendet werden, gleiches gilt für Kältebehandlungen. Die Österreichische Leitlinie zum Kreuzschmerz5 aus dem Jahr 2018 empfiehlt die Thermotherapie beim Kreuzschmerz hingegen im Sinne einer „Sollte-Anwendung“.

In der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie zur Coxarthrose6 wird Wärmebehandlung empfohlen. Bei degenerativen Gelenkerkrankungen, insbesondere der Gonarthrose, analysierte der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger in einem systematischen Review die Datenlage.7 Hierin wurden Wärmeanwendungen als effektiv in Schmerzlinderung, Reduktion von Gelenksteifigkeit und Funktionsverbesserung beschrieben. Für Kälteanwendungen liegt ein Cochrane Review aus dem Jahr 2003 von Brousseau8 vor. Es kam zu der Aussage, dass Eis-Massage signifikant die Beweglichkeit, die Funktion und die Kniekraft verbessert, Coldpacks die Schwellung reduzieren.

4. Hydro- und Balneotherapie

Hydro- und Balneotherapie nutzt gezielt den Einsatz der physikalischen Eigenschaften von Wasser. Nach dem Reiz-Reaktions-Prinzip werden dabei Reaktionen am Körper bewirkt. Man unterscheidet Bäder, Güsse, Duschen, Waschungen, Wickel, Bürstungen, Abspritzungen. Diese können unterschiedliche Temperaturen und Applikationen beinhalten. Bewegungsübungen im Wasser machen sich die Wirkungen des Wassers (hydrostatischer Druck des Wassers, Auftrieb, Widerstand durch Strömung und Wärmewirkung) zunutze. Es können Voll- und Teilbäder (auch mit Zusätzen) abgegeben werden.

Indikationen sind muskuläre Verspannungen, Wirbelsäulensyndrome, radikuläre Reizungen, Durchblutungsstörungen, insbesondere venöse Insuffizienzen, postoperative BWÜ im Wasser. Studien zur Hydro- und Balneotherapie haben in den letzten Jahren zugenommen. Im Rahmen einer Metaanalyse fand sich nach Balneotherapie in 17 Studien eine stärkere Schmerzreduktion als in den Kontrollen. Eine der Indikationen für Wasseranwendungen ist die Fibromyalgie. Ein Cochrane-Review zum Training im Wasser bei Fibromyalgie10 ergab niedrige bis moderate Evidenz für einen positiven Effekt des Trainings im Wasser bei Fibromyalgie-Patienten. Ein Cochrane-Review aus dem Jahre 201611 fand für Wassertherapie bei Cox- und Gonarthrose Evidenz für geringe kurzfristige, aber klinisch relevante Effekte. In den Leitlinien zur Gon- und Coxarthrose der DGOU6, 12 wird Bewegungstraining im Wasser empfohlen, die Balneotherapie bei Patienten mit Co-Morbiditäten als sinnvoll beschrieben. In der OARSI-Leitlinie13 wird die Balneotherapie für Patienten mit gravidierenden Co-Morbiditäten als sinnvoll erachtet.

5. Elektrotherapie

Im Rahmen der Elektrotherapie wird elektrische Energie lokal appliziert um Reizantwort des Körpers zu erzielen. Man unterscheidet folgende Verfahren:

  • Hochfrequenz / Ultraschall
  • Mittel- und Niederfrequenz
  • Gleichstrom / Galvanisation
  • Hydroelektrische Bäder

Je nach verwendeter Stromart können dabei folgende Effekte erzielt werden:

  • Durchblutungssteigerung
  • Muskelstimulation (Paresenbehandlung)
  • Narbenbehandlung
  • Detonisierung der Muskulatur
  • Allgemeine Sedierung
  • Wärmewirkung
  • Transcutane Stimulation eines Medikamententransportes (Iontophorese)
  • Schmerzhemmung
  • Lokale Reizminderung

Hochfrequenztherapie (bspw. Dezimeterwelle) führt durch Konversion Wärme dem Körper zu, insbesondere Tiefenwärme. Sie verursacht eine Steigerung der Durchblutung ohne wesentliche Hautreizung, eine analgetische Wirkung durch Detonisierung der Muskulatur und hat sich bei Nackenverspannungen bewährt. Mittel- und Niederfrequenzverfahren werden zur Schmerzhemmung, Durchblutungssteigerung, aber auch zur Stimulation von Muskelgewebe genutzt. Sie nutzen bipolaren Strom in den Frequenzbereichen 2–10 kHz. Indikationen für Interferenzstrombehandlungen sind muskuläre Verspannungen und Schmerzen, degenerative Wirbelsäulen- und Gelenksveränderungen, Durchblutungsstörungen, schlecht heilende Ulcera. Bei der Reizstromtherapie werden entweder durch nieder- oder mittelfrequente Ströme stimulierende Reize in das durchströmte Gewebe abgegeben. Niederfrequente Stromtherapien verursachen meist eine Schmerzhemmung, Hyperämie der Gewebe sowie Muskeltonisierung, die man unter anderem auch zur Elektrostimulation einsetzen kann, d. h. zur Behandlung atropher Muskulatur. Transcutane elektrische Nervenstimulation (TENS) wirkt dabei durch Rechteckimpulse mit zwischengelagerten Pausen (je nach Gerät unterschiedlich) und verursacht Schmerzhemmung. Gleichstromverfahren (Iontophoresen, Phonophoresen, Ultraschall) unterstützen den transcutanen Medikamententransport ins Gewebe. Geeignet sind Lokalanästhetika, Antiphlogistika, Hyaluronidase, Morphine, Vasodilatatoren und Gerinnungshemmer. Im Rahmen der Galvanisation werden Elektroden im zu durchflutenden Gebiet angelegt bei denen ein konstant gleicher Strom fließt. Bei hydroelektrischen Teiloder Vollbädern wird dies gern bei der Rückenschmerzbehandlung genutzt (Stangerbad), bei peripheren Gelenken hingegen als Iontophorese. Die Behandlung eignet sich zur Schmerzlinderung und Durchblutungssteigerung. Wichtig ist, dass im bestrahlten bzw. behandelten Gebiet kein Metallimplantat vorhanden sein darf.

Indikationen für diese Behandlung sind Synovialitiden, Bursitiden, Tendinitiden, Ansatztendinosen, Arthrosen, Myalgien, Kontrakturen, Narbenkeloide.

Die Datenlage zur Elektrotherapie ist insgesamt sehr dünn. Dies ist auch u. a. dem Faktor
geschuldet, dass die Elektrotherapie multipelste unterschiedliche Ansätze verschiedenster Verfahren bietet.

6. Ultraschall / Stoßwelle

Ultraschall führt am Übergang zwischen Sehnen und Knochen zu Schwingungen und Anregung des Stoffwechsels. Dementsprechend hat sich diese Therapie in der Behandlung von lokalen Insertionstendinosen und Tendinopathien bewährt. Man kann sie auch bei Plexusläsionen, Arthrosen oder Ischialgien einsetzen. Eine Sonderform der Ultraschalltherapie ist die Stoßwelle. Hierbei werden hochenergetische Ultraschallsignale stoßwellenartig regional appliziert. Man unterscheidet fokussierte und radiale Stoßwellentherapien. Bei radialen Stoßwellen wird die akustische Welle in der Tiefe eher breiter (trichterförmig). Diese Behandlung eignet sich insbesondere bei Myalgien, Gelosen, Triggerpunktbehandlungen. Die Wirkung erfolgt hauptsächlich über Detonisierung im Bereich der Muskulatur. Die fokussierte Stoßwellentherapie wird mittels hochenergetischer Applikation sehr gezielt auf den zu behandelnden Bereich lokalisiert. Eine entsprechend genaue Lokalisation des Zielgebietes ist erforderlich.

Indikationen sind Sehnenerkrankungen wie die Plantarfaszieninsertionstendinose (Fersensporn), Epicondylitis humeri radialis, Achillodynien, Tendinosis calcarea der Schulter. Der Einsatz wird auch bei verzögerter Knochenbruchheilung und bei atrophen oder hypertrophen Pseudarthrosen genutzt. Kontraindikationen für Stoßwellentherapie sind unter anderem Gerinnungsstörungen bzw. eine gerinnungshemmende Therapie.

In einer Übersichtsarbeit beschrieb Ebenbichler14 Evidenz für die Effektivität therapeutischen Ultraschalls bei den Indikationen entzündliche und degenerative Veränderungen an Gelenken und Wirbelsäule, Sehnenüberlastungssyndromen und therapeutisch additiv bei verzögerter Frakturheilung. Ein Cochrane Review von Page15 beschrieb eine niedrige Evidenz dafür, dass therapeutischer Ultraschall bei der Tendinosis calcarea kurzfristig eine Schmerzreduktion und eine Verbesserung der Schulterfunktion ergibt.

7. Mechanotherapie

Unter Mechanotherapie subsummiert man Behandlungen unter Zuhilfenahme von mechanischen Mobilisations- bzw. Traktionstechniken.

Die klassische Mechanotherapie in O&U ist die Behandlung mit sogenannten Motorschienen (CPM). Diese hat sich in der Wirkung nspeziell nach operativen Eingriffen am Knie und der Schulter bewährt.16, 17 Ziel ist die schrittweise Verbesserung des Bewegungsausmaßes eines Gelenkes. Das schmerzfreie Durchbewegen verbessert den
Gewebestoffwechsel und die Knorpeltrophik, verhindert Verklebungen, beschleunigt die Resorption von Hämatomen und Seromen. Auch die Schlingentisch- Behandlung ist eine Mechanotherapie. Durch Lagerung im Schlingentisch werden gezielt Wirbelsäule oder zu behandelnde Gelenke entlastet und von der Eigenschwere befreit. Hierdurch ist eine schmerzärmere Bewegung (Mobilisation) möglich. Im Bereich der Wirbelsäule eignet sich das Verfahren zur Entlastung bei akuten Ischialgien.

Die Extensionsbehandlung, wird meist an den peripheren Gelenken (speziell Hüfte) bzw. an der LWS, selten der HWS durchgeführt. Ziel ist die Entlastung bei Bandscheibenvorfällen oder -protrusionen, auch bei aktivierten Spondylarthrosen, im Bereich der Hüfte die Extension bei Coxarthrosen.

Literatur auf Anfrage bei der Redaktion.

Prof. Dr. med. Dipl. oec.
Bernhard Greitemann
Ärztlicher Direktor und
Chefarzt Klinik Münsterland
Auf der Stoewwe 11
D- 49214 Bad Rothenfelde

Physikalische Therapie in der stationären und ambulanten Rehabilitation

Ambulante und stationäre Rehabilitation wird in Deutschland multimodal und interdisziplinär erbracht, unter Einsatz zahlreicher ineinandergreifender Therapieformen und dabei interagierender Berufsgruppen unter fachärztlicher Leitung, im besten Sinne ganzheitlich unter Berücksichtigung des bio-psycho-soziale Krankheits-Konzeptes.

Neben den wichtigen inhaltlichen Aspekten, wie den aktiven Therapiemaßnahmen, insb. den verschiedenen Formen der Bewegungstherapie, und Patienten-Edukation, spielt aber letztlich auch die konkret körperstruktur-orientiert erbrachte physikalische Therapie eine wesentliche Rolle, ärztlich indiziert und verordnet, unter Gewährung der Übernahmeverantwortung fachlich erbracht von medizinischen Bademeistern, Badehelfern und Masseuren.

Behandlungsbegründend ist neben der Aktualitätsdiagnose ebenso die topische bzw. Strukturdiagnose, die sich in der Regel auf Basis der dezidierten klinischen Untersuchung stellen lässt.

Wenn die Begrifflichkeiten teils auch unscharf verwendet werden, so zählt man in der wissenschaftlichen Grundlagen-Literatur zur Physikalischen Therapie als Behandlungsart, den Einsatz in der Natur vorkommender Energien und mit Hilfe von Technik erzeugte Behandlungsarten. Die Wirkung beruht dabei auf physikalischen Gesetzen und physiologischen Reaktionen und Adaptation. Darüber hinaus besteht eine jahrhunderte-, teils jahrtausendlange Empirie, es handelt sich um effiziente Behandlungen mit gutem Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil. Wir unterscheiden dabei in Bezug auf die Effekte eine Immediatwirkung (Analgesie bei Elektrotherapie) im Gegensatz zu einer zeitabhängigen adaptiven Wirkung bei serieller Anwendung. Die therapeutische Reizintensität hängt dabei ebenso ab von Konstitutionsgegebenheiten (Leptosom, Pykniker), wie von der Reaktionstypologie (Körperbau/Psyche), der vegetative Ausgangslage (Tagesrhythmik), und ob es sich um einen ruhenden oder vollaktiven Organismus handelt. Bei der Therapieplan-Erstellung ist dies natürlich möglichst zu berücksichtigen.

Formen der physikalischen Therapie:

  • Mechanotherapie
  • Thermotherapie (Kälte/Wärme)
  • Hydrotherapie, auch Hydrogalvanik
  • Elektrotherapie und Ultraschall
  • Fototherapie
  • Balneotherapie
  • Klimatherapie
  • Aerosol- und Inhalationstherapie
  • Massageformen

 

Hierbei wird bereits deutlich, dass es sich überwiegend um Therapieverfahren und -Gruppen handelt, die dem Orthopäden und Unfallchirurgen vertraut sind. Sie werden überwiegend risikoarm bei hoher Patienten-Akzeptanz erbracht.

Die Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) untergliedert übrigens in ihrer aktuellen Version die Verfahren der Physikalischen Therapie dem Kapitel D.: Maßnahmen der Physiotherapie. In Vorgänger-Versionen war das noch anders, da wurden der Physikalischen Therapie noch alle weiteren Verfahren, auch Bewegungstherapie-Formen (Krankengymnastik, auch gerätegestützt, Manuelle
Therapie), unterstellt.

Die Therapieformen

Im Weiteren werden typischerweise die im Rahmen der ambulanten und stationären Rehabilitation eingesetzten Therapieformen angesprochen.

Hydro-, Thermo- und Kryotherapie gehören als Behandlungsarten zur Gruppe der physikalischen Therapie. Diese nutzt den Einsatz in der Natur vorkommender Energien, es finden sich auch mit Hilfe von Technik erzeugte Behandlungsarten. Wir unterscheiden zwischen Therapieformen mit geringer Reizintensität, beispielsweise erwärmenden Teilpackungen und Wickel, ansteigende Fuß- und Handbäder, heiße Moor- und Paraffinpackungen. Stärkere Reize verkörpern verschiedene Güsse nach Kneipp. Starke Reize gehen im Allgemeinen von allen Ganzkörpermaßnahmen aus. Dazu zählen im Sinne der Intensitätsskala 4-Zellen-Bad, Medizinische Bäder, Unterwassermassagen und Überwärmungsbäder. Zu den weiteren Kriterien der Anwendung der genannten Methoden gehören reizabbauende Methoden in der Akutsituation, bei bereits eingetretener Chronizität werden reizsetzende Therapiearten bevorzugt. Die genannten Therapieformen beinhalten ein außergewöhnlich großes Spektrum in Bezug auf deren Einsatz und Durchführung.

Zu den ältesten Formen therapeutischer Anwendungen von Wasser und Bädern gehört die Hydrotherapie. Definitionsgemäß spricht man von der systemischen, evtl. seriellen, Anwendung von Kälte oder Wärme mit Wasser als Temperaturträger. Kombiniert werden kann gleichzeitig die Durchführung mechanischer Maßnahmen wie Reibungen, Bürstungen, Unterwasserdruckstrahlmassage und Güsse.

Zu den Vorteilen des Wassers als thermisches Trägermedium gehört, dass es überall in großer Menge verfügbar ist, günstige physikalische Eigenschaften hat, darüber hinaus über eine gute lokale Verträglichkeit verfügt und es zudem über einen großen Temperaturbereich gut dosierbar ist. Die Therapieformen lassen sich auch in unterschiedliche Stufen hydrotherapeutischer Reize untergliedern. So gehören zu den Therapieformen mit mildem Reizeffekt Abreibungen, Waschungen, Trockenbürstungen, ansteigende Teilbäder (Unterarm, Füße), wechselnde Fußbäder, kalte Güsse (bis Knie), Wassertreten und Wickel für eine Körperregion. Zu den Therapieformen mit mittleren Reizeffekt gehören die ansteigenden Sitz- und Beinbäder, Halbbäder, wechselwarme Sitzbäder, Wickel- und das Sitzdampfbad. Starke Reizeffekte werden erzeugt durch den Vollguss, Blitzguss und die Kaltdusche, darüber hinaus Saunasitzungen, Dampfbad, Überwärmungsbad und die Ganzpackung. Die stärksten Reizeffekte werden ausgelöst durch das Tauchbad im Eiswasser. Je nach gewünschter Wirkung erfolgt die Zugabe spezieller chemischer oder pflanzlicher Stoffe wie Salze, ätherische Öle, Extrakte oder Gase, meist bei der Form der Wannenbäder. Wichtigster mineralischer Zusatz ist die NaCl-Lösung, das sogenannte Solebad, z. B. zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen und auch der Psoriasis. Zu den Effekten der genannten Therapieformen gehört die Verbesserung der peripheren Durchblutung, Training für das vasomotorische Regulationssystem, Einübung vegetativer Reflexe und die Eutonisierung des Vegetativums. Der Hautturgor- und -tonus sowie die -trophik und die -elastizität verbessern sich ebenso wie die muskuläre Relaxation, hierdurch lässt sich eine Linderung von Gelenkbeschwerden erzeugen. Zu den weiteren positiven Effekten gehört die Erhöhung des Gewebeinnendruckes durch den hydrostatischen Druck und die Anregung sowie Aktivierung des Immunsystems. Durch den Wasserauftrieb wird die muskuläre Kraftentfaltung vor allen Dingen im Bereich der unteren Extremitäten im Zuge der aktiven Bewegungsabläufe erheblich reduziert, was im Rahmen der krankengymnastischen Behandlung von großer Bedeutung ist. Darüber hinaus kann der Wasserwiederstand im Zuge der Durchführung einer aktiven Übungsbehandlung ausgenutzt werden. Zur Hydrotherapie können an dieser Stelle daher auch die Balneotherapie mit Inhalten wie Aquajogging, Schwimmtherapie nach McMillan, die Bad Ragazer Ring-Methode, die Halliwick-Methode und die PIPE-Methode (Prone Immerson Physical Exercises) gezählt werden. Es handelt sich hierbei um verschiedene Verfahren der Schwimmtherapie unter Einsatz spezieller Hilfsmittel wie Paddel, Schwimmbrettchen oder Bälle.

Hydrotherapeutische Therapieverfahren beinhalten häufig auch Aspekte der Thermo- und Kryotherapie, auch gibt es Kombinationen mit der Elektrotherapie, so z. B. das Stangerbad oder das 4-Zellen-Bad. Das Kohlensäurebad stellt ein Ganzkörperwannenbad unter Ausnutzung der peripheren therapeutischen Wirkung von Kohlendioxid dar. Effekt ist die Dämpfung der Kälterezeptoren und Erregung der Wärmerezeptoren der Haut mit konsekutiver peripherer Vasodilatation und subjektivem Wärmegefühl in der Peripherie. Weiterhin kommt es zu einer Blutdrucksenkung. Zu den Indikationen gehört neben der arteriellen Hypertonie funktionelle arterielle Durchblutungsstörungen, aber auch funktionelle Störungen des vegetativen Nervensystems und psychosomatische Erkrankungen. Kontraindikationen sind je nach Therapieform zu berücksichtigen. Typischerweise gehören hierzu akute Herzerkrankungen, wie z. B. die dekompensierte Herzinsuffizienz, ausgeprägte entzündliche Hauterkrankungen und Wundheilungsstörungen oder hochfieberhafte Allgemeininfektionen.

Im Weiteren ist die Thermo- und Kryotherapie anzusprechen. Zur Thermotherapie gehört zum einen die Kälte-, zum anderen die Wärmetherapie. Es gibt darüber hinaus Überlappungen mit der Hydro- und Balneotherapie sowie Elektrotherapie. Definitionsgemäß handelt es sich bei der Kryotherapie um den therapeutischen Einsatz von Kälte zum globalen systemischen oder lokalen, auf einzelne anatomische Gewebeareale begrenzten Wärmeentzug. Die Therapieform ist auch als sogenannte Verdunstungskälte wirksam. Als Applikationsformen kommen zum einen Eis, Chips/Eisgranulat, ebenso wie Eisbeutel und der gestielte Eisroller zum Einsatz, darüber hinaus Kältekompressen, Gelpackungen, chemische Kompressen, Kältespray und Kaltgase (Kaltluft, Stickstoff). Als sogenannte „milde“ Kälte wird der Stöckli-Wickel bezeichnet, ebenso wie der kalte Wickel, kalte Peloide und Quarkpackungen. In Bezug auf die Effekte führt der kurzfristige Einsatz in einer zeitlichen Ausdehnung von 5–10 Minuten über eine initiale, zunächst oberflächliche, dann auch in tieferen muskulären Schichten auftretende, Vasokonstriktion, zu einer Herabsetzung der lokalen Durchblutung. Nach deren Absetzten folgt eine reaktive, anhaltende Hyperämie mit wellenförmigem Verlauf und längerfristig um 20–30 % erhöhtem Schmerzschwellenniveau. Aus einer Langzeitanwendung von 1–2 Stunden erfolgt eine deutliche Herabsetzung der Gewebedurchblutung mit gleichzeitiger Stoffwechseldämpfung und Abnahme der Aktivität enzymatischer Prozesse und der Phagozytose. Die ausgeprägte Schmerzlinderung erklärt sich durch Herabsetzung auch der nervalen Aktivität (Refraktärzeit, Nervenleitgeschwindigkeit, reflektorische Hemmungen der Schmerzfortleitung auch auf spinaler Ebene), dadurch entsteht eine subjektiv höhere Schmerztoleranz. Durch eine Herabsetzung des Schwellendruckes ergeben sich Effekte in Bezug auf eine Blutungs- und Ödemhemmung, weiterhin findet sich eine Erhöhung des venösen Druckes, sowie ebenso eine Erhöhung der Viskosität der Synovialflüssigkeit. Kältetherapie kann auch als Ganzkörperexposition im Rahmen der Behandlung in einer Kältekammer (Stickstoff oder CO2 von -110 bis -160 Grad Celsius oder Kaltluft von -60 bis -110 Grad Celsius) für einige Minuten unter adäquatem Schutz der Akren durchgeführt werden, z. B. bei aggressiven Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Kältetherapie lässt sich auch mit Hydrotherapie kombinieren, z. B. in Form eines Eistauchbades bei 6–12 Grad Celsius für einige Minuten oder Eisteilbad bzw. Kaltwasserbad. Zu typischen Indikationen von Kryotherapie gehören postoperative lokale Gewebereizzustände ebenso wie akute Gelenkirritationen, (z. B. traumatische oder rheumatische Arthritis, aktivierte Arthrose, Gichtarthritis), akute Periarthritis, Bursitis, Tendovaginitis sowie auch stumpfe Weichteilverletzungen (Prellungen, Kontusionen, Distorsionen und Hämatome). Im Falle von Gewebezerreißungen ist eine zusätzliche Kompression wichtig, da die kältebedingte Kontraktion der Blutgefäße nur kurzfristig anhält. Weiterhin wird Kälte bei akuten lumbovertebralen Syndromen mit schmerzhaftem Muskelhartspann eingesetzt, bei radikulopatischer Schmerzausstrahlung, Ödemen und lokalen Verbrennungen, darüber hinaus bei neurologischen Krankheitsbildern, vor allem bei bestehender Spastizität. In Bezug auf Kontraindikationen ist zunächst zu berücksichtigen, dass Kältetherapie ungünstig bei chronischen Schmerzbildern ist, sie sollte auch nicht bei peripheren arteriellen Durchblutungsstörungen, Angina pectoris und Raynaud-Symptomatik erfolgen. Weitere Kontraindikationen sind Kälteallergien, Kryoglobolinämie, Kältehämoglobinurie, akute Nieren- und Blasenerkrankungen sowie Schädigungen des peripheren Lymphgefäßsystems. Wärmetherapie Der therapeutische Einsatz von Wärme gelingt durch Wärmeleitung, Konvektion (Wärmeströmung) oder Wärmestrahlung. Dabei findet sich in Bezug auf die Durchführung eine Überlappung auch zur Hydrotherapie und Elektrotherapie. Erfolgsorgan der Therapieform sind u. a. verschiedene Rezeptorengruppen für die Temperaturempfindung. Die Erwärmung der Haut führt zu einer Erhöhung der Schmerzschwelle, lokale Hitzereize können auch die darunterliegende Muskulatur fazilitieren, dies mit gleichzeitiger Hemmung des jeweiligen Antagonisten. Zu den Effekten gehört die gezielte lokale Temperaturerhöhung in Geweben und Organen mit anschließender reaktiver Vasodilatation der kapillaren Endstrombahn, vor allem im Bereich der Hautoberfläche, und damit Steigerung der Durchblutung und des Stoffwechsels, Stimulation der Phagozytose, vermehrte Flüssigkeittranssudation, Herabsetzung des Muskeltonus und Verbesserung der Dehnbarkeit des Kollagengewebes. Weiterhin gelingt die Herabsetzung der Viskosität der Synovialflüssigkeit und eine primäre Analgesie durch maximale Erregung der kutanen Thermorezeptoren. Beschrieben ist darüber hinaus die Beeinflussung des Nebennierenrindenstoffwechsels mit vorübergehendem Abfall des Plasmakortisolspiegels. Die klinische Wirkung, auch die sekundäre, erklärt sich über die mittels Tonus-Herabsetzung der Muskulatur herbeigeführte Analgesie und ist abhängig von den speziellen Reizparametern des jeweiligen Wärmeträgers (Intensität, Dauer seiner Einwirkung, Dynamik, Größe und Reizfläche). Zu den Nebeneffekten der Wärmetherapie gehört die Erhöhung der Atem- und Pulsfrequenz, Atemvertiefung, Abnahme des Blutdruckes durch Erniedrigung des Gefäßwiederstandes, vermehrtes Schwitzen und die Detonisierung der glatten Muskulatur im Bronchial-, Magen- und Darmbereich. Zu den Anwendungsformen gehören neben der Ganzkörperthermotherapie, z. B. in der Sauna oder als Heißluftdampfbad, Teilanwendungen wie Kopfdampfbad. Beispiele für lokale Anwendungen trockener Wärme sind neben Heizkissen und Wärmflasche, Wickel und Packungen, trockener heißer Sand, Infrarotstrahler, Laserstrahler, Elektrotherapie und Ultraschalltherapie. Feuchte Wärme kann appliziert werden über organische Peloide (Torf, Moorerde, Schlick), anorganische mineralische Peloide (Fango, Sand, Lehm, Kreide), Paraffinpackungen, heiße Handtücher (sogenannte „heiße Rolle“), Priesznitz-Wickel und Teilbäder, z. B. für Arme oder Füße. Der Einsatz der Wärmetherapie erfolgt oftmals als vorbereitender Bewegungsstarter zur Durchführung einer krankengymnastischen Übungsbehandlung oder einer manuellen Massage. Dies kommt in erster Linie bei der Behandlung chronisch-entzündlicher Prozesse, wie degenerativer Gelenkerkrankungen, Krankheiten des rheumatischen Formenkreises, Periarthropathien, Tendinosen, Wirbelsäulensyndromen mit Myalgien und Myogelosen sowie bei Sklerodermieherden zum Einsatz. Zu typischen Kontraindikationen gehören akute entzündliche Prozesse, frische stumpfe Traumata, lokale Ödeme und chronisch venöse Insuffizienz, ausgeprägte Varikosis und Thrombophlebitis, arterielle Durchblutungsstörungen, akute Neuritiden, neurogenbeinträchtige Temperaturempfindungen mit der Gefahr der Verbrennung, Spastik und Kontraktur bei cerebralen Paresen, knapp- oder dekompensierte arterielle Hypertonie und Herzinsuffizienz.

Die weiteren Ausführungen basieren maßgeblich auf den Ausführungen von Prof. Heisel als Beitrag zum Weissbuch Konservative Orthopädie und Unfallchirurgie, 2017.

Im Rahmen der Elektrotherapie werden die physikalischen und/oder chemischen Eigenschaften des elektrischen Stromes therapeutisch genutzt. In Abhängigkeit von der gewünschten Wirkung kommen unterschiedliche Stromqualitäten zum Einsatz.

Bei den niederfrequenten Ströme handelt es sich zunächst um Gleichströme (bis zu 1.000 Hz) mit applizierten Stromstärken deutlich unter der subjektiven Toleranzgrenze von1 mA/cm2 Hautoberfläche. Zu typischen Anwendungsformen gehören die stabile Quergalvanisation zur Schmerzlinderung im Bereich von Triggerpunkten, das Zellenbad (Extremitäten-Teilbad mit stabiler galvanischer Stromapplikation) zum Einsatz bei degenerativen Arthritiden das Stangerbad, erfunden durch den Gerbermeister Heinrich Stanger Ende des 19. Jhd., als Ganzkörperbad mit stabilen galvanischen Strömen, bevorzugte Anwendung bei multiartikulären (Gelenk-)Prozessen, die Iontophorese mit transkutan gerichtetem Ionentransport im Zuge eines galvanischen Stromdurchflusses zwischen großflächigen Plattenelektroden. Unter der Anode erfolgen Schmerzlinderung und muskuläre Detonisierung, unter der Kathode eine besonders starke Hyperämisierung. Hauptindikationen hier: periarthropathische Reizzustände, wobei die im Stromfeld wandernden negativen geladene Medikamente unter die Kathode, positiv geladene Substanzen unter die Anode gebracht werden müssen.

Zu den niederfrequenten Wechselströmen zählen zudem die diadynamischen (Bernardschen) Impulsströme mit guter analgetischer und hyperämisierender Wirkung sowie Begünstigung der Resorptionsförderung. Diese werden deshalb in erster Linie bei akuten traumatischen exsudativen arthritischen Reizzuständen eingesetzt. Das TENS-Verfahren (transkutane elektrische Nervenstimulation) wird zur rein symptomatischen lokalen Schmerzbekämpfung durch Reizung peripherer Nervenendigungen mit sekundärer Blockade der Schmerzweiterleitung im Bereich der Hinterhornneurone des Rückenmarkes (batteriebetriebenes Taschengerät mit Abgabe rechteckförmiger Impulsströme) eingesetzt. Bei der Hochvolttherapie erfolgen lediglich extrem kurze polare Doppelimpulse ohne elektrolytische Gewebewirkung. Es kommt lediglich zu einer lokalen Analgesie und Hyperämisierung (mit Verbesserung der Wundheilung) sowie zu einer Detonisierung der darunter liegenden Muskulatur. Wichtige Indikationen: Einsetzbar auch bei einliegenden Metallimplantaten (Osteosynthesematerial, Endoprothesen)! Einsatzgebiete:  Posttraumatische Schmerzzustände, schmerzhafte degenerative (und rheumatische) Gelenkaffektionen, chronische Epikondylopathien, Achillodynien, trophische Hautulzera (auch beim Diabetes mellitus), Algodystrophie (M. Sudeck), Gewebeödeme, Myogelosen (auch im Bereich des Rückens), periphere Neuralgien. Bei der pulsierenden Signaltherapie handelt es sich um den gezielten lokalen Einsatz elektromagnetischer Felder eines pulsierenden Gleichstromes. Behauptet wird eine Stimulation von Fibrochondrozyten und Chondrozyten degenerativ veränderten Gelenkknorpels mit vermehrter Bildung von Proteoglykanen, v. a. von Hydroxyprolin (Kollagenmarker) mit dann verbesserter Wasserbindungsfähigkeit des Knorpels und damit einer verbesserten Elastizität sowie Beschleunigung der Regeneration der Knorpelmatrix. und Kniegelenk), Fingerpolyarthrose, Fußwurzelarthrose, Weichteilverletzungen, Überlastungsschäden und/oder Insertionstendopathien.

Mittelfrequente Ströme (1.000–300.000 Hz) führen zu einer asynchronen Antwort der erregbaren Zellen. Aufgrund des niedrigen kapazitiven Gewebewiderstandes wird nur eine geringe Stromspannung benötigt; dabei ist eine hohe Stromdichte ohne sensible Hautbelastung möglich. Bei der meist üblichen Nemectrodyn-Anwendung erfolgt eine Wechselstromdurchflutung des Gewebes mit Interferenz zweier frequenz- und phasenverschobener Stromkreise und damit konsekutiver Reizerhöhung in deren Überlappungsgebiet (Interferenz-Frequenz 100–200 Hz). Behandlungssdauer: bei akuter Symptomatik: 5–10 min., im Falle chronisch degenerativer Gelenkprozesse: 12–15 min.). Wichtige Indikationen: degenerative Wirbelsäulensyndrome, Periarthropathien, chronische Arthralgien großer Körpergelenke.

Hochfrequente Ströme (über 300.000 Hz) besitzen aufgrund ihrer nur kurzen Impulsdauer keinen direkten Stimulationseffekt auf Nerven- und Muskelzellen mehr (keine elektrische Stromwirkung), sondern lediglich einen chemischen Reiz mit ausschließlicher Wärmewirkung durch elektromagnetische Wellen (sog. Diathermie). Im Gelenkbereich resultieren eine Hyperämisierung und Stoffwechselsteigerung, eine gute Analgesie, eine muskuläre Detonisierung und eine Viskositätserhöhung der Synovialflüssigkeit. Wichtige Indikationen: artikuläre und muskuläre Prozesse.

Bei der Ultraschalltherapie, bei der es sich streng genommen nicht um eine Elektrotherapie handelt, erfolgt eine lokale Wärmeerzeugung durch mechanische Longitudinalschwingungen. Hauptwirkungsort ist in erster Linie der Grenzflächenbereich unterschiedlicher Dichte (z. B. der Übergang von Weichteilen zum Knochengewebe, wo eine Schallreflexion erfolgt). Es resultieren eine Permeabilitäts- und damit Diffusionssteigerung des durchfluteten Gewebes mit einer Stoffwechselerhöhung, eine lokale Analgesie und eine muskuläre Relaxation. Des Weiteren werden Gewebeverklebungen gelöst, die Gewebetrophik wird verbessert. Ein Luftspalt zwischen Schallkopf und Oberhaut wird nicht überwunden; daher ist ein direkter Hautkontakt erforderlich. Sowohl eine statische (ruhender Schallkopf) als auch eine dynamische Applikation (bewegter Schallkopf, hier reduzierte Verbrennungsgefahr) sind möglich, ebenso wie eine Kombination mit Ankopplungsmedien (Externa wie Salben, Öle oder Gele; sog. Ultraphonophorese), aber auch diadynamische Ströme (sog. Phonoiontophorese). Im Falle einliegender Metallimplantate ist die Dosis um 30–50 % zu reduzieren! Zu Hauptindikationen zählen periartikuläre Reizzustände, Sehnen- und Kapselansatzreizstände sowie Verwachsungen und Narbenbildungen. Zu Kontraindikationen zählen die hohe Entzündungsaktivität, lokalisierte Infektionen, Phlebothrombosen, Gerinnungsstörungen, arterielle Durchblutungsstörungen, einliegende
Metallimplantate (Gefahr der Überhitzung).

Bei der Phototherapie (Lichttherapie) kommt es zum Einsatz des von der Sonne ausgestrahlten optischen Strahlenspektrums, das sowohl die niederenergetische Wärmestrahlung, das sichtbare Licht selbst sowie die höher energetische ultraviolette Strahlung umfasst, wobei unter technischen Gesichtspunkten nahezu ausschließlich künstliche Strahlungsquellen industriell gefertigter Geräte verwendet werden. Therapeutisch von wesentlicher Bedeutung ist die von der Wellenlänge der eingesetzten Strahlung abhängige Eindringtiefe in das exponierte Areal; quantitativ vermag nur der von den einzelnen Gewebeanteilen tatsächlich absorbierte Strahlungsanteil lokal ablaufende biochemische Prozesse anzuregen. Bei der Rotlichttherapie werden die längerwelligen Rotanteile des natürlichen sichtbaren Lichtes therapeutisch genutzt, das im Vergleich zum normalen „weißen“ Licht eine geringere lokale Wärmeentwicklung im bestrahlten Hautareal entfaltet, jedoch über eine größere Eindringtiefe verfügt. Zu wichtigen Indikationen gehören: periarthropathische Weichteilaffektionen (Myalgien, Myogelosen, Myotendopathien, Fibrositiden), Arthralgien bei Arthrosen, rheumatische Gelenkaffektionen (nicht im entzündlichen Schub). Zu Gefahren gehören: Vorsicht mit einer großflächigen Erwärmung im Falle kardialer Probleme. Zu Kontraindikationen zählen: akute rheumatoide Arthritis, Infektarthritiden, dekompensierte Herzinsuffizienz, schwere Herzrhythmusstörungen, akuter oder erst kürzlich zurückliegender Myokardinfarkt, entgleister Diabetes mellitus, Hyperthyreose, Nebennierenrindensuffizienz.

Bei der Infrarot-Licht-Therapie kommt es durch den Einsatz der im elektromagnetischen Spektrum sich dem Rot des sichtbaren Lichtes anschließenden, nicht mehr sichtbaren niederenergetischen (längerwelligen) Wärmestrahlung (Wellenlänge: > 780 nm) zu einer allmählich auftretenden Temperaturerhöhung nur der oberflächlichen Hautschichten (im Gegensatz zur Diathermie durch hochfrequente Elektrotherapie). Es resultiert ein Wärmerückstau bis in tiefe Gewebeschichten, da der Abtransport der körpereigenen Wärme vermindert wird; sekundär kommt es durch den Wärmetransport zwischen der Haut und dem tiefer liegenden, geringer temperierten Fett-, Muskel- und Sehnengewebe ebenfalls zu einem lokalen Anstieg der Temperatur. Es resultieren: eine Förderung lokaler metabolischer Prozesse, eine lokale Steigerung der Durchblutung, eine Detonisierung der Muskulatur, eine Herabsetzung der Synovialviskosität.

Durch den Einsatz eines durch induzierte Emission zeitlich und räumlich gebündelten Lichtstrahles (Lasertherapie) kommt es zu einer Förderung des Zellwachstums und der Zellregeneration (sog. Biostimulator) und zu einer Verbesserung der Immunabwehr (antibakterielle Wirkung). Vorteil: beste Tiefenwirkung (Eindringtiefe: 3–10 mm) mit guter optischer Fokussierung. Die Applikation erfolgt mittels senkrecht aufgesetzter Punktelektrode (bessere Eindringtiefe), die auf den lokalen Schmerzpunkt aufgesetzt oder im Sinne einer Strichführung über das betroffene Hautareal geführt wird. Zu wichtigen Indikationen gehören: proliferative Gelenk- und Sehnenprozesse bei (floriden) Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, frische Verletzungen mit Gewebeexsudation. Gefahren: Keine Applikation im Bereich parenchymatöser Organe, kein Kontakt zum Augapfel. Zu Kontraindikationen zählen: schwere Arteriosklerose/dekompensierte pAVK, offene Epiphysenfugen (Kinder, Jugendliche), frische Thrombose/Thrombophlebitis, Herzrhythmusstörungen/einliegender Herzschrittmacher, hochakute fieberhafte Krankheitsprozesse, metastasierende Tumoren, Gerinnungsstörungen/Hämophilie, hochdosierte Daueranalgetikatherapie, ausgeprägte Beeinträchtigung der Schmerzempfindung, einliegendes Osteosynthesematerial im Behandlungsgebiet und Gravidität.

Kostenträgerseitige Rahmenbedingungen

Der indikationsspezifische Erhebungsbogen S6 Orthopädie (stationär) der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) führt Aspekte der Strukturqualität aus, so unter anderem das Vorhandensein eines Bewegungsbades (mit Hebelift), auch in Kooperation. Das Vorhalten weitere Maßnahmen der Physikalischen Therapie ist hier, bis auf die manuelle Lymphdrainage, nicht explizit ausgeführt, wohl aber personeller Ressourcen in Form von Badehelfern, med. Bademeistern und Masseure. Für die ganztägig-ambulante Reha werden die gleichen Kriterien benannt.

Als Qualitätsmerkmal wurde zudem in den vergangenen Jahren von Seiten der DRV die Erstellung von Reha-Therapiestandards (RTS) gefördert, um eine wissenschaftliche, evidenzbasierte Grundlage, für die Durchführung zu schaffen. Der aktuelle Standard zum chronischen Rückenschmerz, auch als evidenzbasierte Therapiemodule bezeichnet, berücksichtigt hier aus dem Bereich der physikalischen Therapie Massage als Behandlungsform, bei 30 % der Rehabilitanden zu erbringen, mind. 40 min pro Woche. Unter Berücksichtigung des KTL-Schlüssels sind als Therapieformen hinterlegt: Klassische Massage, Bindegewebsmassage, Unterwasserdruckstrahlmassage, Akupunktmassage, Reflexzonenmassage. Der RTS für die Behandlung nach Hüft- und Knie-TEP führt explizit physikalische Therapie auf, zu erbringen bei mind. 50 % der Rehabilitanden, mind. 80 min pro Woche. Hier weisen die KTL-orientiert aufgeführten Inhalte ein breites Spektrum auf, von Elektrostimulation, Ganzkörper- und lokaler Kälte und Wärmebehandlung, bis zu verschiedenen Verfahren der Elektrotherapie (Niederfrequenter Reizstrom, Mittel- und Hochfrequenz) und Massage (Klassisch, Bindegewebe, Reflexzone, Unterwasserdruckstrahl, Lymphdrainage, manuell und apparativ, gerätegestützte Mobilisation, Kompressionstherapie).

Die aktuelle Handlungsanleitung der Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) beschreibt die stukturqualitätsbezogenen Inhalte für die klassischen Behandlungsformen im rehabilitativen Setting, monomodale Verordnungen, Erweiterte Ambulante Rehabilitation (EAP), Berufsgenossenschaftliche Stationäre Weiterbehandlung (BGSW) und Arbeitsplatzbezogene Muskuloskelettale Rehabilitation (ABMR). Monomodal können neben Krankengymnastik und Ergotherapie auch Leistungen aus dem Bereich physikalische Therapie verordnet werden, hier die ganze Bandbreite, Wärme, Kälte, Elektrotherapie, Ultraschall, verschiedene Bäder und Massageformen, Hydroelektrische Bäder, Gashaltige Bäder und Elektrogymnastik. Die EAP definiert Verfahren der Physikalischen Therapie als Kern. Aufgeführt werden Elektrotherapie, Hydrotherapie, Thermotherapie und Mechanotherapie (Manuelle Lymphdrainage und Massage). Als orientierende zeitlicher Richtwerte für diese Verfahren werden 30min / Tag angegeben. Die BGSW führt die gleichen Verfahren auf. Als orientierende zeitlicher Richtwerte für diese Verfahren werden hier 60min / Tag angegeben. Die ABMR hat ihren Schwerpunkt bei arbeitsplatzrelevanten Aktivitäten, die Strukturanforderungen beinhalten hier allerdings daneben auch die bereits aufgeführten Therapieverfahren der physikalischen Therapie aus EAP und BGSW.

Anforderungen an Stukturqualität werden im Sektor der GKV werden über die Systematik des QS-Reha-Verfahrens abgeprüft. Therapeutische Inhalte werden dabei durch die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) beschrieben. Für den Bereich der ambulanten Rehabilitation bei muskuloskelettalen Erkrankungen wird physikalische Therapie mit Massagen, Hydro-, Wärm, Kälte- und Elektrotherapie aufgeführt, als Berufsgruppen hier Masseur und med. Bademeister. Bewegungsbad ist vorzuhalten, ggf. In Kooperation. Für den stationären Bereich wird Physikalischen Therapie als Behandlungselement aufgeführt, ohne Differenzierung.

Reha-Diagnosen und Einsatz der Therapieformen

Zunächst einmal ist zu berücksichtigen, dass sich Reha-Diagnosen immer als Funktions-Diagnosen gemäß ICF (Struktur, Funktion, Aktivität, Partizipation/Kontext) darstellen, abzugrenzen zu den ICD-orientiert formulierten Diagnosen im kurativen Sektor.

Zu den am häufigsten anzutreffenden Funktionseinschränkungen zählen in der ambulanten und stationären Rehabiltation dann auch Zustandsbilder nach Kunstgelenkeinbau und Osteoynthesen im Bereich der oberen und unteren Extremitäten, alle Arten von Erkrankungen der Wirbelsäule, konservativ und nach Operation.

Dabei ist, wie eingangs erwähnt, Rehabilitation immer ganzheitlich ausgerichtet. Bei Nachbehandlung nach Knie-TEP wird selbstverständlich auch das Subacromial-Syndrom (z. B. bei Beschwerden nach längerer Nutzung von UAG), Wirbelsäulenleiden (z. B. bei längerfristig eingeschränkter Gangqualität mit Fehlhaltung) oder die kontralateral (z. B. anlagebeding) bestehende aktivierte Gonarthrose therapeutisch geeignet adressiert. Diese „Kollateralschäden“ sind in therapeutischer Hinsicht insbesondere eine Domäne der physikalischen Therapie.

Zudem ist es kontraproduktiv, verkürzte und/oder hypertone Muskulatur beispielsweise trainingstherapeutisch zu beüben. Muskel- und Kraft-Aufbau ist so nicht möglich, vorbereitende therapeutische Maßnahmen aus dem Bereich der physikalischen Therapie sind hier unabdingbar.

Zu einzelnen Diagnosen / Funktionszuständen und deren Behandlung mit Behandlungselementen der physikalischen Therapie wird auf die weiteren Beiträge dieses Heftes verwiesen.

Zusammenfassung

Viele Pfeile im Köcher ermöglichen eine patientenzentrierte und individualisierte Behandlung, so, wie sich unsere Patienten sich dies ja auch wünschen. Physikalische Therapie stellt hier eine wirksame und meist kostengünstig zu erbringender Behandlungsart dar, bei zu vernachlässigenden Behandlungsrisiken und hohe Patientenakzeptanz.

Natürlich gab es in der Geschichte der Medizin vieles, was wir heute als vollkommenen Unsinn, im besten Fall nicht patientenschädigend, ansehen würden. Im Bereich der physikalischen Therapie wäre hier, als eine der vielen Irrwege, der Mesmerismus zu nennen. Bei dem von Franz Anton Mesmer (1734–1815) propagierte Verfahren sollte der animalische Magnetismus , auch als tierischer Magnetismus bezeichnet, als Heilmethode Wirkung erzielen. Es wurden zur Behandlung Stahlmagneten am Körper befestigt, hypnoseartige Therapieanteile traten hinzu, in diesem Zusammenhang wird für den 28.07.1774 die Behandlung der seinerzeit 29jährigen „Jungfer Oesterlin“ beschrieben, deren Krampfleiden behandelt werden sollte – leider erfolglos. Das Verfahren, dass zwischenzeitlich im 18. Jhd. große öffentliche Beachtung genoss, verschwand im Weiteren aber dann, wie so vieles andere, in der Mottenkiste der Medizin-Geschichte.

Wir sind hier also tief im Bereich der Esoterik und sog. Glaubensmedizin, d.h. Arzt und Patient glauben fest an das Verfahren. Wirkung erzielt im besten Fall der Placebo-Effekt. In vielen Bereichen der Orthopädischen Rehabilitation und auch Schmerzmedizin, wird in den letzten Jahren das hohe Lied auf die Behandlung möglichst ausschließlich mit aktiver Therapie gesungen, verbunden damit auch ein massiver Rückbau der Physikalischen Therapie in allen Einrichtungen, in der Regel aufgrund wirtschaftlicher Gründe und/oder räumlicher Situation bei vermeintlich geringer Evidenz für die einzelnen Verfahren. Dabei trifft es in der Tat zu, dass insbesondere auch in der internationalen Literatur Metaanalysen zu den eingesetzten Verfahren fehlen, dies hängt zum einen daran, dass die entsprechenden Verfahren schwerpunktmäßig in Deutschland erbracht werden und hier eine lange Tradition haben, zudem entziehen sich die Verfahren meist einer Verblindung, die Erbringung ist heterogen (Intensität/Frequenz/ Lokalisation) und meist im Zusammenhang mit anderen Therapieformen im Rahmen eines Konzeptes. Somit entzieht sich in aller Regel die Bewertung eines einzelnen Verfahrens einer dezidierten Betrachtung, ohne dass sich hieraus jedoch der Schluss ziehen ließe, dass keine Wirksamkeit bestünde. Eine Renaissance erleben die Verfahren aktuell im Bereich der Psychosomatik als Mind-Body-Medizin sowie in der multimodalen Schmerztherapie, die in zahlreichen Einrichtungen komplementäre Verfahren für sich entdeckt hat. Da die Verfahren häufig auch im Bereich von Medical Wellness und in der früher häufig verwendeten und in der Bevölkerung durchaus noch gängigen Begrifflichkeit „Kur“ zur Anwendung kamen, signalisiert offensichtlich zu dem für manche Kreise eine fehlende Wirksamkeit im Bereich von effektiver und effizienter Medizin.

Die Struktur-Diagnose begründet die therapeutische Intervention mit physikalischer Therapie und grenzt so auch ab von Behandlungen, die eher dem medical wellness zuzuordnen sind. Dabei sollten die Verfahren nicht auf dem Altar der vermeintlich Metaanalysen-orientierten Leitliniengläubigkeit, die wenig oder schwer untersuchbare Verfahren ausspart oder nicht berücksichtigt, geopfert werden, good medical practice im Kontext und als Teil von Behandlungsprogrammen, streng orientiert an dezidiert ermittelten Struktur-Diagnosen indiziert und erbracht, sind sie ohne Zweifel.

Dr. Stefan Middeldorf,
Bad Staffelstein

Energieschutzschirm für alle Bereiche

Berlin – „Wir brauchen jetzt dringend eine steuerfinanzierte Energiekostenzulage für Kliniken und auch für Praxen, damit in unseren Gesundheitseinrichtungen nicht buchstäblich die Lichter ausgehen.“

Das fordert Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt in der aktuellen Debatte über Soforthilfen für Gesundheitseinrichtungen aufgrund stark steigender Energiepreise und der allgemeinen Kostenentwicklung. Konkret schlägt er einen gestaffelten Zuschuss auf Grundlage der Gas- und Stromrechnungen aus dem Vorjahr vor. Operativ umgesetzt werden könnte eine solche Zulage als zusätzlicher Bundeszuschuss über den Gesundheitsfonds oder durch den Einbezug von Gesundheitseinrichtungen in das Energiekostendämpfungsprogramm der Bundesregierung.

Reinhardt warnt, dass neben den Kliniken auch viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte als Kleinunternehmer vor enormen Herausforderungen stehen. Die Kostensteigerungen für Energie träfen auf reglementierte Preise, weshalb Zuwächse bei Energiekosten und die gegenwärtige Inflationsentwicklung über die reguläre Vergütung nicht mehr ausgeglichen werden könnten. Reinhardt erinnert daran, dass die in den letzten Monaten bis auf acht Prozent gestiegene Inflation bei der aktuellen Honoraranpassung für das Jahr 2023 unberücksichtigt geblieben ist. Hinzu komme, dass der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung durch das geplante GKV-Finanzstabilisierungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach rund 400 Millionen Euro entzogen werden sollen. „Wenn zusätzlich von den Praxen nun noch Kostensteigerungen für Gas und Strom von 100 Prozent und mehr gestemmt werden müssen, ist dies eine enorme Belastung. Gerade angesichts der anstehenden Grippewelle und saisonal steigender Coronazahlen im Winter muss das Gesundheitswesen krisenfest ausgestaltet werden“, so Reinhardt.

Quelle: https://www.bundesaerztekammer.de/presse/aktuelles/detail/energieschutzschirm-fuer-alle-versorgungsbereiche

Umfrage zur Online-Videosprechstunde

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Die Online-Videosprechstunde hat spätestens mit der COVID-19-Pandemie Einzug in den beruflichen der Orthopäden/Unfallchirurgen gehalten. Mit dieser kurzen Befragung möchten wir die Nutzung und Ihre Einstellung zur orthopädischen Online-Videosprechstunde nach 2 Jahren COVID-19-Pandemie im ambulanten und klinischen Umfeld erfassen: Nutzen Sie als Orthopädin/Orthopäde oder Unfallchirurgin/Unfallchirurg die O-VS und wenn ja, in welchem Umfang und auf welche Art und Weise?
 
Die Teilnahme an dieser Umfrage ist freiwillig und anonym. Mit Ihrer Teilnahme geben Sie uns gleichzeitig Ihr Einverständnis für eine wissenschaftliche Auswertung und Veröffentlichung der anonymisierten Daten.
 
Wir bedanken uns im Voraus für Ihr Engagement und Ihre Teilnahme!
 
Mit freundlichen Grüßen,
 
Dr. med. Katharina Estel

PD Dr. med. Dominik Pförringer (AG Digitalisierung DGOU)

PD Dr. med. David Back (AG Digitalisierung DGOU)
cand. med. Yasmin Youssef (AG Digitalisierung DGOU) “