Berlin. Bei Operationen zum Kniegelenkersatz wegen Gelenkverschleiß gibt es im Viertel der Kliniken mit den besten Ergebnissen nur halb so hohe Komplikationsraten wie im Viertel mit den schlechtesten Ergebnissen. Darauf weist der AOK-Bundesverband anlässlich der Veröffentlichung aktueller Ergebnisse aus dem Verfahren zur Qualitätssicherung mit Routinedaten (QSR) des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) im Gesundheitsnavigator der AOK (www.aok.de/gesundheitsnavigator) hin.
Während die Gesamt-Komplikationsrate im Viertel der Kliniken mit unterdurchschnittlichen Behandlungsergebnissen bei mindestens 6,1 Prozent lag, waren es im Viertel der Kliniken mit den besten Qualitätsergebnissen maximal 2,6 Prozent. Der Durchschnittswert für alle Fälle lag bei 4,1 Prozent. „Angesichts dieser Ergebnisse ist es auf jeden Fall sinnvoll, sich vor planbaren Eingriffen wie dem Kniegelenkersatz über die Qualitätsergebnisse und Fallzahlen der Kliniken in der Umgebung zu informieren und sich erst dann für ein Krankenhaus zu entscheiden“, sagt Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. Die Ergebnisse der aktuellen Auswertungsrunde basieren auf rund 137.000 Kniegelenkersatz-Operationen von AOK-Versicherten in den Jahren 2019 bis 2021 und sind ab heute für jede einzelne Klinik im Gesundheitsnavigator der AOK abrufbar. Hier bietet die AOK auch aktuelle Ergebnisse für weitere zwölf Behandlungsanlässe an, die im QSR-Verfahren ausgewertet werden. Um einen fairen Klinikvergleich zu gewährleisten, werden im Rahmen der Risikoadjustierung auch unterschiedliche Patienteneigenschaften wie Alter, Geschlecht oder Vorerkrankungen berücksichtigt.
Revisions-Operationen in knapp 3 Prozent aller Fälle notwendig
Besonders deutliche Unterschiede zeigen sich bei der Auswertung zu den Revisionsoperationen innerhalb eines Jahres, die durchschnittlich in 2,9 Prozent aller Fälle vorkamen: Während im Viertel der Kliniken mit den schlechtesten Ergebnissen die künstlichen Kniegelenke in mindestens 4,3 Prozent der Fälle erneut operiert werden mussten, waren im Viertel mit den besten Ergebnissen höchstens 1,7 Prozent der Patientinnen und Patienten von diesen ungeplanten Folge-OPs betroffen. Von chirurgischen Komplikationen im Nachgang zur eigentlichen OP wie Infektionen, Verletzungen der Blutgefäße, Aufreißen der Operationswunde oder Lockerung des künstlichen Gelenks waren in den „Top-Kliniken“ maximal 1,1 Prozent der operierten AOK-Versicherten betroffen, während es im Viertel der schlechtesten Kliniken mindestens 3,5 Prozent waren. Der Durchschnittswert lag hier bei 2,3 Prozent. Auch bei den Sterbefällen im Zusammenhang mit der OP, die insgesamt sehr selten vorkommen, waren Unterschiede zu verzeichnen.
AOK fordert Anhebung der Mindestmenge von 50 Operationen
Da das Kniegelenk zu den am stärksten beanspruchten Gelenken im Körper gehört, kommt es mit zunehmendem Alter häufig zu einer Abnutzung der Knorpelschicht (Arthrose). Oft sind starke Schmerzen die Folge, die nur durch eine Operation gelindert werden können. Dabei wird das verschlissene Gelenk durch eine sogenannte Endoprothese ersetzt. Künstliche Kniegelenke können – abhängig von ihrer Beanspruchung – über einen sehr langen Zeitraum funktionsfähig bleiben.
Laut Studien gibt es beim Kniegelenkersatz einen Zusammenhang zwischen der Routine der operierenden Klinik und dem Behandlungsergebnis. Daher gilt seit dem Jahr 2015 eine vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossene Mindestmenge von 50 Kniegelenk-Totalendoprothesen pro Jahr und Krankenhaus-Standort. „Eine Zusatzauswertung des WIdO zeigt, dass Kliniken mit hohen Fallzahlen – von Ausnahmen abgesehen – auch im QSR-Verfahren meist besser abschneiden als Krankenhäuser mit relativ wenigen Fällen pro Jahr“, betont AOK-Vorstand Jens Martin Hoyer. Die AOK begrüße es, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit der geplanten Krankenhausreform die qualitätsorientierte Konzentration von Klinikleistungen voranbringen wolle. „Diese Konzentration ist im Sinne der Patientensicherheit und der Versorgungsqualität dringend geboten“, so Hoyer. Die auf bestimmte Eingriffe und Operationen bezogene und laienverständliche Qualitätstransparenz des QSR-Verfahrens könne aus Sicht der AOK auch Vorbild für entsprechende Informationen im geplanten „Transparenzverzeichnis“ sein, das nächstes Jahr mit dem Krankenhaustransparenzgesetz eingeführt werden soll.
QSR-Informationen zu insgesamt 13 Operationen und Behandlungen
Informationen zur Behandlungsqualität aus dem QSR-Verfahren gibt es nicht nur für die Implantationen künstlicher Kniegelenke, sondern auch für Knieprothesenwechsel sowie für elf weitere Behandlungen. Dies sind die Implantation eines künstlichen Hüftgelenkes bei Arthrose, Operation nach hüftgelenksnahen Oberschenkelbruch, Hüftprothesenwechsel, Gallenblasenentfernung bei Gallensteinen, Blinddarmentfernung, Mandeloperation, Leistenbruch-OP, Operation bei gutartiger Prostatavergrößerung und zur Prostataentfernung bei Prostatakrebs, therapeutische Herzkatheter (PCI) bei Patienten ohne Herzinfarkt sowie kathetergestützte Aortenklappen-Implantationen (TAVI). Auch zu diesen Behandlungen sind jetzt aktuelle und laienverständlich aufbereitete Auswertungsergebnisse im AOK-Gesundheitsnavigator abrufbar. Sie werden angezeigt, wenn Nutzerinnen und Nutzer im Navigator nach Informationen zu einer dieser Behandlungen suchen.
Quelle: AOK