Berlin – Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Bundesforschungsministerin Prof. Johanna Wanka (CDU) haben am 31. März den „Masterplan Medizinstudium 2020“ beschlossen, gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Gesundheits- und Kultusministerkonferenz der Länder und Vertreterinnen und Vertretern der Koalitionsfraktionen des Bundestags. Wie er finanziert werden soll, blieb offen. Mit dem Thema der Kosten wird sich neben anderen Aspekten eine Expertenkommission unter Leitung der ehemaligen Generalbundesanwältin Prof. Monika Harms befassen. Wer noch Mitglied der Kommission sein wird, wird derzeit noch verhandelt.
Mehr Lehrpraxen als bisher einbeziehen
Der Masterplan sieht unter anderem vor, die Struktur des Praktischen Jahrs (PJ) auf Quartale umzustellen. Die Ausbildungsabschnitte in der Inneren Medizin und der Chirurgie bleiben als Pflichtquartale erhalten. Von den beiden Wahlquartalen muss eines im ambulanten vertragsärztlichen Bereich absolviert werden. Außerdem sollen Lehrpraxen zukünftig verstärkt in die Ausbildung einbezogen werden.
Viele Forderungen der Ärzteschaft wie veränderte Auswahlverfahren, Stärkung der kommunikativen Kompetenz sowie mehr Praxisorientierung des Studiums seien aufgegriffen worden, so die Bundesärztekammer in einer ersten Reaktion. Enttäuschend sei die ausgebliebene Einigung zu Finanzierungsfragen. Die dringend erforderliche Erhöhung der Studienplatzkapazitäten hätten die Verhandlungspartner auf unbestimmte Zeit vertagt. Bei der bundesweiten Etablierung von Lehrstühlen für Allgemeinmedizin gebe es lediglich eine Soll-Bestimmung.
Kritik an Maßnahmen für die Allgemeinmedizin
„Ohne einen solide finanzierten Masterplan wird es nur schwer möglich sein, auch zukünftig eine flächendeckende, hausärztliche Versorgung sicherzustellen“, gab der Deutsche Hausärzteverband zu bedenken. Und der Hartmannbund urteilte: Mit der optionalen Landarztquote, einem zusätzlichen ambulanten Pflichtabschnitt im Praktischen Jahr und einer zu einseitigen Fokussierung auf das Fach Allgemeinmedizin setze man in wichtigen Fragen eher auf Zwang und Lenkung statt auf Motivation und Freiheit.
Das Bundesforschungsministerium (BMBF) wird ein Forschungsprojekt im Zusammenhang mit dem Masterplan mit drei Millionen Euro unterstützen, wie Wanka erklärte: Von 2017 bis 2019 soll erforscht werden, wie man Sozialkompetenz und praktische Berufserfahrung von Medizinstudiumsanwärtern am besten misst und einbezieht. Mit 20 Millionen Euro wird zudem der Aufbau eines Netzwerks von Forschungspraxen in der Allgemeinmedizin vom BMBF gefördert.
Der Masterplan 2020 sieht im Einzelnen unter anderem folgende Veränderungen vor:
- Medizinstudierende sollen stärker nicht nur Wissen, sondern fächerübergreifend auch Fähigkeiten, Fertigkeiten und Haltungen erwerben. Dazu wird der Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin weiterentwickelt. Die Grundlagen für eine gute ärztliche Gesprächsführung sollen gestärkt werden. Gleichzeitig soll die Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten gefördert werden.
- Der Masterplan enthält keinen Beschluss, die Studienplatzkapazitäten für Humanmedizin zu erhöhen. Entsprechende Vorhaben einzelner Länder werden lediglich begrüßt.
- Lehrpraxen sollen zukünftig verstärkt in die Ausbildung einbezogen werden. Die Medizinischen Fakultäten sollen neue Praxen rekrutieren und Lehrärztinnen und -ärzte qualifizieren.
- Die Allgemeinmedizin und die hausärztliche Versorgung werden gestärkt. Alle Studierenden müssen am Ende ihres Studiums im Staatsexamen in Allgemeinmedizin geprüft werden. Die Struktur des Praktischen Jahrs wird auf Quartale umgestellt. Die Ausbildungsabschnitte in der Inneren Medizin und der Chirurgie bleiben als Pflichtquartale erhalten. Von den beiden Wahlquartalen muss eines im ambulanten vertragsärztlichen Bereich absolviert werden.
- Die Medizinischen Fakultäten werden aufgefordert, das Fach Allgemeinmedizin stärker in den Fokus zu rücken. Es wird erwartet, aber nicht vorgeschrieben, dass alle Fakultäten Lehrstühle für Allgemeinmedizin einrichten.
- Prüfungen im Medizinstudium werden wieder einheitlich gestaltet. Die Unterschiede zwischen Regel- und Modellstudiengängen sollen so aufgehoben werden.
- Bei der Zulassung zum Medizinstudium müssen Hochschulen neben der Abiturnote mindestens zwei weitere Auswahlkriterien anwenden. Diese sollen die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten sowie die Leistungsbereitschaft der Bewerberinnen und Bewerber einbeziehen, vorherige Tätigkeiten in medizinischen Berufen oder andere Erfahrungen im medizinnahen Bereich.
- Studienbegleitende Angebote zum aktiven Kennenlernen des Berufsalltags niedergelassener Ärztinnen und Ärzte werden begrüßt. Eine Informationsplattform des Bundesgesundheitsministeriums soll bestehende Ausbildungsmodelle und Fördermaßnahmen vor allem für Allgemeinmediziner bekannter machen.
- Eine Landarztquote wird optional vorgesehen. Der Stiftung für Hochschulzulassung wird unverzüglich die Möglichkeit eröffnet, bis zu zehn Prozent der Medizinstudienplätze vorab an Bewerberinnen und Bewerber zu vergeben, die sich verpflichten, später für bis zu zehn Jahre in der hausärztlichen Versorgung in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Regionen tätig zu sein. Diese Verpflichtung wird mit wirksamen Sanktionen abgesichert.