Berlin – „Qualität und Patientensicherheit sind Kernkompetenzen der Krankenhäuser in Deutschland. Auch der diesjährige Qualitätsreport macht einmal mehr deutlich, welch hohes Qualitätsniveau die deutschen Krankenhäuser erreicht haben: Von über 2,5 Millionen Datensätzen gibt es lediglich bei 1.761 qualitative Auffälligkeiten. Das heißt: Wir haben eine qualitativ hochwertige Quote von über 99 Prozent.“ Mit diesen Worten hat Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), zu Beginn der diesjährigen Qualitätssicherungskonferenz des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) Stellung bezogen. Dort wurde auch der neue Qualitätsreport 2016 des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) vorgelegt.
In vielen Kliniken warten Patienten offenbar noch zu lange auf die Hüft-OP
Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied im G-BA, verweist im Vorwort des diesjährigen IQTIG-Qualitätsreports darauf, dass die Ergebnisse zu den meisten Qualitätsindikatoren stabil geblieben seien. Bei 53 von 238 Indikatoren habe sich sogar eine signifikante Verbesserung gezeigt. Neun hätten sich jedoch verschlechtert. „Besorgniserregend ist der Prozessindikator zur präoperativen Verweildauer bei osteosynthetischer Versorgung einer hüftgelenknahen Femurfraktur“, schreibt Klakow-Franck. „Hier liegt der Bundeswert mit 19,7 Prozent noch weit außerhalb des höchsten tolerierbaren Werts von 15 Prozent. Das bedeutet, dass nahezu jeder Fünfte länger als maximal zulässig auf eine Operation warten musste. Dabei ist den einschlägigen Leitlinien zu entnehmen, dass Patientinnen und Patienten mit Schenkelhalsfraktur zu schnell wie möglich operiert werden sollten, da eine frühzeitige Operation innerhalb von sechs bis 24 Stunden das Risiko einer Hüftkopfnekrose halbiere.“
Kein Unterschied nach Klinikgröße oder Fallzahl
Das Problem der verzögerten Operation tritt nach Analyse der Daten bei Krankenhäusern aller Größen und Fallzahlen auf. Bei Kliniken mit weniger als 20 Fällen sind 67 Prozent rechnerisch auffällig. „Neben geringen OP-Kapazitäten, Personalmangel am Wochenende, Engpässen bei der Verfügbarkeit postoperativer Überwachungsmöglichkeiten und fehlender Standardprozeduren des Krankenhauses zum Umgang mit gerinnungshemmenden Mitteln sollen besonders Krankenhäuser mit einer hohen Anzahl von Belegoperateurinnen und -operateuren in der Regelarbeitszeit häufig nicht über zusätzliche OP-Kapazitäten verfügen, um hüftgelenknahe Frakturen zeitnah zu versorgen“, so die Analyse von Klakow-Franck weiter.
Gute Entwicklung bei Antibiotika-Prophylaxe
Im Kapitel des Reports zur hüftgelenknahen Femurfraktur mit osteosynthetischer Versorgung wird ergänzend darauf verwiesen, dass das Qualitätsziel der präoperativen Verweildauer zuletzt angepasst wurde. Für Patienten, die Medikamente aus der Gruppe der neuen Antithrombosemittel eingenommen hatten, wurde es von 24 auf 48 Stunden verlängert. Die Autoren verweisen auch darauf, dass für 2016 sechs der neun Indikatoren unverändert gegenüber 2015 waren und zwei einen positiven Trend aufwiesen. Dies betrifft zum einen die perioperative Antibiotika-Pprophylaxe, zum anderen den Trend in einzelnen Kliniken, die präoperative Verweildauer zu verkürzen.
Was die Hüftendoprothesen-Versorgung anbelangt, so betonen die Autoren des Reports eine erfreuliche Entwicklung der Qualitätsindikatoren. Bei 8 von 15 habe sich eine positive Tendenz gezeigt. Nur der Indikator „Spezifische Komplikationen bei Hüftendoprothesen-Wechsel und -Komponentenwechsel“ entwickelte sich negativ; neun Häuser wurden hier als auffällig bewertet. Das IQTIG hat vorgeschlagen, zukünftig die beiden Verfahren zusammen auszuwerten.
Baum: mangelnde Investitionen und Personalanforderungen thematisieren
„Deutlich wird, dass die gemessene und nachgewiesene Qualität viele Diskussionen über Qualitätsprobleme als überzogen und Schlechtredekampagnen entlarvt“, so Baum. „Wir müssen aufpassen, dass die Qualitätsdiskussion nicht zum Selbstzweck und zur Durchsetzung von Partialinteressen verkommt.“ Dies gelte insbesondere für immer höhere Strukturqualitätsanforderungen und unrealistische Personalausstattungsvorgaben. So müssten sich die Bundesländer beim zukünftigen Einsatz von Qualitätsindikatoren für die Krankenhausplanung fragen lassen, ob ihre unzureichende Investitionsmittelbereitstellung mit den geforderten Qualitäten in Einklang stehe. Gleiches gelte für die Kostenträger bei immer weiter steigenden Personalausstattungsanforderungen.