Wiesbaden – Der systemische Lupus Erythematodes (SLE) gehört zur Gruppe der Kollagenosen im Rahmen einer autoimmunbedingten, entzündlich-rheumatischen Grunderkrankung. Für die rheumaorthopädische Betrachtung gilt es, das Befallsmuster der rheumatisch angegriffenen und zerstörten Gelenke zu beurteilen. Typischerweise kommt es zu einem polyarthritischen Befallsmuster, jedoch kann eine Rheumatoide Arthritis (RA) auch als Mono- oder Oligoarthritis beginnen. Der SLE zeigt in unserer Gesellschaft eine Prävalenz von 12,5 – 50 Fällen auf 100.000 Einwohner und eine Inzidenz von 1,8 – 7,6 Fällen pro 100.000 Einwohnern. Bis zu 90 % der betroffenen Patienten leiden ebenfalls unter Gelenkerkrankungen. Dies reicht von gelegentlichen Gelenkschmerzen bis hin zu akuten Entzündungen mehrerer Gelenke, wobei am häufigsten die Finger, Hand und Kniegelenke betroffen sind. Die wiederkehrenden Gelenk-Entzündungen führen aber eher selten zu einer Gelenkzerstörung [1]. Kommt es jedoch zu einer erosiven und destruierenden Verlaufsform, muss diese sehr zeitnah diagnostiziert werden, um sie entsprechend zu therapieren [2, 3]. Leitlinienkonform besteht die bildgebende Kontrolle in der Anfertigung von Projektionsröntgenbildern der Hände und Füße in einer Ebene. Die komplexen Zerstörungsmuster können ggf. nicht in einem konventionellen Röntgenbild in einer Ebene ausreichend beurteilt werden. Auch in der zusätzlichen seitlichen Handgelenksaufnahme ist durch die Überlagerung der Knochenstrukturen die entsprechende Destruktion oft nicht mit der erforderlichen diagnostischen Sicherheit und Genauigkeit zu erkennen.
Eine detailliertere Darstellung knöcherner Strukturen durch eine Schnittbildgebung ohne Informationsverluste durch Projektionen ist wie bspw. in dem oben beschriebenen Fall sowie in zahlreichen anderen Indikationen der Orthopädie und Unfallchirurgie erforderlich. Aus diesem Grund verfügt die Orthopädische Gemeinschaftspraxis an der HELIOS Aukamm-Klinik in Wiesbaden seit 2013 über den digitalen Volumentomographen der SCS MedSeries® H22 Klasse (in wissenschaftlichen Publikationen als Cone Beam CT und nachfolgend als DVT oder SCS Bildgebung bezeichnet). Mit dieser steht dem Patienten unmittelbar eine Schnittbilddiagnostik innerhalb der Praxis zur Verfügung, die von den Orthopäden und Unfallchirurgen mit vorliegender Fachkunde eigenständig angewendet wird. Der Patient erspart sich den Zeitverlust durch weitere Terminketten für eine 3-D-Bildgebung außerhalb der Praxis und erhält unmittelbar eine Therapieplanung. Diese ermöglicht in ca. 20 Sekunden neben der HWS-Bildgebung zudem Aufnahmen der oberen und unteren Extremitäten wahlweise unter Ent- oder Belastung mit einer Auflösung von 0,2 mm (CT typischerweise >1mm). Dabei kann das System mit einer resultierenden effektiven Dosis, die im Bereich der des 2-D-Röntgen in 2 Ebenen liegt [4], angewendet werden und ist somit dazu in der Lage, eine sehr hohe Strahlenhygiene anzuwenden. Verglichen mit verschiedenen Multi Slice CT-Systemen liegt die resultierende Strahlendosis um bis zu 90 % niedriger [5]. Die Aufnahmen werden computergesteuert multiplanar rekonstruiert und stehen dem behandelnden Arzt in gleichzeitiger Darstellung axial, sagittal, koronal sowie in 3-D-Ansicht zur Verfügung (siehe nachfolgendes Fallbeispiel). Durch die genannten Eigenschaften werden bspw. kleinste freie Gelenkkörper, Haarrisse, erosive Usuren an den Grenzlamellenstrukturen (Knorpel-Knochenübergang), osteochondrale Läsionen, Zysten oder Impingements sichtbar.
Bei dem nachfolgend dargestellten Fall handelt es sich um eine 32-jährige Patientin mit einem ausgeprägten Gelenkbefallsmuster bei SLE. Im Rahmen des stationären Aufenthaltes bei Implantation einer OSG Prothese klagte die Patientin über massive Schwellneigung und Schmerzen im Handgelenk. Alle typischen Muster einer entzündlichen Gelenkerkrankung waren erfüllt, massive Einschränkung der Beweglichkeit mit Extension/Flexion 20-0-30°, ausgeprägte Synovialitis. Die angefertigten konventionellen Röntgenbilder des Handgelenkes in 2 Ebenen zeigten eine Veränderung im Bereich der proximalen Handwurzelreihe mit Verdacht auf erosive Veränderungen, gemäß der Larsen-Dale-Eek-Klassifikation hier ein LDE Stadium 2, ulnarer Drift der proximalen Handwurzelreihe mit entsprechender diskreter scapholunärer Dissoziation [6]. Aufgrund der nicht eindeutig zuzuordnenden knöchernen Zerstörungen erfolgte die DVT Aufnahme. In der computergestützten, multiplanaren und dreidimensionalen Rekonstruktion zeigt sich das Ausmaß der kompletten entzündlich bedingten Destruktion der proximalen Handwurzelreihe, scholliger Zerfall und Destruktion, insbesondere des Os Lunatums. Auf Basis der Bildinformationen liegt ein LDE Stadium 4 im Bereich des Handgelenkes vor. Hier besteht nun eine sehr akute OP-Indikation mit entsprechender Synovektomie und Stabilisierung des Handgelenkes mittels Arthrodese, die auf Basis der 2-D-Röntgenbilder so nicht gestellt worden wäre.
Erst durch die hochauflösende SCS Schnittbildgebung (Schichtdicke 0,2 mm) gelang die Beurteilung des Ausmaßes der Zerstörung. Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass die 2-D-Röntgenaufnahmen als Primärdiagnostik und Leitlinienvorgabe zur Beurteilung entzündlicher Erkrankungen oder Früharthritis, insbesondere an Gelenken mit überlagernden Knochenstrukturen wie dem Handgelenk, beispielhaft im vorliegenden Fall dargestellt, Limitationen hat.
Bei klinischen Hinweisen sollte, um entstehende Folgeschäden zu vermeiden, die auf mangelnder Diagnostikinformation basieren, eine Schnittbilddiagnostik mit hoher Strahlenhygiene ggf. schon als Primärdiagnostik indiziert werden. Im konkreten Fall hätte mittels DVT analog dem ALARA-Prinzip unmittelbar mit einer dem 2-D-Röntgen gleichwertigen resultierenden Strahlendosis angewendet werden können. Der Mehrwert in der Primärdiagnostik, insbesondere der Früharthritis mittels hochauflösendem DVT gegenüber der konventionellen 2-D-Radiographie kann zu einer höheren diagnostischen Sicherheit und einer verbesserten Patientenversorgung führen.
Dr. med. Markus Preis
MVZ OCWi GmbH
Orthopädie und Rheumatologie
Helios-Aukammklinik Wiesbaden
Leibnizstr. 21
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