ACP an der Wirbelsäule – eine alternative Behandlungsoption?
Infiltrationen an der Wirbelsäule mit Corticosteroiden sind eine effektive Behandlungsmethode bei degenerativen, entzündlichen Veränderungen. Wiederholte Anwendungen dieser synthetischen Substanzen sind aufgrund ihrer Nebenwirkungen jedoch umstritten. Eine Alternative hierzu bieten autologe Thrombozytenkonzentrate welche aufgrund ihrer biologischen Eigenschaften und fehlenden Nebenwirkungen von wachsendem Interesse sind. Sie haben sich in der Behandlung von Extremitätengelenksarthrosen etabliert und auch bei der Behandlung von Wirbelsäulenerkrankunge bestätigen neue Studien diese Vorteile.
Evidenzbasiert versus empirisch evident
Am Anfang neu entwickelter Behandlungsansätze steht naturgemäß die kritische und wissenschaftliche Bewertung. Aus Sicht des wissenschaftlich geschulten, aber vor allem klinisch empirisch tätigen Behandlers ergeben sich bei der Abwägung einer optimalen Behandlung stets Aspekte, die wissenschaftlich oft nicht ausreichend überprüfbar sind. Evidenzbasierte Medizin und klinische Erfahrung sollten sich letztlich idealerweise ergänzen. Die wissenschaftliche Bewertung von autologen Thrombozytenkonzentraten (Platelet Rich Plasma, PRP) hat in den letzten Jahren stark an Umfang und Aussagekraft gewonnen. Zuletzt haben sich speziell sog. leukozytenarme Plasmasuspensionen wie ACP (Autologes Conditioniertes Plasma) als besonders wirksam in der Behandlung der Entzündungsprozesse bei arthrotischen Veränderungen erwiesen. Im Vordergrund stehen hier die positiven entzündungsmodulierenden Effekte der PRPs im Vergleich zur rein antiinflammatorischen Wirkung der Steroide.
Tatsächlich zeigen sich bei der Anwendung autologer Wachstumsfaktoren vergleichbar gute Effekte auf die Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung zur Standardanwendung eines Steroids. Darüber hinaus erweist sich ACP im längeren Verlauf nachhaltig wirksam und anhaltend entzündungshemmend. Damit ist es den Steroiden deutlich überlegen, da bei diesen der entzündungshemmende Effekt nach kurzer Zeit verloren geht und somit die Injektionen entsprechend oft wiederholt werden müssen.[1]
Die Studienlage im Bereich der Wirbelsäule ist im Vergleich zur Extremitätengelenksarthrose zwar noch überschaubar, doch tatsächlich zeigen Studienergebnisse bereits seit 2017 eine sehr gute, den Steroiden ebenbürtige Schmerzreduktion bei intra- und periartikulären Facettengelenksinfiltrationen mit PRP. Darüber hinaus zeigen sich bei diesem Behandlungsansatz im Vergleich sogar länger anhaltende Effekte auf die Schmerzreduktion, Funktion und Patientenzufriedenheit als bei vergleichbaren Steroidanwendungen.[2]
Diese vielversprechenden Ergebnisse sowie die mögliche Übertragbarkeit der guten Wirksamkeit bei Arthrosen der großen und kleinen Gelenke erlauben aus Sicht des klinischen Anwenders eine Überprüfung der positiven Effekte dieser Methode und ihrer Wirksamkeit.
Autolog, biologisch und nebenwirkungsfrei
Die Vorteile einer Behandlung mit einem PRP/ ACP liegen klar auf der Hand. Der körpereigene biologische „Wirkstoff“ ist immer verfügbar, autolog und entsprechend uneingeschränkt gut verträglich. Klassische Nebenwirkungen wie auf chemische Substanzen sind nicht zu erwarten. Limitierende Kontraindikationen sind bisher nicht bekannt. Demzufolge ist die Anwendung dieser biologischen Wirkstoffe allen uns zur Verfügung stehenden Substanzen gleichwertig oder sogar vorzuziehen.
ACP an der Wirbelsäule – eine „echte“ Behandlungsalternative
Unter Berücksichtigung der dargestellten wissenschaftlich gesicherten Grundlagen und der kritischen Abwägung einer patientenorientierten Risiko-Nutzen-Relation erscheint es vielversprechend, entzündliche Veränderungen auch an der Wirbelsäule mit ACP zu behandeln.
Auf der Suche nach Optimierungsansätzen dieser Therapieformen und „echten“ Alternativen können die sehr guten Studienergebnisse der ACP-Anwendung bei der Behandlung arthrotischer Veränderungen nicht übersehen werden. Tatsächlich besticht diese biologische Methode bei vergleichbar guter Wirksamkeit auf den Arthroseschmerz und die arthrosebedingte Dysfunktion der betroffenen Gelenke vor allem durch die fehlenden Nebenwirkungen und wirkstoffbedingten Komplikationen[3].
Daher ist aus Sicht der klinischen Anwender und unserer Patienten die Anwendung von ACP an der Wirbelsäule eine „echte“, effektive und patientenfreundliche Behandlungsalternative zu den konventionellen pharmakologischen Infiltrationsbehandlungen bei arthrosebedingten Rückenschmerzen.
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[1] Huang, Orthopäde 2019:
Huang Y, Liu X, Xu X, Liu J. Intra-articular injections of platelet-rich plasma, hyaluronic acid or corticosteroids for knee osteoarthritis : A prospective randomized controlled study. Orthopade. 2019 Mar;48(3):239-247. English. doi: 10.1007/s00132-018-03659-5. PMID: 30623236
[2] Wu, Pain Physician 2016:
Wu J, Du Z, Lv Y, Zhang J, Xiong W, Wang R, Liu R, Zhang G, Liu Q. A New Technique for the Treatment of Lumbar Facet Joint Syndrome Using Intra-articular Injection with Autologous Platelet Rich Plasma. Pain Physician. 2016 Nov-Dec;19(8):617-625. PMID: 27906940
[3] Review Patel, Ortho Rev 2022:
Patel A, Koushik S, Schwartz R, Gritsenko K, Farah F, Urits I, Varrassi G, Viswanath O, Shaparin N. Platelet-Rich Plasma in the Treatment of Facet Mediated Low Back Pain: A Comprehensive Review. Orthop Rev (Pavia). 2022 Jul 27;14(4):37076. doi: 10.52965/001c.37076. PMID: 35910548; PMCID: PMC9329057.