Der BVOU nimmt Abschied von seinem langjährigen Vorsitzenden, Ehrenmitglied und Mitglied des Ehrenrats ,Dr. med. Georg Holfelder, der am 16. März 2024 in seinem 95. Lebensjahr im Kreis seiner Familie in Frankfurt/Main verstorben ist.
Georg Holfelder war einer der engagiertesten Vorsitzenden des Berufsverbands und Vertreter der Orthopädie, der ärztlichen Freiberuflichkeit und Therapiefreiheit in Klinik und Praxis.
Ein besonderes Anliegen war ihm die ärztliche Fortbildung mit besonderer Ausrichtung auf die orthopädische Praxis unter besonderer Berücksichtigung der nicht universitären orthopädischen Klinik.
Geboren in Frankfurt am Main hat Georg Holfelder dort mit kurzem Intermezzo in Posen das Lessinggymnasium besucht und 1949 das Abitur abgelegt. Es folgte das Studium der Physik und Medizin an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt, welches er 1956 mit dem medizinischen Staatsexamen abgeschlossen hat und anschließender Promotion im gleichen Jahr.
Die ärztliche Weiterbildung begann 1956 an der Weserberglandklinik in Höxter/ Westfalen mit den Schwerpunkten Innere Medizin, Neurologie und Orthopädie. Nach kurzer Zeit am Spessart-Sanatorium in Bad Orb 1958 , wurde die Weiterbildung 1959 in der Chirurgischen Klinik des Städtischen Krankenhauses Ost in Lübeck fortgesetzt und ab 1960 an der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg bei Professor Lindemann, wo Georg Holfelder seine orthopädische Weiterbildung beendete und 1963 seine Anerkennung als Facharzt für Orthopädie erhalten hat. Als fachgebundene Zusatzbezeichnungen folgten 1978 die „Physikalische Therapie“, 1979 die „Chirotherapie“ und die „Teilgebietsbezeichnung Rheumatologie“ 1981.
Niedergelassen war Georg Holfelder mit D-Arzt-Zulassung seit 1965 in Frankfurt am Main.
Mitglied des BVO war Georg Holfelder seit 1965. Ein besonderes Augenmerk galt der ärztlichen Fortbildung. Dem entsprechend hat er als Vorsitzender des BVO die jährlich wiederkehrenden Fortbildungstagungen unseres Verbandes als Qualitätselement der ärztlichen Tätigkeit organisiert und die 1969 ins Leben gerufene Reihe „Praktische Orthopädie“ von 1983 bis 1997 mit eigenem Kongressband neben den regelmäßig erschienenen „Informationen des Berufsverbands der Ärzte für Orthopädie“ herausgegeben.
Sein besonderer Verdienst war der alljährlich erscheinende ‚Wegweiser Orthopädie’ mit der Auflistung aller orthopädischen Praxen und Kliniken unter besonderer Berücksichtigung des ärztlichen Personals, von Weiterbildungsermächtigung und –umfang sowie der Kennzeichnung der Verbandsmitglieder.
Die Kooperation und zunehmende Verflechtung von BVO und DGOT hat Georg Holfelder maßgeblich mitgestaltet. Als Zeichen dieser immer enger werdenden Zusammenarbeit wurde 1988 ein erster gemeinsamer Kongress in Saarbrücken unter der Präsidentschaft von Professor Fries seitens der DGOT und Dr. Finkbeiner als Leiter der 29. Fortbildungstagung des BVO abgehalten, bis endgültig ein gemeinsamer jährlicher Deutscher Orthopäden-Kongress unter der ‚Allianz Deutscher Orthopäden’ aus BVO und DGOOC, letztmalig in Wiesbaden im Jahr 2000 stattfand. Mittlerweile kann der DKOU in Berlin durch die Fusion mit der Unfallchirurgie als größter orthopädisch/unfallchirurgischer Kongress in Europa bezeichnet werden.
Verfestigt wurde die Zusammenarbeit von BVO und DGOT durch die Gründung der „Kommission Gesamtorthopädie“, dem Vorläufer der „Allianz Deutscher Orthopäden“ als gemeinsames Gremium der geschäftsführenden Vorstände von BVO und DGOT 1996.
Während seiner Zeit als Vorsitzender des Berufsverbands ab war Frankfurt Sitz der Geschäfts-stelle des BVO.
Nach seiner 12jährigen Tätigkeit als 1. Vorsitzender blieb Georg Holfelder dem BVO/BVOU verbunden. Bezeichnender Weise war nach Beendigung seiner Vorstandstätigkeit im BVO in den unabhängigen ‚Orthopädischen Nachrichten’ der nicht unschmeichelhafte Kommentar zu lesen: Der Lotse geht von Bord!
In offenen berufspolitischen Fragen stand Georg Holfelder mit seinem Wissen gern zur Verfügung, ebenso wie er sich für die orthopädischen und fachärztlichen Belange in den Gremien der Landesärzte Hessen und der Bundesärztekammer wie auch der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen über viele Jahre auch weiterhin einsetzte.
Georg Holfelder war gern gesehener und respektierter Gast auf vielen Mitglieder-versammlungen und Kongressen: BVO/BVOU, DGOOC/DGOU und VSO/VSOU.
Auch wenn der Berufspolitik und der Vertretung der orthopädischen Praxen und nichtuniversitären Kliniken das besondere Interesse galt, war Georg Holfelder der DGOOC sehr verbunden, deren Mitglied (DGOT) er seit 1961 ebenfalls war und 2001 mit der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft geehrt wurde. Ab 1998 hat er bis zur Verlegung der Geschäftsstelle der DGOOC nach Berlin diese in der Orthopädischen Klinik Friedrichsheim in Frankfurt vorübergehend geleitet und sich dort seitdem – unterstützt von seiner Gattin mit großem Engagement bis zum 31.7.2013 der Pflege des Orthopädischen Museums angenommen.
Über die umfangreichen, fachbezogenen Aktivitäten hinaus hat sich Georg Holfelder grundsätzlich für die Vertretung fachärztliche Interessen engagiert. Er hat den BVO in der Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände (GFB) vertreten und war Ihr Präsident von 1987 bis 1999 und ist zu ihrem Ehrenpräsident ernannt worden. Durch seine Präsidentschaft hat er die deutschen Fachärzte im europäischen Facharztverband „Union Européenne des Médecines Spécialistes“ (UEMS) bzw. „European Union of Medical Specialists“ vertreten, ebenso in der Akademie der Gebietsärzte der Bundesärztekammer und als Hesse in der Hessischen Landesärztekammer, für die er als Delegierter an vielen Deutschen Ärztetagen teilgenommen hat und von 1984 bis 2000 Mitglied des Präsidiums war. Seit 1984 bis zur Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit war er zudem Abgeordneter der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. Seine Präsens und Mitarbeit in diesen bedeutungsvollsten Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung dürfte sich auf die Tätigkeit als Vorsitzender des Berufsverbands für die Orthopädie nur positiv ausgewirkt haben.
Sein engagiertes und unermüdliches Wirken hat Georg Holfelder nicht nur die bereits genannten und verdienten Ehrentitel zu Teil werden lassen. Die Landesärztekammer Hessen verlieh ihm 1989 die Richard-Hammer-Medaille und 1994 die Ehrenplakette in Silber. 1995 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 2001 das Verdienstkreuz 1. Klasse. Georg Holfelder wurde mit zahlreichen Ehrenmitgliedschaften geehrt, wie der Gesellschaft Medizinischer Assistenzberufe für Rheumatologie 2002 wurde Ihnen mit der Verleihung der Paracelsus-Plakette die höchste Auszeichnung der Deutschen Ärzteschaft zuteil.
Als Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands des BVO seit 1988 habe ich Georg Holfelder als engagierten Kollegen, als entschiedenen und in den ärztlichen Gremien vernetzten Influenzer in berufspolitischen Belangen der Orthopädie und Fachärzteschaft kennengelernt. Dies gilt insbesondere auch der Vertretung so grundlegender und bedeutender Grundwerte unserers ärztlichen Handelns wie Freiberuflichkeit, Therapiefreiheit, berufliche Unabhängigkeit und dem Motto: ‚ambulant vor stationär’.
Georg Holfelder war einer der großen berufspolitischen Vertreter der Orthopädie. Ihm gilt der besondere Dank des BVOU sowie von DGOOC und DGOU.
Wir werden ihn in ehrender Erinnerung behalten.
Dr. med. Siegfried Götte
Berg am Starnberger See
Präsident BVOU: 2001 – 2009
Mitglied Geschäftsführender Vorstand seit 1988
Ehrenmitglied
Mitglied Ehrenrat