Hyaluronsäure ist ein Glykosaminoglykan und wichtiger Bestandteil der extrazellulären Matrix des Bindegewebes sowie der Synovialflüssigkeit (siehe Tab. 1)
Abb. 1 Strukturformel (C14H21NO11) mit der Disaccharid-Wiederholungseinheit der Hyaluronsäure (-4GlcUAβ1-3GlcNAcβ1-)n, Molare Masse des Dimers: 401,3 Da [1]
Hyaluronsäure ist ein natürlich vorkommendes Polymer aus Disaccharid-Einheiten von D-Glucuronsäure und N-Acetyl-D-Glucosamin. In den langkettigen Polymeren ist die Glucuronsäure abwechselnd β(1→3)- und β(1→4) glykosidisch an das N-Acetyl-D-Glucosamin geknüpft. In physiologischer Salzlösung nehmen diese zufällige räumliche Sekundärstrukturen an, die stark hygroskopisch sind und mehrere Liter Wasser pro Gramm binden können: DIE entscheidende Eigenschaft, um extrazelluläre Räume auszufüllen.
Hyaluronsäuren mit Molekulargewichten von mehreren tausend Kilo Dalton (kDa) erfüllen in der extrazellulären Matrix vieler verschiedener Gewebe zahlreiche Funktionen, insbesondere in der Haut und der Synovialflüssigkeit von Wirbeltieren.
Tabelle 1: Vorkommen von Hyaluronsäure |
Nabelschnur |
Glaskörper des Auges |
Grundsubstanz des Bindegewebes |
Synovialflüssigkeit |
In minimaler Konzentration auch in anderen Organen |
Die synoviale Hyaluronsäure wird dabei von spezialisierten Zellen des Knorpels (Chondrozyten) und der Gelenkhaut (Synovialis) gebildet. In den Gelenken hat Hyaluronsäure mehrere Aufgaben (Abb. 2), die im Folgenden kurz beschrieben werden.
Abb. 2
Hyaluronsäure wirkt bei Gelenkbewegungen wie ein Schmierfilm, der sich allerdings mit den einwirkenden Scherkräften verändert: Die Viskoelastizität nimmt ab, wenn die Scherkräfte stärker werden. In Ruhe ist die Viskosität der Synovia hoch: Die Hyaluronsäure-Moleküle „falten“ sich zusammen, haften dabei am Gelenkknorpel und erfüllen im Zusammenwirken mit dem Knorpel eine Stütz- und Stoßdämpfer-Funktion. Wenn dagegen schnelle Scherbewegungen im Vordergrund stehen, wie etwa beim Laufen, wird die Viskosität der Hyaluronsäure herabgesetzt und dadurch die Reibung verringert. Durch ihre hochmolekulare Gestalt bleibt sie aber viskös genug, um nicht wie Wasser aus dem Gelenk herausgepresst zu werden[2]. Auch die viskösen Eigenschaften des Gelenkknorpels selbst hängen von Hyaluronsäure in der Knorpelmatrix ab, da sie die räumliche Anordnung der Proteoglykane in dieser Matrix definiert und hier ebenfalls große Mengen Wasser bindet. So gibt der Gelenkknorpel unter Belastung Wasser ab und nimmt dieses nach Entlastung wieder auf, was der Funktion eines Stoßdämpfers entspricht. Dieses Wasser geht bei Belastung des Gelenkes in die Synovialflüssigkeit über und steigert damit deren Viskosität. Bei Bewegungen eines gesunden Gelenkes reißt deshalb der „Schmierfilm“ der Gelenkflüssigkeit auch bei hohen Scherkräften nicht ab und die Bewegung kann ohne Schädigungen der Knorpeloberfläche ablaufen[3]. Schon allein aus diesem Grund ist eine ausreichende Menge von Hyaluronsäure für eine physiologische Gelenkfunktion unverzichtbar.
Verhinderung von Wasserverlust
Durch die hohe Wasserbindungskapazität besitzt Hyaluronsäure augmentative Funktionen. Dadurch wird Wasser im Gelenk gehalten und dieses somit insgesamt stabilisiert[i]. Auf diese Weise trägt Hyaluronsäure zur „Abdichtung“ der Gelenkkapsel bei, denn der Druck, dem das Gelenk bei Bewegung ausgesetzt ist, kann das in Hyaluronsäure gebundene Wasser nicht aus dem Gelenkspalt pressen.
Neben diesen Funktionen erfüllt Hyaluronsäure im Gelenk noch weitere Aufgaben:
Analgesie durch Coating von Nozizeptoren in der Synovialis
In der Synovialis liegen Nozizeptoren, die Schmerzempfindungen initiieren, sobald das Gelenk unphysiologisch überlastet wird. Diese Nozizeptoren werden wahrscheinlich auf molekularer Ebene durch Hyaluronsäure überdeckt („Coating“). Diese Funktion macht Sinn, um im gesunden Gelenk eine Überlastung zu verhindern, sobald die Coating-Funktion durch Hyaluronsäure – etwa durch zu hohe Scherkräfte – nicht mehr vollständig aufrechterhalten wird. Im pathologischen Fall nimmt die Schmerzbelastung zu, wenn die Hyaluronsäure-Konzentration im Gelenk abnimmt.
Filter- und Scavengerfunktion
Möglicherweise verhindert die Hyaluronsäure im Gelenkspalt auch die Diffusion verschiedener Zellbestandteile und neutralisiert freie Radikale und höher molekulare Zytokine, so dass ihr eine Art Filter- und Entsorgungsrolle zukommt.
Quellen:
[1] Knöpfel S in: Noack W, Blickpunkt Hyaluronsäure. Aesopus Verlag, Stuttgart 2002
[2] Cascone P et al. Hyaluronic acid`s biomechanical stabilization function in the temporomandibular joint. J Craniofac Surg. 2002;13:751-754
[3] Kuo JW. Practical Aspects of Hyaluronan Based Medical Products. Boca Raton, London, New York: Taylor & Francis Group LLC; 2006