Berlin – Niedergelassene Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie hätten gern mehr Zeit für jeden einzelnen ihrer Patienten. Zudem sind sie unzufriedener mit ihrer wirtschaftlichen Situation und fühlen sich ausgebrannter als Kollegen anderer Fachgruppen. Das geht aus dem jüngsten Ärztemonitor hervor.
Zum dritten Mal seit 2012 haben der NAV-Virchow-Bund und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) den Ärztemonitor in Auftrag gegeben. Ende Oktober wurden die Ergebnisse der deutschlandweit größten Befragung von Ärzten und Psychotherapeuten in Berlin vorgestellt. Knapp 11.000 niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten, darunter 263 Orthopäden, befragte das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) zu Themen rund um die Praxis. Dabei ging es neben allgemeinen Arbeitsbedingungen und der wirtschaftlichen Situation vor allem auch um die Zufriedenheit mit der eigenen Arbeit.
95 Prozent haben Freude am Beruf
„Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen engagieren sich Tag für Tag unter schwierigen Rahmenbedingungen für ihre Patienten“, erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV. „Es ist bemerkenswert, dass die Zufriedenheitswerte mit der eigenen Arbeit seit der ersten Befragung im Jahr 2012 unverändert hoch ausgefallen sind.“
So geben 96 Prozent aller Befragten an, Spaß am Beruf zu haben. Insgesamt 92 Prozent sind mit ihrer Arbeit zufrieden. Ähnliche Werte zeigen sich auch bei der Fachgruppe der Orthopäden: 95 Prozent geben an, Spaß an ihrem Beruf zu haben. Die Zufriedenheit mit der Arbeit liegt hier bei 89 Prozent. „Das zeigt, dass die ärztliche und psychotherapeutische Arbeit mit den Patienten sehr motiviert“, so der KBV-Chef.
72 Prozent haben zu wenig Zeit für jeden Patienten
Dennoch gebe es einige kritische Brennpunkte für die Niedergelassenen, bemerkte Gassen und nannte hierbei unter anderem den zunehmenden Zeitmangel in der Patientenversorgung. Ausreichend Zeit für die Behandlung jedes Patienten haben demnach nach eigener Einschätzung nur 43 Prozent aller befragten Haus- und Fachärzte. Bei den Orthopäden sind es sogar nur 28 Prozent.
Bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 55,7 Stunden und 61,1 behandelten Patienten am Tag fühlen sich 39 Prozent der befragten Orthopäden durch ihre Arbeit ausgebrannt. Damit liegen sie deutlich über dem Durchschnitt: Die Wochenarbeitszeit aller befragten Haus- und Fachärzte beträgt durchschnittlich 52,2 Stunden und sie behandeln 44,6 Patienten pro Tag. Insgesamt 30 Prozent von ihnen geben an, sich durch ihre Arbeit ausgebrannt zu fühlen.
Unzufrieden mit wirtschaftlicher Situation
Darüber hinaus schneiden die niedergelassenen Orthopäden auch im Bereich der finanziellen Zufriedenheit schlechter ab als ihre Kollegen aus anderen Fachgebieten. Mit der wirtschaftlichen Situation der Praxis sind insgesamt 68 Prozent aller befragten Haus- und Fachärzte zufrieden. Bei den Orthopäden sind es nur 46 Prozent. Auch die Zufriedenheit mit dem monatlichen Einkommen ist bei den Orthopäden merklich niedriger (52 Prozent) als in der Gesamtheit der befragten Ärzte (64 Prozent).
Diese Entwicklung gebe Anlass zur Sorge, sagte Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des NAV-Virchow-Bundes: „Der Anstieg bei den Zufriedenheitswerten verläuft nicht für alle Fachgruppen gleich. Während die Hausärzte seit 2012 ein erfreuliches Plus verzeichnen konnten, halten insbesondere die grundversorgenden Fachärzte bei dieser Entwicklung nicht Schritt. Das darf angesichts des zunehmenden Ärztemangels gerade in den ländlichen Regionen nicht zum Dauerzustand werden.“
Nachfolgersuche für Orthopäden etwas einfacher
Herausforderungen sehen viele Niedergelassene in diesem Kontext auch bei der Nachbesetzung ihrer Praxen – obgleich es den Orthopäden laut der Befragung etwas leichter fällt als vielen anderen Facharztgruppen, einen Nachfolger zu play online slots for real money finden. Etwa ein Viertel der selbstständigen Haus- und Fachärzte, ebenso wie ein Viertel der befragten Orthopäden, möchte aus Altersgründen in den kommenden fünf Jahren in den Ruhestand gehen. Während 50 Prozent der Orthopäden bereits Erfolg bei der Nachfolgersuche hatten, sind es in allen Fachgruppen durchschnittlich 43 Prozent. Die Hälfte der Orthopäden auf Nachfolgersuche empfindet es als schwierig, ihre Praxis nachzubesetzen. Demgegenüber sind es in allen Fachgruppen durchschnittlich sogar 71 Prozent, die Schwierigkeiten dabei haben, einen Nachfolger zu finden.
Um die Versorgung in Zukunft sicherstellen zu können, sei insbesondere die ambulante Weiterbildung von großer Bedeutung, betonte Heinrich. „Nur wenn genug junge Ärzte einen Teil ihrer Assistenzzeit in den Praxen absolvieren, finden sich später ausreichend Anwärter für die Praxisnachfolge“, so der NAV-Vorsitzende. Laut Ärztemonitor 2016 haben 37 Prozent der Befragten eine Weiterbildungsermächtigung. Umgerechnet auf die Gesamtzahl der Vertragsärzte könne damit von über 53.000 ambulanten Weiterbildungsstellen ausgegangen werden. „Einen Flaschenhals, wie von vielen befürchtet, gibt es in der ambulanten Weiterbildung nicht“, so Heinrich. Unter den befragten Orthopäden verfügen 46 Prozent über eine Ermächtigung zur Weiterbildung. Ebenfalls 46 Prozent von ihnen planen, in den nächsten fünf Jahren einen Weiterbildungsassistenten zu beschäftigen.