Seit langem erwartet, doch es tut sich rein gar nichts: Die Rechtsverordnung zur speziellen sektorengleichen Vergütung von Operationen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) steht bereits seit nunmehr drei Monaten aus.
„Wir erhalten fast keine Informationen – und das, was wir hören, kann leider nur den Schluss zulassen, dass Politik komplett mutlos geworden ist. Die Förderung der Ambulantisierung hatte sogar Einzug in den Koalitionsvertrag gefunden. Doch nun droht das Ganze zum Rohrkrepierer zu werden“, erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
„Offenbar plant das Bundesgesundheitsministerium, eine verschwindend kleine Zahl von Eingriffen, die anscheinend nur bedingt in der vertragsärztlichen Versorgung angesiedelt werden können, dahingehend überprüfen zu lassen, ob diese nicht doch ambulant erbracht werden können. Diese Überprüfung soll unter anderem das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) vornehmen. Das wirkt – wenn es denn so sein sollte – wie eine Alibiveranstaltung. Der Bundesgesundheitsminister schert sich offenbar nicht um das, was die Regierungskoalition vereinbart hat“, sagte Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa).
Gemeinsam mit dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC) betonen KBV und SpiFa, dass mit gleichen Zugangsvoraussetzungen und gleicher Vergütung ein echter Wettbewerb möglich wäre. „Wir hätten uns auf diesen Wettbewerb mit den berühmten gleich langen Spießen gefreut. Doch daraus droht nun nichts zu werden. Im Gegenteil: Offenbar will Politik die bestehenden Verhältnisse zementieren, dabei ist es in der Wissenschaft unbestritten, dass in Deutschland im internationalen Vergleich viel zu viele Eingriffe noch ausschließlich stationär durchgeführt werden – zu deutlich höheren Kosten“, betonten Gassen und Heinrich.
In zahlreichen wissenschaftlichen Gutachten würden zudem tausende Eingriffe benannt, die sich auch ambulant durchführen ließen. Sowohl KBV als auch SpiFa hatten dazu Vorschläge unterbreitet. „Wir fordern Minister Lauterbach und sein Ministerium auf, die dringend notwendige Förderung der Ambulantisierung umzusetzen. Ansonsten müssen wir davon ausgehen, dass man daran im BMG kein Interesse hat und die ambulante Versorgung sogar schwächen will“, so Gassen und Heinrich abschließend.
Zum Hintergrund: Der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die KBV hatten Anfang April das BMG darüber informiert, dass in der vom Gesetzgeber vorgegebenen Frist im Rahmen dreiseitiger Verhandlungen keine Einigung erzielt werden konnte. „Damit wurde erneut eine Chance vertan, die Ambulantisierung stationärer Leistungen, die eigentlich ambulant vorgenommen werden können, voranzutreiben“, kommentierte damals bereits KBV-Chef Gassen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband hätten kein ernsthaftes Interesse gezeigt, hier zügig voranzukommen.
Nach dem Scheitern der Verhandlung ist das BMG am Zug. Es ist gesetzlich ermächtigt (§ 115f Abs. 4 SGB V), durch Rechtsverordnung die spezielle sektorengleiche Vergütung und die zu vereinbarenden Operationen zu bestimmen.
Quelle: KBV/SpiFa