Berlin – Zwei Stunden für Bürokratie: soviel Zeit und mehr benötigt ein Großteil der angestellten Ärztinnen und Ärzte laut einer aktuellen Umfrage jeden Tag für Datenerfassung, Dokumentation und Organisation. Ausreichend Zeit für den Patienten bleibt dabei immer seltener, wie der aktuelle MB-Monitor 2017 zeigt. Die bundesweite Online-Umfrage zur Arbeitssituation angestellter Ärztinnen und Ärzte wurde vom Institut für Qualitätsmessung und Evaluation (IQME) unter 6.200 Mitgliedern des Marburger Bundes (MB) durchgeführt.
Mehr Zeit für Privatleben und Familie, Abbau von Bürokratie und mehr Personal im ärztlichen wie pflegerischen Dienst – diese Forderungen stehen laut MB-Monitor ganz oben auf der Prioritätenliste angestellter Ärztinnen und Ärzte. Der hohe Arbeitsdruck in den Krankenhäusern, die schlechte Personalsituation und die zunehmende Belastung durch Verwaltungstätigkeiten raube den Ärzten wichtige Zeit, die sie für ihre eigentlichen Aufgaben benötigten. So erklären zwei Drittel der befragten Krankenhausärzte, dass ihnen für die Behandlung ihrer Patienten nicht ausreichend Zeit zur Verfügung steht.
Entbürokratisierung hat für viele Priorität
Jeder vierte Arzt im Krankenhaus verbringt inzwischen mehr als drei Stunden pro Tag mit Verwaltungstätigkeiten, die über rein ärztliche Aufgaben hinausgehen. Je ein Drittel schätzt den täglichen Zeitaufwand für administrative Tätigkeiten auf ein bis zwei Stunden oder zwei bis drei Stunden. Nur 11 Prozent beziffern den Zeitaufwand für Datenerfassung, Dokumentation und Organisation auf weniger als eine Stunde täglich.
Der Abbau von Bürokratie hat für die meisten Ärzte hohe Priorität: Für 70 Prozent der Ärzte im Krankenhaus ist eine solche Entbürokratisierung „sehr wichtig“ (44 Prozent) oder sogar „am wichtigsten“ (26 Prozent). „Die Bürokratie erstickt die ärztliche Arbeit. Durch den grassierenden Kontroll- und Dokumentationswahn wird ungeheuer viel ärztliche Arbeitskraft gebunden und wertvolle Arbeitszeit verschwendet, die wir für die Patientenbehandlung brauchen. Ich verstehe die Ergebnisse des MB-Monitor 2017 deshalb auch als Auftrag an Politik und Selbstverwaltung, die Entbürokratisierung der ärztlichen Tätigkeit endlich stärker voranzutreiben“, sagte Rudolf Henke, 1. Vorsitzender des Marburger Bundes.
Personalmangel führt zu häufigen Überstunden
Neben dem Abbau von Bürokratie wünscht sich ein Großteil der Befragten außerdem mehr Personal, sowohl im ärztlichen Dienst als auch in der Pflege. Drei Viertel der Befragten halten mehr Personal im pflegerischen Dienst für „sehr wichtig“ (52 Prozent) oder „am wichtigsten“ (23 Prozent). Fast genauso wichtig ist den Ärzten die Personalaufstockung in der eigenen Berufsgruppe („sehr wichtig“: 49 Prozent, „am wichtigsten“: 23 Prozent). „Ohne zusätzliches Personal im ärztlichen wie pflegerischen Dienst wird sich an der Überlastungssituation nichts ändern. Deshalb brauchen wir dringend verbindliche Personalvorgaben in den Krankenhäusern“, so Henke.
Der Personalmangel führe dazu, dass Ärztinnen und Ärzte sehr viel mehr arbeiten müssen, als sie eigentlich wollen: 90 Prozent der befragten Ärzte wünschen sich eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von maximal 48 Stunden, um ausreichend Zeit für Familie und Privatleben zu haben. Die tatsächliche Wochenarbeitszeit liegt aber wesentlich höher: Die meisten Ärzte (40 Prozent) sind 49 bis 59 Stunden pro Woche im Einsatz, jeder fünfte hat sogar eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 60 bis 80 Stunden inklusive aller Dienste und Überstunden.
Quelle: Marburger Bund