Berlin – Der Bundestag hat das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen am 14. April mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen verabschiedet. Die Grünen enthielten sich, die Linke stimmte dagegen. Verbesserungsvorschläge aus der Ärzteschaft wurden aufgenommen.
Nicht jede Praline hat Folgen
Das betonte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. med. Andreas Gassen, in einer Stellungnahme: „Kooperationen im Gesundheitswesen werden nicht mehr in der Weise unter den Generalverdacht korruptiven Verhaltens gestellt, wie dies ursprünglich einmal vorgesehen war.“ Rudolf Henke, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Marburger Bunds, erklärte in der Bundestagsdebatte: „Wer glaubt, dass jetzt jeder Bleistift, jeder Kugelschreiber und jede Praline, die irgendjemand in der Praxis hinterlässt, zur Strafbarkeit führt, der irrt.“
Es handele sich auch nicht um ein „Sonderstrafrecht, das speziell eine Berufsgruppe treffen würde“. Welche Auswirkungen das neue Gesetz auf den Berufsalltag von Orthopäden und Unfallchirurgen haben kann, ist Thema mehrerer Veranstaltungen während der Jahrestagung der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen vom 28. bis 30. April in Baden-Baden.
Keine Bezugnahme auf berufsrechtliche Pflichten mehr
Mit dem Anti-Korruptionsgesetz wird ein neuer Paragraf 299 a ins Strafgesetzbuch eingefügt. Er ermöglicht es, Bestechung und Bestechlichkeit für alle Heilberufe zu ahnden. Wer Vorteile annimmt oder fordert, kann zukünftig mit einer Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren belangt werden. Gestrichen wurde zuletzt der Passus, der eine Strafbarkeit mit dem Bezug auf die Verletzung berufsrechtlicher Pflichten gekoppelt hatte. Experten hatten gewarnt, dies könne zu Rechtsunsicherheit und Ungleichbehandlung führen. Denn das ärztliche Berufsrecht sei von Bundesland zu Bundesland etwas anders geregelt.
Eingefügt wurde ein Passus, der Korruption im Gesundheitswesen als sogenanntes Offizialdelikt und nicht wie ursprünglich vorgesehen als Antragsdelikt vorsieht. Entsprechende Taten müssen nun grundsätzlich im Verdachtsfall von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden und nicht, wie ursprünglich geplant, nur auf einen Strafantrag hin.
Klarheit für gewünschte Kooperationen
Der CDU-Abgeordnete Dr. Jan-Marco Luczak hatte in der Debatte im Bundestag betont, „dass wir klar abgrenzen wollen zwischen verbotener Korruption und der erlaubten, ja gewünschten Kooperation im Gesundheitswesen“. Man wolle „nichts unter Strafe stellen, was dem medizinischen Fortschritt dient“. Auch habe man den Verweis auf die Berufsausübungspflichten mit guten Gründen am Ende unterlassen: „Denn damit hätte man unter Umständen die Situation erfasst, dass ein Arzt sich etwa ein zu großes Praxisschild an die Tür hängt.“
Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast rügte die Entkoppelung von berufsrechtlichen Vorgaben: „Mit Verlaub, Herr Luczak, mit etwas mehr Bemühen hätte man zum Beispiel Praxisschilder und andere Dinge von der Regelung ausnehmen können.“ Auch gebe es nun keinen umfassenden Schutz vor unsinnigen Behandlungen allein aus monetären Interessen; hier sei die Koalition „dem Lobbydruck erlegen“. Mehrere Fachleute hatten im Vorfeld der Abstimmung moniert, dass das Gesetz nun eher dem wirtschaftlichen Schutz von Wettbewerbern im Gesundheitswesen diene als dem von Patienten.
Der SPD-Abgeordnete Dirk Wiese betonte hingegen in der Debatte: „Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient darf nicht dadurch gefährdet werden, dass über ihm das Damoklesschwert des Korruptionsverdachts schwebt.“ Sein Fraktionskollege Dr. Edgar Franke ging auf die Kritik an den Gesetzesänderungen ein und stellte klar: „Ich glaube, es ist kein zahnloser Tiger, was uns vorliegt.“ Er selbst habe sich aber auch gewünscht, „dass im Strafgesetzbuch der Patientenschutz präziser gefasst worden wäre.“ Sabine Rieser