Berlin – Immer noch besteht sowohl bei Krankenhäusern als auch bei Niedergelassenen große Unsicherheit, welche Auswirkungen die neuen Regelungen des Antikorruptionsgesetzes auf verschiedene Kooperationsformen haben. Damit es an der Schnittstelle von ambulant und stationär nicht zum Korruptionsversdacht kommt, brauche es vor allem einen kritischen Blick auf bestehende Verträge, eine saubere und vollständige Dokumentation gelebter Vereinbarungen und Transparenz im Hinblick auf die Festlegung der Vergütung, betonten Rechtsexperten im Rahmen einer Informationsveranstaltung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Ende April in Berlin.
DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum hob hervor, dass die vom Gesetz gewünschten und zum Teil sogar vorgegebenen Kooperationen nicht durch die neuen Straftatbestände konterkariert werden dürften. So sei die Abgrenzung zwischen noch zulässiger Kooperation und möglicherweise schon strafrechtlich relevanter Korruption für die Kliniken schwer einzuschätzen. Große Unsicherheit auf Leistungserbringerseite bestehe vor allem bezüglich der Frage, ob gelebte Verträge mit niedergelassenen Ärzten weiterhin ohne Probleme fortgesetzt werden könnten. Dies betrifft beispielsweise Kooperationen zur Durchführung von stationären und ambulanten Behandlungen (§ 115b SGB V) sowie die Zusammenarbeit im stationären Sektor.
Krankenhäuser auf Kooperationen mit Niedergelassenen angewiesen
„Ohne derartige Kooperationen kommt quasi kein Krankenhaus aus. Es muss daher glasklar sein, was unter Berücksichtigung der Neuregelung im Strafgesetzbuch bei neuen Kooperationen zu beachten ist, um nicht in die Korruptionsfalle zu tappen“, so Baum. Zwar werde im Gesetz auf den Schutz besonderer Versorgungsverträge explizit hingewiesen. Da aber eine präzise Formulierung fehle, bestehe bei den Kliniken die Sorge, dass es zu Verdächtigungen kommen könne. Dies sei kontraproduktiv und das Gegenteil dessen, was sich der Gesetzgeber unter sektorenübergreifender Versorgung – als eines der Ziele im Gesundheitswesen – vorgestellt habe. „Die Krankenhäuser sind daher gut beraten, sämtliche ihrer derzeit bestehenden Kooperationen zu überprüfen“, empfahl Baum.
Was es dabei insbesondere zu beachten gilt, erläuterten verschiedene Experten im Rahmen der DKG-Veranstaltung „Kooperation oder Korruption? Zusammenarbeit von Krankenhäusern und externen Leistungserbringern im Lichte der neuen §§ 299a ff. StGB“ am 28. April in Berlin.
Der Patientenautonomie Rechnung tragen
Prof. Dr. jur. Hendrik Schneider vom Lehrstuhl für Strafrecht der Universität Leipzig wies darauf hin, dass in der Zusammenarbeit von Krankenhäusern und Niedergelassenen insbesondere das Tatbestandsmerkmal der „Zuführung von Patienten“ (§§ 299a Nr. 3, 299b Nr.3 StGB) eine Rolle spiele. „Um hier kein Risiko einzugehen, sollten Niedergelassene auf ihr Wording in Aufklärungsgesprächen achten und der Patientenautonomie Rechnung tragen“, so Schneider. Auch wenn Kooperationen mit bestimmten Kliniken bestünden, sollten Ärzte ihren Patienten immer auch Alternativen aufzeigen und den Verlauf des Gesprächs in jedem Fall dokumentieren. Kliniken wiederum sollten ihre Kooperationspartner auf Einweisungsrichtlinien hinweisen und die Verpflichtung des Arztes, keine gezielte Lenkung von Patienten vorzunehmen, mit in den Arbeits- oder Honorarkooperationsvertrag aufnehmen.
Transparente Vergütung
Andreas Wagener, Rechtsanwalt und stellvertretender Hauptgeschäftsführer der DKG, stellte heraus, dass im Rahmen einer Kooperation neben einer Vorteilsgewährung immer auch eine unlautere Bevorzugung vorliegen müsse, damit eine Unrechtsvereinbarung und damit eine strafbare Handlung vorliege. Um festzustellen, ob es sich um eine Unrechtsvereinbarung handelt, wird dabei häufig als ein Kriterium das der angemessenen Vergütung herangezogen. Denn gerade hier komme es häufig zum Verdacht einer unlauteren Bevorzugung in Form einer verdeckten Zuweiserprämie, erklärte Wagener. „In jedem Fall sollte die Bestimmung der Vergütung für eine erbrachte Leistung transparent und für Außenstehende nachvollziehbar erfolgen“, betonte er. Bei der Höhe der Vergütung sollten sich Kliniken daher an den Gebührenordnungen, Fallpauschalen oder dem Gehalt der angestellten Krankenhausärzte orientieren, so Wagener.
Kooperationen klar dokumentieren und entsprechend leben
Auch der Staatsanwalt Robert Kinzler aus München hob hervor, dass Transparenz und eine saubere, vollständige Dokumentation zentral dafür seien, einen Anfangsverdacht gar nicht erst aufkommen zu lassen: „Alle Absprachen oder Vertragsänderungen sollten schriftlich fixiert werden.“ Zudem empfahl Kinzler, bestehende Verträge den zuständigen Landesärztekammern vorzulegen.
Aber: Nicht nur die Verträge allein spielten eine Rolle, sondern auch, wie Kooperationen tatsächlich gelebt würden, sagte der Kölner Rechtsanwalt Prof. Dr. Michael Tsambikakis. Er empfahl den Kliniken eine „schonungslose Risikoanalyse“ und eine aktive Korruptionsprävention. Dafür sei insbesondere eine genaue Kenntnis des eigenen Hauses und sämtlicher Kooperationsverträge, gerade auch älterer, seit langem bestehender Verträge, notwendig, um Risiken zu erkennen und abstellen zu können.