Alle Beiträge von Sabine Rieser

Debatte um Fernbehandlungsverbot

Berlin – Als einen „deutlichen Fingerzeig“ hat der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, das Ergebnis einer aktuellen Umfrage seines Verbands zum Thema Fernbehandlungsverbot gewertet. Rund 60 Prozent der über 3.800 Umfrageteilnehmer hätten sich skeptisch in Bezug auf Pläne der Bundesärztekammer geäußert, auf dem Deutschen Ärztetag in Erfurt das Fernbehandlungsverbot weiter zu lockern. Allerdings fehlen Angaben zur Repräsentativität der Studie. Hingewiesen wird darauf, dass fast die Hälfte der Antwortenden Medizinstudierende waren.

Nahezu zeitgleich hat der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) die intelligente Nutzung neuer Technologien in der medizinischen Versorgung gefordert: „Beispielsweise könnten durch die Lockerung des Fernbehandlungsverbotes die Chancen der Digitalisierung besser genutzt werden.“ Als einen Bereich nennt der Verband die Wundversorgung mit Hilfe von Bildübertragungen von Wunden an den behandelnden Arzt und gemeinsame Videosprechstunden mit Wundspezialisten.

Baden-Württemberg erprobt eine Lockerung in vier Modellvorhaben

Die Lockerung des Fernbehandlungsverbots wird derzeit in Modellprojekten der Landesärztekammer Baden-Württemberg erprobt. Im Sommer 2016 hatte die Kammer – bundesweit bis heute einmalig – dafür ihre Berufsordnung geändert. Bis dahin war die ausschließliche Behandlung über Kommunikationsnetze untersagt; (Video-) Telefonie durfte immer nur mit Patienten erfolgen, die der Arzt oder die Ärztin bereits kannte.

Im Oktober 2017 genehmigte die Landesärztekammer das bundesweit erste Modellprojekt zur ausschließlichen Fernbehandlung von Privatversicherten, das von der Teleclinic GmbH aus München getragen wird. Im Dezember 2017 erhielt die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg die Genehmigung, die ausschließliche Fernbehandlung von Kassenpatienten zunächst in den Modellregionen Tuttlingen und Stuttgart zu erproben. Ende Februar wurden zwei weitere Modellprojekte erlaubt. Für eines des Justizministeriums Baden-Württemberg sollen Gefangene in Justizvollzugsanstalten telemedizinisch betreut und behandelt werden. Für ein weiteres erprobt der deutsche Ableger des schwedischen Gesundheitsversorgers KRY die Fernbehandlung.

Vorstand: Generalablehnung ist falsch

Dr. Frank J. Reuther, Mitglied des Vorstands der Ärztekammer Baden-Württemberg, hatte Mitte März bei einem Fachforum des Marburger Bundes die Beweggründe der Kammer erläutert. Anstoß für die Änderung der Berufsordnung und die Genehmigung der Modelle sei gewesen, dass mehrere Ärzte in Südbaden für den Schweizer Anbieter Medgate arbeiten wollten, der Fernbehandlung anbiete. Die Frage sei gewesen, wie man damit umgehe. Die Kammer habe sich für eine Lösung entschieden, die einen geringen Eingriff und eine hohe Absicherung bedeute. Sie habe eine Projektgruppe Fernbehandlung gegründet, es gebe ein relativ kompliziertes Antragsverfahren. Das Projekt soll nach den Worten Reuthers einen Erkenntnisgewinn bringen, Anstöße geben und die Patientensicherheit garantieren.

Nach seiner Ansicht wird mit Blick auf die Fernbehandlung schon ein gewisser Spagat von den Ärzten verlangt: „Das, was die ärztliche Profession ausmacht, ist nun einmal der direkte Patientenkontakt“, sagte er. Deshalb warne er davor, sich zu tief auf solche Ansätze einzulassen. Wichtig sei aber auch, dass die Ärzte bei aller Beachtung ihrer hohen Standards beachten müssten, was von ihnen gesellschaftlich erwartet werde. Generalablehnungen würden hier nicht helfen.

Forum: Für eine Notfallversorgung aus einer Hand

Berlin – Auf seinem Fach- und Praxisforum zum Thema Notfallversorgung hat der Marburger Bund (MB) für mehr Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten geworben. „Die Probleme in der Notfallversorgung lassen sich nur gemeinsam lösen – in ärztlicher Kooperation über die Sektorengrenzen hinweg. Die medizinische Entscheidungshoheit über die jeweils angemessene Notfallversorgung ist Sache der Ärzteschaft und sollte von allen Beteiligten auch so verstanden werden“, sagte Dr. Susanne Johna, MB-Vorstandsmitglied. „Krankenhäuser und Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) sollten sich nicht als Konkurrenten begreifen, sondern als Mitgestalter der zukünftigen Versorgung aus einer Hand“, betonte Johna.

Lob für Vorstoß aus dem Norden

Es sei ermutigend, dass die neue Bundesregierung integrative Leitstellen und gemeinsame Notfallzentren zu gesundheitspolitischen Prioritäten erklärt habe. Auch der jüngste Vorstoß des Landes Schleswig-Holstein zur Verbesserung der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit im ärztlichen Notdienst gehe in die richtige Richtung. Der in den Bundesrat eingebrachte Gesetzesantrag sieht vor, dass in begründeten Ausnahmefällen eine ambulante Versorgung in den gemeinsamen medizinischen Anlaufstellen auch während der Sprechstundenzeiten niedergelassener Ärzte erfolgen könne. Umfragen von Krankenhausgesellschaften legen nahe, dass rund die Hälfte der Patienten in die Notaufnahmen der Krankenhäuser kommt, wenn Haus- und Fachärzte ihre Sprechstunden abhalten.

Bedarfsplanung und Budgetierung führen zu Versorgungsproblemen

Kritisch äußerte sich Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), zum heutigen System der Notfallversorgung. Der Sicherstellungsauftrag der KVen sei „gesetzliche Fiktion“, die Kapazitäten des ambulanten Systems seien längst nicht alle „am Netz“. Erneut warf Baum der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vor, für die ärztliche Leistung in der Notfallversorgung im Krankenhaus teilweise ein Honorar von nur 4,74 Euro zu akzeptieren. Gleichzeitig biete man Ärzten Stundenlöhne von 50 Euro für die Teilnahme am kassenärztlichen Bereitschaftsdienst. Baum kritisierte aber auch die Politik, die eine strenge ambulante Bedarfsplanung vornehme und das Honorar budgetiere: „Die Kapazitäten des niedergelassenen Bereichs müssen über sämtliche Positionen ins Auge genommen werden. Ich habe nichts dagegen, wenn die Niedergelassenen endlich wieder in die Lage kämen, Patienten, die kein Krankenhaus braucht, aufzunehmen.“ Es sei auch an der Zeit, gemeinsam die Krankenkassen anzusprechen, die ihr Budget bezahlten und einen mit den Problemen in der Notfallversorgung allein ließen.

Mehr Werbung für die 116 117 – und eine App

Der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen verwies darauf, dass es vielerorts Kooperationsbeispiele ambulant-stationär in der Notfallversorgung gebe. Man habe auch gerade eine große Werbekampagne für die Telefonnummer 116 117 beschlossen. Ebenso ist eine App geplant, die es Patienten erleichtern soll, die Dringlichkeit ihres gesundheitlichen Problems einzuschätzen und sich an richtiger Stelle Rat zu holen. „Eine einheitliche Benutzeroberfläche ist wichtig“, sagte Gassen. „Aber dahinter kann eine abgestufte Struktur liegen, die in Hamburg eine andere sein wird als auf der schwäbischen Alp.“

Alle 1.600 Krankenhäuser, die heute an der Notfallversorgung teilnehmen, mit Notfallpraxen auszustatten, sei völlig unrealistisch. Der KBV-Vorstandsvorsitzende warb zudem dafür, konsequent echte von gefühlten Notfällen zu unterscheiden: „Man muss Notfallressourcen für die zur Verfügung halten, die akut gefährdet sind. Wenn man hier mit dem Argument der veränderten Lebenswelten nachgibt, dann ist das wie mit der Raupe Nimmersatt.“

Zu Hause fehlen Vollzeitkümmerer – auch das ist zu berücksichtigen

Auf einen weiteren Aspekt verwies MB-Vorstand Johna: das sogenannte Abflussproblem. Welche Patienten man aus der Klinik wegschicken könne, weil sie kein Notfall seien, hänge auch von den ambulanten Strukturen in der Nähe ab. Auch die Einschätzung, es gebe sehr viele sogenannte ambulant-sensitive Fälle, die nicht ins Krankenhaus gehörten, stellte sie in Frage: Eine 80-jährige Patientin mit einer Lungenentzündung, die perfekt zu Hause versorgt werde, müsse nicht ins Krankenhaus. „Aber wir haben nahezu Vollbeschäftigung. Es kann sich oft keiner zu Hause rund um die Uhr kümmern. Solche Patienten gehören deshalb ins Krankenhaus.“ Hier muss man nach Johnas Ansicht „aufhören, sich gegenseitig mit Zahlen zu bombardieren.“

DRG

DRG-Forum: Diskussion über DRG-Pflegekostenreform

Berlin – Der neue Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht die Zukunft der Krankenhauslandschaft in Deutschland differenziert. „Die Krankenhäuser sind das Rückgrat der Versorgung“, betonte er auf dem diesjährigen Nationalen DRG-Forum Mitte März in Berlin. „Sie stellen sicher, wenn andere nicht mehr im Dienst sind.“ Damit müssten sie auch Unzulänglichkeiten „an anderen Stellen“ überdecken.

Spahn: Zu viele Kliniken, zu wenig Geld

Gleichzeitig blieb Spahn bei seiner früheren Aussage, es gebe zu viele Krankenhäuser. „Das Hauptthema ist aber nicht die Zahl“, stellte er klar. Entscheidend sei, ob und wie abgestimmt Kliniken arbeiteten und wie sie gemeinsam die Versorgung in einer Region gestalteten. Als eine Aufgabe nannte er, Krankenhäuser finanziell so auszustatten, dass sie nicht gezwungen würden, in ein Überangebot und Leistungsausweitungen auszuweichen. Weiter festnageln ließ sich der Minister nicht, weder in der Frage, ob die heutige monistische Investitionsfinanzierung der Kliniken erhalten bleiben solle, noch ob Bund oder Krankenkassen einbezogen werden sollten. „Ich bin kein Phantast“, sagte Spahn. Man könne kein Thema, das Deutschland seit Jahren beschäftige, mal eben lösen.

Gaß: Ausgliederung der Pflegekosten aus den DRG birgt auch Risiken

Zuvor hatte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß, gefordert, man müsse endlich Lösungen für das Thema Investitionsfinanzierung finden und deutliche Maßnahmen in Richtung Bürokratieabbau und Überregulierung finden. „Patienten wünschen sich neben guter Medizin und guter Pflege auch menschliche Zuwendung“, ergänzte er. Dass die Tarifsteigerungen demnächst vollständig ausgeglichen werden sollen, lobte er. Dass die Pflegekosten aus den DRG herauskalkuliert werden sollen und vollständig finanziert, eröffnet nach seiner Auffassung Chancen, birgt aber auch Risiken, beispielsweise mangelnde Flexibilität im Personaleinsatz und kleinteilige Nachweispflichten. So besteht nach Ansicht von Gaß die Gefahr, dass andere Berufsgruppen im Krankenhaus hierdurch ins Hintertreffen geraten und der „Skillmix“ nicht mehr berücksichtigt werden kann.

Heimig: Pflegelastkatalog kann nur bedingt helfen

Bedenken zur Herauslösung der Pflegekosten aus den DRG äußerte Dr. Frank Heimig, Geschäftsführer des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus gGmbH (InEK): „Ich bin mir nicht sicher, was genau Pflege ist und wie ich sie abgrenzen soll. Aber das müsste ich, wenn wir sie aus dem DRG-System herausnehmen sollen.“ Die Daten, die man nutze, seien nicht auf die Pflege hin plausibilisiert. Für den Aufwand auf Intensivabteilungen beispielsweise gebe es keine bundeseinheitlichen Definitionen. Gleichzeitig berichtete Heimig, dass man auf der Basis von Daten aus den DRG-Kalkulationskrankenhäusern an einem sogenannten Pflegelastkatalog arbeite. Dieser könne aber keinen patientenindividuellen Pflegebedarf abbilden, sondern nur einen durchschnittlichen Aufwand in den DRG in Abhängigkeit von der Versorgung auf Normal- oder Intensivstationen, und sei deshalb nicht einfach eine Blaupause.

Rau: Landesbasisfallwerte werden sinken müssen

Die Zielsetzung, Pflegepersonalkosten unabhängig von den DRG zu vergüten, sei „ein tiefer Einschnitt“, urteile Ferdinand Rau, Referatsleiter „Wirtschaftliche Fragen der Krankenhäuser“ im Bundesgesundheitsministerium. Dies müsse auch zu einer Absenkung der Landesbasisfallwerte führen. Schnell sei man hier auch beim Thema der Zweckbindung von Mitteln, die dann nicht mehr für die ärztliche Vergütung oder Investitionen verwendet werden könnten. Für die Krankenhäuser sei dies „herausfordernd“.

Jameda plant Bewertung durch Ärzte

Frankfurt/Berlin – „Online-Bewertungen bleiben für Jameda wichtig, künftig werden aber weitere Qualitätsindikatoren in die Arztsuche einfließen.“ So hat sich Dr. Florian Weiß, Jameda-Geschäftsführer, Ende Februar kurz nach dem Hinweis geäußert, der Bundesgerichtshof (BGH) habe sein Urteil gegen Jameda veröffentlicht. „Bislang stellen subjektive Arztempfehlungen die einzige Möglichkeit dar, wie sich Patienten über Ärzte informieren können“, so Weiß weiter. „Wir glauben jedoch, dass weitere Indikatoren sinnvoll sind und entwickeln aus diesem Grund derzeit eine neue Arztsuche.“

Die „Medical Tribune“ schrieb darauf hin, man habe erfahren, dass Jameda noch in diesem Frühjahr eine erweiterte Arztsuche anbieten wolle, „die auf Empfehlungen von Kolleginnen und Kollegen, also Ärzten, basiert. Weitere juristische Auseinandersetzungen könnten da in der Luft liegen.“

Eine niedergelassene Dermatologin und Allergologin hatte sich gerade erst erfolgreich vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gegen ihre Präsentation im Arztsuch- und Bewertungsportal Jameda gewehrt. Jameda hatte nach Ansicht des BGH durch seine bisherigen Premiumpakete zahlende Ärzte besser als nichtzahlende gestellt. Sie mussten demnach keine Hinweise auf konkurrierende Kollegen auf ihren Profilen hinnehmen und erschienen außerdem auf den Profilen nichtzahlender Ärzte in ihrer Nähe.

Mit einer solchen Geschäftspraxis verließ Jameda aber nach Ansicht der Richter die Position als „neutraler“ Informationsvermittler und agierte als Anbieter von Werbung. Dann könne sich das Portal aber auch nicht länger auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit und damit verbundene Rechte stützen. Die Klägerin wiederum könne dann ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung stärker geltend machen – in der Abwägung sei ihr ein „schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung ihrer Daten“ zuzubilligen (Urteil vom 20. Februar 2018, Aktenzeichen: VI ZR 30/17).

Jameda teilte daraufhin mit, man habe das Angebot verändert. Dass Ärzte generell ein Recht darauf haben, missliebige Einträge oder gar ihr ganzes Profil bei Jameda löschen zu lassen, lässt sich aus dem Urteil nicht ohne weiteres ableiten.

EU-Datenschutz: Folge des digitalen Wandels

Berlin – Wer derzeit Vorträge hört, die sich mit Gesundheits-Apps, Künstlicher Intelligenz in der Medizin oder der Digitalisierung im Gesundheitswesen allgemein befassen, der wird häufiger von interaktiven Rednern gefragt, was denn die beliebteste App 2006 gewesen sei. Darauf gibt es nur eine Antwort: keine. Denn das erste Smartphone, der „Nokia 9000 Communicator“, kam zwar schon 1996 auf den Markt. Doch dieser gewinnt erst mit den Apple-Produkten massiv an Schwung, allerdings Jahre später: Das erste iPhone wurde im Januar 2007 vorgestellt.

Was dies mit der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu tun hat? Viel. Als die bislang gültige EU-Datenschutzrichtlinie in Kraft trat, existierten heutige Smartphones oder Konzepte wie Facebook, Google und andere noch nicht. Unter Cloud Computing oder mobilen Apps konnte sich damals niemand etwas vorstellen. Schließlich schrieb man das Jahr 1995. Nun löst 2018 die neue EU-Datenschutzgrundverordnung die alte Richtlinie ab und beendet zudem einen Flickenteppich von nationalen Regelungen zum Datenschutz in der Europäischen Union, der bislang möglich war.

Auf diesen Hintergrund hatte bereits 2016 das „Deutsche Ärzteblatt“ verwiesen. Eine erste Einschätzung der Folgen der neuen Verordnung unternahm damals schon das Computerfachmagazin „c’t“. Selbst für EU-Verhältnisse sei die DSGVO ein Mammutprojekt gewesen, so die Autoren seinerzeit: „Viele Jahre des Diskutierens gingen ins Land, Horden von Lobbyisten durften mitwerkeln, zuletzt musste das Europäische Parlament nicht weniger als 3.100 Änderungsanträge arbeiten.“

Die Tipps der c’t-Autoren damals:

  • Verschaffen Sie sich eine Übersicht über sämtliche Datenverarbeitungsvorgänge im Unternehmen.
  • Erstellen Sie eine Dokumentation hierzu.
  • Prüfen Sie, ob alle diese Datenverarbeitungen erforderlich sind.
  • Erstellen Sie ein Konzept zur Umsetzung der geforderten Informationssicherheit – auch für zukünftige Verarbeitungen.
  • Beschäftigen Sie sich mit Zertifizierungsangeboten.

Gesundheitskompetenz der Bürger erhöhen

Berlin – Das Thema Gesundheitskompetenz der Bundesbürger steht derzeit ganz oben auf der politischen Agenda. Ende Februar wurde in Berlin in den Räumen der Robert Bosch Stiftung (rb) der „Nationale Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ vorgestellt. Erarbeitet hat ihn ein Team aus Wissenschaftlern und Praktikern unter Federführung von rb, Universität Bielefeld, AOK-Bundesverband und Hertie School of Governance.

Hintergrund: Einer aktuellen Studie zufolge verfügt lediglich rund die Hälfte der Deutschen nach eigener Einschätzung über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz. Damit ist mehr gemeint, als dass Patienten Hinweise zur Medikamenteneinnahme lesen können oder Aufklärungen verstehen. Gesundheitskompetenz umfasst das Finden, Verstehen, Anwenden und Beurteilen von Gesundheitsinformationen. Das Aktionsplan-Team hat nun 15 Empfehlungen vorgelegt, um angesichts der Defizite gegenzusteuern.

Das Team ist aber nicht das einzige mit Interesse am Thema Gesundheitskompetenz. Kurz vor der Tagung bei der Bosch Stiftung hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auftragsgemäß einen Entwurf für ein Konzept eines nationalen Gesundheitsportals veröffentlicht. Der Portalauftrag ans IQWiG stammt aus dem Bundesgesundheitsministerium. Dort hatten im Juni 2017 insgesamt 15 Spitzenorganisationen des Gesundheitswesens die „Allianz für Gesundheitskompetenz“ gegründet. Sie soll der Stärkung der allgemeinen Gesundheitskompetenz dienen – mit Hilfe des Portals.

„Das Portal soll das Potenzial haben, für die Bürgerinnen und Bürger zum zentralen deutschen Internetangebot für Informationen rund um Fragen zur Gesundheit zu werden“, schrieb das IQWiG nun bei der Vorstellung des rund 120 Seiten umfassenden Konzeptentwurfs. Wer hier später mitmachen will, muss sich der Evidenz und weiteren Qualitätsstandards verpflichtet fühlen. Dann kann er „Content-Partner“ werden und das Privileg genießen, dass seine Inhalte Suchenden empfohlen werden.

Auch der BVOU bietet mit Orthinform ein eigenes Informationsangebot für Patienten. In dem Portal, das im vergangenen Jahr komplett neugestaltet wurde, erhalten Nutzer Informationen zu orthopädisch-unfallchirurgischen Erkrankungen und Behandlungsmethoden und können einen Orthopäden und Unfallchirurgen in Ihrer Nähe finden.

EuGH-Urteil zu Bereitschaftsdienstzeiten

Luxemburg – Die Zeit, die ein Arbeitnehmer zu Hause verbringt und in der er verpflichtet ist, einem Einsatzruf seines Arbeitgebers in kürzester Zeit Folge zu leisten, ist als Arbeitszeit anzusehen. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vor kurzem entschieden.

Geklagt hatte ein belgischer Feuerwehrmann. Er ist verpflichtet, innerhalb von acht Minuten im Einsatz zu sein. Der EuGH hatte nun zu prüfen, ob zu Hause geleistete Bereitschaftsdienste unter die Definition der Arbeitszeit im Sinne des geltenden Rechts in der Europäischen Union (Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung von 2003) fallen. Die Richter stellten klar, dass es den EU-Mitgliedstaaten nicht gestattet ist, von bestimmten Verpflichtungen und Definitionen, die diese Richtlinie umfasst, „nach unten“ abzuweichen. Dazu zählen die Definitionen für „Arbeitszeit“ und „Ruhezeit“.

Im Fall des Feuerwehrmannes seien die Einschränkungen gravierend. Seine Situation unterscheide sich von der eines Arbeitnehmers, der im Bereitschaftsdienst einfach erreichbar sein müsse. Generell sei für die Einordnung als „Arbeitszeit“ entscheidend, dass sich der Arbeitnehmer an dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten und diesem zur Verfügung stehen müsse.

Der Marburger Bund (MB) kommentierte das Urteil: „Der Europäische Gerichtshof hat in ungewöhnlich deutlichen Worten all jene in die Schranken gewiesen, die am Arbeitszeitbegriff herummanipulieren und Bereitschaftsdienste neu definieren wollen.“  Der EuGH habe die gültige Definition von Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften bestätigt, wie sie auch in den vom Marburger Bund verhandelten Tarifverträgen für angestellte Ärztinnen und Ärzte zum Ausdruck komme.

Quellen: Pressemitteilung EuGH, MB

 

Erfolgreicher Sportkongress in Bad Füssing

Bad Füssing – Unter der Schirmherrschaft des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. fand am 3. Februar in Bad Füssing der 4. Sportkongress statt, dieses Mal mit dem Thema „Brennpunkt Rücken“. Den Verband vertrat vor Ort der stellvertretende BVOU-Landesvorsitzende in Bayern, Dr. Karl-Heinz Conrad. Insgesamt nahmen knapp 400 Ärztinnen und Ärzte sowie Physiotherapeuten am Kongress teil, über den unter anderem die „Passauer Neue Presse“ umfangreich berichtete.

Conrad hatte in seiner Begrüßungsrede darauf hingewiesen, welche Bedeutung Rückenschmerzen hätten: 85 Prozent der Bevölkerung hätten mindestens ein Mal in ihrem Leben Kreuzschmerzen. Im Vergleich zu schmerzfreien Befragten gaben Patienten mit Kreuzschmerzen häufiger eine oder mehrere Co-Morbiditäten an, wobei hier Osteochondrose, degenerative Gelenkerkrankungen, kardiovaskuläre und cerebrovaskuläre Erkrankungen genannt worden seien.

Internationale Daten zeigten eine Korrelation auch zwischen Kreuzschmerzen, Schmerzen des oberen Rückens, des Nackens, Migräne und Kopfschmerzen, Schlafstörungen, bronchopulmonalen und kardiovaskulären Symptomen. Kreuzschmerzen führten seit Jahren die Statistik der Anlässe der Arbeitsunfähigkeit und medizinischen Rehabilitation an. Als Ursache vorzeitiger Berentung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit stünden Erkrankungen des Muskelskelettsystems in den letzten Jahren an zweiter Stelle nach den psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen. Die Behandlung von Kreuzschmerzen habe deshalb auch eine immense volkswirtschaftliche Bedeutung.

Conrad dankte allen Organisatoren, darunter Prof. asoc. Dr. med. Astrid Krückhans, der es erneut gelungen sei, für den Kongress wieder namhafte Referenten zu gewinnen.

Der fünfte Bad Füssinger Sportkongress findet am 2. Februar 2019 unter dem Schwerpunktthema „Hüfte“ statt.

Quelle: Eröffnungsrede Dr. Karl-Heinz Conrad

Gesundheit und Pflege im Koalitionsvertrag

Berlin – Nach langen Verhandlungen haben sich die Unterhändler in SPD und Union für den Bereich Gesundheit und Pflege unter anderem auf folgende Details im Koalitionsvertrag geeinigt:

  • Sowohl EBM wie GOÄ sollen reformiert werden. Es soll ein „modernes Vergütungssystem (geschaffen werden), das den Versorgungsbedarf der Bevölkerung und den Stand des medizinischen Fortschritts abbildet.“ Die Bundesregierung wird dazu auf Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums eine wissenschaftliche Kommission einsetzen, die bis Ende 2019 Vorschläge unterbreitet. Ob diese umgesetzt werden, wird danach entschieden.
  • Die Mindestsprechstundenzeit für Vertragsärzte soll für die Versorgung von GKV-Versicherten von formal 20 auf 25 Wochenstunden erhöht werden.
  • Ärzte in wirtschaftlichen schwachen und unterversorgten ländlichen Räumen sollen regionale Honorarzuschläge erhalten. Dazu werden hausärztliche und sprechende Medizin besonders unterstützt.
  • In Krankenhäusern sollen Personaluntergrenzen für alle bettenführenden Abteilungen eingeführt werden.
  • Die Krankenhausvergütung soll auf eine Kombination von Fallpauschalen und Pflegepersonalkostenvergütung umgestellt werden. Die Kosten der Pflege sollen unabhängig von den Fallpauschalen vergütet werden.
  • Landeskrankenhausgesellschaften und Kassenärztliche Vereinigungen sollen in gemeinsamer Finanzverantwortung die Notfallversorgung sicherstellen. Dazu sollen sie Notfallleitstellen und integrierte Notfallzentren aufbauen.
  • Kassenärztliche Vereinigungen und Pflegeeinrichtungen werden verpflichtet, Kooperationsverträge zu schließen.
  • Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll Vorschläge zur Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Versorgung unterbreiten.
  • Disease-Management-Programme sollen gestärkt werden, unter anderem das DMP Rückenschmerz.
  • Der Gemeinsame Bundesausschuss soll schneller über neue Untersuchungs- und Behandlungsverfahren entscheiden.
  • GKV-Beiträge sollen ab 1.1.2019 wieder paritätisch finanziert werden, ebenso der Zusatzbeitrag.

Zahlreiche Akteure im Gesundheitswesen haben diese und andere Festlegungen kommentiert. Der Branchendienst „Observer Gesundheit“ hat eine umfassendere Einordnung der Festlegungen von SPD und Union vorgenommen. Darin kommt der gesundheitspolitische Publizist und Berater Dr. Robert Paquet zu dem Schluss, dass sich der „Punktestand“ zwischen SPD und Union in Bezug auf die Themen Gesundheit und Pflege nicht wesentlich geändert habe. Viele Forderungen der SPD fänden sich nicht in dem Vertrag, andere seien sehr ergebnisoffen, sprich: vage, formuliert.

Gutachten: Einheitliche Gebührenordnung hätte Nachteile

Berlin – Wäre eine einheitliche ärztliche Gebührenordnung gerechter als das heutige Nebeneinander der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM)? Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD ist diese umstrittene Frage wieder auf die politische Tagesordnung gerückt. Ein „Memorandum zur Diskussion einer Einheitlichen Gebührenordnung für Ärzte (EGO)“ im Auftrag von Bundesärztekammer und dem Verband der privaten Krankenversicherung verneint dies nun und weist auf verfassungsrechtliche Bedenken hin.

Erstellt haben es Dr. Rainer Hess, Rechtsanwalt und (unter anderem) langjähriger Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Prof. Gregor Thüsing, Universität Bonn, Prof. Volker Ulrich, Universität Bayreuth, Prof. Eberhard Wille, Universität Mannheim (langjähriger Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen) und Prof. Ferdinand Wollenschläger, Universität Augsburg.

Sie beleuchten die Genese der beiden unterschiedlichen Honorierungssysteme GOÄ und EBM, bewerten die Implikationen einer einheitlichen Gebührenordnung unter gesundheitsökonomischen Aspekten, analysieren die verfassungs- und europarechtlichen Hürden einer einheitlichen Gebührenordnung und fassen ihre Ergebnisse knapp zusammen. In dieser Zusammenfassung heißt es: „Das vorliegende Memorandum gibt einen Überblick darüber, warum die Vereinheitlichung der Vergütungsordnungen nicht nur ein in großen Teilen verfassungswidriges Unterfangen darstellt, sondern auch, warum die mit einer einheitlichen Gebührenordnung verknüpften politischen Ziele nicht erreichbar sind und eine einheitliche Gebührenordnung für die Versicherten beziehungsweise für die Patienten mehr Nach- als Vorteile mit sich bringt.“