Berlin – Vielen Orthopäden ist der Umbau ihrer Praxis mit dem Ziel der Barrierefreiheit zu teuer. Dr. med. Klaus Thierses Praxis verfügt seit kurzem über einen Fahrstuhl, der aufwendig an das Haus angebaut wurde. Und über einen Treppenlift, damit seine gehbehinderten Patienten die halbe Treppe zwischen Fahrstuhlausgang und Praxis auch noch überwinden können. Wie hat Thierse, Vorsitzender des Landesverbands Berlin des Berufsverbands der Orthopäden und Unfallchirurgen, das geschafft und finanziert?
Der Vermieter seiner orthopädischen Praxis habe investiert, erzählt Thierse. Auf der Etage gebe es auch noch einen Zahnarzt, dessen Patienten ebenfalls von Fahrstuhl und Treppenlift profitierten. Die Ausgaben würden auf die Praxen umgelegt und seien gut finanzierbar. Dass dies ein Sonderfall ist, weiß der BVOU-Landesvorsitzende: „Wer eine solche Investition für seine Einzelpraxis zu stemmen hätte, für den wäre das schwer zu finanzieren, zumindest als Umbau.“ Ein Kollege habe gerade neu gebaut und von vornherein auf Barrierefreiheit für seine Praxis geachtet. Er sei mit einer „mittleren fünfstelligen Summe“ ausgekommen.
Thierse: Nötig sind Zuschüsse, nicht nur günstige Kredite
Niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Praxen barrierearm umbauen können, hält Thierse generell für eine gute Idee. Es müsse sich aber um echte Zuschüsse handeln. Verbilligte Kredite seien nicht ausreichend, weil man das Geld ja zurückzahlen müsse. Derzeit seien die Zinsen zudem so niedrig, dass ein vergünstigter Kredit kaum ein Vorteil sei.
Haben seine Kolleginnen und Kollegen überhaupt ein Interesse daran, ihre Praxen barrierearm umzubauen? Thierse bezweifelt das. „Orthopädische Praxen sind ja sowieso voll“, sagt er. „In meiner Praxis gibt es nun einen Fahrstuhl und einen Treppenlift, aber meine Patienten stehen da nicht gerade Schlange. Selbst diejenigen, die einen Rollator nutzen, haben es bisher ganz gut in die Praxis geschafft. Blinde Patienten kommen sowieso in Begleitung, gehörlose Patienten schaffen es allein.“
Wege mit Bus und Bahn sind oft das größere Problem
Als Thierse damals seine Praxis eröffnete, hatte er schon über einen Fahrstuhlanbau nachgedacht. Doch die Investition erschien ihm viel zu hoch. „Ich arbeite in Frohnau, in einer Gegend mit vielen Einfamilienhäusern“, erzählt er. „Da war es sowieso schon schwer, überhaupt Praxisräume zu finden. Wer immobil ist, den besuche ich eben zu Hause, habe ich mir damals überlegt.“ Barrierearme Praxen an sich lösen noch nicht alle Probleme, findet er: „Mein Eindruck ist, dass die Wege mit Bus oder Bahn bis zur Praxis häufig ein größeres Problem darstellen als die letzten Meter in meine Räume.“ Sabine Rieser
KBV fordert Zuschüsse für barrierearme Praxen