Berlin/Essen – Rund die Hälfte der knapp 15.000 Fälle, in denen 2015 Behandlungsfehlervorwürfe erhoben wurden, standen in direktem Zusammenhang mit operativen Eingriffen. Etwa ein Drittel bezog sich auf Orthopädie und Unfallchirurgie. Das geht aus der jüngsten Behandlungsfehlerstatistik hervor, die die Krankenkassen am 12. Mai vorgelegt haben. Zum Vergleich: Die Zahl der stationären Fälle lag im Jahr 2012 bei 18,6 Millionen, die der ambulanten Behandlungsfälle bei 550 Millionen.
Nach der jüngsten Statistik der Krankenkassen wurde im Bereich Orthopädie und Unfallchirurgie in 4.695 Fällen dem Verdacht nachgegangen, es liege ein Behandlungsfehler vor. Dieser wurde in 1.328 Fällen bestätigt (28,3 Prozent). „Eine hohe Zahl an Vorwürfen lässt jedoch nicht auf eine hohe Zahl an tatsächlichen Behandlungsfehlern schließen“, sagte Prof. Dr. Astrid Zobel, Leitende Ärztin des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Bayern. Wenn man sich die Fehler danach ansehe, wo sie auftreten, stehe die operative Therapie an erster Stelle (31 Prozent), gefolgt von der Befunderhebung (25 Prozent) und der Pflege (9 Prozent).
MDK: OP-Fehler vermuten Patienten eher als Diagnosefehler
Die Statistik zeige trotz der beschriebenen Häufungen ein breites Spektrum: „Die festgestellten Fehler betreffen hunderte verschiedene Erkrankungen und Behandlungsmaßnahmen.“ Zudem erläuterte Zobel, die Häufigkeit der Vorwürfe bei chirurgischen Eingriffen könne nicht verwundern: „Dies hat damit zu tun, dass bei einem postoperativen Behandlungsverlauf, der nicht den Erwartungen entspricht, beim Patienten eher ein Verdacht entsteht als zum Beispiel bei einem Medikationsfehler. Fehler bei einer Operation sind für Patienten auch leichter erkennbar als beispielsweise Diagnosefehler.“
Insgesamt hat der MDK 2015 genau 14.828 Behandlungsfehlervorwürfe begutachtet. In 4.046 Fällen und damit bei jedem vierten Versicherten bestätigten Gutachter den Verdacht. Dr. med. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (MDS), sprach von einem „anhaltenden Aufwärtstrend.“ Gegenüber 2014 wurden 2015 allerdings lediglich rund ein Prozent mehr Fälle begutachtet. Die Zahl der bestätigten Fehler erhöhte sich von 3.796 auf 4.046.
Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Landesärztekammern haben im März 2016 gemeldet, dass 2015 bei bundesweit 7.215 abgeschlossenen Fällen in 2.132 Fällen ein Behandlungsfehler anerkannt wurde. Die häufigsten Diagnosen, die zu Fehlervorwürfen führten, waren Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen.
MDS-Vertreter Gronemeyer mahnte bei der PK eine bessere Sicherheitskultur an: Nötig seien ein offener Umgang mit Fehlern und eine gezieltere Strategie zur Fehlermeidung. Dazu müsse auch über die Einführung einer Meldepflicht für Behandlungsfehler diskutiert werden. Sabine Rieser
(Quellenhinweis: MDS/MDK Medizinischer Dienst der Krankenversicherung)