Stuttgart – Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) weisen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe signifikant häufiger Komorbiditäten auf, vor allem bei muskuloskeletalen und Herzerkrankungen. Sie benötigen deshalb mehr ambulante wie auch stationäre Leistungen zur Versorgung. Neben Hausärzten werden noch internistische Rheumatologen, Augenärzte, Orthopäden und Unfallchirurgen und sonstige Internisten in Anspruch genommen.
Das geht aus einer Fall-Kontroll-Studie hervor, für die Routinedaten von rund 3,4 Millionen Versicherten der AOK Baden-Württemberg hinsichtlich Arztkontakten, Prävalenz, Inzidenz und Komorbiditäten bei RA auf der Basis ambulanter und stationärer Diagnosen aus dem Jahr 2013 ausgewertet wurden. Die Studie zählt zur Reihe der Veröffentlichungen, die durch gemeinsame Analysen der Vertragspartner in den Selektivverträgen in Baden-Württemberg erst möglich wurden.
Frauen häufiger betroffen als Männer
Aus den Daten der jüngsten Studie zu Prävalenz und Komorbidität heraus wurden knapp 27.000 Patienten mit RA identifiziert (Falldefinition: Diagnose RA plus spezifische Medikation). Dies entspricht nach Angaben der Autoren einer altersstandardisierten Behandlungsprävalenz von 0,64 % (Frauen 0,86 %, Männer 0,39 %). Rund 1.500 Versicherte wurden als neu erkrankt identifiziert (Inzidenzrate: 0,049 % Frauen, 0,029 % Männer). Das mittlere Alter der Neuerkrankten betrug 53 Jahre.
Komorbiditäten betreffen Muskel-Skelett-System und das Bindegewebe
Zieht man eine zweite Falldefinition heran, so wie die Autoren (Falldefinition: Diagnose RA ohne spezifische Medikation), erhöht sich die Prävalenz auf 1,05 % und die Inzidenz auf 0,070 %. Patienten der Rheumagruppe zeigten signifikant häufiger Komorbiditäten als die der Kontrollgruppe, vor allem in Bezug auf Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes. Sie beanspruchten ambulante Gesundheitsleistungen auch signifikant häufiger.
Vor allem sehr alte Patienten gehen häufig nicht mehr zum Facharzt
Nahezu alle RA-Patienten suchten im analysierten Jahr ihren Hausarzt auf (99 %), 54 % einen internistischen Rheumatologen, 41 % einen Orthopäden und Unfallchirurgen. Vor allem ältere Patienten fielen bei der Analyse der Facharztkontakte negativ auf: Ein gutes Drittel im Alter zwischen 80 bis 84 war bei gar keinem Spezialisten, bei den über 85-Jährigen sogar mehr als die Hälfte. Und: Während in der Kontrollgruppe lediglich 17 % der Versicherten mindestens einmal stationär versorgt wurden, waren es in der RA-Gruppe 32 %. Dabei war neben der rheumatoiden Arthritis Herzinsuffizienz die nächsthäufige behandelte Krankheit.
Die Autoren schränken ein, dass ihre Daten nicht originär für Forschungszwecke erhoben wurden und deshalb nur eingeschränkt repräsentativ sind. Sie gehen gleichwohl davon aus, dass RA-Patienten kränker sind als die Allgemeinbevölkerung und mehr Leistungen in Anspruch nehmen. „Die Ergebnisse der Studien unterstreichen die Notwendigkeit einer engen interdisziplinären und intersektoralen Zusammenarbeit und Kommunikation“, heißt es am Ende.