Berlin – Ein neues Kursformat nach dem Vorbild von Flugsicherheitstrainings soll die Handlungssicherheit von Ärzten verbessern und die Sicherheitskultur in der Medizin stärken. Entwickelt wurde das neue Kursformat „IC – Interpersonal Competence“ durch die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und Lufthansa Flight Training (LFT). Das IC-Projekt wurde erstmals auf einer Pressekonferenz im Rahmen des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in der letzten Woche in Berlin vorgestellt.
Piloten und Ärzte müssen im Notfall auch unter Stress schnelle Entscheidungen von großer Tragweite treffen. Dabei spielt der „Faktor Mensch“ in der Luftfahrt wie in der Medizin eine entscheidende Rolle, denn die Arbeit unter Zeitdruck, mangelnder Kommunikation und Stress kann konflikt- und fehleranfällig sein. Bereits in den 1970er Jahren wurden deshalb Sicherheits-Trainings für Flugzeugbesatzungen eingeführt. „Das Sicherheitstraining der Lufthansa ist daher ein gutes Vorbild, von dem wir in der Medizin noch lernen können“, sagt Prof. Dr. med. Reinhard Hoffmann, stellvertretender Generalsekretär der DGOU und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Checklisten für den OP, wie es sie ähnlich auch in der Luftfahrt gibt, oder das Fehlermeldesystem CIRS (Critical Incident Reporting System) seien mittlerweile bewährte Instrumente zur Verbesserung der Patientensicherheit.
Eine aktuelle Befragung des Jungen Forums der DGOU unter 800 Mitgliedern der Fachgesellschaft zeigt, wo die Ursachen für Zwischenfälle in der Orthopädie und Unfallchirurgie liegen: 80 Prozent der Befragten benannten Zeitdruck, 70 Prozent mangelnde Kommunikation, 67 Prozent Personalmangel und 62 Prozent Stress.
Das neue IC-Kursformat setzt sich zum Ziel, Strategien zu vermitteln, um Fehlerverursacher zu vermeiden und die Patientensicherheit weiter zu verbessern. Rund ein Jahr lang haben Orthopäden und Unfallchirurgen gemeinsam mit LFT-Trainern an dem Konzept gefeilt. „Der Kurs soll uns dabei unterstützen, neue Kommunikationsstrukturen zu entwickeln“, erklärte Kurstrainer Prof. Dr. med. Bertil Bouillon den 16 Teilnehmern beim ersten IC-Kurstag, der am 11. und 12. September im Lufthansa Training & Conference Center in Seeheim bei Frankfurt stattfand. Wichtig sei es, neben Fachwissen auch interpersonelle Kompetenzen zu standardisieren – insbesondere für Situationen, die plötzlich und unter Zeitdruck auftreten, so Bouillon, Direktor der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie in Köln-Merheim. Nach diesem ersten Kurs sind noch drei weitere Module geplant, über die gesamte berufliche Laufbahn – vom Assistenzarzt bis zum Chefarzt.
Quelle: DKOU-Pressestelle