Die MRT Schnittbildgebung hat in Ergänzung zum klassischen Röntgen einen wichtigen Stellenwert bei der Beurteilung von schmerzhaften Veränderungen der Hüftgelenksregion. In der Wahrnehmung der Autoren hat sich in den letzten Jahren jedoch eine gewisse Veränderung der Indikation zur MRT-Untersuchung eingestellt. Vielfach stellen sich unsere Patienten ohne „klassische“ Röntgenbildgebung aber bereits mit einer MRT Untersuchung des gesamten Beckens vor. Wir sehen diesen Weg nicht gänzlich unkritisch, da nicht selten die eigentliche Fragestellung mit der Untersuchung nicht gut beantwortet werden kann. Häufig wird dann eine zusätzliche (erneut kostenintensive) MRT Untersuchung notwendig.
In diesem Artikel gehen wir daher zum einen auf die Sinnhaftigkeit einer MRT-Untersuchung der gesamten Beckenregion im Vergleich zur MRT-Untersuchung mit einer spezifischen Fragestellung ein und zeigen dies zudem anhand einiger Fallbeispiele und Spezialaufnahmen auf.
In der Gesamtbetrachtung, fehlt der MRT-Untersuchung im Vergleich zum klassischen Röntgen eine Möglichkeit die wichtige azetabuläre Version zu beurteilen und auch die Objektivierung einer klassischen Hüftgelenksdysplasie durch die Bestimmung von international gültigen Winkeln ist teilweise erschwert. Im direkten Vergleich zur Ultraschalluntersuchung fehlt die Möglichkeit zur dynamischen Untersuchung und die vielfach recht hohe Schichtdicke der MRT Schnitte (bis zu 3mm) lässt subtile Pathologien teilweise unentdeckt. Auf beide Inhalte wird in den Artikel zur Röntgenbildgebung (H. Gollwitzer et. al.) und zum Ultraschall (C. Tesch et al.) in diesem Heft detailliert eingegangen.
Das MRT der gesamten Beckenregion hat einen gewissen Stellenwert als orientierende Übersichtsaufnahme und eignet sich sehr gut z. B. für die Beurteilung von auffälligen intraossären knöchernen Veränderung (temporäre Osteopenie, Hüftkopfnekrose, Ausdehnung und Größe von Ganglien und Zysten), Läsionen von Sehnen- und Muskeln (Adduktor-, Hamstring-, Rectus-, Gluteal- Teil- und/oder Komplettrupturen, Einblutungen, fettige Involution von insuffizienten Muskeln) und symphysären Instabilitäten (Einrisse Diskus interbubicus). Auch im Röntgen kaum sichtbare okkulte Frakturen und/oder ein Gelenkerguss der Hüfte können gut erkannt werden. Der Stellenwert für eine spezifische Erkennung von Pathologien des Hüftgelenkes ist jedoch vielfach als kaum ausreichend zu werten. Hier ist eine hochauflösende fokussierte MRT-Untersuchung (mit oder ohne intraartikuläre Kontrastmittelgabe) des betroffenen Hüftgelenkes mit radiären Schnitten um den Schenkelhals, teilweise ergänzt durch eine (dem CT gleichwertigen) Torsionsmessung einzufordern.
Nach welchen Pathologien sollten wir nun für spezifische Fragestellungen zu Hüftgelenkspathologien im MRT „fahnden“ und diese Fragen dann auch für den Radiologen im Vorfeld definieren?
Aus der Sicht des Autorenteams haben sich folgende Fragestellungen als sinnvoll erwiesen:
- Wo genau ist die CAM Fehlform am Schenkelhals lokalisiert?
- Liegt eine Läsion des Labrums vor (Ort, Risslänge, Zysten, Verkalkungen, Einklemmung)?
- Findet sich ein „Teppichphänomen“ des acetabulären und/ oder Hüftkopf-Knorpels?
- Liegen ortsständige (singuläre) oder eher flächige (multiple) Knorpelschäden vor?
- Zeigt der Knochen bereits Sekundärphänomene wie subchondrales Ödem oder intraossäre Zysten bedingt durch einen tiefreichenden Knorpelschaden an)?
- Liegen Läsionen (Einriss, Teileinriss) oder Veränderungen des Lig. capitis femoris (Elongation / Einklemmung) teilweise mit Effekten auf den umliegenden Knorpel (Foveales Impingement) vor?
- Zeigen sich Hinweise für ein subspinales (SSI) oder ischiofemorlaes Impingement (IFI)?
- Gibt es bereits Folgen von chronischen Sehnenein- und/oder Abrissen (fettige Involution der Muskulatur nach Adduktor-, Hamstring- Rectus-, Glutealsehenabrissen)?
- Liegt ein femoraler Torsionsfehler vor?
- Hebt sich das Labrum und oder der Knorpel unter ausreichender Traktion (in einer speziellen Haltevorrichtung am Bein) ab und ist somit als instabil zu werten?
Zu 1) Die Lokalisation einer CAM Fehlform lässt sich am besten in sogenannten radiären Schnitten nachweisen. Hierbei wird eine Linie durch den Schenkelhals gezogen und radiäre Schnitte um diese Linie gezogen. Anhand einer Ziffernblattmethode kann dann a) die genaue Lage (z. B. 12 Uhr), b) die ortsständige Größe (mm, cm) und c) auch die Ausdehnung (von 10–12 Uhr) der CAM Fehlform definiert werden. Dies ist für eine Prognose und eine präoperative Planung ausgesprochen hilfreich. (Abb. 1).
Zu 2) Das Labrum acetabulare kann sowohl bei der CAM wie auch der PINCER Fehlform in Mitleidenschaft gezogen werden. Dies wird durch den Nachweis von Längs- und oder Radiäreinrißen mit und ohne Abhebung vom Pfannenrand deutlich. Nicht selten kann das Labrum dann nach intrartikulär einschlagen und beim Patienten spontane Einklemmungssyndrome verursachen. Auch ein bei den Meniskuspathologien beschriebener „Korbhenkelriss“ ist im Traktions Arthro MRT bereits beschrieben worden. Teilweise nach intraossär reichende Zysten und/oder Verkalkungen deuten häufig eher auf eine bereits lang bestehende Impingementsituation hin (Abb. 2–5).
Zu 3) Das für die Hüfte vor allem bei der CAM Fehlform beschrieben „Teppichphänomen“ mit Abhebung des Knorpels vom Pfannengrund ist eine ziemlich einmalige Entität, die bislang nur für das Hüftgelenk definiert worden ist. Die genaue Lage (z. B. 12 Uhr), die ortsständige Größe (mm, cm) und auch die Ausdehnung (von 10–12 Uhr) lässt sich durch einen Zug am Hüftkopf und in radiären Schnitten am besten ermitteln
(Abb. 6 und 7).
Zu 4) Zur Detektion ortsständiger oder flächiger Knorpelschäden hat sich eine hohe Auflösung und die Fokussierung auf das betroffenen Hüftgelenk bewährt. Unter Zug am Gelenk können Knorpelläsionen vom „contained“ zum „uncontained“ Typ unterschieden werden. Diese Unterscheidung ist therapierelevant, da bei großflächigen Knorpelschäden mit generalisierter Knorpelhöhenminderung die Erfolgsaussicht einer knorpelreparativen Maßnahme erheblich eingeschränkt sind (Abb. 8 und 9).
Zu 5) Die Frage nach einer knöchernen Mitbeteiligung (Ödem, Zysten) bei bereits vorhandenem Knorpelschaden ist therapeutisch von nicht unwesentlicher Relevanz, daher sollte auch hier die genaue Lage und Ausdehnung vom radiologisch tätigen Kollegen beschrieben werden. Auf der Wissensbasis ist gegebenenfalls zusätzlich in einigen Fällen eine Spongiosaplastik der Zysten notwendig (Abb. 10–12).
Zu 6) Läsionen des Ligamentum capitis femoris sind nicht selten und bleiben lange häufig unentdeckt. Die Patienten berichten hier häufig über „Einklemmungen“ und Schmerzen „tief drin im Gelenk“. Bei einem elongierten LCF kann es nicht selten zum fovealen Impingement mit konsekutivem lokalen Knorpelschaden im Bereich der Incisura ischiadica kommen (Abb. 13 und 14).
Zu 7) Das subspinale Impingement wird ebenso wie das ischiofemorale Impingement auf der klassischen Beckenübersicht und dem seitlichen Röntgen der Hüfte vielfach nicht gut entdeckt. Hier hat das auf die betroffene Hüfte fokussierte MRT große Vorteile. Das MRT kann u.a. das Ausmass und die genaue Lokalisation einer überhängenden Spina iliaca anterior inferior und entsprechende Co-Pathologien (Läsionen Rectussehne – Pars recta / Pars reflecta) aufzeigen. Beim ischiofemoralen Abstand kann nicht nur der (zu geringe) Abstand zwischen Trochanter minor und Sitzbein sondern vielfach auch entsprechende Co-Pathologien (Quetschung / Impingierung des M. quadratus) dargestellt werden (Abb. 15).
Zu 8) Dem Abriss der Rotatorenmanschette der Schulter durchaus vergleichbar, können auch die Muskeln der hüftgelenksumgreifenden Muskulatur fettig involvieren, wenn Sie durch Teil- oder Komplettruptur insuffizient geworden sind. Da dies prognoserelevant ist, sollte der Radiologe hierzu dezidiert Stellung nehmen, eine entsprechende Klassifikation ist in der Literatur bereits beschrieben (Klassifikation nach Goutallier et. al. und Engelken et al. Abb. 16).
Zu 9) Sowohl bei der CAM Fehlform wie auch der Dysplasie liegen nicht selten Torsionsfehler des Femurs vor. Bei der CAM Fehlform findet sich nicht selten eine eher reduzierte Antetorsion, bei der Dysplasie mit begleitender Coxa valga nicht selten eine erhöhte Antetorsion. Hier hat die MRT-Torsionsbestimmung die CT Untersuchung in der Vergangenheit wegen gleichwertiger Ergebnisse bei fehlender Strahlenbelastung abgelöst. Wichtig ist jedoch die Art der Torsionbestimmung (z. B. nach Reikeras, Murphy, Beck und anderen). Die jeweilige Messmethode ist vom radiologischen Kollegen einzufordern, da sich die unterschiedlichen Messmethoden teilweise um mehrere Winkelgrade unterscheiden und dies Therapierelevanz hat (Abb. 18).
Zu 10) Das Traktions-Arthro-MRT hat in den letzten Jahren an Stellenwert gewonnen ist jedoch nicht ubiquitär verfügbar. Hierdurch lässt sich vor allem ein instabiles Labrum, okkulte Einrisse des Labrums, das Teppichphänomen des Knorpels und Läsionen des Lig. capitis sehr gut darstellen. Eine weitere Verbreitung dieser aufwändigen Technik wäre – für den Radiologen mit Leidenschaft – daher wünschenswert (Abb. 19).
Zusammenfassung
Die orientierende MRT-Untersuchung des Beckens ist nur für wenige Fragestellung bei Hüft- und Leistenschmerzen von Relevanz. Diese Untersuchung sollte daher nicht unkritisch angefordert werden. Besser ist es dem Radiologen eine genaue Fragestellung zu definieren und ein Hüft-MRT (mit oder ohne i.a. KM) mit radiären Sequenzen einzufordern. Ob eine MRT mit Traktion und ggf. Torsionsmessung dann zusätzlich notwendig werden sollte, kann und sollte im Einzelfall entscheiden werden.
Autoren:
Dr. Christian Gatzka
Uwe Reimers
PD Dr. Christian Tesch
PD Dr. Stefan Fickert