Berlin – Orthopädie und Unfallchirurgie stellen eine Einheit und Vielfalt zugleich dar. Das wird bei einem Blick auf das breitgefächerte Weiter- und Fortbildungsangebot der Akademie für Orthopädie und Unfallchirurgie (AOUC) deutlich. Die AOUC ist gemeinsames Referat des BVOU und der DGOU und zugleich Zeugnis des Zusammenrückens der Fachgesellschaften und des Berufsverbands. Seit Anfang des Jahres leiten Prof. Dr. Tobias Renkawitz, Heidelberg, und Prof. Dr. Ulrich Stöckle, Berlin, das gemeinsame Referat. Warum die AOUC unverzichtbare Klammer für das gesamte Fachgebiet ist und welche Herausforderungen in den kommenden Monaten gemeistert werden müssen, erläutern beide im Gespräch.
Wie ist es zu Ihrer Ernennung als wissenschaftliche Leiter der Akademie für Orthopädie und Unfallchirurgie (AOUC) gekommen?
Prof. Dr. Tobias Renkawitz: Die Akademie für Orthopädie und Unfallchirurgie, die AOUC, ist ein Gemeinschaftsprojekt der Fachgesellschaften und des Berufsverbands. Sie ist somit integraler Bestandteil der nationalen Organisationsstruktur in unserem Fach Orthopädie und Unfallchirurgie. Nach einer ersten Aufbauphase bestand nun in den Gremien der Wunsch zu einer Weiterentwicklung der AOUC. Das Thema Aus-, Weiter- und Fortbildung ist für uns beide als Leiter großer Universitätsstandorte auch eine persönliche Herzensangelegenheit und deshalb haben wir diese neue Aufgabe als gewählte wissenschaftliche Leiter der gemeinsamen Akademie gerne und aus Überzeugung übernommen.
Orthopädie und Unfallchirurgie sind zusammengewachsen und stellen eine Einheit mit Vielfalt dar. Wie spiegelt sich das im Portfolio der AOUC wider?
Prof. Dr. Ulrich Stöckle: Die gemeinsame Akademie AOUC kann die einzelnen Weiter- und Fortbildungsformate der Fachgesellschaften und Sektionen in eine übersichtliche und sinnvolle Struktur bringen. Das umfasst sowohl notwendige Bestandteile für den gemeinsamen Facharzt in Orthopädie und Unfallchirurgie als auch für die weitere Spezialisierung in spezielle Orthopädie und/oder Unfallchirurgie. Aufgabe der AOUC wird es neben der Strukturierung auch sein, die Qualität der angebotenen Formate zu gewährleisten. Dafür stehen wir als wissenschaftliche Leiter.
Renkawitz: Wie im klinischen Alltag, so soll auch in der spezialisierten Weiterbildung jede Disziplin ihre Besonderheiten bewahren. Diese Vielfalt spiegelt die Stärke unseres gemeinsamen Faches Orthopädie und Unfallchirurgie wider. Die AOUC soll helfen, dass wir zukünftig diese spezialisierten Weiterbildungsangebote in einer gemeinsamen Plattform vernetzen. Die AOUC ist das zentrale Portal für Weiter- und Fortbildung in Orthopädie und Unfallchirurgie. Über 600 Veranstaltungen wurden im letzten Jahr auf der AOUC-Website gelistet. Die Besucher haben sich um 70 % auf 120.000 gesteigert.
Was bietet die gemeinsame Akademie den Interessenten im Vergleich zu anderen Fortbildungsplattformen und was möchten Sie weiterentwickeln?
Stöckle: Die AOUC ist die Akademie unserer gemeinsamen Fachgesellschaft und unseres Berufsverbandes und hat damit den berechtigten Anspruch, die qualitativ hochwertige, industrieunabhängige Plattform für strukturierte Weiter- und Fortbildung in unserem Fach zu sein und damit erster „Ansprechpartner“ für Weiterbildungsassistent_innen und Fachärzt_innen auf der Suche nach strukturierten Weiter- und Fortbildungsangeboten. Gerade die Sektionen unserer Fachgesellschaft, wie unter anderem die AE, AO Trauma, DVSE, DKG und alle anderen sind sehr aktiv mit qualitativ hochwertigen Weiter- und Fortbildungsangeboten. Hier wird es neben der strukturierten Darstellung der Angebote auf unserer Plattform auch Aufgabe sein, bei der Bewerbung und der Organisation der Veranstaltungen zu unterstützen, was ja teilweise auch jetzt schon erfolgt. Ein großer zusätzlicher Bereich wird die Weiterentwicklung des strukturierten Weiter- und Fortbildungsprogramms auf unserem Jahreskongress DKOU sein, um hier einen festen Kongressbestandteil mit Curriculum über mehrere Jahre hinweg weiter zu etablieren.
Renkawitz: Durch die dargestellte, bessere Vernetzung und zusätzlichen Serviceangebote werden Ärztinnen und Ärzte über die AOUC zukünftig leichter und schneller das gesamte Wissensangebot in Orthopädie und Unfallchirurgie präsentiert bekommen und auf individuelle Weiter- und Fortbildungsschwerpunkte zugreifen können. Die AOUC bietet allen Sektionen und Gesellschaften in Orthopädie und Unfallchirurgie damit ideale Bedingungen, um einerseits Synergien zu nutzen und andererseits eigene Plattformen sinnvoll zu erweitern. Hinter der Akademie steht ein Team mit Expertise und Vorschlägen zur Umsetzung von sämtlichen Weiter- und Fortbildungsformaten.
Unter Neuigkeiten finden die Besucher Artikel aus Orthopädie und Unfallchirurgie. Im Vergleich zum Jahr 2020 haben sich diesbezüglich die Seitenaufrufe mehr als verdoppelt und lagen zuletzt bei 8.300. Möchten Sie den News-Teil auf der Homepage redaktionell weiter ausbauen?
Stöckle: Ganz sicher. Allerdings: Unser Anspruch ist weniger die Quantität, sondern eher die Qualität. In einer Zeit, in der sich das medizinische Wissen alle 73 Tage verdoppelt, geht es um die strukturierte Aufarbeitung von Kernaussagen mit Bezug zu unserem Fach. Gerade deshalb ist uns die enge Verbindung mit den starken Sektionen und Arbeitsbereichen unseres Fachs ein besonderes Anliegen. Daneben können wir natürlich Beiträge unserer eigenen Medien nutzen, wie unter anderem die Zeitschrift
für Orthopädie & Unfallchirurgie als wissenschaftliches Organ der DGOU, sowie die Zeitschriften „Die Orthopädie“ und „Die Unfallchirurgie“.
In Zeiten der COVID-19-Pandemie hat die Weiterentwicklung der gemeinsamen Akademie insbesondere im digitalen Bereich eine große Rolle gespielt. Welche Lehren können Sie aus Corona ziehen? Welche Formate werden im Portfolio der Zukunft abgebildet?
Renkawitz: Auch die AOUC musste durch die COVID-19-Pandemie bei der Umstellung auf digitale Fortbildungsformate buchstäblich „ins kalte Wasser springen“. Die Gesamtausrichtung der digitalen Woche auf dem DKOU war eine Feuertaufe und wurde mir Bravour gemeistert. Insofern haben wir aus diesen Erfahrungen gelernt und das Akademie-Team kann über ein Portfolio an Fortbildungsmaßnahmen, ob in Präsenz, hybrid oder volldigital beraten oder konkret gestalten. Stöckle: Gerade basierend auf den Erfahrungen des digitalen DKOU wird die AOUC eine etablierte digitale Plattform für die Sektionen bereitstellen, um zukünftige Online- und Hybrid-Formate gemeinsam voranzubringen.
Mit der AOUC soll die Einheit des Faches weiter gestärkt und vor allem für den Nachwuchs greifbar werden. Welche Formate gelten aus Ihrer Sicht als besonders attraktiv?
Stöckle: Die Akademie ist primär eine Plattform für die Weiter- und Fortbildungsangebote in unserem Fach. Gerade durch die Strukturierung des Angebots wird für unsere jüngeren Mitarbeiter_innen übersichtlicher und greifbarer, zu welchem Zeitpunkt der Weiterbildung, welches Angebot und welches Format sinnvoll ist als Unterstützung auf dem Weg zum gemeinsamen Facharzt und bei der späteren Spezialisierung. Große Unterstützung kommt dabei auch vom Jungen Forum O und U. Zukünftig interessant werden vornehmlich Weiter- und Fortbildungsformate „on demand“. Einzelne Module, auch als Videoformat, die ich jederzeit abrufen kann, wenn ich Zeit habe. Unterstützt mit Augmented- Reality-Komponenten wird es so auch möglich sein, einzelne Operationsschritte und ganze Prozeduren zu trainieren.
Renkawitz: Es ist schon jetzt klar, dass in vielen Bereichen der Fortbildung auch Post- COVID-19 digitale Formate bestehen bleiben. Bei unseren jungen aber auch erfahrenen Kolleginnen und Kollegen spüren wir insgesamt eine besondere Begeisterung für Weiter- und Fortbildungsformate mit cleveren Lösungen, die auch online Interaktivität erlauben.
Zweck der gemeinsamen AOUC ist der Austausch, die Koordination und die Bündelung von Initiativen und der orthopädisch-unfallchirurgischen Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung. Warum ist es aus Ihrer Sicht heutzutage wichtig, eine geeignete Plattform anzubieten?
Renkawitz: Es geht um das große Ganze, die Überschrift, unter der wir unsere guten Weiterbildungsinitiativen in Orthopädie und Unfallchirurgie setzen. Die Akademie will hier nicht in Konkurrenz zu bereits bestehenden Fortbildungsangeboten von Sektionen, Gesellschaften oder Bereichen in Orthopädie und Unfallchirurgie auftreten. Unser Anspruch ist es vielmehr, dass alle qualitativ hochwertigen Aus-, Weiter- und Fortbildungskonzepte über die AOUC als zentraler Anlaufpunkt zusammenhängend gefunden werden und damit individuell koordinierbar werden.
Stöckle: Gerade in dem so wichtigen Bereich der Weiter- und Fortbildung in unserem Fach mit einem so breiten Angebot ist es wichtig, eine Plattform zur Strukturierung und als „Wegweiser“ für qualitativ hochwertige Formate zu jedem Zeitpunkt der Weiter- und Fortbildung zu haben. Dafür steht die AOUC.
Das Fachgebiet Orthopädie und Unfallchirurgie ist sehr breit gefächert: von großen bis hin zu spezielleren Themen wie Kinderorthopädie und ambulante Operationen. Die Vermittlung von Wissen ist stets komplexer. Wie kann man hier den Überblick behalten? Woher weiß ich, welcher der richtige Kurs für mich ist?
Stöckle: Wie bereits erwähnt, ist es aus unserer Sicht eben genau Aufgabe der Akademie, durch eine Strukturierung des Angebotes einen Überblick über qualitativ hochwertige Formate zu schaffen und anhand eines Weiter- und Fortbildungscurriculums den Weg zu weisen, welcher Kurs wann der richtige ist. Eine sehr gute Orientierung im Bereich der Facharztweiterbildung gibt hier der bereits erwähnte Plan des Jungen Forums O und U.
Renkawitz: Leitgedanke ist eine qualitätsorientierte Weiterbildung. In der klinischen Versorgung kennen wir bereits Initiativen, die Qualität messbar machen. Die AOUC kann dazu beitragen, dass wir einen positiven Wettbewerb um die besten Weiter- und Fortbildungskonzepte in Orthopädie und Unfallchirurgie anstoßen. Das wollen wir als Akademieleiter proaktiv begleiten und dafür Impulse setzen.
Welches Projekt in der Weiterentwicklung werden Sie nun zuerst angehen?
Stöckle: In einem ersten Schritt wollen wir Struktur und Vernetzung der Plattform für eine schnelle Übersicht des vorhandenen Angebotes an Weiter- und Fortbildungsformaten in unserem Fach verbessern. Durch vermehrte Einbindung der Sektionen und Arbeitsgemeinschaften möchten wir dann die einzelnen Formate entsprechend des Curriculums weiter strukturieren und gemeinsam weiterentwickeln.
Renkawitz: Qualitativ hochwertige Weiter- und Fortbildung ist von essenzieller Bedeutung und ein großer Schwerpunkt der Aktivitäten unserer Fachgesellschaften und des Berufsverbandes. Hier sehen wir unseren Auftrag, die Sichtbarkeit zu verbessern, das aktuelle Angebot zu verbreitern und zukunftsfähig auszubauen, um der Ansprechpartner für Weiter- und Fortbildung in unserem Fach zu sein und so einen Beitrag für die Zukunftsfähigkeit unseres Faches zu leisten.
Herr Prof. Stöckle und Herr Prof. Renkawitz,
vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Janosch Kuno, Pressearbeit BVOU