Berlin – Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) begrüßt grundsätzlich das Vorhaben der Bundesregierung, die Digitalisierung und damit die Modernisierung und Vernetzung des Gesundheitswesens voranzutreiben. Bei der Ausgestaltung sieht der SpiFa jedoch erheblichen Verbesserungsbedarf – Deutschland ist weit von der angestrebten „Vorreiterrolle bei Digital Health“ entfernt und steuert Digitalisierung im Gesundheitswesen an der Realität vorbei.
Egal ob eRezept, elektronische Patientenakte oder Telematik-Infrastruktur: keines der digitalen Vorhaben im Gesundheitswesen scheint derzeit auf einem Stand zu sein, der eine niedrigschwellige und störungsfreie Nutzung in der Breite ermöglicht oder befördert. Der SpiFa sieht dabei nach wie vor besonderen Handlungsbedarf in Bezug auf die Benutzerfreundlichkeit und den Gesamtnutzen – für die Patienten, aber auch die Praxen.
Hierzu Dr. Dirk Heinrich, der Vorstandsvorsitzende des SpiFa: „Wir sprechen hier über digitale Produkte, die in Ihrer jetzigen Form nicht zu Ende gedacht und in Ihrer Ausgestaltung überhaupt nicht auf die Realität von Patientinnen und Patienten und Arztpraxen abgestimmt sind. Diese digitalen Lösungen hätten in ihrer jetzigen Form in der freien Wirtschaft keine Überlebenschance. Die Tatsache, dass es sich um künftige konkurrenzlose Pflichtanwendungen handelt, scheint aber seitens der gematik die Anforderungsschwelle an Funktionalität und Benutzerfreundlichkeit herabzusetzen.“
So kritisiert der SpiFa beispielsweise auch die aktuelle Antwort der gematik an die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein, „eine Übermittlung eines eRezepts per E-Mail sei nie geplant gewesen“. Dr. Norbert Smetak, SpiFa-Vorstandsmitglied und Vorsitzender des SpiFa-Ausschusses Digitalisierung hierzu: „Hier wird deutlich, wie wenig Patientenrealität und Praxisalltag bei der Konzeption berücksichtigt werden.“
Die alleinige Nutzungsmöglichkeit des e-Rezepts per App dürfte vielen älteren Menschen Probleme bereiten, NFC-taugliche Gesundheitskarten fehlen, hingegen empfangen 80% der Deutschen täglich E-Mails. „Wir brauchen niedrigschwellige Angebote, die einerseits von den Patienten leicht verstanden werden und einfach zu bedienen sind und andererseits Arbeitsprozesse vereinfachen. Es kann nicht sein, dass plötzlich der Zeitaufwand zur Erstellung eines eRezepts größer ist als beim bisherigen Ausdruck,“ so Smetak weiter.
Der SpiFa mahnt außerdem an, den Schutz von Patientendaten selbstverständlich ernst zu nehmen, aber Einschränkungen wie jüngst beim geplanten Rollout des eRezepts in Schleswig -Holstein auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen.
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