Berlin – Mit der feierlichen Eröffnungsveranstaltung am gestrigen Abend wurde der Deutsche Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2017 offiziell eröffnet. Unter dem zentralen Motto „Bewegung ist Leben“ treffen sich noch bis zum Freitag tausende Orthopäden und Unfallchirurgen in der Messe Berlin, um sich über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen ihres Faches auszutauschen. Einen Einblick in diese Herausforderungen gaben auch die drei Kongresspräsidenten, Prof. Andrea Meurer von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Prof. Ingo Marzi von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie und Prof. Alexander Beck vom Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie, in ihren Ansprachen.
Marzi: Neue Prinzipien in der Weiterbildung umsetzen und leben
DGU-Kongresspräsident Marzi kam unter anderem auf die Herausforderungen in der Weiterbildung und die Rolle der Orthopädie und Unfallchirurgie als integralem Bestandteil und größtem Fach innerhalb der Chirurgie bei dessen Mitgestaltung sowie bei der Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung (M-WBO) zu sprechen. Die Novellierung der verschiedenen Zusatzweiterbildungen für Orthopädie und Unfallchirurgie werde derzeit diskutiert und sei auf einem guten Weg, so Marzi. Dabei betonte er, dass bei den Weiterbildungskonzepten der neuen M-WBO der Nachweis von Fähigkeiten und nicht länger der reine Nachweis von Zeiten im Mittelpunkt stehe, und dass auch praktische Kurse, Simulationsübungen oder Zeiten in der Forschung künftig möglicherweise anerkannt werden könnten. Die neue M-WBO soll voraussichtlich auf dem Ärztetag 2018 beschlossen werden. „Die neuen Grundprinzipien der Weiterbildung müssen dann aber auch von uns gelebt werden, sowohl von Orthopäden und Unfallchirurgen in Klinik als auch in Praxis“, so Marzi.
Meurer: Als Fach geschlossen zusammenstehen
„Unser Fach wird bewegt“, sagte DGOOC-Präsidentin Meurer und kritisierte die zunehmenden Eingriffe in die ärztliche Freiheit, sei es durch den Druck der Ökonomisierung und den „Verteilungskampf“ um begrenzte finanzielle Mittel oder durch politisch regulierte Maßnahmen der Qualitätssicherung. „Unsere Schwäche ist mangelnde Geschlossenheit“, so Meurer weiter: „Ambulant gegen stationär, konservativ gegen operativ, manchmal sogar noch Orthopädie gegen Unfallchirurgie und umgekehrt.“ Interne Konflikte behinderten ein Vorankommen des Faches O und U und verstellten den Blick auf die Gefahren durch Übergriffe von außen, zum Beispiel von Seiten des Gemeinsamen Bundesausschusses und des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen oder auch von Seiten anderer Disziplinen, die sich Teilinhalte von O und U zu eigen machen wollten. Hier müsse das Fach geschlossen zusammenstehen und seine Zukunft aktiv mitgestalten.
Beck: Bewegung fördern in der Berufspolitik und der Patientenversorgung
Auch BVOU-Präsident Beck betonte, dass sich die Zukunft der medizinischen Versorgung und des Faches O und U nur mit Bewegung auf allen Ebenen gestalten lasse. Die Versorgung müsse vorausschauender und realitätsnäher werden. Dafür müssten neue Versorgungs- und Kooperationsformen geschaffen werden. „Wir brauchen zum Beispiel dringend Bewegung in der Notfallversorgung und beim Investitionsstau in den Kliniken sowie bei der Zusammenarbeit zwischen ambulanten und stationären Zentren“, erklärte Beck. Man brauche auch längst überfällige Novellierungen der Honorarordnungen sowohl im PKV- als auch im GKV-Bereich. Aber auch was die Patientenversorgung selbst angehe, müsse Bewegung das zentrale Credo sein, so Beck: „Wir können uns keine sitzende Gesellschaft leisten.“ Er rief dazu auf, die Bedeutung und den Spaß an Bewegung von klein auf zu fördern und zu vermitteln.
Musikalische Festrede
Im Anschluss an die Reden der Kongresspräsidenten und die Verleihung der Ehrenmitgliedschaften und diversen Auszeichnungen des Berufsverbandes und der Fachgesellschaften sowie des Journalistenpreises JOU beschloss der Dirigent, Musikproduzent und Coach Christian Gansch mit seiner Festrede die Eröffnungsveranstaltung. Dabei gab er einen interessanten Einblick in das alltägliche Orchesterleben und zeigte – unter anderem auch anhand verschiedener musikalischer Beispiele, wie ein Orchester als komplexes System funktioniert und welche Parallelen und Schlüsse sich daraus teils auch für den Unternehmens- und Lebensalltag ziehen lassen.