Berlin – Patientinnen und Patienten, bei denen eine medikamentös behandlungsbedürftige Osteoporose diagnostiziert wurde, können sich zukünftig in einem strukturierten Behandlungsprogramm (Disease-Management-Programm, DMP) leitliniengerecht versorgen lassen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am Donnerstag (16.1.20) in Berlin die Details zur Teilnahme und den verschiedenen Versorgungsaspekten beschlossen. Wie bei jedem DMP spielt die Aufklärung der Patientin oder des Patienten über die Erkrankung sowie über lebensstilbezogene Einflussfaktoren wie Ernährung und Bewegung eine besondere Rolle. Wissenschaftliche Grundlage des neuen DMP bildet die Leitlinienrecherche des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
„Unser großer Dank gilt allen die sich sehr intensiv – auf unterschiedlichen Ebenen – für diese strukturierte Versorgung einer wichtigen orthopädischen Erkrankung eingesetzt haben. Jetzt gilt es an der Umsetzung in den Ländern zu arbeiten“, lobte Dr. Johannes Flechtenmacher, BVOU-Präsident den Beschluss.
„Die Osteoporose gehört zu den chronischen Erkrankungen, die dem G-BA aus der Fachwelt für ein DMP vorgeschlagen wurden. Das Thema konnte angenommen werden, da die hierfür notwendigen Kriterien vorlagen: Geprüft hatte der G-BA beispielsweise, ob es evidenzbasierte Leitlinien gibt, ob die bestehende Versorgungsqualität durch ein DMP verbessert und ob der Krankheitsverlauf durch die Eigeninitiative der Patientin oder des Patienten beeinflusst werden kann“, sagte Prof. Dr. Elisabeth Pott, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses DMP. „Ich freue mich, dass wir nun die Beratungen zu den Details abschließen konnten. Die Patientinnen und Patienten werden von dem wissenschaftlich auf dem neuesten Stand befindlichen Behandlungskonzept profitieren.“
Osteoporose ist eine Skeletterkrankung, bei der aufgrund einer niedrigen Knochendichte und -stabilität ein erhöhtes Risiko für Brüche besteht. Besonders häufig tritt die Krankheit im fortgeschrittenen Lebensalter auf. Überdurchschnittlich betroffen sind postmenopausale Frauen.
Das DMP richtet sich an Patientinnen und Patienten mit einer medikamentös behandlungsbedürftigen Osteoporose. Frauen können sich ab dem vollendeten 50. Lebensjahr in ein DMP einschreiben lassen, Männer ab dem vollendeten 60. Lebensjahr.
Ziel des DMP ist es insbesondere, (weitere) Knochenbrüche zu vermeiden, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern und Schmerzen zu reduzieren.
Die therapeutischen Maßnahmen, die der G-BA in die DMP-Anforderungen aufgenommen hat, sind in Abhängigkeit von Alter und Begleiterkrankungen der Patientin oder des Patienten auszuwählen. Die Empfehlungen für die medikamentöse Therapie sind spezifiziert für Männer und/oder postmenopausale Frauen. Die Empfehlungen für die nichtmedikamentöse Therapie betreffen beispielsweise lebensstilbezogene Schulungen, die Ermittlung des Sturzrisikos ab einem Lebensalter von 70 Jahren und das Angebot von Funktionstraining oder Rehabilitationssport.
Der G-BA legt den Beschluss nun dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vor. Nach Nichtbeanstandung treten die Anforderungen an das DMP Osteoporose am ersten Tag des auf die Veröffentlichung im Bundesanzeiger folgenden Quartals in Kraft.
Patientinnen und Patienten steht das neue DMP zur Verfügung, sobald die gesetzlichen Krankenkassen mit Ärztinnen und Ärzten und/oder Krankenhäusern Verträge zur praktischen Umsetzung des DMP abgeschlossen haben.
Hintergrund – Disease-Management-Programme
Disease-Management-Programme (DMP) sind strukturierte Behandlungsprogramme. Ziel dieser Programme ist es, den sektorenübergreifenden Behandlungsablauf und die Qualität der medizinischen Versorgung von chronisch kranken Menschen zu verbessern.
Der G-BA hat gemäß § 137f SGB V die Aufgabe, chronische Erkrankungen auszuwählen, die für ein DMP geeignet sind, sowie die Anforderungen an solche Programme festzulegen und regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Hierbei geht es insbesondere um die medizinische Behandlung nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft, aber auch um Qualitätssicherungsmaßnahmen, Anforderungen an die Einschreibung der Versicherten in ein Programm, Schulungen der Leistungserbringer und der Versicherten. Zudem sind Vorgaben für die Dokumentation und die Evaluation festzulegen. Die Anforderungen an die DMP und die Dokumentation sind in der DMP-Anforderungen-Richtlinie geregelt.
Die praktische Umsetzung der DMP erfolgt auf der Basis regionaler Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern (Vertragsärztinnen und -ärzten/Krankenhäusern). Vor Vertragsabschluss prüft das Bundesamt für Soziale Sicherung als DMP-Zulassungsstelle, ob die in der Richtlinie des G-BA festgelegten Anforderungen an ein DMP eingehalten werden.
Derzeit gibt es insgesamt ca. 9.200 Programmzulassungen mit über 7 Millionen eingeschriebenen Versicherten. Teilweise nehmen die Versicherten an mehr als einem DMP teil.
Zu folgenden Erkrankungen gibt es bereits vom G-BA festgelegte DMP-Anforderungen – teilweise befinden sie sich jedoch noch in der Umsetzungsphase, so dass den Versicherten hier noch keine oder nur wenige zugelassene Programme zur Verfügung stehen:
- Asthma bronchiale
- Brustkrebs
- Chronische Herzinsuffizienz
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
- Chronischer Rückenschmerz
- Depression
- Diabetes mellitus Typ 1
- Diabetes mellitus Typ 2
- Koronare Herzkrankheit (KHK)
DMP-Anforderungen zur rheumatoiden Arthritis werden derzeit im G-BA entwickelt. Der Beschluss ist für 2020 geplant.
Quelle: G-BA