Berlin – Deutsche Großstädte sind generell noch nicht ausreichend auf Terroranschläge wie in Paris oder Brüssel vorbereitet. Diese Ansicht hat Prof. Dr. med. Axel Ekkernkamp in einem Online-Kommentar für den Berliner „Tagesspiegel“ am 20. Dezember vertreten. Er forderte einen nationalen wie europäischen Notfallplan für die medizinische Versorgung von Terroropfern.
Ekkernkamp ist Geschäftsführer des BG Klinikums Unfallkrankenhaus Berlin und ordentlicher Professor für Unfallchirurgie an der Universitätsmedizin Greifswald. Anlass für den Kommentar war der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz vergangenen Montag.
Schuss- und Explosionsverletzungen werden nicht gelehrt
Als Begründung für seine These schreibt Ekkernkamp: „Schuss- und Explosionsverletzungen werden im Medizinstudium nicht gelehrt. Die Mehrheit der deutschen Chirurgen verfügt über keine bis unzureichende Kenntnisse. Viele Verletzungen infolge von Bomben- oder Sprengstoffexplosionen sind innere und kaum sichtbar, und Terroropfer erleiden in der Regel schwerere Verletzungen als die Opfer anderer Schadensereignisse. In den Kliniken benötigen sie mehr Ressourcen und mehr Platz.“
Im Rahmen eines Kongresses von Chirurgen gemeinsam mit der Spitze des Sanitätsdienstes der Bundeswehr auf dem Campus der Berliner BG-Klinik habe man erst vor wenigen Tagen auf die Notwendigkeit einer besseren Vorbereitung auf Terroranschläge in Deutschland hingewiesen und eine enge Zusammenarbeit von militärischen und zivilen Medizinern vereinbart, so der Kommentar.
DGU und Bundeswehr kooperieren enger
Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) hatte Ende September gemeldet, angesichts der steigenden Terrorgefahr in Deutschland bereite man sich im engen Schulterschluss mit der Bundeswehr auf einen möglichen Terroranschlag vor. Mit Hilfe eines neuen 5-Punkte-Planes wollten DGU und Bundeswehr für die Zukunft Sorge tragen, dass Opfer von möglichen Terroranschlägen in Deutschland zu jeder Zeit und an jedem Ort schnell und situationsgerecht auf hohem Niveau versorgt werden können.
In seinem Kommentar für den „Tagesspiegel“ weist Ekkernkamp weiter darauf hin, dass die Vorbereitung auf Großschadensereignisse zwar in Deutschland geübt wird. So habe es erst vor wenigen Wochen in Berlin einen Probealarm mit mehreren Hundert „Verletzten“ gegeben. Aber: „Geübt wird hierzulande bisher nicht speziell für einen Terroranschlag. Ein Anfang ist gemacht: Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie hat ihre Kliniken jüngst aufgefordert, ihre Alarm- und Einsatzpläne zu überprüfen, Übungen durchzuführen und ausreichend OP-Material vorzuhalten. Mit dem Traumanetzwerk aus 600 Zentren verfügt Deutschland zudem über ein gut funktionierendes Netz für die Versorgung von Schwerverletzten.“
Berlin hat gut reagiert
Allerdings konstatiert Ekkernkamp, dass man in Berlin nach dem Attentat rasch und nach Plan reagiert habe: „Schon wenige Minuten nach den ersten Meldungen vom Anschlag erreichten Rettungswagen von Feuerwehr und anderen Hilfsorganisationen den Weihnachtsmarkt im Zentrum der Hauptstadt. Seit Monaten bereitet man sich hier auf den Ernstfall vor. Die Berliner Kliniken sind dabei einbezogen.“