Berlin – Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Klage gegen die neuen Regelungen zum Entlassmanagement eingereicht. Sie wehrt sich damit gegen die Entscheidung des erweiterten Bundesschiedsamtes für die vertragsärztliche Versorgung. „Statt Versorgungslücken für bestimmte Patientengruppen zu schließen, sollte Bürokratie pur aufgebaut werden“, so DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum.
„Krankenhausärzten wird Zeit für Patienten gestohlen“
Die Klage schiebt nach Ansicht der DKG die geplante Umsetzung ab Juli 2017 bis zum Abschluss des Rechtsstreits auf. Weil sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), der GKV-Spitzenverband und die DKG nicht auf die konkreten Rahmenbedingungen für das Entlassmanagement einigen konnten, musste im Oktober 2016 das Bundesschiedsamt entscheiden. Das von den Kassen und den niedergelassenen Ärzten vorgesehene System sei „ein bürokratisches Monster, das den Krankenhausärzten Zeit stiehlt, die sie zur Versorgung von Menschen benötigen“, kritisierte Baum.
DKG: 100.000 Arbeitstage werden gebunden
Die DKG wehrt sich dagegen, dass nach den neuen Regeln jedem Patienten aus teil- und vollstationärer Behandlung ein Entlassmanagement angeboten werden müsse. Zu diesem formalen Prozess gehörten Informationsgespräche und das Ausfüllen von zwei Formblättern – mit der Option für Patienten, datenschutzrechtliche Einwände zu erheben. Nach den Berechnungen der DKG wären 19 Millionen Patienten betroffen: „Dies würde rund 100.000 Arbeitstage binden, die zum Wohl des Patienten effektiver eingesetzt werden könnten.“ Hinzu komme die aufwändige Registrierung von mindestens 50.000 am Entlassmanagement beteiligten Krankenhausärzten zur Zuweisung einer lebenslangen Arztnummer (LANR) durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen).
Der GKV-Spitzenverband hat der Darstellung der DKG widersprochen. Die Klage habe keine aufschiebende Wirkung. Bei allen Patienten sei die frühzeitige Abklärung des Bedarfs für eine Anschlussversorgung Dreh- und Angelpunkt des Entlassmanagements. Vorstellungen der DKG, sich erst später und dann auch nur bei besonderen Fällen darüber Gedanken zu machen, welche Anschlussversorgung notwendig sei, mögen bequem sein, gingen aber am Patienteninteresse vorbei.
Kassen wollen keine „anonymen Verordnungen“
Das Entlassmanagement ermögliche es den Krankenhäusern auch, Arzneimittel zu verordnen. „Im Interesse der Patienten darf es keine anonymen Verordnungen geben. Der verschreibende Arzt darf nicht nur durch eine leider häufige unleserliche Unterschrift erkennbar sein“, so Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes. Auch deswegen ist eine LANR vorgesehen.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat bereits Ende 2015 eine Richtlinie zum Entlassmanagement verabschiedet. Sie beruht auf Vorgaben im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz. Danach können Krankenhäuser ihren Patientinnen und Patienten bei Entlassung zukünftig für einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen häusliche Krankenpflege, Heilmittel, Hilfsmittel und Soziotherapie verordnen. Es kann für diesen Zeitraum auch eine etwaige Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden. Zudem ist eine Verordnung von Arzneimitteln durch die Krankenhausärztin oder den Krankenhausarzt möglich.