Berlin – Im Nachgang zu einer Telefonkonferenz des Präsidiums der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vom 16.03.2020 mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat die DKG das nachfolgende Konzept zur kurzfristigen Sicherung der Zahlungsfähigkeit der Krankenhäuser und zur Finanzierung der Krankenhausversorgung für die Dauer der Corona-Pandemie erarbeitet und dem Minister mit Schreiben vom 17.03.2020 übermittelt. Von Minister Spahn wurde angekündigt, dass noch im Laufe dieser Woche der entsprechende Gesetzentwurf durch das BMG vorgelegt wird.
DKG-Konzept zur finanziellen Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser in der „Corona-Krise“
Vor dem Hintergrund des Beschlusses der Bundeskanzlerin und der Regierungschefs der Länder vom 12.03.2020 gilt es, kurzfristig sämtliche Kräfte in den Krankenhäusern zur Bewältigung der Corona-Virus-Pandemie zu mobilisieren und zu bündeln. Dies gilt insbesondere für das ärztliche und pflegerische Personal, aber auch für alle weiteren Mitarbeiter in den Krankenhäusern. In dieser außerordentlichen Situation sind daher alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Krankenhäuser unverzüglich von allen nicht absolut notwendigen administrativen und verwaltungstechnischen Aufgaben zu entlasten. Außerdem müssen alle zusätzlichen Aufwendungen und Belastungen in Zusammenhang mit der Corona-Virus-Pandemie schnell und unbürokratisch aufgefangen werden, damit es zu keiner Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit aus finanziellen Gründen kommt und die Krankenhäuser hier die dringend benötigte zeitnahe Unterstützung erfahren.
Die Bundesregierung fordert die Krankenhäuser zudem auf, ab dem 16.03.2020 alle „planbaren Aufnahmen, Operationen und Eingriffe auf unbestimmte Zeit zu verschieben und auszusetzen. Durch gesetzliche Maßnahmen stellt die Bundesregierung zügig sicher, dass die dadurch entstehenden wirtschaftlichen Folgen für die Krankenhäuser seitens der gesetzlichen Krankenkassen ausgeglichen werden und kein Krankenhaus dadurch ins Defizit kommt.“
Die Krankenhäuser setzten dieses Konzept konsequent um. Aus diesen Gründen muss das komplizierte, aufwändige und für diese besondere Herausforderung nicht ausgelegte, derzeitige Abrechnungs- und Finanzierungssystem ab 01.04.2020 bis zum Jahresende ausgesetzt und durch ein einfaches, pauschales Finanzierungssystem ersetzt werden. Das Konzept für einen Schutzschirm zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser basiert auf den Grundsätzen der Liquiditätssicherung, Vermeidung und Ausgleich von Defiziten infolge von Erlösausfällen und zu erwartenden hohen Mehrbelastung für die Behandlung von schwerkranken Patienten. Zudem gewährleistet das Konzept eine bürokratiearme Umsetzung. Es gilt für alle nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser. Das Konzept hat folgende Eckpunkte:
1. Schnelle Liquiditätsbereitstellung
• Die Krankenhäuser erhalten die Möglichkeit, kurzfristigen Finanzierungsbedarf zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen und Sicherung der Zahlungsfähigkeit geltend zu machen. Diese „Kassenverstärkungsmittel“ werden gegen die in diesem Konzept vorgesehene pauschale Vergütung (siehe unter Punkt 2) spitz abgerechnet.
• Ebenfalls zur Sicherung der Liquidität werden sämtliche Rechnungen für Patientenaufnahmen bis einschließlich 31.03.2020 vollständig innerhalb von 5 Tagen nach Rechnungsstellung von den Kostenträgern ausbezahlt.
2. Garantiebudget mit monatlichen Abschlagszahlungen
• Für das Jahr 2020 wird kein Budget vereinbart. Ab dem 01.04. wird bis zum Jahresende der aus den Vorjahreswerten und Fortschreibungskomponenten abgeleitete monatliche Budgetbetrag als Grundfinanzierungsbetrag von einer zentralen Stelle den Krankenhäusern zur Verfügung gestellt. Grundlage sind die Budgets des Jahres 2019 (ggf. 2018) erhöht um den Veränderungswert von 3,66 % (2018: 2,65 % und 3,66 %) und um einen 5 % Versorgungssicherstellungszuschlages.
• Konkret ergibt sich der monatliche Grundfinanzierungsbetrag aus 1/12 der Summe der nach § 14 KHEntgG/§ 14 BPflV vereinbarten bzw. genehmigten Erlösbudgets nach § 4 KHEntgG/§ 3 Abs. 3 BPflV, der Entgelte nach § 6 und der krankenhausindividuell ermittelten Zuschläge unter Einrechnung von Ausbildungsund Systemzuschlägen etc. für das Budgetjahr 2019 (mit Ausgleichen). Der Versorgungssicherstellungszuschlag ist ein pauschaler Ausgleich für beispielsweise den vermehrten Anfall tariflich vereinbarter Zuschläge für Überstunden und Nachtarbeit, die Reaktivierung von Personal etc., aber auch für Sondereffekte, die aufgrund einer fehlenden Budgetvereinbarung für 2020 oder für Vorjahre noch nicht realisiert werden konnten. So sind z. B. viele Krankenhäuser mit Pflegepersonaleinstellungen bereits in Vorleistung gegangen. Soweit noch kein genehmigtes Budget 2019 vorliegt, wird das zuletzt genehmigte Budget zur Ermittlung herangezogen und zusätzlich um die Veränderungswerte der fehlenden Jahre sowie Fallzahlentwicklungen erhöht. Ein Spitzausgleich des Garantiebudgets findet nicht statt.
• Die Auszahlung der o.g. Mittel erfolgt über eine zentrale Stelle (z. B. durch den Gesundheitsfonds, o.Ä.). Die Krankenhäuser melden an diese dazu einmalig ihre o.g. Werte und Zahlungsinformationen und erhalten automatische monatliche Auszahlungen in o.g. Höhe zum Monatsbeginn. Die PKV ist anteilig an der Mittelbereitstellung zu beteiligen.
• Für die Finanzierung von Kosten für Schutzkleidung, Schutzmasken, Transportkosten etc. sowie Abstrich-Untersuchungen für stationäre und ambulante Patienten sowie Mitarbeiter erhalten die Krankenhäuser pauschal 50 Euro je Patient mit Abrechnung gegenüber den zuständigen Kostenträger für alle Fälle ab 01.04.2020.
• Für die Krankenhäuser nach § 9 Abs. 1a Nr. 6 KHEntgG ist der monatliche Überweisungsbetrag um 1/9 von 400.000 € zu erhöhen (Auszahlung in 9 Monaten von April bis Dezember 2020).
• Erlösausfälle für Wahlleistungen (Ärztliche- / Zimmerzuschläge) sind angemessen zu berücksichtigen. Zur Kompensation von Erlösausfällen bei Wahlärztlichen Leistungen wird der Punktwert der GOÄ für den Zeitraum vom 01.04. bis 31.12.2020 um XX Prozent erhöht.
• Ab dem 01.04. rechnen die Krankenhäuser nicht mehr über die bisherigen Entgeltsysteme (DRG-System / BPflV) ab. Zur Sicherstellung der Kostenträgerzuordnung werden den Krankenkassen fallbezogenen Angaben aus den Entgeltsystematiken übermittelt.
3. Refinanzierungsgarantie für Corona-bedingte Zusatzkosten/Erlösausfälle
• Zur ergänzenden, laufenden Finanzierung gesonderter Lasten für Krankenhäuser, die viele aufwändige beatmungspflichtige Coronapatienten zu versorgen haben (erhöhte Behandlungskosten / erhöhte Sachkosten) und zum Ausgleich von Defiziten, wird eine Clearing-Stelle auf Landesebene eingerichtet. Sie wird durch Mittelzuweisungen aus dem Gesundheitsfonds oder dem Bundeshaushalt finanziert.
• Bei dem Defizitausgleich werden auch Erlösausfälle für ambulante Leistungserbringungen, Krankenhausapotheke, Nebenbetriebe etc. berücksichtigt.
4. Investitionszuschuss für die Schaffung zusätzlicher Intensivbetten
Der Bund stellt den Ländern 85.000 € je nachgewiesenem zusätzlichen Platz zur Verfügung, die an die Krankenhäuser für die Schaffung zusätzlicher Intensivbetten ausgezahlt werden.
5. Folgemaßnahmen für 2021
Aufgrund der pauschalierenden Budgetfinanzierung ergibt sich für das Entgeltsystem 2021 folgender Anpassungsbedarf:
• Die InEK-Kalkulation für das Jahr 2021 wird ausgesetzt. Für das Jahr 2021 gilt der Katalog des Jahres 2020. Im Pflegebudget 2021 erfolgt die Erstattung der bisher nicht refinanzierten Pflegepersonalkosten.
• Der Fixkostendegressionsabschlag nach § 4 Abs. 2a KHEntgG wird erst ab dem Jahr 2022 wieder erhoben, da ansonsten eine verzerrende Wirkung eintreten würde und dieser technisch aufgrund der fehlenden Ausgangsbasis nicht mehr ermittelbar ist.
6. Konsequente Bürokratieentlastung:
Die Krankenhäuser appellieren an den Bundesgesetzgeber, alle nicht zwingend erforderlichen Vorgaben für das laufende Jahr auszusetzen. Die DKG wird dazu eine gesonderte Auflistung erstellen.
Quelle: VKD