München – Aktive Beinorthesen können Kinder und Jugendliche mit entzündlichen Gelenkerkrankungen beim Laufen unterstützen. In einem neuen Forschungsprojekt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 120.000 Euro unterstützt wird, sollen nun individuell anpassbare Bausätze für solche Orthesen entwickelt werden. Diese sollen nicht nur kostengünstig sein, sondern zudem durch Skalierbarkeit mitwachsen können.
Für Kinder und Jugendliche, die etwa unter entzündlichen Gelenkerkrankungen oder neurologischen Defiziten leiden, ist das Laufen häufig mit Schmerzen verbunden und wird deshalb von ihnen vermieden. Dadurch kann es für sie jedoch zu Entwicklungsverzögerungen kommen. Eine Möglichkeit, das Laufen zu unterstützen, sind aktive Orthesen für die Beine.
Damit diese Orthesen noch besser an die Bedürfnisse der jungen Patienten angepasst werden können, wollen Photonik-Forscher von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in München gemeinsam mit Partnern aus Medizin und Industrie nun erstmals kostengünstige und mitwachsende Modelle für Kinder und Jugendliche entwickeln. Für ihr Forschungsvorhaben „APPROACH“ (Active PaRametrizable Open-Source Articular Orthesis for Children) haben sie im vergangenen Monat den Zuschlag bei der Förderinitiative „Light Cares“ des BMBF erhalten. Das Projekt soll bis Ende 2018 laufen.
Mit Unterstützung der klinischen Partner wollen die Forscher zunächst die biometrischen Parameter betroffener Kinder an freiwilligen Probanden erheben. Anhand der spezifischen Daten soll dann per CAD (Computer-aided design – Computergestütztes Konstruieren) eine individuelle und später einfach zu modifizierende 3D-Vorlage für die aktive Orthese konstruiert werden. Die Fertigung erfolgt durch Laser-Sintering, einer additiven Fertigungstechnologie ähnlich dem 3D-Druck, bei der mittels eines Lasers feine Partikel eines Werkstoffpulvers verschmolzen und Schicht für Schicht zu individuellen Bauteilen aufgebaut werden.
Für den aktiven Teil der Orthesen – Sensoren, Aktoren und Energieversorgung – nutzen die Münchner Forscher das Wissen und die Techniken der „Maker“-Bewegung, einer Gruppe technischer Bastler verschiedenster Disziplinen, die digitale photonische Fertigungsverfahren für verschiedenste Projekte kreativ zum Einsatz bringen und in der Förderinitiative „Light Cares“ des BMBF mit Wissenschaft und Industrie zusammenarbeiten. Im Anschluss an den Fertigungsprozess soll die Wirksamkeit der Orthesen zusammen mit den klinischen Partnern optimiert werden.
Die individuellen Vorlagen für die Orthesen wollen die Forscher dann als frei zugänglichen, umfangreichen Datensatz in einer Open-Source-Plattform zur Verfügung stellen. Ihr Ziel ist es, eine Kombination von modernen, kostengünstigen 3D-Verfahren, Open-Source-Technologien und einer Bereitstellung der Orthesen im Rahmen des deutschen Medizinproduktegesetzes zu realisieren.
Mit dem Wettbewerb „Light Cares“ unterstützt das BMBF kooperative Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, deren Ziel darin besteht, den Alltag von Menschen mit Behinderung durch den Einsatz photonischer Technologien entscheidend zu verbessern und so mehr Teilhabe und Chancen zu ermöglichen.
Quelle: Hochschule für angewandte Wissenschaften München