FRANKFURT AM MAIN – Eine gesunde Lebensweise und regelmäßige sportliche Betätigung liegen heute immer mehr im Trend. Mit der Zahl der Sportbegeisterten steigt allerdings auch die Zahl der Sportverletzungen und Überlastungsschäden, beispielsweise der Achillessehnenruptur. Mögliche Ursachen sind eine ungleichmäßige Belastung der Achillessehne durch schräge Fußhaltung, aber auch eine zu hohe gleichmäßige Belastung. Ein Frankfurter Forscher hat nun ein virtuelles Verfahren entwickelt, das die Belastung der Achillessehne unter verschiedenen Bedingungen simuliert und Schwachstellen erkennt.
Dr. Majid Kardeh vom Fachbereich Informatik und Ingenieurswissenschaften der Frankfurt University of Applied Sciences (UAS) entwickelte das Verfahren im Rahmen seiner Dissertation. Diese trägt den Titel „Methode zur Beurteilung des Achillessehnenruptur-Risikos auf Basis bildgebender Verfahren und der Finite Elemente-Methode“. Die Arbeit wurde in enger Kooperation mit Prof. Dr. Thomas J. Vogl vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main verfasst. Die radiologischen Aufgaben beinhalteten insbesondere die Entwicklung und Analyse spezifischer Magnetresonanztomographie-Sequenzen zur Bildgebung.
Der Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften der Frankfurt UAS ist gegenwärtig in das Forschungsförderungsprogramm LOEWE (Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz) und hierbei in den Schwerpunkt „Präventive Biomechanik – PräBionik“ eingebunden. Kardeh entwickelte innerhalb dieses Schwerpunktes eine Methode, welche die Interaktion von Fuß, Schuh und Untergrund simuliert. Gleichzeitig zeigt sie die Belastungen der jeweiligen Weichgewebe im Fuß auf. Mit Hilfe dieser Methode untersuchte Kardeh die besonderen Anforderungen an die Achillessehne bei verschiedenen Fußstellungen. Dabei wurden auch unterschiedliche Konstellationen der drei Parameter Fuß, Schuh und Untergrund überprüft.
Das virtuelle Verfahren ermöglicht die genaue Darstellung der inneren Belastung der Achillessehne in verschiedenen Szenarien. Die Beine von Versuchsteilnehmern wurden mittels des Magnetresonanztomographie-Verfahrens digitalisiert und die mechanischen Eigenschaften des Weichgewebes durch Versuche, die das hyperelastische Verhalten von Materialien ermitteln, identifiziert. In Kombination mit Laufanalysen konnten mittels eines Mehrkörpersystems, das die Berechnung der Bewegung verschiedener Körper in einem System ermöglicht, die erforderlichen Muskelkräfte für das virtuelle Modell ermittelt werden.
Kardeh kommt zu dem Ergebnis, dass die größte Spannung und Dehnung der Achillessehne beim Laufen in neutraler Fußhaltung im Bereich der Achillessehnentaille besteht. Diese Stelle wird auch als „kritische Stelle“ bezeichnet, da 80 Prozent aller Achillessehnenrisse in diesem Bereich auftreten. Bei einer ungleichmäßigen bzw. asymmetrischen Belastung der Achillessehne ist je nach Art der Asymmetrie der innere – bei einer Eversion – oder der äußere – bei einer Inversion – Teil der Sehne stärker gefährdet. Bei einer Inversion ist das Risiko für eine Ruptur insgesamt höher als bei einer Eversion.
„Unter Berücksichtigung von Majid Kardehs Erkenntnissen können künftig vorbeugende Maßnahmen bei der Entwicklung von Schuhen getroffen werden, die dem Risiko einer Achillessehnenruptur entgegenwirken“, ordnet der Betreuer Prof. Dr.-Ing. Gerhard Silber von der Frankfurt UAS die Bedeutung der Dissertation ein. „Das Potenzial des genutzten Verfahrens liegt in der Entwicklung und Optimierung von Schuhen am Computer, die sowohl im Komfort als auch im Schutz besonders gefährdeter Muskeln und Sehnen verbessert werden können.“
Bild:
Spannungsverteilung der Achillessehne beim Laufen in der Abdruckphase (beschuht (links) und barfuß (rechts), Darstellung ohne Fettgewebe). (Quelle: Dr. Majid Kardeh/University of Applied Sciences Frankfurt)