Berlin – Geschlechtsspezifische Unterschiede bei Erkrankungen und Verletzungen in O und U stellen Orthopäden und Unfallchirurgen vor Herausforderungen. „Frauen sind anders – das ist so. Wir müssen dies bei der Behandlung berücksichtigen“, betonte Dr. Manfred Neubert heute im Rahmen einer Pressekonferenz zum DKOU 2016. „In den zurückliegenden Jahren ist zunehmend klar geworden, dass das Geschlecht einen Einfluss auf die Häufigkeit gewisser Erkrankungen und Symptome hat“, ergänzte der diesjährige Kongresspräsident des BVOU. Es entscheide nicht selten mit darüber, wie gut eine Behandlung anspreche.
Nach Neuberts Darstellung leiden Frauen häufiger an Osteoporose als Männer: 16 Prozent der Frauen über 50, aber nur vier Prozent der Männer sind davon betroffen. Auch bei der Kniearthrose ist jede zweite Frau über 60 betroffen, aber nur jeder dritte Mann dieses Alters. So verwundert es nicht, dass 65 Prozent der Patienten, die mit einem neuen Kniegelenk versorgt werden, Frauen sind.
Sie haben dann allerdings sowohl vor als auch nach der OP mehr Schmerzen als Männer, erholen sich oft schlechter und fühlen sich mit dem Gelenkeinsatz eingeschränkter. „Amerikanischen Untersuchungen zufolge lassen sich Frauen oft später operieren als Männer, so dass ihre Arthrose weiter fortgeschritten ist“, betonte Neubert.
Die Ursachen für solche vielfältigen geschlechterspezifischen Unterschiede sind häufig noch nicht bekannt. Diskutiert werden dem Kongresspräsidenten zufolge hormonelle wie anatomische Unterschiede, aber auch eine größere Muskelmasse bei Männern. „Eine Hormonersatztherapie bietet auch keinen nennenswerten Schutz vor Arthrose“, so Neubert. Man müsse ergründen, ob eine frühere Operation von Patientinnen oder andere Konzepte der Schmerztherapie sinnvoll sein könnten.
Auf eine Studie, die geschlechtsspezifische Unterschiede bei Knieverletzungen belegt, ging Dr. Johannes Flechtenmacher in der Pressekonferenz ein. „Zwar treten Kniebandverletzungen vor allem bei jungen Männern auf“, sagte der BVOU-Präsident. Aber bei Frauen sind die entsprechenden Zahlen in den vergangenen Jahren sehr viel stärker gestiegen als bei Männern. Offenbar verletzen sich jüngere Frauen häufig beim Skifahren. Wichtig sei, dass sich Frauen gut auf das Skifahren vorbereiteten. Ob andere Gymnastikformen als die klassische Skigymnastik sinnvoller seien, müsse man erst noch erforschen.