Sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen,
es kam so, wie es kommen musste und wie es sich in den letzten Wochen bereits abzeichnete. Trotz Sonderärztetag konnte die BÄK die Kritik über die Intransparenz des Diskussionsprozesses, der handwerklichen Umsetzung, der mangelnden Kommunikation mit den Berufsverbänden und vor allem an dem sogenannten „Paragraphenteil“ nicht entkräften. Dann vor wenigen Wochen der Hinweis der Bundesärztekammer, dass die monetäre Bewertung der PKV gravierend von der der Bundesärztekammer abwich. Am vergangenen Dienstag noch betonte Herr Gesundheitsminister Gröhe, die GOÄ-Novelle sei überfällig. Er betonte auch im Rahmen der 11. Berliner Gespräche zum Gesundheitsrecht in Berlin, dass durch eine neue GOÄ die Bundesländer durch eine Beteiligung der Beihilfe begünstigt würden. Dies sollte hellhörig machen. Eine Begünstigung der Beihilfe ist nur dann möglich, wenn die Gesamtsumme der GOÄ rückläufig ist.
Nach massiver Intervention der Fachverbände am 7.3.2016 fand am 17. März die Vorstandssitzung der Bundesärztekammer statt, in der man den aktuellen Diskussionsstand zum Leistungsverzeichnis der GOÄ erörterte. Man sah bereits am 17.3. neuen Diskussionsbedarf. Es gipfelte nun in der Pressemitteilung vom 19. März 2016, dass Hr. Theodor Windhorst alle Ämter im Zusammenhang mit der GOÄ niedergelegt habe und von seinen Funktionen als Vorsitzender des Ausschusses der Gebührenordnung der Bundesärztekammer und als Verhandlungsführer der GOÄ neu zurücktrete. Zu berücksichtigen dabei ist, dass bereits am 14.3. eine Meldung publiziert wurde, nach der Hr. Lauterbach die Bürgerversicherung vorbereite. Die Sozialdemokraten überarbeiten offenbar eine Neuauflage ihrer Bürgerversicherung, bei der nun die neue geplante Gebührenordnung eine Rolle spielen solle. Die Sozialdemokraten wollen die neu ausgearbeitete GOÄ in das Modell der Bürgerversicherung einbauen. Lauterbach betonte aber auch, die GOÄneu, auf die sich nach seinem Wissenstand am 14.3.2016 Bundesärztekammer und PKV-Verband geeinigt hätten, zu stoppen. Er bewertete die enorme Arbeit, die Fachverbände, Ärztekammer und PKV-Verband geleistet haben, als wertvolle Arbeit, wenn man irgendwann eine gemeinsame Gebührenordnung für gesetzlich und privat Versicherte mache.
Hr. Windhorst sehe derzeit keine Chancen für einen fairen Leistungsausgleich, was seiner Meinung nach auch der großen Einflussnahme von außen und der großen Zerrissenheit der Verhandlungsebenen geschuldet sei. Zugleich wolle er den Forderungen der Fachverbände nicht im Wege stehen. Mittlerweile hält auch Hr. Windhorst die Umsetzung der GOÄneu in dieser Legislaturperiode durch die Blockade der SPD für unwahrscheinlich. Es sei jetzt angebracht, die Verhandlungen ohne Zeitdruck und unter Beteiligung der Fachverbände fortzuführen. Damit bestätigt selbst Hr.Windhorst, die Notwendigkeit der Einbindung der Fachverbände und insbesondere die Notwendigkeit, dies mit mehr Zeit und Vorbereitung zu tun. Somit haben wir uns als Berufsverband in den letzten Monaten mit extrem viel Zeiteinsatz und Mühe für die neue GOÄ eingesetzt. Die Legendierung ist abgeschlossen und kann sicherlich in Zukunft als Blaupause für weitere Verhandlungen dienen.
All unsere geäußerte Kritik bzgl. Manpower und Verhalten einzelner Protagonisten und der Bundesärztekammer in diesem Zusammenhang sehen wir bestätigt.
Es ist davon auszugehen, dass zunächst einmal die alte Gebührenordnung so bleibt, wie sie derzeit ist. Es wird nun basierend auf den intensiv getätigten Arbeiten zu weiteren Verhandlungen bzgl. der Gebührenordnung kommen, aber dann unter Einbeziehung der Fachverbände unter einem fairen Ausgleich und mit Transparenz und ohne maximale Verschwiegenheit, denn so kann dies nicht gehen.
Insbesondere die von uns immer wieder kritisierte geringe Manpower der BÄK ist so nicht akzeptabel gewesen. Es ist schwer verständlich, wieso eine Bundesärztekammer ein solches Projekt so oberflächlich mit so wenigen und häufig wechselnden Mitarbeitern verfolgt und letztendlich auch so blauäugig in Verhandlungen geht und glaubt, dass man hier auch nur eine 10%ige Steigerung hätte erreichen können. Ausreichend Zeit stand zur Verfügung. Die ersten Daten haben wir bereits 2010 geliefert. Mit einem entsprechenden Personaleinsatz hätte man dies in sehr viel kürzerer Zeit bearbeiten können und wäre nun nicht, auch zuletzt aufgrund des Zeitdruckes, im Dissens auseinandergegangen. Auch der Stundenlohnansatz der Bundesärztekammer im Rahmen der GOÄ neu war sicherlich mehr als fragwürdig.
Herr Montgomery wird sich als Organisationsverantwortlicher in diesem Zusammenhang sicherlich kritischen Fragen ausgesetzt sehen.
Wir werden Sie über die aktuellen Verhandlungen auf dem Laufenden halten, aber dennoch ist jetzt ein Szenario eingetreten, was ggf. als das geringeres Übel gesehen werden kann. Besser eine alte, intransparente GOÄ mit bekannter monetärer Bewertung, als eine neue GOÄ, welche in manchen Teilen zu einer schlechteren Bewertung und zur Implementierung eines in der Ärzteschaft nicht konsensfähigen „Paragraphenteils“ geführt hätte. Die Erwartung, dass eine neue GOÄ uns in der nächsten Legislaturperiode vor einer Bürgerversicherung schützen würde, mutet eher unrealistisch an.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Prof. Dr. med. Karl-Dieter Heller
Vizepräsident des BVOU
Dr. med. Johannes Flechtenmacher
Präsident des BVOU