Die Bildgebung der Hand unterliegt innerhalb der Orthopädie und Unfallchirurgie speziellen Anforderungen. Die anatomischen Strukturen befinden sich in enger räumlicher Nähe und Traumata verursachen häufig sowohl Verletzungen der Knochen als auch der Weichteile. Diese Tatsache stellt spezielle Anforderungen an die Bildgebung und an die RadiologInnen.
Essenziell für eine Klinik oder Praxis mit handchirurgischem Schwerpunkt ist eine regelmäßige und fachlich versierte Kooperation zwischen Chirurgie und Radiologie.
Je detaillierter die Untersuchungsbefunde mitgeteilt werden und je präziser die Fragestellung an die Bildgebung angegeben wird, desto gezielter und besser wird der Befund sein. Zudem können, insbesondere in der Schnittbildgebung, so die klinisch relevanten Befunde von Zufallsbefunden differenziert werden, was sich positiv auf die Patientenbehandlung auswirken wird.
Sofern es die organisatorischen Strukturen erlauben ist eine radiologisch- handchirurgische Demonstration mit interdisziplinärer Diskussion ausgewählter Fälle optimal.
Wir möchten im Folgenden zunächst gängige Modalitäten besprechen und dann einige Anwendungen an häufigen Krankheitsbildern erläutern.
Projektionsradiographie:
Fast jeder Patient, der eine Erkrankung oder Verletzung der Hand hat, erhält früher oder später ein Röntgenbild. Auf Basis der bereits erwähnten anatomisch engen Lagebeziehung der Knochen ist hier bzgl. der Aussagekraft präzise zwischen den vielen Einstellmöglichkeiten zu wählen. Dies setzt entsprechende Kenntnisse bei den anfordernden KollegInnen voraus.
Auch bzgl. der Qualität der Bilder ist die interdisziplinäre Kommunikation zwischen allen beteiligten Berufsgruppen (ChirurgInnen, RadiologInnen und MTRA) wünschenswert.
Computertomographie:
Die Computertomografie an modernen Mehrzeilenspiral-CT bietet insbesondere bei der Darstellung ossärer Pathologien viele Möglichkeiten. An der Hand ist insbesondere auf eine dünne (submillimeter) Akquisition und eine auf die untersuchte Lokalisation angepasste Schnittführung zu achten, sowie auf eine gute Lagerung. Multiplanare Rekonstruktionen und die Volume Rendering Technik (3-D-Rekonstruktionen) sollten zum Standard gehören. Mitunter kann eine Kontrastmittelgabe sinnvoll sein.
Magentresonanztomographie:
Die MRT stellt ein wichtiges diagnostisches Tool dar. Sie kann die Weichteile, aber auch Knochenmark, Knorpel, Sehnen und Ligamente direkt abbilden. Zu verwenden ist eine Feldstärke ab 1,5, besser 3 Tesla, eine geeignete Spule, ein günstiges Field of View und eine sorgfältige Lagerung. Besondere Wichtigkeit hat die klinische Fragestellung, da sie maßgeblich für die geeignete Sequenzwahl und die Indikation zur Kontrastmittelgabe ist.
Sonographie:
Die Sonographie der Hand bietet geübten UntersucherInnen zusätzliche Möglichkeiten, insbesondere auch bei Pathologien beweglicher Strukturen. Den Vorzügen der geringen Kosten, der allgemeinen Verfügbarkeit und der strahlenfreien Diagnostik sind die Nachteile der Untersucherabhängigkeit und der fehlenden Objektivierbarkeit entgegengestellt. Die technischen Anforderungen besteht aus einem kleinen hochfrequenten Linear-ArraySchallkopf. Auch eine Silikon-Vorlaufstrecke kann sich günstig auf die Bildqualität auswirken.
Der Vollständigkeit halber seien auch seltener angewandte Techniken wie Kinematographien, dynamische CT, Arthrographien und die Angiographie erwähnt.
Wir möchten nun exemplarisch einige Erkrankungen und Verletzungen vorstellen, die spezielle Anforderungen an die Bildgebung stellen:
Skaphoidfraktur:
Die Diagnostik mittels Skaphoid-Quartett wurde zunehmend verlassen. Einer Basisdiagnostik mittels einem Röntgen in zwei Ebenen und ggf. zusätzlicher Stecher- Aufnahme sollte auch bei unauffälligem Befund, aber klinischem Verdacht,
eine CT- Diagnostik angeschlossen werden.
Das oberste Ziel bei einem Verdacht auf Skaphoidfraktur ist die Sicherung bzw. der möglichst sichere Ausschluss der Diagnose, da diese Verletzung als solche bereits eine hohe PseudarthrosenRate hat, welche durch verspätete Diagnose und Behandlung noch deutlich erhöht wird. Insbesondere ist in der CT wie o.g. auf eine dünne (Submillimeter) Schichtung zu achten sowie im besten Fall eine Bildakquisition in schräger Längsachse des Skaphoides. Eine besonders hohe Qualität der Bilder wird erhalten, wenn der Patient bereits entsprechend im CT gelagert wird (Superman Pose). Ein CT ist für die OP-Planung sinnvoll oder zur Verlaufskontrolle bei unsicherer Konsolidierung im Röntgenbild ab der 9. Woche.
Bei fraglichem Befund kann eine weitere Bildgebung mittels MRT zum Ausschluss einer okkulten Fraktur indiziert sein. Sie ist besonders bei den trabekulären Frakturen überlegen.
Skapholunäre Dissoziation:
Die SL-Bandläsion ist eine schwer zu diagnostizierende Verletzung, was sich sowohl auf die Bildgebung als auch auf die klinische Untersuchung bezieht. Kein Test und keine Bildgebung allein zeigt eine hohe Sensitivität für eine karpale Bandverletzung. Daher werden mehrere diagnostische Schritte unternommen, um einen Verdacht auf eine
Bandläsion so weit zu erhärten, dass der aktuelle Goldstandard der Diagnostik, die Arthroskopie, zu rechtfertigen ist. Am Beginn der diagnostischen Kette steht nach der klinischen Untersuchung das Röntgenbild des Handgelenkes in zwei Ebenen, hierbei ist besonders auf eine Neutralstellung und eine korrekte Zentrierung zu achten. Hier kann
der SL-Spalt in der a.p.-Ebene verbreitert sein und der Karpus im seitlichen Bild in einer DISIStellung befinden (dorsal intercalated segmental instability). Diese Veränderungen treten jedoch nicht sofort nach akuter Verletzung auf, sondern erst nach einer gewissen Zeit und in Abhängigkeit des Grades der Verletzung.
Zusätzlich hilft eine Kinematografie der Handgelenke Informationen bezüglich einer statischen versus einer dynamischen Instabilität des Karpus zu erhalten.
CAVE: Es gibt deutliche interindividuelle Unterschiede in der Bandlaxizität und der allgemeinen Karpusbeweglichkeit, so dass eine suffiziente Beurteilung nur im Vergleich mit der Gegenseite die Diagnosefindung Unterstützen kann.
Im MRT kann in den ersten Wochen nach Trauma ein Erguss im SL-Spalt wegweisend sein.
Oft ist es möglich die Kontinutitätsunterbrechung des Ligamentes darzustellen. Bei der Untersuchung ist auf eine ausreichend dünne Schichtdicke (<2mm) zu achten, eine i.v. Gadolinium- Gabe kann die Sensitivität erhöhen.
Eine Computertomografie ist lediglich bei Verdacht auf zusätzliche ossäre Läsionen indiziert.
Sonographisch kann insbesondere der dorsale SL-Bandbereich dargestellt werden, bei kraftvollem Faustschluss ggf. ein Auseinanderweichen von Skaphoid und Lunatum beobachtet werden, sowie auch der Erguss im SL-Spalt evaluiert werden. Jedoch ist sonographisch ein Ausschluss einer Läsion nicht sicher möglich.
Nach erfolgter Arthroskopie und definitiver Diagnosestellung bietet sich eine Rücksprache der Befunde mit der radiologischen Abteilung an.
Skidaumen:
Eine der häufigsten bandhaften Verletzungen an der Hand ist der Skidaumen. Die Dislokation des Daumens im Grundgelenk nach radial führt zum Riss des ulnaren Seitenbandes.
Je nach Lokalisation des Risses kann der proximal Bandstumpf unter der Aponeurose des M. adductor pollicis umschlagen, die sogenannte Stener-Läsion, welche durch fehlende Spontanausheilung zur chronischen Instabilität und später Arthrose führen kann. Sie stellt eine OP-Indikation dar und sollte in deshalb sicher ausgeschlossen werden. Der diagnostische Baum beginnt mit einem Röntgenbild in 2 Ebenen (Daumen a.p. und streng seitlich) um ein ossäres Avulsionsfragment an der ulnaren Grundphalanxbasis auszuschließen. Die Stener-Läsion kann als „Jojo-Zeichen“ im MRT darstellt werden (CAVE: dünne Schichten). In der Hand eines geübten Untersuchers/ Untersucherin ist das Band jedoch auch der Sonographie zugänglich.
Knöcherne Verletzungen der Finger:
Viele Verletzungen der Hand betreffen einzelne Finger und haben, sofern richtig diagnostiziert ein gutes Outcome. Knöcherne Ausrisse der palmaren Platte, Nagelkranzfrakturen, Mallet-Finger – all diese Diagnosen können oft erfolgreich konservativ behandelt werden. Essenziell ist eine aussagekräftige Bildgebung, was im Fingerbereich in der Regel einem Röntgenbild in zwei Ebenen zu erreichen ist (a.p.+ streng seitlich). Insbesondere die streng seitliche Aufnahme ist dabei oft diagnostisch entscheidend. Eine entsprechende diagnostische Unschärfe entsteht, wenn sie entweder nicht durchgeführt wird, weil eine Hand a.p.+ schräg angemeldet und als ausreichend empfunden wird, oder weil die seitliche Ebene nicht orthogonal eingestellt wurde. Hier ist ein strenges Augenmerk auf eine optimale Projektion zu legen.
Nur in Spezialfällen ist ein schräges Röntgenbild eines Fingers hilfreich. Bei unklaren Befunden, unklarer Torsionsabweichung von Frakturen insbesondere im Gelenkbereich kann eine CT hilfreich sein. Auch Verletzungen mit Beteiligung der Karpometakarpalgelenke sollten großzügig mittels CT diagnostiziert werden, da hier oftmals Überlagerungen bestehen, die ein Detailverständnis der Fraktur und eine optimale OP-Planung erschweren.
Läsion des „triangular fibrocartilage complex“ (TFCC):
Beschwerden des TFCC können sowohl traumatische als auch degenerative oder kombinierte Ursachen haben. Eine degenerative Veränderung des TFCC im MRT ist ab einem gewissen Alter auch ohne klinisches Korrelat sehr wahrscheinlich. Hier ist die Korrelation der Bildbefunde mit der Symptomatik/Untersuchungsbefunden unabdingbar. Die gesamte Anatomie des TFCC und der begleitenden Bänder zur Stabilisierung des DRUG ist hochkomplex und in ihrer funktionellen Bedeutung der Einzelkomponenten nicht vollständig verstanden, was an die Diagnostik besondere Herausforderungen stellt. Nach dem Röntgenbild des Handgelenkes in zwei Ebenen zur ersten Orientierung (Ulnaplusvariante, degenerative Veränderungen) ist das MRT der nächste Schritt. Oft kann das Ausmaß der Schädigung des TFCC erst im Rahmen einer Arthroskopie beurteilt werden.
Lunatumnekrose:
Die häufigste avaskuläre Osteonekrose der Hand ist der Morbus Kienböck. Verschiedene Ursachen stehen in der Diskussion, wobei dem repetitiven Mikrotrauma die größte Relevanz zugeordnet wird. Die Erkrankung verläuft in Stadien. Abhängig vom Stadium werden zunächst Röntgenbilder angefertigt. Neben Veränderungen am Lunatum sind Ulnalänge und karpales Gefüge von Interesse. Im Stadium 1 ist das Röntgenbild unauffällig, in der MRT ist jedoch ein fokales oder diffuses Knochenmarködem nachgewiesen werden. In den Stadien 2–3b sind zusätzlich zum Röntgenbild ein KM-verstärktes MRT zu Vitalitätsbestimmung des Knochenmarkes zu empfehlen, als auch die CT zur Darstellung der Knochenstruktur, von Sklerosen, Frakturen sowie Arthrosen, was zur Präzisierung der Stadieneinteilung benötigt wird. Wenn sich im Röntgenbild bereits ein Stadium 4 mit perilunärer Arthrose zeigt, wird eine Schnittbildgebung meistens keine therapeutisch relevanten Mehrinformationen bieten.
Abschließend möchten wir betonen, dass in der Bildgebung der Hand eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit essentiell ist, um anhand präziser Fragestellungen optimale Befunde zu erarbeiten und so unsere PatientInnen bestmöglich zu behandeln.
Literatur auf Anfrage bei der Redaktion