Berlin – Die von der Bundesregierung geplante Reform der Heil- und Hilfsmittelversorgung wird von Gesundheitsexperten sowie den betroffenen Branchenvertretern insgesamt sehr befürwortet. Einzelne Regelungen in dem Gesetzentwurf stoßen jedoch auf Bedenken. So fasst der Informationsdienst des Bundestags („hib“) die Stellungnahmen in der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss zusammen. Diese fand am 30. November statt.
Unter anderem sollen Heilmittelerbringer, also Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen, künftig über sogenannte Blankoverordnungen stärker in die Verantwortung genommen werden. Demnach wird das Heilmittel weiter von einem Arzt verordnet, der Heilmittelerbringer bestimmt aber Auswahl, Dauer und Abfolge der Therapie.
KBV verlangt klare Rückmeldungen an die Ärzte
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung nannte die Intention des Gesetzgebers nachvollziehbar. Die Regelung könne auch zu einer sinnvollen Entlastung der Ärzte führen. Allerdings müssten die Mediziner zwingend in die Modellvorhaben eingebunden werden, weil sie die Gesamtverantwortung trügen und damit die Möglichkeit haben müssten, kontraindizierte Heilmittel auszuschließen oder eine Heilmitteltherapie zu beenden. Zudem müsse es klare Regelungen zur Rückmeldung der Heilmittelerbringer an den Arzt geben.
Heftig umstritten ist die in den Jahren 2017 bis 2019 vorgesehene Aufhebung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität, die mehr Spielraum bei der Vereinbarung der Heilmittelpreise ermöglichen soll. Damit werde eine Preisspirale in Gang gesetzt, die bei den Beitragszahlern zu weiteren finanziellen Belastungen führen werde, warnte der GKV-Spitzenverband. Im Gesetz ist dazu vorgesehen, in den drei Jahren die Anbindung der Heilmittelpreise an die Grundlohnsumme auszusetzen.
Auch der Sozialverband Deutschland erklärte, diese Regelung werde nicht zu Leistungsverbesserungen führen, sondern lediglich die Verhandlungsposition der Heilmittelerbringer stärken. Die Interessengemeinschaft der selbstständigen Sprachtherapeuten hält hingegen die jetzigen Sockelbeträge für völlig unzureichend. Die freien Praxen seien nicht annähernd in der Lage, ihren Angestellten Tariflöhne zu zahlen. Zwischen den Gehältern im stationären und ambulanten Bereich klaffe eine Lücke von bis zu 40 Prozent. Nach Ansicht des Spitzenverbands der Heilmittelverbände (SHV) sollte die Grundlohnsummenanbindung für immer wegfallen.
Kassen plädieren dafür, Modellprojekte abzuwarten
Was die Heilmittel angeht, plädierten der GKV-Spitzenverband wie auch einzelne Krankenkassen dafür, die Bewertung der bereits laufenden Modellprojekte zur Blankoverordnung abzuwarten und erst dann über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Der SHV machte sich dafür stark, gleich den Direktzugang von Versicherten zu Heilmittelerbringern zu ermöglichen und dies zu erproben. Der Direktzugang wäre effektiv und mit Einsparungen verbunden. Eine Sprecherin des Deutschen Bundesverbandes für Logopädie sagte in der Anhörung, der Direktzugang werde sofort benötigt, die Blankoverordnung sei nicht interessant.
Quelle: hib