Zur Generation Z zählen Personen, die ab 1995 geboren sind. Diese Gruppe stellt einen bedeutenden Anteil der aktuellen Medizinstudierenden dar und wird in den kommenden Jahren verstärkt in die ärztliche Weiterbildung eintreten oder befindet sich bereits dort. Gegenwärtig haben Kliniken und Praxen, insbesondere in der Orthopädie und Unfallchirurgie, einen erheblichen Personalbedarf. Ein wichtiger Grund ist die Überalterung der chirurgischen Ärzteschaft. Hier lag das Durchschnittsalter zuletzt bei 54 Jahren. Rund 30% der niedergelassenen Vertragsärztinnen und -ärzte waren über 60 Jahre alt (1).
Ein Spannungsfeld, in dem nun vieles aufeinandertrifft. Selten war eine Generation an jungen Medizinerinnen und Medizinern so vielen Vorurteilen über sich ausgesetzt wie diese. Man sei die “Generation Smartphone”, habe große Ansprüche und eine kleine Aufmerksamkeitsspanne. Diese trifft auf Führungskräfte, die größtenteils der Generation der Baby-Boomer angehören. Diese lebten, um zu arbeiten und Begriffe wie Teilzeit und Work-Life-Balance seien ihnen fremd – so das Vorurteil. Die große Frage, die sich nun in Kliniken und Praxen stellt: Was und wie genau möchte die Generation Z eigentlich arbeiten? Und kann hierbei der ambulante Bereich vielleicht diesen Bedürfnissen nachkommen?
Generation Z – Vorurteile und Wirklichkeit
Mit der Generation Z tritt eine Vielzahl junger, motivierter Ärztinnen und Ärzte in den Beruf ein, diese werden jedoch häufig als wenig belastbar, unkooperativ, hochgradig fordernd und mit mangelnder Arbeitsmoral beschrieben (2).
Soziologinnen und Soziologen halten diese Vorwürfe jedoch größtenteils für ungerechtfertigt. Die junge Generation hat das Potenzial, die Medizin zukunftsweisend zu gestalten. Die genannten Vorurteile treffen, wenn überhaupt, nur auf eine Minderheit dieser Generation zu. Laut dem deutschen Generationenforscher Prof. Hurrelmann zeigt ein Großteil eine hohe Arbeitsmotivation und das Bestreben, Erfolge zu erzielen. Das Interesse an Führungspositionen unterscheidet sich nicht von ihren Vorgängerinnen und Vorgängern. Allerdings zeigt sich eine Ablehnung starrer hierarchischer Strukturen. Eine überwiegend männliche, ältere Generation, die über Jahrzehnte die Medizin geprägt hat, trifft auf eine jüngere, zunehmend weibliche Generation. Die Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen, flexiblen Arbeitszeiten und einer Viertagewoche stoßen teils auf Unverständnis, da solche Veränderungen früher oft erst hart erkämpft werden mussten. Eine pauschale Ablehnung dieser Forderungen wird jedoch höchstwahrscheinlich keine Lösung des Konflikts herbeiführen. Die Generation Z verfügt über eine starke Verhandlungsposition auf dem Arbeitsmarkt, da ein erheblicher Personalmangel herrscht und gut ausgebildete Medizinerinnen und Mediziner rar werden (3). Die Anliegen und Forderungen sollten ernst genommen werden. Innerhalb dieser Generation gibt es viele engagierte Studierende und angehende Ärztinnen und Ärzte mit neuen Ideen und dem Bestreben, etwas zu bewegen. Eine Kooperation zwischen den Generationen und die Anpassung an moderne Arbeitsanforderungen sind unerlässlich, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein.
Facharztweiterbildung im ambulanten Bereich
Der ambulante Sektor wird eine zunehmend wichtige Rolle in der Facharztweiterbildung für O und U spielen. Für ein umfassendes Verständnis der Patientenbetreuung, insbesondere bezüglich Prävention, Nachsorge und konservativer Therapie von orthopädischen und unfallchirurgischen Erkrankungen ist die Einbindung der ambulanten Medizin in die Weiterbildung essenziell und bietet zahlreiche Vorteile. Sie ermöglicht angehenden Fachärztinnen und -ärzten, ein breiteres Patientenspektrum kennenzulernen und Therapieentscheidungen langfristig zu begleiten. Ferner können konservative Therapiemethoden vertieft und erprobt werden, die in der stationären Akutversorgung oft zu kurz kommen. Nicht zuletzt bietet die Aus- und Weiterbildung in der eigenen Praxis die Möglichkeit, eine qualifizierte Nachfolge für die Praxisübernahme zu gewinnen.
Bisher können Weiterbildungsassistentinnen und -assistenten bis zu sechs Monate des „Common Trunks“ und zusätzlich bis zu zwölf Monate des „Special Trunks“ im ambulanten Bereich absolvieren. Die Organisation dieser Rotationen muss aktuell allerdings fast immer selbst erfolgen und ist häufig mit einem Arbeitgeberwechsel verbunden, da die Weiterbildung aktuell arbeitsplatzbasiert organisiert ist. Vor dem Hintergrund, dass zukünftig durch die anstehende Krankenhausreform wahrscheinlich mit zunehmender Zentralisierung und Ambulantisierung nicht mehr alle Weiterbildungsinhalte und Richtzahlen bei einem Arbeitgeber zu erreichen sind, ist die Etablierung von Verbundweiterbildungen wie sie kürzlich in einem interdisziplinären Positionspapier der Jungen Foren der chirurgischen Fachgesellschaften unter der Mitarbeit des Jungen Forums O und U gefordert wurden, unumgänglich (4). Damit einhergehen muss auch die Einführung einer adäquaten Vergütung für das Angebot einer chirurgischen Weiterbildung, da es sonst für Praxisinhaberinnen und -inhaber unattraktiv bleibt, Zeit und Geld in die ressourcenintensive Weiterbildung zu investieren.
Welches Potenzial bietet der ambulante Bereich für unsere Generation?
Bereits für Medizinstudierende erweist sich der ambulante Bereich in O und U als besonders attraktiv. Verschiedene Aspekte sprechen gezielt die Bedürfnisse und Wertvorstellungen der aktuellen Generation Studierender an.
Ein prägender Gesichtspunkt ist der Personalmangel in den Kliniken, welcher die Qualität der Lehre bereits im Studium beeinträchtigt. Dieser Umstand steigert das Bedürfnis der Studierenden nach individueller Betreuung sowie direktem Feedback durch Mentorinnen und Mentoren. In der ambulanten Versorgung ermöglichen die oft persönlichen und direkten Beziehungen zu den Lehrenden sowie flache Hierarchien nicht nur ein verbessertes Lern- und Arbeitsklima, sondern sorgen auch für eine nachweislich bessere Lehre (5).
Ein weiterer wesentlicher Vorteil liegt in der besseren Work-Life-Balance, sowie den damit verbundenen Arbeitsbedingungen. Im niedergelassenen Bereich besteht häufig die Möglichkeit, Arbeitszeiten flexibler zu gestalten, was berufliche Verpflichtungen besser mit persönlichen Interessen und Bedürfnissen vereinbar macht. Diese Flexibilität, verbunden mit einem höheren Maß an Selbstbestimmung und Beteiligung an Entscheidungsprozessen, erhöht die Lebensqualität und reduziert arbeitsbedingte Stressbelastung.
Insgesamt vereint der ambulante Bereich in O und U viele Aspekte, die gezielt auf die Bedürfnisse und Werte der Generation Z eingehen. Persönliche Betreuung, praxisnahe Ausbildung, flexible Arbeitsbedingungen und selbstbestimmtes Arbeiten machen diesen Fachbereich besonders attraktiv. Diese Vorteile ermöglichen eine Medizin, die den Ansprüchen der kommenden Ärztegeneration gerecht wird. Der Nachwuchs für unser Fach kann hier durch das Angebot von strukturierten Weiterbildungskonzepten, die eine attraktive Perspektive in O und U eröffnen, gewonnen werden.
Marvin Berger, Dresden (Medizinstudent, AG Berufspolitik YOUngsters), Lilly Albertsen, Greifswald (Medizinstudentin, AG Berufspolitik YOUngsters), Moritz Lenz, Hamburg (Arzt in Weiterbildung, Ansprechpartner YOUngsters), Moritz Bäumken, Münster (Medizinstudent, Ansprechpartner YOUngsters)