Mainz – Ein neues Verfahren zur dynamischen Bewegungsanalyse soll den Orthopäden und Unfallchirurgen der Universitätsmedizin Mainz künftig dabei helfen, funktionelle Beschwerden wie nicht-spezifische Rückenschmerzen besser diagnostizieren zu können. Dafür entstand das neue MotionLab, ein High-Tech-Labor für orthopädische Diagnostik. Es wurde gemeinsam vom Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie und dem Institut für Physikalische Therapie, Prävention und Rehabilitation eingerichtet.
Volksleiden nicht-spezifische Rückenschmerzen
Erkrankungen des Bewegungssystems und insbesondere Rückenschmerzen zählen in Deutschland zu den größten Gesundheitsproblemen. So sind Rückenleiden ein besonders häufiger Grund für die Inanspruchnahme des medizinischen Versorgungssystems, für Arbeitsunfähigkeit und Renten wegen Erwerbsminderung. Experten schätzen, dass es in Deutschland allein 31 Millionen Behandlungsfälle wegen Rückenschmerzen gibt.
Über 75 Prozent aller Rückenbeschwerden sind nicht-spezifisch, das heißt, sie haben keine objektivierbare strukturelle Ursache. Stattdessen stehen die Beschwerden mit einer Fehlfunktion in Zusammenhang. Bislang fehlten allerdings die technischen Möglichkeiten, um solche Funktionsstörungen messbar zu machen. In dem neuen MotionLab der Universitätsmedizin soll dies nun möglich sein. In dem Labor können die Mainzer Ärzte die Funktion des Bewegungssystems und insbesondere der Wirbelsäule ganzheitlich betrachten und analysieren.
Dreidimensionale Bewegungsanalyse
Das System vermisst synchron die segmentale Wirbelsäulenbewegung und die Bewegungen des Beckens, der Beinachsen sowie der Füße und den Fußdruck eines Menschen, während dieser auf einem Laufband geht. Dadurch können die Experten die Wirbelsäule und ihre Funktionsfähigkeit rekonstruieren und die Bewegung jedes einzelnen Wirbelsäulen-Segmentes objektiv und dreidimensional analysieren.
Die dynamische Bewegungsvermessung im MotionLab basiert auf einem lichtoptischen Verfahren und ist frei von radiologischer Strahlung. Ein Lichtprojektor projiziert auf den Rücken des Patienten ein aus mehr als 600.000 Messpunkten bestehendes Muster aus waagerecht verlaufenden Linien. Während des Gehens erfasst eine Videokamera dieses Linienmuster mit einer Aufnahmefrequenz von 60 Bildern pro Sekunde. Eine spezielle Analyse-Software, die mit der GPS-Technik bei Navigationsgeräten vergleichbar ist, erstellt daraus ein virtuelles, dreidimensionales Abbild der Rückenoberfläche.
Funktionsstörungen messbar machen
Die im Labor gewonnenen Erkenntnisse dienen sowohl der Grundlagenforschung als auch der klinischen Diagnostik. Das Ziel besteht darin, veränderte Bewegungsabläufe der Wirbelsäule während der Gehbewegung zu erkennen und diese in Relation zur jeweiligen Gangphase des Patienten analysieren und beurteilen zu können. Auf Basis dieser Analysen besteht die Chance, Funktionsstörungen des Bewegungssystems messbar zu machen. Damit soll zukünftig die Diagnose gesichert, eine spezifische Therapie eingeleitet und der Therapieerfolg kontrolliert werden.
Quelle: Universitätsmedizin Mainz