Das Fachgebiet, die Orthopädie und Unfallchirurgie, wäre ohne die technische Orthopädie bzw. Orthopädietechnik nicht denkbar. Dies können wir auch dieses Jahr wieder anschaulich an unserem Standessignum sehen, das bekanntermaßen auf den Pariser Kinderarzt Nikolas Andry zurückgeführt wird, der im Jahre 1941 den Begriff Orthopädie einführte. Jeder von uns kennt das kleine Bäumchen, bei dem Pflock und Seil versuchen sollen, den Wuchs in die gerade Richtung zu lenken.
Natürlich waren es nicht immer nur Ärzte, die unser Fach und den Bereich Orthopädietechnik weiterentwickelten. Zu nennen ist hier als Vorbild für innovatives orthopädisches Handwerk Friedrich Ritter von Hessing (1838-1918). Der unermüdliche Erfinder und Mechaniker stellte seine Arbeit ganz in den Dienst am Menschen. Seine Erfindungen (Apparate und Hilfsmittel) halfen orthopädischen Patienten aus der ganzen Welt dabei, ihre Leiden besser zu meistern. Als Namensgeber der heutigen Stiftung in Augsburg ist er bekannt.
Standen zunächst in erster Linie Holz, Leder und Metall im Vordergrund, um Orthesen, Bandagen, Splints, Einlagen und Apparate herzustellen, so sind an ihre Stelle Kunststoff, Carbon und verschiedenste Fasern für Gestricke getreten, hinzu kommen elektrische Bauteile, ohne die eine moderne Prothese als Passteil nahezu nicht mehr auskommt.
Anfang des 20. Jahrhunderts sprach man zunächst von Chirurgie-Mechanik, es entstanden erste staatliche Versorgungs-Werkstätten aus den Lazarettwerkstätten. Von dem allseits bekannten deutschen Chirurgen Ernst Ferdinand Sauerbruch wurde die erste deutsche Ersatzgliederanstalt gegründet, so setzte sich im weiteren Verlauf die Begrifflichkeit Orthopädie-Technik durch, auch die Berufszeichnungen änderten sich, aus Orthopädiemechanikern und Bandagisten wurden Orthopädieschuhmacher und Orthopädie-Mechaniker bis hin zum Bachelor und Master Engineering Orthopädie- und Rehabilitationstechniker.
Dabei ist Thüringen, das grüne Herz Europas, Herkunft einiger der bekanntesten und führenden Industrien im Bereich Orthopädietechnik, mit der Verfügbarkeit der Produkte, Konfektion oder nach Maß durch die allgegenwärtigen Sanitätshäuser mit höchsten handwerklichen Standards, in der Breite verfügbar, sicherlich weltweit einzigartig.
Orthopädietechnik ist zutiefst interdisziplinär, Orthopädie-Schuhmacher, Orthopädietechniker, Arzt und Physiotherapeut/Ergotherapeut finden sich im Idealfall persönlich zusammen, um das geeignete Hilfsmittel auszuwählen, zu verordnen, herzustellen, anzupassen und abzunehmen. Dabei geht es um Tragekomfort, um eine Verbesserung von Funktion und Mobilität. Compliance spielt zudem die maßgebliche Rolle, denn die „Prothese/Bandage im Schrank“ entfaltet ihre Wirkung nicht.
An dieser Stelle sei auch den Autorinnen und Autoren gedankt, die an diesem Infobrief mitgewirkt haben. Dabei reicht das Spektrum der Persönlichkeiten von der Klinik bis hin zur Praxis, von der Universität bis zur Werkstatt oder zum Sanitätshaus. Klassischerweise und dem Fach entsprechend, konnten Autoren aus dem Handwerk, der Medizin und der Wissenschaft gewonnen werden.
Ihr Dr. Stefan Middeldorf