Dr. Helmut Weinhart ist Schatzmeister des BVOU und als niedergelassener Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zudem verantwortlich für das Referat Niedergelassene Operateure im Berufsverband. In diesem Kontext bringt er sich vor allem auch für die stetige Verbesserung und Vereinheitlichung der Regelungen zur Vergütung und Abrechnung für die Fachärzte aus Orthopädie und Unfallchirurgie ein und wird sich dazu auch auf dem diesjährigen DKOU in Berlin äußern. Im Interview berichtet er von aktuellen Problematiken der Sachkostenabrechnung für ambulante Operationen, dem Potenzial, das die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) für Orthopäden und Unfallchirurgen bietet und welche Rolle der BVOU dabei als Interessenvertretung seiner Mitglieder spielt.
BVOU.net: Dr. Weinhart, innerhalb des BVOU leiten Sie gemeinsam mit Dr. Peter Heppt das Referat Niedergelassene Operateure. Für diese ist immer auch die Sachkostenabrechnung bei ambulanten Operationen ein zentrales Thema. Wie ist dieser Bereich aktuell geregelt und welche Schwierigkeiten gibt es dabei?
Dr. Helmut Weinhart: Die Problematik ist hierbei insbesondere, dass die Abrechnung der Sachkosten, die für den niedergelassenen Operateur besonders wichtig sind – also die Abrechnung von Implantaten – nicht einheitlich auf Bundesebene, sondern auf Landesebene geregelt ist. Hierbei gibt es von Land zu Land erhebliche Unterschiede in der Regelung, bis hin zu letztlich gar nicht geregelten Situationen, was tatsächlich erstattet wird und was nicht. In Bayern bin ich Vorsitzender der Kommission, die die Sachkosten-Vereinbarungen mit den Kassen verhandelt und versuche mich dementsprechend einzubringen, um einheitliche Regelungen durchzusetzen. Denn im Grunde gibt es nur drei Länder, wo das Ganze strukturiert und vernünftig läuft, und das sind Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern. In den anderen Ländern ist es demgegenüber eher schwierig, was klare Sachkosten-Vereinbarungen betrifft.
Woran liegt es, dass hier häufig konkrete Vereinbarungen fehlen und welche Regelungen wurden in den drei von Ihnen genannten Bundesländern getroffen, um für Einheitlichkeit und Rechtssicherheit zu sorgen?
Die Ursache dafür ist, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) auf Landesebene jeweils ganz unterschiedliche Richtlinien haben, wie sie das mit den Kassen vereinbaren. Bei uns in Bayern ist es zum Beispiel so, dass ein dreiseitiger Vertrag zwischen der verhandelnden Ärztegruppe, also den niedergelassenen Ärzten, der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen geschlossen wird. Darin wird festgelegt, dass beispielsweise Implantate für die Befestigung eines vorderen Kreuzbandes oder Implantate für die Befestigung von Sehnen bei der Rotatorenmanschettenruptur an der Schulter in einem bestimmten Umfang vergütet werden. Die Vergütung erfolgt über die Kassenärztliche Vereinigung und diese holt sich das Geld dann von den Kassen. Auf Basis dieses Sachkostenkatalogs habe ich dann Rechtssicherheit, was vergütet wird und was nicht. In Baden-Württemberg ist es wiederum anders. Dort gibt es zwar auch einen Katalog, den die KV mit den Kassen verhandelt, dieser ist allerdings nicht vertraglich geregelt. Der entsprechende Katalog ist für die Ärzte einsehbar und diese haben auf Basis dessen dann trotzdem auch eine relativ gute Rechtssicherheit darüber, was sie vergütet bekommen. Ähnlich ist es auch in Nordrhein-Westfahlen geregelt.
In anderen Bundesländern, wie zum Beispiel Niedersachsen oder Schleswig-Holstein, wo es keine klaren Regelungen von Seiten der KVen und auch keine konkreten Vereinbarungen mit den Kassen gibt, kann dies zu erheblichen Problemen führen. Möchten Sie als niedergelassener Operateur dann beispielsweise einen abgerissenen Meniskus wieder befestigen, so kann es passieren, dass Sie drei Befestigungssysteme benötigen und verwenden, hinterher jedoch nur zwei vergütet bekommen. Hier fehlt dann oftmals einfach die Rechtssicherheit und so bleiben Sie unter Umständen auf erheblichen Kosten sitzen und je weniger das Ganze geregelt ist, umso stärker sind Sie dieser Willkür bei der Erstattung durch die Kassen ausgeliefert. Gerade deshalb versuche ich mich dafür einzubringen, ähnlich klare Regelungen, wie in den drei vorgenannten Bundesländern, auch in die anderen Bundesländer zu transportieren.
Dies ist sicherlich kein einfaches Anliegen. Welche Möglichkeiten haben Sie hierbei, gerade auch innerhalb des BVOU?
Sie haben völlig Recht, es ist extrem schwierig, mühsam und auch langwierig sich hier für eine Homogenisierung einzubringen. Allein schon die Informationsgewinnung ist dabei eines der zentralen Probleme: Wie ist zum Beispiel die klare Rechtsregelung in Thüringen oder Brandenburg? Gibt es vereinbarte Regelungen oder nicht? Das hängt natürlich auch damit zusammen, wie groß die Gruppe der ambulant operativ tätigen Ärzte, die auf derartige Kostenerstattungsprinzipien der Sachkosten dringend angewiesen sind, in einem Bundesland ist. Natürlich ist die Zahl von solchen ambulanten OP-Einrichtungen in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfahlen deutlich höher als zum Beispiel in Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern. Dort ist es eine eher kleine Gruppe, für die es dann bisher jeweils Einzelfallentscheidungen gibt.
Obwohl dies also ein recht mühsames Betätigungsfeld ist, ist es trotzdem eines der Dinge, die wir im Berufsverband versuchen, mit zu beeinflussen. Das können wir jedoch nicht allein, hier müssen sich vor allem die Personen in den entsprechenden Kommissionen einbringen und in der KV präsent sein, um einheitliche Regelungen durchzusetzen. Wir als Berufsverband können hier vor allem als Informationsplattform fungieren, können kommunizieren, wo welche Regelungen vereinbart werden, und den Orthopäden und Unfallchirurgen eine Möglichkeit zum Austausch bieten. Dies geschieht vor allem auch mit regelmäßigen Veranstaltungen des Referats Niedergelassene Operateure, wo wir genau diese Sachthemen für unsere Kollegen abhandeln. Solche Veranstaltungen finden immer zweimal im Jahr immer im Rahmen des VSOU in Baden-Baden und im Rahmen des DKOU in Berlin statt und sind in der Regel auch sehr gut besucht.
Auf dem DKOU äußern sie sich außerdem zum Thema ambulante spezialfachärztliche Versorgung. Wie ist hier der aktuelle Stand im Hinblick auf die Beteiligung von Orthopäden und Unfallchirurgen?
Das ist momentan für uns noch ein ziemlicher Graubereich. Noch wissen wir nicht, inwiefern und in welchem Umfang wir letztlich an dieser sogenannten ASV teilnehmen können. Das Thema, welches für die Orthopäden und Unfallchirurgen hier vor allem interessant ist, sind die rheumatischen Erkrankungen. In dem Rahmen ist derzeit allerdings noch nicht ganz sicher, inwieweit die Orthopäden in das sogenannte Kernteam aufgenommen werden. Die ASV ist praktisch als Versorgung durch ein Team angelegt und dieses besteht aus der Leitung, dem Kernteam und den Hinzugezogenen. Im Hinblick darauf bleibt gegenwärtig noch zu klären, ob wir wirklich in der Leitung bzw. im Kernteam verankert sind oder eben nur in diesem erweiterten Kreis. Wenn wir in dem Kernteam, in welches wir definitiv hineingehören, mit verankert werden, ist das mit Sicherheit etwas, das für die Orthopäden und Unfallchirurgen sehr wichtig wird.
Damit die Gestaltung dieser ASV für die Orthopäden und Unfallchirurgen so sinnvoll wie möglich funktioniert, müssen wir als Berufsverband uns dabei einbringen, so gut wir können. Wir müssen also vor allen Dingen versuchen, unsere Position geltend zu machen und darauf Einfluss zu nehmen, in das Kernteam aufgenommen zu werden. Sollte dieses Bestreben erfolgreich verlaufen, so ist es dann unsere Aufgabe als Berufsverband, den Ärzten deutlich zu machen, welche Vorteile es hat, sich an der ASV zu beteiligen, und sie dabei zu unterstützen, daran teilzunehmen durch entsprechende Informationen über das Anzeigeverfahren. Hierbei muss das ASV-Team seine Tätigkeit beim erweiterten Landesausschuss anzeigen und vor einem solchen Verfahren muss man den Ärzten zum Teil erst einmal die Angst nehmen und das Potenzial aufzeigen, das dahintersteckt. Denn die ASV bietet für die niedergelassenen Orthopäden und Unfallchirurgen eine große Chance. Diese steht im Kontext der gesamten Überlegung: wie kriegen wir in die ambulante Versorgung unserer Patienten mehr Geld? In der EBM-assoziierten Behandlung der Patienten wird es immer das Grundproblem geben, dass nur geringfügige Verbesserungen möglich sind, da es insgesamt eine gedeckelte Gesamtvergütung ist. Genau deshalb bietet die ASV hier eine Chance, da sie von dieser gedeckelten Gesamtvergütung ausgenommen ist und es somit ermöglichen könnte, dass man eine vernünftige Behandlung des Patienten auch vernünftig vergütet bekommt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Dr. Weinhart hält seinen Vortrag „Die Zukunft von Sachkostenabrechnung und ambulanter spezialfachärztlicher Versorgung (ASV), Neue Leistungen in Anhang 2 EBM“ auf dem diesjährigen DKOU im Rahmen des Forums „Öffentliche Sitzung BVOU AK für niedergelassene Operateure“ (Donnerstag, 22.10., 16.30 – 18.00 Uhr, Paris 1).
Das Interview führte Anne Faulmann.
Bild: Dr. Helmut Weinhart (Quelle: Anne Faulmann)