Nach jahrelangen Bemühungen der Ärzteschaft um eine Reform der mehr als 30 Jahre alten Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) scheint diese nun langsam aber sicher in die heiße Phase zu gehen – betrachtet man den aktuellen Zeitplan der Bundesärztekammer (BÄK) und des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV). Laut diesem soll die neue GOÄ im Herbst 2016 in Kraft treten. Nichtsdestotrotz herrscht in der Ärzteschaft noch viel Unklarheit über den aktuellen Stand der Verhandlungen von BÄK und PKV und die tatsächlichen Inhalte der neuen GOÄ. Im Vorfeld des diesjährigen DKOU sprach BVOU.net mit Prof. Dr. Karl-Dieter Heller, Chefarzt der Orthopädischen Klinik Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig und Vizepräsident des BVOU, über dieses Thema.
BVOU.net: Prof. Dr. Heller, Sie sind als 1. Vorsitzender des VLOU und Vizepräsident des BVOU maßgeblich an der Neufassung des orthopädischen Teiles der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mitbeteiligt. Wie kommt die Reform aus Ihrer Sicht aktuell voran?
Prof. Dr. Karl-Dieter Heller: Das ist schwierig zu sagen. Es ist jetzt offensichtlich so, dass die Bundesärztekammer die einzelnen Themen abarbeitet. Jedoch hat man als Beteiligter, ich zum Beispiel im Speziellen für die Orthopädie und Unfallchirurgie, immer nur einen Einblick in gewisse Themen. Hier gibt es dann jeweils Kollegen, die sich zum Beispiel um den Bereich Arthroskopie gekümmert haben, oder Kollegen wie mich, die sich mit der kompletten Endoprothetik befasst haben. Allerdings sind wir natürlich alle zur Verschwiegenheit verpflichtet. Man hat dementsprechend keinen kompletten Überblick und das halte ich für extrem problematisch, da es so zu keinem Abgleich zwischen den einzelnen Kapiteln kommen kann.
Welche Probleme bringt dies für den Novellierungsprozess der GOÄ aus Sicht der Orthopädie und Unfallchirurgie mit sich?
Zum einen erachte ich in diesem Kontext die Festlegung der zeitbezogenen Gebührenpositionen, welche die neue GOÄ enthalten soll, als schwierig. Hierbei kommt anstelle des Zielleistungs-, ein Zeitleistungsprinzip zur Anwendung und es wird dementsprechend versucht, anhand der OP-Zeiten Preise zu generieren. Es ist jedoch natürlich sehr individuell, wie man diese Zeiten angibt und woran man sie bemisst. All das in den verschiedenen Bereichen abzugleichen, halte ich für extrem schwierig, insbesondere dann, wenn man nicht alle Kapitel einmal zusammen auf den Tisch legt. Hier fehlt mir im Moment vor allem die Transparenz sowie klare Aussagen von Seiten der Bundesärztekammer. Zwar wird man als Vertreter der Orthopädie und Unfallchirurgie in Teilen in den Reformprozess einbezogen und trägt seinen Teil dazu bei, allerdings weiß man nicht, was am Ende insgesamt dabei herauskommen wird.
Zudem gibt es aus meiner Sicht das generelle Problem, dass bei dieser Gebührenordnung versucht wird, sich mit den Kostenträgern darüber zu einigen, also insbesondere den privaten Krankenversicherern und den Beihilfestellen. Dies ist absolut nicht die übliche Vorgehensweise. Denn so werden wir nicht etwa 30 Prozent mehr erhalten, wie man es allein schon im Rahmen einer Inflationsbereinigung erwarten dürfte, sondern wahrscheinlich deutlich weniger und dass, obwohl es seit mehr als 30 Jahren trotz diverser Anträge keine Anpassung der GOÄ gegeben hat.
Geplant ist, dass bis zum Jahresende zunächst ein Referentenentwurf vorliegt und die neuen GOÄ dann schließlich zum 1. Oktober 2016 in Kraft tritt. Ist dies aus Ihrer Sicht ein realistischer Zeitplan?
Ich denke, dass es zwingend erforderlich ist, die GOÄ-Reform noch in dieser Legislaturperiode über die Bühne zu bringen – auch wenn ich wiederholt befürchte, dass es sinnvoller sein könnte, die alte GOÄ zu erhalten. Sonst droht das Problem, dass mit einer neuen Regierung oder Regierungskonstellation auch das Interesse an einer neuen Gebührenordnung schwindet und alternative Modelle favorisiert werden. Auch deshalb wäre es wichtig, baldmöglichst zu wissen, was die neue Gebührenordnung bringen wird.
Vielen Dank für das Gespräch.
Prof. Dr. Heller hält auf dem diesjährigen DKOU einen Vortrag zum Thema „Aktueller Stand der GOÄ-Reform“ im Rahmen des Forums „Öffentliche Sitzung BVOU AK für niedergelassene Operateure“ (Donnerstag, 22.10., 16.30 – 18.00 Uhr, Paris 1).
Das Interview führte Anne Faulmann.
Bilder: links: Prof. Dr. Karl-Dieter Heller (privat), rechts: GOÄ (fovito/Fotolia)