Ein Artikel von Dr. Stefan Mengel I Traunstein
Durchblutungsstörungen, mechanische Überlastung mit Mikrofrakturen, Begleiterkrankung mit weiteren Knochen- und Gelenkerkrankungen können Knochenmarködeme hervorrufen. Diese führen zu einer lokalen, druckbedingten Minderdurchblutung und einer Aktivierung knochenabbauender Zellen (Osteoklasten).
Die Diagnose wird durch Ausschluss anderer Erkrankungen (Labor) und eine Sicherung des Befundes mittels MRT gestellt. Wichtig für den Ausschluss sind folgende Nebenbefunde: Es sollten zunächst sekundäre Ursachen eines Knochenmarködems ausgeschlossen werden (Osteoporose, Vitamin D. Mangel, Morbus Gaer, Rheuma, Chemotherapie, Cortisontherapie, etc.). Diese lassen sich durch Labor, Anamnese und körperliche Untersuchung ausschließen.
In der bildgebenden Auswertung zeigt sich das Knochenmarködem im typischerweise als T1-gewichtet signaldefizient und T2-gewichtet signalreich. In einer fettunterdrückten T2-gewichteten Sequenz zeigt sich ein charakteristischer schwarz-weiß Kontrast, welcher durch vermehrte intra- und extrazelluläre Flüssigkeit verursacht wird.
Unbehandelt kommt es zu einer Verminderung der Knochensubstanz (Osteoporose) und zum Absterben umschriebener Knochenareale (Osteonekrose). Eine allfällige zugrundeliegende Erkrankung muss erkannt und behandelt werden.
Konservative Therapie:
Die konservative Therapie stützt sich auf eine konsequente Teil-/Entlastung der betroffenen Extremität (evtl. unter Thromboseprophylaxe) und Gabe von ASS 100 bzw. Biphosphonaten, deren Verwendung jedoch bei der diskutierten Indikation off-label ist. Mitunter sind bei diesem konservativen Behandlungsansatz lange Entlastungszeiten erforderlich, welche die eine hohe Compliance des Patienten voraussetzen. Zusätzlich verspricht dieser Ansatz keinen Behandlungserfolg. Es handelt sich darum entweder um eine selbstlimitierende Erkrankung oder es kommt zur Progression mit irreversiblen Knochenschädigungen.
Operative Versorgung:
Um dem etwaigen Voranschreiten des Knochenmarködems entgegenzuwirken ist auch eine operative Versorgungsmöglichkeit mittels Drainagebohrung des Knochens möglich. Der Behandlungsansatz hier ist durch die Druckentlastung meist eine Symptombesserung herbeizuführen. Drainagebohrungen des Knochens sind eine vielseits angewandte Methode, welche neuerdings durch verschiedene Orthobiologische Verfahren unterstützt wird, um Knochenregeneration zu beschleunigen und so die Progression des Knochendegeneration zu unterbinden.
Intraosseous BioPlasty®:
Eine Variante der Drainagebohrung ist die Intraosseous BioPlasty® (IOBP®) bei welcher eine Kerndekompression der Läsion und eine direkte Applikation von PRP (thrombozytenreiches Plasma) aus Vollblut mit Hilfe des Arthrex Systems durchgeführt wird, um eine physiologische Knochen-Remodellierung und -rekonstruktion zu fördern. Der Bohrkanal wird mit Knochenzement (Innotere) verschlossen, um einen Austritt des PRP zu verhindern. Postoperativ erfolgt lediglich eine Entlastung für 10 Tage.
Der Eingriff erfolgt arthroskopisch gestützt und unter Bildwandler-Kontrolle. Der versehentliche Austritt des Knochenzementes intraartikulär muss arthroskopisch kontrolliert werden.
Bei mittlerweile mehr als 40 Patienten wurde die IOBP bei unterschiedlichsten Indikationen (M. Ahlbaeck, Osteochondrosis dissecans, subchondralen Knochenzysten, persistierendem posttraumatischen Ödem am Knie und Sprunggelenk) durchgeführt.
Fallbeispiel:
Der gezeigte Fall eines 58-jährigen sportlichen Patienten mit seit drei Monaten bestehenden Schmerzen im Bereich des linken Kniegelenks ohne vorangegangenes Trauma.
Im zeitnah auswärts durchgeführten MRT zeigte sich neben einer Chondropathie Grad 2-3 am medialen Femurcondylus, eine degenerative Meniskusschädigung medial sowie ein ausgeprägtes Knochenmarködem im Bereich des medialen Tibiapateaus.
Schonung und Entlastung hatten zu keiner Beschwerdelinderung geführt. Nach laborchemischer Analyse und Knochendichtemessung zum Ausschluss andere Ursachen (Osteoporose) erfolgte dann eine Arthroskopie mit Knorpelglättung, Meniskus-Teilentfernung und einer IOBP (ACP und Inotere) des Knochenmarksödems im Rahmen eines 2-tägigen Krankenhausaufenthaltes.
Bei Entlassung war der Patient an Unterarmgehstützen mit Teilbelastung (Vorgabe 2 Wochen) mobilisiert.
Nach 14 Tagen war der Patient in der ambulanten Sprechstunde völlig beschwerdefrei. Joggen war nach 6 Wochen möglich. Eine MRT Verlaufskontrolle zeigte einen kompletten Rückgang des Knochenmarködems.
Auch 1,5 Jahre nach Op ist der Patient weiterhin beschwerdefrei.
Fazit:
Die klinischen Ergebnisse sind vielversprechend, in nahezu allen Fällen konnte eine Beschwerdelinderung und Verkürzung der Entlastungszeit erreicht werden.
Postoperative MRT-Verlaufskontrollen zeigten in den meisten Fällen eine deutliche Verbesserung des Ödems.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie, zeigt eine signifikante Verbesserung von Patienten berichteten Schmerzscores (NPRS und KOOS pain) bereits nach einer Woche. Auch die funktionsbezogenen KOOS Scores zeigen eine signifikante Verbesserung des Patienten bereits nach einer Woche, wobei alle Entwicklungen nachhaltig über den Beobachtungszeitraum von einem Jahr verblieben (1). Ein nächster Schritt sollte nun die Veröffentlichung von randomisierten Studien sein.
Literatur:
(1) Ivković A, Glavčić M, Vuletić F, Janković S. Core Decompression Combined with Intraosseous Autologous Conditioned Plasma Injections Decreases Pain and Improves Function in Patients with Symptomatic Knee Bone Marrow Lesions. Biomedicines. 2023 Jun 23;11(7):1799. doi: 10.3390/biomedicines11071799. PMID: 37509439; PMCID: PMC10376709.