Berlin/Ratzeburg – Bereits zum zweiten Mal hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) eine umfangreiche Nutzenbewertung für eine Substanzklasse in der Rheumatherapie vorgelegt, die Biologika. Während 2013 nur der Einsatz in der Zweitlinientherapie untersucht wurde, ging es bei der Auswertung im Juni 2016 auch um die Erstlinie. Außerdem wurden Biologika untereinander verglichen.
Das Ergebnis des jetzt veröffentlichten Vorberichts: Für drei der im Bericht unterschiedenen Therapiesituationen lassen sich Anhaltspunkte für Vor- oder Nachteile einzelner Wirkstoffe gegenüber anderen Biologika ermitteln, allerdings nur in wenigen patientenrelevanten Endpunkten. Zur medikamentösen Behandlung werden unter anderem erkrankungsmodifizierende Antirheumatika (Disease-Modifying Antirheumatic Drugs, DMARD) eingesetzt, die anders als Entzündungshemmer in den Erkrankungsmechanismus selbst eingreifen. Biotechnologisch hergestellte DMARD (bDMARD), sogenannte Biologika, werden aus Zellkulturen gewonnen.
Für drei Therapiesituationen Fazit gezogen
Seit der Zulassung der ersten Biologika sind etwa 18 Jahre vergangen. Daher hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das IQWiG mit einer Nutzenbewertung von Biologika im Vergleich untereinander beauftragt, und zwar in der Erstlinientherapie und in weiteren Therapielinien. Dazu wurden 120 relevante Studien ausfindig gemacht. Für vier von sieben Therapiesituationen ist die Datenlage dennoch unzureichend. Da es nach wie vor kaum Studien gibt, in denen Biologika direkt miteinander verglichen werden, hat das Institut zahlreiche indirekte Vergleiche angestellt, bei denen der Nutzen und Schaden der Biologika über die jeweiligen Vergleichstherapien der Einzelstudien zueinander in Beziehung gesetzt wird. „Doch auch noch so akribische indirekte Vergleiche können Langzeitstudien und direkte Vergleiche nicht vollständig ersetzen“, erklärt Beate Wieseler, Leiterin des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG. „Wenn man bedenkt, wie häufig Rheuma ist, wie sehr die Betroffenen unter der Krankheit leiden und wie lange diese Wirkstoffe nun schon auf dem Markt sind, ist dieser Mangel nicht nachzuvollziehen.“
Zum IQWIG-Bericht zu Biologika
Der Beginn der Biologika-Ära im Jahre 2000 mit der Zulassung von Infliximab und Etanercept als TNF-alpha-Inhibitoren hat eine „Therapierevolution“ in der Versorgung von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen eingeleitet. Bei Versagen einer DMARD-Therapie mit Methotrexat, Leflunomid und anderen gibt es weitere erfolgreiche Therapieoptionen. Über 13 weitere Wirkstoffe sind seitdem hinzugekommen, aktuell zusätzlich die JAK-Kinase-Inhibitoren. Diese Entwicklung ist bahnbrechend, aber in der Menge auch unübersichtlich. Leider kann uns von den Fachgesellschaften wenig Hilfe für unsere tägliche Arbeit angeboten werden, da es kaum Head-to-Head-Studien gibt. Wir müssen uns an die Therapieleitlinien der RA, PsA und axSpA halten und so lange von unseren eigenen Erfahrungen profitieren, bis wir übergeordnete Informationen erhalten.